Schelling

Schelling Nachlass-Edition


I) Ich sollte wohl, indem ich dieses lang vorbereitete Werk für den Druck niederschreibe, davon anfangen, den Gegenstand desselben zu erklären und mit deutlichen Worten auseinanderzusetzen, was unter den Weltaltern zu verstehen sey, von denen es den Namen erhalten. So oft ich nur auch darinn dem Herkömmlichen und der Billigkeit nachzugeben geneigt war, fühlte ich doch immer, daß eine solche vorläufige Erklärung des Gegenstandes sich mit der ganzen Anlage dieses Werkes nicht vertragen würde. Denn meine Absicht mit demselben ist keine andre, als von den einfachen Anfängen und den ersten Begriffen an stufenweis das ganze dieser Ansichten oder dieser Wissenschaft, wofür es sich nur am Ende zeigen möge, aufzubauen, also daß ein jeder klar sehe und beurtheilen möge, aus welchem Grund und in welcher Folge es erwachse und jeden Theil, jedes Glied deutlich unterscheide, und wie sich endlich alles zur Einheit fügt erkenne. Zu diesem Ende aber wäre nicht wohl gethan, einen schon sehr zusammengesetzten Begriff, und der selbst erst allmälig erzeugt seyn will gleich voranzustellen. Denn es muß von diesem Begriff gelten, was von jedem wissenschaftlichen, daß er nichts ist, und ohne Gehalt und Werth unabhängig von der Fortschreitung die ihn erzeugt und unter den Händen derer, die ihn diesem Leben entnehmen, wie Früchte vom Baum getrennt abstirbt. Diesen Weg aber mit dem Forscher zu gehen, sträubt sich die Bequemlichkeit und die Trägheit wie die freche und Gewohnheit des leeren endlosen Geredes, und die Mißgunst, die der Meynung ist, es könne nichts geleistet werden als das sie entweder auch geleistet habe oder von dem sie doch zum Voraus erkannt, daß es geleistet werden könne. Darum verlangt diese Art so sehr nach dem Resultat, weil dieses allerdings ein bloß leidender Stoff ist, über den sie nach ihrer Weise hin und her reden kann. Der gleichgestimmte Forscher aber hat seine Freude nicht so sehr an dem Werk, als an dem Thun durch das es erzeugt wird und folgt, auch ohne Ankündigung des Zwecks, die, stelle man sich wie man wolle, immer etwas Prahlerisches hat, gern der Untersuchung, in der er nur ein wissenschaftliches und kunstmäßiges Verfahren wahrnimmt, überzeugt, daß sie zu einem Ziel führe, das ihn um so mehr erfreut, je weniger er es vorher bestimmt erkannt.

Und so bleibt mir denn nichts, als von allen Lesern diejenige Gelassenheit Ruhe und Ergebung in den Gang der Entwicklung für den Anfang und Fortgang zu wünschen, die ich selbst mir bei dieser Darstellung zur Pflicht gemacht.

Weil aber jede Einleitung, d.h. jeder Vortrag, der nicht unmittelbar und gleich mit dem Ersten anfängt, unwillkührlich und nothwendig Begriffe voraus nimmt, die erst in der Folge und im Zusammenhang des Ganzen ihrem wahren Gehalt nach bestimmt werden; so möchte das Unverfänglichste, was man noch etwa dem Anfang vorausschicken könnte, das Geschichtliche seyn oder eine, wenn auch kurze Nachweisung, wie aus den zunächst vorhergegangnen Forschungen eben dieser Anfang sich ergeben und allmälig herausgewickelt.

Bekanntlich ging die Anregung zu der großen wissenschaftlichen Bewegung, welche bis jetzt, in verschiednen Erscheinungen stets noch mehr sich verbreitend, unter uns fortdauert, von der einfachen Frage aus: Wie sind synthetische Urtheile möglich, d.h. wie kann man in Urtheilen über das Subject hinausgehen, wie wird es möglich*) oben*) ad vocem: möglich. Möglich ist hier nicht das rechte Wort. Denn eigentlich ist das Gegentheil unm˖[öglich] – Wahrhaft ist das Subj˖[ect] nicht das Subj˖[ect] sondern Etwas andres – und sein A=A Seyn ist eigentlich sein Nicht-Seyn. Wenn man von A urtheilen will A ist – so muß an der Stelle des Prädicats Etwas stehen – und nur sofern Etwas dasteht, ist es Etwas d.h. ein Seyendes. Also das A=A Seyn allein ist sein Nichts – sein Nicht-Etwas Seyn – sein Nicht-Seyn überhaupt., dem Subject nicht wieder nur das Subject (wie in A=A) oder etwas in dem Subject als solchen Begriffenes, sondern etwas völlig Anderes und Fremdes zu verknüpfen.

Eine Frage die allerdings den Grund des Wissens berührte, der man aber weder in dieser Form, noch in der Beantwortung die sie zunächst erhielt, die Tiefe ansehen konnte, in die sie führen würde.

Es zeigte sich nämlich bald, daß jene materiellen Eigenschaften oder Bestimmungen, welche in den gewöhnlichsten Urtheilen durch das Wörtlein ist mit dem Subject verbunden werden, nur untergeordnete Beyspiele einer solchen über das Subject hinausgehenden Verknüpfung sind; es zeigte sich, daß die ursprünglichste Synthesis, die allen Einzelnen zu Grunde liegt, diejenige ist, wo sondern daß das Seyn (die Existenz) selbst ausgesagt und mit einem Subject verknüpft wird. Denn alle besondern Bestimmungen, die von irgendeinem Subject A ausgesagt werden, drücken doch nur verschiedne Bestimmungen des Seyns aus; daher alle jene besondern Urtheile, A ist B, ist C, ist D u.s.w. doch nur unter den allgemeinen stehen; A Ist, d.h. A ist ein Seyendes, wie denn selbst der gemeine Sprachgebrauch richtig erkennt, der das was nicht Etwas (Nichts) ist auch für das nimmt, das nicht Ist, und umgekehrt von dem das nicht Ist, auch sagt es sey Nichts oder nicht Etwas.

Nun ist aber jede Synthesis schon etwas bedingtes, und es folgt unmittelbar, daß von keinem möglichen Gegenstand irgendeines Denkens gradezu, unmittelbar und unbedingt ausgesagt werden könne, daß er Ist. Das einzige unmittelbar zu Setzende ist vielmehr das, was in aller Synthesis schon vorausgesetzt wird, das bloße Subject des Seyns, oder das was seyend zwar seyn kann, aber eben darum nicht an sich ist.

Unstreitig war es diese Folgerung, die den ersten Anlaß gab zum Grundgedanken der Wissenschaftslehre. Fichte bemerkt gleich zu Anfang, der Satz A=A drücke schlechterdings kein Seyn des A aus: und inwiefern dieser Satz für ihn mit Recht die Form alles schlechthin- oder unbedingt-Setzens war, so folgte von selbst, daß aus dem schlechthin – oder unbedingt zu Setzenden auch alles Seyn entfernt seyn mußte. Dieser Gedanke wurde aber so gleich wieder dadurch verdunkelt, daß jenes bloße Subject des Seyns als Ich ausgesprochen wurde, denn das Ich ist freylich auch jenes Subject, aber nicht mehr in seiner Reinheit, sondern sofern es zugleich schon Object ist. Und so blieb denn auch wohl die Einsicht oder nur das Gefühl, daß jenes erste die bloße Voraussetzung sey, von der aus- und auf ein Zweytes, ja auf ein Drittes fortzugehen sey; da aber gleich dem Ersten selbst die Ergänzung beygefügt war, die es erst durch das Zweyte und Dritte erhalten sollte, so blieb nur noch die Form, aber die richtige Fortschreitung selbst war unmöglich gemacht. Doch dieses wird am besten erhellen, wenn es uns in der Folge gelingen sollte, diese richtige Fortschreitung selbst zu zeigen.

Hier sey es nun uns verstattet anzuknüpfen, und zu wiederholen, daß ursprünglich nichts zu setzen ist, als das lautre bloße Subject des Seyns, von dem, sofern es dieß ist, nothwendig gesagt wird es sey nicht seyend.

Die Sache selbst zeigt, dieß »nicht seyend seyn« könne nicht so viel heißen, als schlechthin nichtseyend seyn. Das nicht hat hier weder die Bedeutung der Verneinung noch der Aufhebung, sondern der bloßen Beraubung. Es wird nicht behauptet, das Erste sey nicht seyend, sondern nur: von ihm lasse sich nicht sagen, es sey seyend. Es ist mit einem Wort das nicht, welches die Möglichkeit noch übrig läßt. Die Beraubung eben weil bloße Beraubung ist also die Bejahung der Möglichkeit. Also es ist die bloße Möglichkeit, oder weil dieß Wort insgemein von einem bloß leidenden Können gebraucht wird, es ist die bloße, lautere Freyheit zu seyn.

Allein es leuchtet unmittelbar ein, daß es diese Freiheit zu seyn nur ist, um sie zu seyn nicht aber um seyend zu seyn. Denn wollte es diese Freyheit sich anziehen, oder in einem gewöhnlicheren Ausdruck gesagt, sich ihrer gebrauchen, so wäre es dadurch seyend, aber es hörte damit auf, das Subject des Seyns zu seyn. Wollte man annehmen, es mache sich

Bogenzählung I.

Inhalt: »Von dem, was in der ganzen Natur der Dinge das Aelteste ist«

Begriffe: Bewegung, Zeit, Anfang

Begriffe: Weisheit, Philosophie, Suchen

Inhalt: »Weisheit wird gesucht, doch Silber und Gold, wie schon ein altes Buch sagt, hat seine Stätte, aber wo will man Weisheit finden, und wo ist der Ort des Verstandes? Im Reiche des Lebenden wird er nicht gefunden; und der Abgrund«, »Weisheit ist lautre Macht; selbst der Art nach, in der morgenländische Sprache, wo der Grundbegriff des sie bezeichneten Worts: Herrschaft ist; Wissen, selbst sprachgemäß, ist Können«

Genannte Literatur:

Bogenzählung II.

Inhalt: »der Weisheit Forschung, Philosophie erhalten.«

Genannte Literatur:

*III)ihn treffend die deutsche Sprache) der verborgne Talisman, durch den unscheinbare Menschen Unglaubliches oft vermögen; darum werden die Hungrigen und Durstigen selig gepriesen denn sie sollen gesättigt werden; darum die arm sind im Geiste, denn das Himmelreich ist ihr, sie besitzen es schon.

Es heißt, des Menschen Wille ist sein Himmel, aber man könnte auch sagen des Menschen Wille ist seine Hölle. Ursprünglich sollte es wohl heißen: der gestillte Wille, der Wille der nichts will sey der Himmel. Jeder Mensch sucht diesen Himmel, nicht nur der, der es erträgt nichts zu wollen, der immer wieder sich in den Zustand des Hungers und der Armuth versetzt, um das Überschwengliche ja das höchste Gut fortwährend an sich zu ziehen, sondern auch der sich wild allen Begehrungen überläßt, denn auch der sucht ja nur den Zustand, da er nichts mehr zu wollen hat, ob er gleich vor ihm flieht und je eifriger verfolgt desto weiter sich entfernt; und die Hölle selbst kann ja nichts seyn, als das beständige Suchen Müssen und nicht finden Können des Himmels. Es ist kein unebner Gedanke, daß abgeschiedne Geister, die unfähig des Himmels in die Region desselben verirren, sich freywillig wieder von ihr ausscheiden, weil ihnen jener durch nichts erfüllte Zustand des ruhenden, nichts wollenden Willens zur Pein zur verzehrenden Sucht wird, daß sie also sich selber wieder hinabstürzen in den Umtrieb der nie ersättigten, nach immer neuem Stoff verlangenden Begierde.

Wenn nun diese menschlichen Betrachtungen die Nähe und Verbindung der Begriffe die sich ganz und gar zu fliehen scheinen: der Wille der nichts will, und brennende Sucht zu verdeutlichen dienen, so kann es nicht wunderbar scheinen, wenn die frühesten, aus unbestimmbarer Vorzeit überlieferten Systeme als die erste alles in Wirkung setzende Potenz den Hunger, die Sucht das Verlangen setzen, und auch noch spätere durch Überlieferung oder durch eigne geistige Erfahrung auf denselben letzten Grund geriethen wenn sie auch nicht jene Gleichung nicht wissenschaftlich darzuthun wußten, durch die der Begriff Sucht als unmittelbar Eins mit dem der lauteren Freyheit erscheint.

Es ist nämlich nicht gemeynt, daß der Wille der nichts will eine Sucht oder Verlangen habe, dieß wäre ja wohl widersprechend, sondern sofern er nichts vor sich hat sey er von sich selbst, seinem Wesen nach, also eine wesentliche Sucht und zwar eine Sucht nach Etwas das er habe. So weit ist also die Freyheit von der Sucht nicht verschieden. Aber doch unterschieden. Denn die Sucht ist an sich das was die ewige Freyheit ist, höchste Lauterkeit; aber daß sie die Sucht ist, ist von der ewigen Freyheit doch das Unwillkührliche, ihr ohne ihren Willen Zukommende, mit Einem Wort ihre Natur; insofern das von ihr nicht Trennbare aber doch Unterschiedene, wie eine Sucht des Menschen ganzes Gemüth einnehmen kann, dieses völlig in ihr aufgeht, daß es nichts mehr ist als diese Sucht, und die Sucht doch nicht das freye begierdelose Gemüth selber ist.

Darum müssen wir wieder die ältesten Alten preisen, die das Verlangen, die Sucht als das erste Weibliche setzen, es dadurch von Einem als solchen unterscheidet, und in ihm die alles an sich ziehende Mutter, die Welt-Amme, ja die erste Gebärerin der Götter selbst verehren.

Das Erste und das der ganzen Natur der Dinge Älteste ist also nicht das Eine an sich, (schon darum nicht, weil ja eben dieses auch das Letzte ist), sondern das Eine sofern es nichts von sich hat, also an sich selbst auch die Sucht ist, demnach das Eine mit der Sucht. Setzen wir das Eine =A, die Sucht =B, so ist also der Ausdruck des Ersten A=B nur daß die beyden hier noch Eins und das Ganze also doch im Grunde wie lautres A=A sich verhält.

Dieses Erste ist aber noch kein Wirkliches, die Lauterkeit an sich ist noch immer obgleich ### ### zur Wirklichkeit die Überwirklichkeit auch die Sucht ist ja nichts Wirkliches, sondern vielmehr Begehren, Verlangen nach Wirklichem. In dieses Erste findet auch kein Übergang statt, denn die lautere Freyheit kann gleich zuerst nur als die nichts an sich hat und demnach gleich wie als die die Sucht ist gedacht werden.



Diese also von ihr untrennliche Sucht ist dem Willen der nichts will die erste Veranlasserin zum Hervortreten in die Wirklichkeit. Wie dieß geschehe, dieß muß zunächst erforscht werden. Der Weg dazu aber möchte ergo dieser seyn, daß zuerst gefragt würde, worauf die Überwirklichkeit beruht, worinn also die Wirklichkeit bestehe. Ich sage also, daß die Überwirklichkeit bloß darauf beruhe, daß er sich seiner selbst nicht annehme; wie dagegen der letzte Grund jedes möglichen Seyns nur in einem sich selber Festhalten, sich selber Anziehen, sich sich selbst zum Vorwurf oder Gegenstand Machen, zu suchen ist. Ein Wesen das sich seiner selbst nicht annimmt ist, als wäre es nicht; oder gibt es sich auf und läßt sich selbst aus so geht es zurück in’s Nichts. Sich selber wollen, sich ergreifen, anhalten, zusammenfassen, darinn allein besteht das wahre, das thätige Daseyn.

Der durch die Sucht gegebene Anlaß kann daher nur darinn bestehen, daß sie jene lautere Freyheit zur Annehmung ihrer selbst bewegt, daß sie also in ihr, dem an sich freyen Gemüth, ein auf sich selbst zurückgehendes Wollen erweckt, ein Wollen, durch das sie sich selber nimmt, sich sich verschließt, und in’s Innere zieht. Dieses Wollen ist nicht das Wesen selbst, nicht das, wenn wirklich doch seinem Begriff nach, Seyende, denn dieses ist ja vielmehr das Angezogne; insofern kann man sagen, jenes Wollen verhalte sich als das an sich nicht Seyende (τὸ οὐκ ΟΝ), so wie allgemein einleuchtet, daß jedes Wesen nur dadurch etwas z.B. a ist, daß es sich dieses a an oder wie die deutsche Sprache treffend sagt zu Gemüthe zieht. Wem der Reichthum gleichgültig ist kann nicht arm heißen; was nichts will ist alles, und aus dem alles Seyn tritt ein Wesen allein dadurch heraus, daß es will gleichviel was es will. Dieses angewendet auf den vorliegenden Fall, so war das Anziehende nicht vorher etwa das nicht Seyende, sondern in dem es Sich als das Seyende begehrt oder anzieht, in dem macht es sich zum nicht Seyenden. Es war also zuvor Nichts, wie der lautere Wille selbst ein Nichts ist, es war verborgen in diesem Nichts, und wird erst im Anziehen des Wesens Etwas (nämlich das nicht Seyende). Es ist also etwas dem an und für sich, d.h. abgesehen von dem Wollen überall nichts Wesenhaftes inwohnt, es ist ein bloßer erweckter Geist oder Wille, Nichts wenn man will und doch die allerstärkste Kraft, wie eine Begierde im Gemüth auch Nichts ist und doch eine magische Kraft, die alles zu bewirken, alles Widerstehende zu verzehren vermag.

Dieses anziehende Wesen hat etwas mit der Sucht allerdings gemein, oder beyde gehören gewissermaßen unter Einen Gattungsbegriff, nämlich den der nach innen oder in Sich gehenden Bewegung. Aber wie schon gesagt ist das wir die Sucht genannt, ein mehr leidendes in sich Gehen und verhält sich zu der erweckten Begierde (wir nennen sie b, die Verwandtschaft und den Unterschied von der Sucht oder B anzudeuten) wie sich der bloße Hunger zu dem thätigen Ergreifen, an sich Ziehen und Verzehren des dargebotenen Stoffs verhält. Auch ist der Unterschied, daß die Sucht mit dem Wesen Eins, die erweckte anziehende Begierde aber mit ihm in Gegensatz ist.

Dieses jetzt hervortretende anziehende Wesen (=b) hat in der ersten Lauterkeit nicht anders gelegen, als wie überhaupt etwas in einem leeren Willen liegen kann, der in seiner Unbeweglichkeit und Stille als ein Nichts ist und doch wenn er erregt wird als ein verzehrendes Feuer wirken kann. Auch in dem lautersten Seyn, dem das selbst kein Seyn hat, das also Seyn und Wesen in Eins ist, muß eine verborgene Kraft des Bestehens, eine dem Zerfließen dem Auseinandergehen wehrende Potenz angenommen werden; in dem wesentlichsten Seyn nothwendig die wesentlichste, schärfste verzehrendste. Aber noch ruhte diese Kraft in jenem lauteren Willen, der sich seiner selbst nicht annahm; und eben darauf beruhte seine Überwirklichkeit.

Aber so wenig er sich nahm oder einschloß so wenig konnte er sich geben oder ausfließen. Denn es kann nichts sich geben es habe und nehme sich denn zuvor, eine Wahrheit die schon allein die gewöhnliche Emanationslehre widerlegen würde. Auch hier ist nicht Geben sondern Nehmen das Erste, und der erste innere Anfang.

Im weder sich Nehmen noch sich Geben und doch der Kraft zu beyden besteht also die ewige Freyheit. Es kann aber zuvörderst die sich nehmende Kraft nicht abgezogen von dem das sie nimmt, d.h. von dem eigentlichen Wesen gedacht werden, in ihrer Wirklichkeit also ist sie nicht anziehende Potenz, b allein, sondern b welches das Wesen (wir bezeichnen es durch a) in sich verschließt. Demnach ist im sich Nehmen das ganze Wesen; und der lautere Wille ist frey sich zu nehmen heißt: er ist frey, ganz sich-nehmendes Wesen zu seyn. Eben derselbe ist aber auch frey, sich zu geben; das Nehmen muß zwar vorausgehen aber dieß hebt die ganz gleiche Ursprünglichkeit und Unbedingtheit des sich Nehmens und sich Gebens nicht auf. Es ist durch das Wesen der Freyheit nur gesetzt, daß wenn es sich nimmt, dann auch nothwendig sich geben muß. Schon hieraus erhellt aber, daß es auch als ausfließende Kraft nicht bloß Wesen, reines a seyn kann, denn es wird zur ausfließenden Kraft nur erhöht durch die widerstehende, und ist das wirklich sich Gebende nicht, ohne eben jene Kraft durch die es sich nimmt in sich zurückzudrängen, innerlich verborgen unwirkend zu setzen. Also auch im sich Geben und Ausfließen ist es das ganze Wesen, nämlich a das b sich verschließt, gleichsam als Ausstrahlen der Mittelpunct, als Träger und Halt, der dem gänzlichen Auseinandergehen wehrend ein eigentliches Ausfließen (Effulguriren) möglich macht. Wir bezeichnen diese Einheit, das Wesen sofern es sich nimmt, also die nehmende Kraft (b); das offenbare in sofern wirkende, die ausfließende (a) Potenz das Innerliche und Unwirkende ist, durch (a=b). Nun ist dieß der Anfang, also die erste Zahl. Das Wesen also, sofern es sich nimmt, auch das Wesen oder Seyende

III.) Ult2Nichtwirklichkeit und Nichts ist ein großer Unterschied. Das Nichts ist Nichts, d.h. weder Bejahung noch Verneinung; Nichtwirklichkeit ist Verneinung der Wirklichkeit und insofern doch etwas. Gott ohne und außer seinem Thun ist, wie gezeigt worden, Nichts, d.h. weder wirklich noch nicht wirklich. Aber Gott ist ewiges Thun; und also wenn nicht wirklich, nur nicht wirklich, d.h. Verneinung seiner Wirklichkeit, welches aber auch ein Thun und Wirken ist.

Vor Gott ist so wenig Wirkliches als Nichtwirkliches. Wie nur von sich selbst wirklich, so kann Gott auch nur von sich selbst nichtwirklich seyn. Gott ist nicht wirklich, kann daher nur so viel heißen: Gott setzt sich selbst als nichtwirklich, er verneint sich als wirklich, aber nur um den Ansatz zur Verwirklichung zu machen, lediglich damit der ewige Fortgang sey. Ebendadurch, daß er sich verneint als das Wirkliche, macht er sich zur verwirklichenden Kraft von sich selber. Sich als Verwirklichendes setzen und sich verneinen als das zu Verwirklichende (beziehungsweise Wirkliche) ist nur Ein Thun. In Gott, weil er nothwendige Selbstverwirklichung, gilt es auch umgekehrt: Sich verneinen als wirklich und sich setzen als das Verwirklichende von sich selbst ist Eins.

Also gehört das, was der Anfang der nothwendigen Selbstverwirklichung Gottes ist (die Verneinung seiner Wirklichkeit) selbst schon mit zu der That; wenn ein Anfang Gottes ist, so ist Gott sich selber dieser (ewige, immmer wirkende) Anfang.

Die gewöhnliche Lehre von Gott ist Er sey das, was weder Anfang noch Ende hat. Sie ist ganz leer, wenn sie nicht den Sinn hat: Gott sey das, was weder einen Anfang seines Anfangs noch ein Ende seines Endes hat, das ewig anfängt und ewig endet (nämlich in der vollendeten Erzeugung seiner selbst), das nie aufhört anzufangen und nie aufhört zu enden. Jenem leeren Begriff entgegen sagt die Schrift, Gott sey das A und das O, der Anfang und das Ende. Ohne Anfang keine Wirkung. Es läßt sich also wohl ein unwirkliches Ewiges ohne Anfang, aber kein wirkliches denken. Ein Wirkliches ohne Anfang und Ende wäre keine Vollkommenheit; höchste Unvollkommenheit. Ewig und unbedingt ist was die Ursache sowohl seiner Nichtwirklichkeit als seiner Wirklichkeit in sich selber hat oder selber ist. Zeitlich und bedingt, was weder die Ursache seiner Wirklichkeit noch die seiner Nichtwirklichkeit in sich hat. Unvollkommenheit ferner ist nur ein Anfang, der (als seine Nichtwirklichkeit) das Wesen außer sich hat; ein Anfang, den es verläßt, dem es entfremdet wird, aus dem es bewegt und gegen Anderes geführt werden kann. Höchste Vollkommenheit ist der Anfang eines Wesens, in dem beharrt, das es selber ist. Dieß heißt das Leben haben in sich selbst; dieser Anfang ist der Grund des ewigen Bleibens, des unzerstörlichen Lebens.

Es ist allen Menschen tief eingeprägt, daß in der Existenz Gottes etwas Unwiderstehliches, eine ursprünglich durch nichts gemäßigte Gewalt liege. Dieß Blinde kann doch aber nur von Gott gelten, sofern er die nothwendig existirende Natur ist. Daher es doch unrecht ist, wenn Gott schlechthin oder unbestimmter Weise als das nothwendig existirende Wesen, die nothwendige Natur erklärt wird, wie in allen Lehrbüchern nicht nur der so genannten natürlichen sondern selbst der positiven Theologie. Gott ist mehr als nur die nothwendige Natur; ob er gleich ursprünglich nur diese ist. Ist die That eine nothwendige, so kann auch der Anfang der That nur ein unwillkührlicher blinder Anfang seyn. Ein freywilliger wäre an sich ungereimt wie gegen die Unbedingtheit der göttlichen Natur.

Dieser Anfang also ihrer eigenen Verwirklichung den sie selbst macht, kann nur seyn, daß sie sich setzt als nichtwirklich, daß sie sich versagt, verneint als wirklich. Denn überall nur in der Verneinung liegt der Anfang. Der Anfangspunct (Terminus a quo) der Bewegung gilt nach jetziger Betrachtungsart als ein leerer, unthätiger Ausgangspunct. Aber keine wirkliche Bewegung (motus actualis) ohne Überwindung von Widerstand; Beweis schon die Kepplersche Trägheit. Der Anfangspunct jeder Bewegung ist die Verneinung ebendieser Bewegung. Die wirklich entstehende eine Überwindung dieser Verneinung. War die Bewegung nicht verneint, so konnte sie nicht gesetzt werden; die Verneinung ist also das nothwendig Vorausgehende (Prius) jeder Bewegung. Der geometrische Punct ist Anfang der Linie nicht weil er selbst ausgedehnt, sondern weil er die Verneinung aller Ausdehnung ist. Die Eins ist der Anfang aller Zahl und in sofern erste Zahl, nicht weil selbst Zahl sondern weil Verneinung aller Zahl, aller Vielheit. Was sich ausdehnen (wachsen) will muß sich erst zusammenziehen, und wenn unter andern die Pflanze abwechselnd sich ausdehnt und zusammenzieht, so ist dieses nur um sich immer wieder ausdehnen zu können. Der Anfang alles Sehens ist eine wenn auch unmerkliche Zusammenziehung der Pupille, der eine gleiche Zusammenziehung, eine thätige Verfinsterung, Verschließung für das Licht in der inneren Sehkraft entspricht, das wirkliche Sehen ist eine Expansion derselben. Wer kräftig nach außen wirken will, muß erst einen Kern in sich selbst bilden auf sich selber zurückgehend, und so hat alles seinen Anfang nur in dem was eigentlich die Verneinung von ihm ist.

Aller Anfang ist seiner Natur nach nur ein Begehren des Endes oder dessen was zum Ende führt; in sofern etwas Verneintes. Das was das Ende begehrt, ist nicht selbst das Ende, verneint sich als das Ende, setzt oder erkennt sich selbst nur als erste Staffel zu dem, das eigentlich werden soll, ist nur die erste Spannung jenes Bogens, in dessen (wie einer gestimmten Saite) abwechselnder Zusammenziehung und Wiederausdehnung nach dem heraklitischen Bild der Einklang des Weltalls besteht.

In dem ersten blinden Beginn ist also Gott nur verneinende Kraft; ist sie wie er alles in diesem Act ist, nicht schlechthin nicht stillstehend, sondern nur in der ewigen Bewegung – anders ausgedrückt: die verneinende Kraft ist das allein Thätige, Äußere, Offenbare von jener nothwendigen Natur Gottes das Wesen hingegen, das eigentlich Seyende, ist das Leidende, Innere, Eingeschloßne. Die göttliche Natur verneint sich als Seyendes, heißt nicht, sie setzt sich als überall nicht seyend, sondern nur sie setzt sich als nicht das Seyende seyend. Sie verneint in sich das Wesentliche heißt ebenso wenig, sie setzt sich als Beraubung aller Wesenheit; vielmehr so viel: sie setzt in sich Wesenheit und Seyendes, aber als verneint als nicht Seyendes seyend, als nicht wirkliches offenbares Seyendes, welches daher auch so ausgedrückt werden kann, sie setzt das Seyende nur in’s Verborgne oder innerlich, das Wesen ist in ihr aber verhüllt, unter der Form der Verneinung.

Dieses also ist der ewige Beginn, der Grund und unbewegliche Anhaltspunct der ganzen fortschreitenden Bewegung, dieß die ewige Kraft und Stärke Gottes, daß er sich selbst verschließt, sein Wesen verbirgt, eben damit ein Anfang sey. Die Kraft der Verneinung ist das Erste und Älteste im Ersten und Ältesten von Gott; könnten wir überhaupt von Eigenschaften reden, so würden wir sagen, die Stärke sey die erste der Eigenschaften Gottes, wie der älteste Name bey dem er genannt worden (El) wirklich nichts andres, als Stärke bedeutet.

Aber die Verneinung ist nur um der Bejahung willen; nur damit diese wirkliche That sey. Mit der Selbstverneinung als Wesen ist Sucht, Begierde nach Wesen gesetzt. Begierde ist zwar nicht das Ende, aber doch unmittelbare Folge des Ersten. Das was sich verneint als das Seyende macht sich ebendadurch zur gebärenden Kraft des Seyns, und setzt dieses als ein von ihm, sofern es verneinende Kraft ist, freyes, unabhängiges verschiednes ja entgegengesetztes Wesen. Sich verneinen als Seyendes; und sich bejahen als Seyendes außer sich, sind zwey Handlungen, die in der nothwendig existirenden Natur sich so schnell folgen, wie zwey Gedanken, deren einer Grund der andre unmittelbare Folge ist; hier ist das erste Band des Lebens, gleichsam der erste Fall jener unauflöslichen Folge und Verkettung; gleich hier sind es eigentlich nicht mehr zwey sondern Eins nämlich ein ewig, nie aufhörendes Sich-selbst-Gebären; die Beschränkung die im ersten Act war hebt sich unmittelbar durch den zweyten wieder auf, die nothwendige Natur Gottes ist nicht allein die ewige Verneinung sondern unmittelbar zugleich die Bejahung ihrer selbst als Wesens; nicht bloß das Nichtwirkliche sondern unmittelbar zugleich das Wirkliche und in sofern wieder keines von beyden, sondern frey gegen beyde. Es ist nur Ein zusammenhangender Act, von Ewigkeit her und jeden Augenblick, indem sie sich verschließt als Wesen, setzt sie sich als Wesen. Wie das Weib gebiert in dem Augenblick selbst, da sie das zu Gebärende in sich verneint, sich in sich zusammenzieht; wie der Körper im Erkalten fühlbare Wärme verbreitet, also die Wärme, die er in sich verneint, blindlings außer sich als freye Wärme als ein von ihm unabhängiges Wesen gebiert: So ist jene ewige Geburt nur ein untheilbarer Act, in welchem die Verneinung zwar das nothwendig Vorausgehende ist, aber ohne daß zwischen beyden eine Zeit wäre.

Die Nothwendigkeit dieser ewigen Geburt läßt sich auch so darstellen. Unmöglich ist daß das an sich Seyende schlechthin und überall verneint sey, ist es also irgendwo verneint, so folgt nothwendig, daß es außer dem, worinn es verneint ist, unverneint und an sich selbst gesetzt sey. Daß das Seyende Seyendes ist, davon kann der Grund nicht in dem Nichtseyenden seyn; daß es aber als dieses wieder ist, daß es offenbar ist als das Seyende, dieses hat es nur von dem Nichtseyenden. Wäre nicht das Nein, so hätte das Ja keinen Halt. IV) Ult2)Kein Seyendes kann als solches seyn, ohne ein anderes außer sich; (kein Ich ohne Nicht-Ich; in sofern geht das Nicht-Ich vor dem Ich her), die verneinende Kraft gibt jenes Andere her, ohne das das Seyende nicht seyn könnte sie ist der Grund des ewigen Außereinanders, des unsterblichen, immer wieder erzeugten Gegensatzes. Nur das Nichtseyende ist dem Seyenden das Seyn.

Das Seyende ist das, was das Seyn in sich hat; ebendarum kann es das Seyn nicht zugleich außer sich haben, nicht als das Seyende wieder seyn; kraftlos nach außen, kann es nur durch ein Andres ihm Widerstrebendes in Wirkung d.i. in Wirklichkeit erhöht werden.

Also der erste Moment der ganzen Bewegung – Verschließung, Zurückdrängung des Wesens; der zweyte Offenbarung des Wesens, da das Seyende frey und in seiner eignen Lauterkeit erscheint. Nun war aber das Verneinende nicht bloß Verneinendes, sondern hielt als solches das Bejahende, Wesenhafte verschlossen. Eben also auch kann das Seyende nicht ohne zusammenhaltende, verneinende Kraft in ihm selber gedacht werden. Es ist Seyendes ja schon für sich; es ist nicht gleichsam ein Theil von einem Wesen, sondern selbst vollständiges Wesen; es hat als Seyendes sein Seyn, also die das Seyn setzende verneinende Kraft in sich. Nun wie im Nichtseyenden das Bejahende, das an sich freye, ausbreitsame Wesen, so muß im Seyenden die verneinende Kraft selbst als verneint, verborgen, innerlich gedacht worden. Ja um wie viel in der Fortschreitungsstufe das Seyende höher ist als das Nichtseyende, umso viel schärfer, strenger ihrer Natur nach muß in jenem die verneinende Kraft gedacht werden, ob sie gleich unwirkend nicht offenbar ist.

Dieß enthüllt die Natur des Gegensatzes. Er beruht nicht auf einer gänzlichen gegenseitigen Ausschließung; nur auf einem entgegengesetzten Verhältniß, gleichsam einer umgekehrten Stellung jener ersten aller Lebenskräfte, (der verneinende und bejahende, oder wie man ebenfalls sagen kann, der anziehenden und ausbreitenden). Was in dem Nichtseyenden das äußere, einschließende, ist in dem Seyenden das eingeschlossene, innere. Unendlich fern sind sie sich unendlich nah. Fern, weil das was in dem einen bejaht und offenbar in dem andern verneint und verborgen ist. Nah, weil es nur einer Umkehrung bedarf, einer Herauswendung dessen was verborgen und einer Hineinwendung dessen, was offenbar ist, um das eine in das andre zu versetzen und gewissermaßen zu verwandeln. Diese innere Nähe und Verwandtschaft ist von den wichtigsten Folgen.

Aber noch steht die Bewegung nicht still; denn der Anfang begehret ewig des Endes; das Ende aber ist weder die gebärende Kraft noch das Geborene allein. Das was sich in dieser Bewegung verwirklichen will, ist als das sich selbst gebärende, verwirklichende Wesen über beyden. Es will sich verwirklichen als das was es ist, als das sich selbst aus eigener Tiefe gebärende Wesen. Die beyden Entgegengesetzten gehören zu einer und derselben Bewegung; beyde sind nur das Vorausgehende des Höchsten. Wie das Erste in Bezug auf das Zweyte, so sind das Erste und Zweyte in Bezug auf das Dritte nur Eins. Wie das Erste des Höheren begehrte und sich erkannte als bloßes Seyn, bloßer Grund desselben, so begehren das Erste und Zweyte nachdem sie sich gegenseitig erkannt das Dritte. Wie also aus dem Ersten das Zweyte und damit der Gegensatz geboren wurde, so wird, in fortschreitender Steigerung, aus dem Gegensatz das Dritte die Einheit geboren. Denn das blind Wirkende ruht nicht eh’ es sich ganz als Wesen vollendet. Was Ziel, in so fern Ursache (nicht wirkende, wohl aber End-Ur-Sache) der ganzen Bewegung war, das muß zuletzt als Seele des Ganzen eintreten.

Als Seele, auch in andrer Beziehung. Betrachtet man das Ganze, was in dieser fortschreitenden Bewegung unabläßig sich erzeugt, als Eines, so verhält sich das Erste gewissermaßen als das Leibliche, das Zweyte als das Geistige desselben Alles, das seine Einschränkung, verneinende Kraft äußerlich hat, ist leiblich; was sie in sich hat geistig. Das Dritte als lebendige Einheit beyder, aber nicht als freye, schon bewußte. Denn die Bewegung, so in Blindheit begonnen, endet auch in solcher. Also als Seele. Denn das nothwendige natürliche Band zwischen Leiblichen und Geistigen ist Seele. Seele wirkt ohne Rückstrahl (Reflexion) in sich selbst, ohne sich zu wissen, und ist dadurch von Geist unterschieden. Geist ist was für sich selbst ist.

Seele ist Ur-Sache des Lebens. Seele schreibt sich Gott in der Schrift selbst zu wie Leben, und schwört bey ihr als einer von seinem höchsten Selbst verschiednen. Dieses also ist jene unwiderstehliche Bewegung, jenes unabläßig sich selbst Stoff gebende und wieder verzehrende Feuer, worinn vorzugsweise die nothwendige Natur Gottes besteht.

Das Stufenmäßige und wie das Vorhergehende immer dem folgenden Stoff Nahrung, Boden wird haben wir schon gezeigt. Es geht durch eine beständige Erhebung, Steigerung oder wie wir es auch sonst ausgedrückt Folge von Potenzen. Setzt man die verneinende Kraft =B, das Wesen oder bejahende Princip =A, so ist jener erste Act der Verneinung nach dem was in ihm wirkend =B, nach dem was in ihm verneint, unwirkend =A; das Ganze ist A, das nach außen B ist =(A=B), dieses ist der Anfang, also erste Potenz. Aber das Nichtseyende, Verneinung des Wesens, ist nur um das Seyende zu erzeugen. Inwiefern nun jenes doch auch ein Seyendes nur der ersten Potenz ist, in sofern verhält sich dieses als ein Seyendes des Seyenden, das man ein Seyendes der zweyten Potenz nennen kann, A2 in dem nun vielmehr das Verneinende (B) verschwunden und innerlich gesetzt ist. Endlich so läßt sich die eigentliche Ur-Sache, die Seele als das Bejahende von beyden nur als das Seyende der dritten Potenz =A3 ansehen.

Wie wir uns nun dieser allgemeinen Bezeichnungen in der Folge öfters der Kürze halber bedienen werden, so wird auch wohl erlaubt seyn, den einzelnen Moment dieser Folge durch seine bloße Zahl zu bezeichnen.

Nun muß der Leser was die Trägheit unsrer Worte nicht vermochte durch eigene Einbildungskraft ersetzen. Was getrennt vorgestellt worden mußte in einem unaufhaltsamen Act sich unabläßig folgend erblicken. Hier ist schlechthin nichts Factor, Stehenbleibendes; das Ganze ist wohl ein Wesen, im stetigen Act seiner Auswickelung (in actu continuo evolutionis sui ipsius); dieß Geschehen ist nicht ein vorübergehendes oder einmal für immer vorübergegangnes Geschehen, sondern ein ewiges Geschehen, ein solches das immer wieder geschieht. Die erste Potenz ist in einer unaufhörlichen Erzeugung der zweyten, die zweyte in der beständigen Geburt aus der ersten, die dritte im immerwährenden Ausgang aus beyden. Sie sind unter sich vereinigt, nicht durch ein festes, stehendes, sondern durch ein bewegliches, lebendiges Band, das sich immer wieder macht. Es kann aus diesem untrennlichen und untheilbaren Geschehen nichts Einzelnes herausgenommen werden; wo du in dieses Rad eingreifest wird dir das Ganze zerstört. Die drei Potenzen folgen sich so schnell als drey unmittelbar verkettete Gedanken, so daß sie obwohl drey doch der That nach nur Eines sind. Das Ganze (1–3) ist also nichts denn das lauterste, stets neu sich selbst entquellende Leben.

Mit der dritten Potenz ist die Geburt vollendet, das Ganze geendet. Es fehlt nichts zur Vollständigkeit, es ist geschlossen; es ist, was im genauen wissenschaftlichen Ausdruck Totalität genannt wird.

Gott als die nothwendig existirende Natur ist daher All. Aber nicht stillstehend sondern inwiefern er in der ewigen Geburt seiner selbst ist. Umgekehrt also ist auch das All nur diese ewige Geburt Gottes, oder genauer geredet, Gott inwiefern er in der blinden, nothwendigen Erzeugung seiner selbst begriffen ist.

Das All (τὸ Πᾶν) in jenem hohen Sinn ist Keim des Weltalls. Wirklich sehen wir in jenem Ganzen wie im Keim das zukünftige Weltall.

Himmel und Erde nennt der Grundtext der Schrift die Ausbreitung der göttlichen Stärke; andeutend, es habe einst dieß ganze sichtbare Weltall in jener Verneinung gelegen und sey nur durch eine spätere Entfaltung aus ihr hervorgehoben. Aber ebendarum liegt es noch jetzt in ihm; noch jetzt ist die ursprüngliche Verneinung die wahre Mutter und Säugamme der Natur. Die Kraft desselben hat nicht aufgehört zu wirken; Gottes ewige Kraft und Gottheit wird noch erfahren an der Natur. Die fortdaurende Neigung, das Wesen zurückzudrängen

Rel. VI. ʃ(ult.ult) I.

I*Bekannt ist jene den Alten so gewöhnliche Frage, was das Erste und in der ganzen Natur der Dinge Älteste sey. Jene nun scheint es, haben die Frage entweder überall nur als Naturforscher aufgeworfen, oder doch im Allgemeinen nur so verstanden, was das Erste und Älteste von allem Seyenden sey, daher sie auch der eine den Äther, ein andrer das Feuer, ein Dritter das Wasser als das Erste erklärten. Wenn aber der milesische Thales als erster (wenn glaubhaft der Bericht) antwortete das Älteste sey Gott, welcher ja auch ein Seyendes ist so konnte er ja unter Gott ja nur Eines von dem vielen Seyenden denken, und dieser Begriff hatte selbst schwerlich eine höhere als natürliche Bedeutung bey ihm.

Obwohl nun auch so genommen die Frage nicht ohne Sinn ist, wie sich in der Folge zeigen wird, so gibt es doch eine Forschung, die auch über das Seyn und demnach über alles Seyende noch hinausgeht. Denn alles, was ein Seyendes ist, ist dieß nur, indem es andres Seyendes das gleicher Würde mit ihm ist von sich ausschließt, wie man sagen kann, daß das Bittre nur ist indem es das Süße oder unter den Farben das Blaue nur indem es das Gelbe von sich ausschließt. Was wir aber hinzugesetzt von der gleichen Würde der sich Ausschließenden bezieht sich darauf, daß nicht alles, was ist, ein Seyendes der ersten Ordnung, sondern, daß wir so reden, erst aus der zweyten, dritten, vierten Hand nämlich selbst nur die Modification eines Seyenden ist, welches vielleicht selbst schon nur die Unterart eines andern Seyenden ist. Daher man z.B. nicht sagen kann, die Natur inwiefern sie ein Seyendes ist schließe andres Seyendes aus, das selbst nur in ihr begriffen, sondern nur solches Seyendes das auch ein Seyendes der ersten Ordnung ist. Immer aber und in jeder Ordnung ist jedes nur dadurch ein Seyendes, daß es andres Seyendes ausschließt sein eigenes Seyn besteht nur in dieser Ausschließung.

Wollte man aber sagen, es könne ja wohl ein solches gedacht werden, das in sich nicht ein Seyendes, sondern etwa das Seyende selbst sey, so läßt sich dieß freylich nicht läugnen. Allein es fragt sich, ob dieses nun eben als dieses sey, oder nicht sey. Antwortet man das Erste, so kann es als dieses, als das nicht ein Seyendes ist, nur seyn, inwiefern von allem Seyenden, d.h. von allem was ein Seyendes ist ausgeschlossen. Sagt man aber es sey nicht, so setzt man ja eben damit schon etwas außer und über dem Seyn voraus. Nun kann man sich wohl denken daß unter dem vielen Seyenden irgend eines den Anfang mache mit dem sich-Abschließen, und demnach das andre ausschließen, und insofern ließe sich auch wohl fragen was das erste von allem Seyenden sey. Aber gesetzt man nähme dieß an, so wäre ja ebendamit die Anfänglichkeit jenes Acts und damit die Anfänglichkeit seines Seyns zugestanden, daß ihm noch Etwas vorauszusetzen sey. Nähme man aber auch ein erstes Seyendes nicht an, so ist doch jedes Thun an sich anfänglich, weil kein Thun ist ohne Übergang von Nichtwirken zu Wirken. Gesetzt auch, es gäbe ein ewiges Thun, so wär’ es doch immer auch ein Übergang nur ein ewiger, und also auch ein Anfang, nur eben ein ewiger Anfang, d.h. der immer und zu jeder Zeit (nulla non tempore) schon Anfang war.

Hieraus erhellt also, daß jedem Seyenden ohne Unterschied, Etwas vorausgesetzt werden müsse, weil es schlechterdings seyend ist nur indem es ausschließt, oder doch ausgeschlossen wird, und daß also die schlechthin von vorn beginnende Untersuchung auch über alles Seyende, welchen Namen es haben möge, hinausgehe. Von welcher Art diese Unterscheidung sey lassen wir einstweilen dahingestellt und wenden uns zu der Frage: was denn außer und über allem Seyenden seyn könne? Zunächst nun da kein Seyend[es] denkbar ist, als in der Ausschließung von andrem Seyenden, scheint klar, daß das allem Vorausgesetzte nur als die völlige Gleichgültigkeit gegen alles Seyende, d.h. gegen jede Art oder Form des Seyns zu denken sey. Nur daß diese Gleichgültigkeit (Indifferenz) nicht indem sie gedacht wird, wieder in ein Seyendes verkehrt werde, etwa in ein orphisches Weltey oder in eine Vermischung oder auch gegenseitige Durchdringung des verschiedenartigen Seyenden, denn da würde ja vielmehr das einzelne Seyende vorausgesetzt, und die Gleichgültigkeit wäre das bloße Erzeugniß desselben. Sondern das allem Seyenden Vorausgesetzte ist die wirkliche Aufhebung aller Vielheit, d.h. keineswegs eine bloße Abwesenheit des Vielen, eine bloße durch nichts erfüllte Leere; sondern, eben weil von allem Seyenden nichts angenommen wird als seyend, muß an die Stelle desselben etwas diesen ganzen Raum des rechten Seyenden Erfüllendes gesetzt werden, ein Positives, das statt (instar) des Vielen ist, nicht nur das Urbild sondern der wirkliche Urstand (Prius) des Vielen.

Wenn man aber sich daran hält, daß das allen voraus zu Setzende nicht seyend sey, muß man sich hüten auf das Gegentheil überzuspringen. Denn man kann sich außer dem Seyenden auch wohl ein ihm Entgegengesetztes, allem Seyn sich Widersetzendes denken, das man das Widerseyende nennen könnte. Allein das, was ein Gegensatz des Seyns ist, ist in seiner Art ebenso gut ein Wirkliches oder Etwas, und ebenso wenig über allem Seyn, als das Seyende selbst. In der Mitte zwischen beyden aber oder als völlige Gleichgültigkeit scheint nichts seyn zu können, als das gemeinhin das Nichts heißt. Wie denn auch der große Haufe wenn er gefragt wird, was über allem Seyn zu denken sey, keine Antwort hat, als das Nichts darunter er das völlig Unseyende versteht.

Ja wohl ist es ein Nichts, aber wie die lautere Freyheit selbst ein Nichts ist, wie der Wille der nicht will, der keiner Sache begehrt und keine zurückstößt sondern eben in völliger Gleichgültigkeit ist, denn der Wille, der nicht will, ist insofern auch nicht wirklich und ist doch nicht nichts, oder er ist in dem alles, weil von ihm als der lauteren Freyheit allein alle Kraft kommt, weil er alle Dinge unter sich hat, alle beherrscht und von keinem beherrscht wird. Freyheit ist der bejahende Begriff dessen was über allem Seyn ist, gleichwie umgekehrt nur über allem Seyn die wahre, die lautere Freyheit wohnt.

Also die ewige Freyheit ist das allem Vorausgesetzte, nicht sofern sie Freyheit oder Können von Etwas ist, sondern sie selbst an sich und inwiefern sie bloß um ihrer selbst willen ist. Oder der allem Vorausgesetzte kann nur der lautere Wille seyn, nicht der Wille, welcher will, sondern der Wille selbst, an sich, und in seiner Wesentlichkeit. Nur der lautere Wille ist die nicht zusammengesetzte sondern schlechthin einfache, gediegene Einheit von allem, die wahre Macht und der Urstand alles Seyenden, jenes magische Centrum, das doch allein eigentlich gesucht wird. Denn wenn wir uns ungern solcher Ausdrücke bedienen, mit denen die Meisten nur dunkle Begriffe verbinden, so hat es doch mit diesem Ausdruck eine andre

II) Ult3)in bloßen Mangel oder fast-Beraubung von Realität, sondern in thätiger Verneinung. Das Erste und Älteste in der Natur ist die verneinende Kraft, inwiefern sie das Wesen zurückdrängt, innerlich, ins Verborgene setzt. Bloß nach dieser ihrer ursprünglichen Neigung betrachtet, ist die Natur das Nichtseyende (μὴ ὄν); das sich selbst als Seyendes Verneinende. Sie verneint sich als seyend heißt nicht sie setzt sich als überall nicht seyend; denn eben in jenem Verneinen ist sie wirkende Kraft, die doch wohl ein Seyendes ist; es heißt nur, sie setzt sich als nicht das Seyende seyend. Sie verneint das Wesenhafte, heißt ebenso wenig, sie setzt sich als Beraubung aller Wesenheit; vielmehr soviel: sie setzt in sich Wesenheit und Seyendes aber als verneint, als nicht Seyendes seyend, als nicht wirkliches offenbares Seyendes, welches daher auch so ausgedrückt werden kann, sie setzt das Seyende nur in’s Verborgene oder innerlich, das Wesen ist in ihr aber verhüllt, unter der Form der Verneinung.

Dieses ganz eigene Wesen der Natur, da sie einerseits für kein Seyendes anzusprechen ist, andrerseits auch nicht zu sagen erlaubt, daß sie nicht ist, dieses Wesen hat ebenso wie der Begriff des Nichtseyenden selbst von jeher als ein wahrer Proteus die Betrachter geirrt und vielfach in Verwirrung gebracht. Die Wenigsten begreifen, daß die eigentliche, die stärkste Kraft überall in der Beschränkung nicht in der Ausbreitung liegt. Kein Wunder wenn sie das durch sich selbst Nichtseyende, das doch tiefster Grund und Anfang aller Wirksamkeit ist, und ihnen in vielen Gestalten überall begegnet eher für das Nichts ansehen und es für den größten Widerspruch anzusehen, wenn behauptet wird, daß es eben als das Nichtseyende sey.

Auf diesen Begriff führt jedoch schon die allgemeinste Betrachtung. Das Seyn kann schon des Gegensatzes wegen nicht einerley mit dem Seyenden seyn, und ist seiner Natur nach das Nichtseyende, darum aber nicht das Nichts, wie aus einer falschen Übersetzung des griechischen οὐκ ὄν die Schöpfung aus Nichts entstanden scheint. Von diesem grammatischen Mißverstand konnte schon die Unterscheidung befreyen, die wenn sonst nirgendher doch aus Plutarch zu nehmen war zwischen dem Nichtseyn (μὴ εἶναι) und dem nicht-das-Seyende-seyn (μὴ ὄν εἶναι). Wie sollte das das Nichts seyn, das doch das Seyn ja die Kraft des Seyns selber ist? Das Seyn muß eben auch wieder seyn. Es gibt kein bloßes Seyn, oder wie man sonst sagt, kein reines leeres Objectives, in dem gar nichts Subjectives wäre. Das Nichtseyende ist nur nicht ein subjectiv-Seyendes, wohl aber ist es ein nichtsubjectiv-Seyendes. Es ist nur gegen jenes als das vorzugsweise Seyendes ein Nichtseyendes, auf sich selbst bezogen aber wohl ein Seyendes. Denn man sehe nun auf das was in ihm innerlich und verborgen oder auf das was an ihm äußerlich und offenbar ist, so ist jenes eben die Wesenheit selbst, dieses aber eine thätige Kraft, ja wie richtiger gesagt wird, die Kraft die Stärke selbst, die da sie in unabläßiger Wirkung ist, doch wohl auch ein Wirkliches seyn muß.

So ohngefähr ließe sich in der jetzigen Art ausdrücken, was schon Platon in dem herrlichen Gespräch vom Nichtseyenden gezeigt, wie es nämlich nothwendig sey und wie ohne diese Einsicht überall Gewißheit von Zweifel, Wahrheit von Irrthum ununterscheidbar seyn würde.

Diese verneinende Kraft, der Natur Halt, steht ganz bloß auf sich selbst; sie hat nichts vor sich, sondern ist selbst erster Grund, und wenn ein Anfang ist, die Kraft des Anfangs. Denn überall nur in der Verneinung liegt der Anfang. Keine Bewegung geht von einem leeren und unthätigen Punct aus; der Anfangspunct jeder Bewegung ist eine Verneinung derselben, die wirkliche entstehende Bewegung eine Überwindung dieser Verneinung. War die Bewegung nicht verneint, so konnte sie nicht wirklich als solche (actu talis) gesetzt werden. Verneinung ist also das nothwendig Vorausgehende (Prius) jeder Bewegung. Der Punct ist Anfang der Linie, nicht weil selbst Ausdehnung, sondern weil Verneinung aller Ausdehnung. Die Eins Anfang aller Zahl, in sofern erste Zahl nicht weil selbst Zahl, sondern weil Verneinung aller Zahl, aller Vielheit. Was mit Kraft vorwärts gehen will muß erst zurückgehen; was empfänglich werden für das Licht sich erst verfinstern, (wie der Anfang alles Sehens wirklich in einer Zusammenziehung der Pupille, und entsprechender innern Verschließung für das Licht besteht), was wachsen will sich erst zusammenziehen; und so faßt alles in der Welt erst durch Verneinung steten Fuß und Wurzel.

Umgekehrt gilt dasselbe. Aller Anfang ist seiner Natur nach nur ein unabläßig Begehren des Endes oder dessen was zum Ende führt. Das was das Ende begehrt ist nicht selbst das Ende, verneint sich selbst als das Ende, erkennt sich selbst nur als erste Staffel zu dem, das eigentlich werden soll, ist nur erste Spannung des Bogens, in dessen (wie einer gestimmten Saite) abwechselnder Zusammenziehung und Wiederausdehnung nach dem heraklitischen Bild der Einklang des Weltalls besteht.

Was sich als gebärende, verwirklichende Kraft erklärt, verneint sich ebendamit als das zu Verwirklichende, beziehungsweise Wirkliche; auch dieser Satz verstattet die Umkehrung. Kein Wesen (da jedes von Natur Bejahung seiner selbst ist) kann sich verneinen, außer um sich zu setzen als Grund von Existenz. Also macht sich die Natur in dem selben, daß sie das Wesen in sich verschließt, sich setzt als das was nicht ist, zum Grund von Seyn, zur verwirklichenden gebärenden Kraft, eines anderen das außer ihr, unabhängig von ihr ist.

Auch kann die Natur niemals anders aus jener ursprünglichen Verneinung emporgehoben werden. Die verneinende Kraft kann nicht etwa sich selbst aufgeben, oder aufhören zu wirken. Sie eben muß ewig bleiben, aber durch eben dieses ihr Bleiben Grund eines anderen werden, durch das sie überwunden und ### Ursache der Entfaltung der Natur wird.

Dieses andere kann nicht wieder innerhalb der Natur selbst liegen, es muß außer oder über der Natur, also auch ihr entgegengesetzt seyn. War die Natur das verschlossene Wesen, das ursprünglich Nichtseyende, so muß jenes Andere schon des Gegensatzes wegen das offenbare Wesen, das an sich Seyende seyn. Jedoch nur das Seyende, das in unmittelbarem Bezug zur Natur steht, ist das was außer und über der Natur ist ja diese als seine nächste Staffel und Unterlage erkennt, ist die Geisterwelt. War also jene uranfängliche Kraft der Stoff und gleichsam Keim einer zukünftigen Natur, so wird jenes andre durch die Verneinung als seyend gesetzte Wesen die Wesenheit und (so fremd der Ausdruck seyn mag) der Stoff der künftigen Geisterwelt seyn.

Die Kraft, welche in der Natur das Wesen zurückdrängt, ist eine völlig blinde, besinnungslose. So kann auch die Geburt, welche auf jene anfängliche Verschließung des Wesens folgt, nur eine nothwendige seyn. Von je an und in jedem Augenblick indem die Natur das Wesen in sich verneint, setzt sie es außer sich als ein von ihr freyes, unabhängiges, an sich seyendes. Wie das Weib gebiert in dem Augenblick selbst, da sie das zu Gebärende in sich verneint, sich in sich zusammenzieht, wie der Körper unmittelbar im Erkalten fühlbare Wärme verbreitet, also die Wärme die er in sich verneint blindlings außer sich als freye Wärme, als ein von ihm unabhängiges Wesen gebiert: so ist jene Geburt nur Ein untheilbarer Act, eine blinde Folge und unauflösliche Verkettung. Das Wesen in sich verneinen, und es außer sich setzen als an sich seyend, ist nur Eine Handlung, Ein Thun.

Die Nothwendigkeit dieser ewigen Geburt läßt sich auch so darstellen. Daß das Wesenhafte wesenhaft, das Seyende Seyendes ist, kann es nicht von dem Nichtseyenden haben; es ist an sich selbst, seiner Natur nach Seyendes. Aber daß es als dieses Seyende wieder ist, daß es offenbar wird als das Seyende, davon liegt der Grund nicht in ihm selbst. Es könnte wohl ewig seyn als das an sich selbst Seyende, ohne als dieses wieder offenbar zu seyn. Unmöglich aber ist, daß es, wenn irgendwo verneint, dann schlechthin und überall verneint sey. Nothwendig ist vielmehr, daß es irgendwo verneint, dann außer dem, worinn es verIII) Ult3)neint ist unverneint und an sich selbst gesetzt sey. Hieraus erhellt, wie eigentlich jene ursprüngliche Verneinung der einzige Grund aller Nothwendigkeit ist, wie nur in ihr etwas anfängt, das nicht stillstehen kann, wie nur dieß Nein der Grund alles äußerlichen (geschiedenen) Daseyns, des ersten Außereinander, des ewigen Gegensatzes ist. Wäre nicht das Nein, so hätte das Ja keinen Halt; das was das Seyn in sich hat kann es eben darum nicht zugleich äußerlich haben, nicht als das Seyende wieder seyn; kraftlos nach außen kann es nur durch eine ihm widerstrebende, eine ursprüngliche Verneinung in Wirkung d.i. in Wirklichkeit erhöht werden.

Dieses Verhältniß zwischen Natur und Geisterwelt ist ein ewiges Verhältniß. Wir sagen nicht, daß die Natur der Geisterwelt irgend einmal, oder einmal für immer vorangegangen sey. Noch jetzt und in jedem Augenblick geht sie ihr voran als Grund; könnte die verneinende Kraft je aufhören zu wirken, so ginge auch die Geisterwelt in die ursprüngliche Wirkungslosigkeit zurück. Es ist also eine ewige Geburt, eine Geburt, die nicht einmal geschehen ist, sondern die ewig und immer wieder geschieht.

Das Verneinende ist nicht bloß Verneinendes, sondern hält in sich das Wesenhafte, Bejahende verschlossen; es ist in sofern ganzes Wesen, das beyde Urkräfte in sich hat, Ja und Nein. So kann also auch das Seyende nicht ohne zusammenhaltende, verneinende Kraft in ihm selber gedacht werden. Es ist Seyendes schon für sich, nicht gleichsam ein Theil von einem Wesen, sondern selbst vollständiges Wesen; es hat das Seyn, als die das Seyn setzende verneinende Kraft in sich selber. Nun wie im Nichtseyenden das bejahende das an sich freye und ausbreitsame Wesen, so muß im Seyenden die verneinende Kraft selbst als verneint, verborgen innerlich gedacht werden. Ja um wie viel das Seyende höher ist als das Nichtseyende, um so viel schärfer, strenger ihrer Natur nach muß in jenem die verneinende Kraft gedacht werden, ob sie gleich unwirkend, verborgen ist.

Dieß erklärt die Natur jenes Urgegensatzes. Er beruht nicht auf gänzlicher gegenseitiger Ausschließung, nur auf einem entgegengesetzten Verhältniß, gleichsam einer umgekehrten Stellung jener ersten Lebenskräfte (der bejahenden und verneinenden oder wie man ebenfalls sagen kann der anziehenden und ausbreitenden). Was in dem Nichtseyenden das äußere, einschließende ist, ist in dem Seyenden das eingeschloßne, innere. Unendlich fern sind sie sich unendlich nah. Fern, weil das was in dem einen bejaht und wirkend in dem andern verneint und unwirkend ist. Nah, weil es nur einer Umkehrung bedarf, einer Herauswendung dessen was verborgen und einer Hineinwendung dessen was offenbar ist, um das eine in das andre zu versetzen und gewissermaßen zu verwandeln.

Einleuchtend ist auch schon, wie jedes der beyden Principien in sich die Möglichkeit trägt zu einer Welt entfaltet zu werden. Denn in dem Untersten, dem Nichtseyenden, ist das Wesen zwar verneint, aber nicht seiner Natur nach; im Gegentheil von sich selbst ist es hervorstrebend, ausbreitsam; also liegt in ihm selbst die Möglichkeit eines beweglichen Gegensatzes zwischen dem aus der Verborgenheit hervorstrebenden Wesen und der es zurückdrängenden Kraft, die Möglichkeit einer Entflammung des Lebens. Ebenso in dem Seyenden. Denn auch in ihm ist nur ruhender Weise oder innerlich die verneinende Kraft und wartet nur der Anregung, um hervorzustreben und mit dem äußeren und offenbaren in lebendigen Gegensatz zu treten.

Noch aber ist diese innre Nähe und Verwandtschaft beyder verborgen, noch stehen sie in entschiedener Spannung, als Entgegengesetzte, zu einander.

Aber je schärfer der Gegensatz, desto nothwendiger ihr innres Verlangen und Sehnen nach einer sie versöhnenden Einheit. Wie, die Verschlossenheit des Wesens, das Nichtseyende gesetzt, dann nothwendig das sich bejahende Wesen seyend gesetzt ist: so verlangt, so fodert der Gegensatz die Einheit. Wie also aus dem Ersten das Zweyte und damit der Gegensatz geboren wurde, so wird nothwendig aus dem Gegensatz das Dritte die Einheit geboren.

Auch dieses ist eine nothwendige Folge; aber der Grund dieser Nothwendigkeit liegt allein in der ersten anziehenden Kraft. Wäre nicht ursprüngliche Verneinung des Wesens, so wäre das Wesen nicht als seyend, d.h. es wäre der Gegensatz nicht gesetzt; wäre nicht der Gegensatz so müßte auch die Einheit nicht wirklich seyn. Ist aber die uranfängliche Verneinung, dann ist nothwendig das Seyende als solches wirklich, d.h. es ist der Gegensatz; ist aber der Gegensatz, so ist nothwendig die Einheit wirklich. Wie das Seyende nur durch das Nichtseyende, Ja nur durch Nein; so ist die Einheit nur durch die Zweyheit in Wirkung, d.i. zur Wirklichkeit erhöht.

Betrachtet man die Entgegengesetzten in Bezug auf die Einheit: so verhält sich das Nichtseyende gewissermaßen als die leibliche, das Seyende als die geistige Seite derselben. Denn wie alles, das seine Einschränkung oder verneinende Kraft außer sich hat, als leiblich erscheint, so alles, was seine Einschränkung in sich selbst hat geistig. Die Einheit, das lebendige Band beyder, ist Seele. Seele wirkt ohne Rückstrahl (Reflexion) in sich selbst und ist dadurch von Geist unterschieden. Geist ist was für sich selbst ist. Aber jene Seele, die den Urgegensatz vereint, ist nicht freye, bewußte Einheit, sondern wie die Bewegung begonnen endet sie in Nothwendigkeit.

Diese Seele, das Band von Natur und Geisterwelt, werden wir wohl für nichts anders als jene allgemeine Weltseele ansehen können, die von jeher geahndet und anerkannt worden.

Natur, Geisterwelt, und allgemeine Weltseele dieß sind die Stufen jener nothwendigen Fortschreitung. Nothwendig ist, daß wenn die Natur ist, dann auch die Geisterwelt ist, und nothwendig, daß wenn beyde sind, dann auch die allgemeine Seele ist. Inwiefern die Natur ist, dieses wird hier nicht untersucht; es wird nur angenommen, daß sie ist.

Jene Fortschreitung ist aufsteigend und geht durch eine beständige Erhebung Steigerung oder (wie es auch sonst ausgedrückt worden) Folge von Potenzen. Setzt man die verneinende Kraft =B, das Wesen oder bejahende Princip =A, so ist jene erste Verneinung des Wesens nach dem was in ihr wirkend =B nach dem was in ihr verneint, unwirkend =A; das Ganze ist A das nach außen B ist =(A=B); dieses ist der Anfang, oder erste Potenz. Aber Verneinung des Wesens, Nichtseyendes ist nur um Seyendes zu erzeugen. Inwiefern nun jenes doch auch ein Seyendes nur der ersten Potenz ist, in sofern verhält sich dieses als ein Seyendes des Seyenden, das man ein Seyendes der zweyten Potenz nennen kann =A2, in dem nun vielmehr das Verneinende (B) verschwunden und innerlich gesetzt ist. Endlich so läßt sich die Seele als das Bejahende von beyden nun als das Seyende der dritten Potenz =A3 ansehen.

Wir werden uns dieser allgemeinen Bezeichnungen in der Folge öfters der Kürze halber bedienen; auch wohl den einzelnen Moment in dieser Folge durch seine bloße Zahl bezeichnen.

In dieser Fortschreitung ist eine unaufhaltsame Bewegung, dazu eine solche die nicht einmal geschehen ist, sondern die immer wieder geschieht. Es ist eigentlich nichts Festes, Stehenbleibendes; die erste Potenz einmal gesetzt ist in einer steten Erzeugung der zweyten, die zweyte in einer beständigen Geburt aus der ersten, die dritte in immerwährendem Ausgang aus beyden. Sie sind unter sich vereinigt nicht durch ein festes, stehendes, sondern durch ein bewegliches, lebendiges Band, das sich immer wieder macht. Es kann aus diesem untrennlichen und untheilbaren Geschehen nicht Einzelnes herausgenommen werden, wo du in dieses Rad eingreifest, wird das Ganze zerstört. Die drey Potenzen folgen sich so schnell als drey unmittelbar verkettete Gedanken, so daß sie obwohl drey doch der That nach (actu) nur Eines sind.

Mit Einem Wort, wollen wir diese Folge als ein Ganzes aussprechen, so können wir in ihr nichts erblicken, als die Bewegung einer sich selbst verwirklichenden Natur. Und zwar einer sich blindlings verwirklichenden Natur; eines Wesens, dessen Natur es ist, sich selbst zu verwirklichen.

Ein Wesen, das sich selbst nothwendig verwirklichen kann, ist die nothwendig existirende Natur. Denn alle Existenz ist actus, ist Wirken. Eine bloß leidende Nothwendigkeit da zu seyn wäre mit der Zufälligkeit des Daseyns einerley. Ein nothwendig existirendes Wesen kann nur dasjenige seyn, das in lautrer Selbstverwirklichung besteht, dessen Natur es ist, sich selbst zu erzeugen.

Diese nothwendig existirende Natur macht einen ewigen Anfang ihrer eignen Verwirklichung dadurch, daß sie sich setzt als nicht wirklich. Es ist zuvörderst ein ewiger Anfang d.h.

VI) Ult 4)Den Weg also dieser Bewegung haben wir uns zunächst vorgesetzt zu beschreiben; und treten jetzt unsrer Absicht näher, nachdem wir erst die dazu nöthigen Begriffe berichtiget und in’s Reine gebracht.

Diese Bewegung hat einen Anfang. Dieser Anfang kann nicht ein Freywilliges, ein Bewußtes; er kann nur ein Blindnothwendiges seyn. Wäre er ein Freywilliges, so müßte ihm die Vorstellung seiner Möglichkeit vorangehen; er wäre also kein ewiger Beginn, auch stritte dieß gegen die Unbedingtheit der göttlichen Existenz.

Es ist ein sich selbst setzender Anfang, weil er durch nichts anderes gesetzt ist, das vor ihm wäre. An ein Werden oder Entstehen aus der Ewigkeit ist nicht zu denken; denn vor dem Anfang war die Ewigkeit als ein Nichts und konnte daher auch nichts anderem thätig vorausgehen, noch der Anfang zu irgend etwas seyn.

Es ist also eine ewige Kraft des Anfangs, von der man sagen kann, daß nichts vor ihr ist, daß sie das erste Seyende ist, weil vor ihr jenes Höchste ist, als ob es nicht wäre.

Jeder Anfang ist seiner Natur nach nur ein Begehren des Endes oder dessen, was zum Ende führt; in sofern ist etwas Verneintes in ihm. Das was des Endes begehrt ist nicht selbst das Ende und verneint sich als das Ende, setzt sich selbst nur als erste Stufe zu dem, was eigentlich werden soll ist nur die erste Spannung jenes Bogens in dessen, wie einer gestimmten Saite, abwechselnder An- und Abspannung nach dem heraklitischen Bild der Einklang des Weltalls besteht.

Umgekehrt, nur in der Verneinung liegt überall der Anfang. Es gibt keine Bewegung ohne Überwindung von Widerstand. Der Anfangspunct selbst der bloß mechanischen Bewegung ist kein leerer unthätiger Ausgangspunct wie er gewöhnlich gedacht wird; Beweis schon die Keplersche Trägheit. Im Gegentheil ist er anzusehen als eine Verneinung dieser Bewegung, die wirklich entstehende Bewegung als eine Überwindung dieser Verneinung. War die Bewegung nicht verneint, so konnte sie nicht wirklich, ausdrücklich als solche gesetzt werden; die Verneinung ist also das nothwendig Vorausgehende aller Bewegung. Die Eins ist der Anfang aller Zahl und in sofern erste Zahl, nicht weil selbst Zahl sondern im Gegentheil weil Verneinung aller Zahl, aller Vielheit; der Punct Anfang der Linie und aller reinen Bewegung nicht weil selbst Bewegung sondern weil das Nein aller Bewegung. Was wachsen will muß sich erst zusammenziehen, und wenn unter andern die Pflanze nach jeder Ausdehnung sich auf’s neue contrahirt, so ist es nur um sich wieder ausdehnen zu können. Der Anfang alles Sehens ist eine wenn auch unmerkliche Zusammenziehung der Pupille, der eine gleiche Zusammenziehung, eine thätige Verfinsterung, Verschließung für das Licht in der inneren Sehkraft entspricht; das wirkliche Sehen ist eine Expansion derselben. Wer kräftig nach außen wirken will, muß erst einen Kern in sich selbst bilden und so hat alles seinen Anfang nur in dem, was eigentlich die Verneinung von ihm ist.

Alles Leben ist eig˖[entlich] nichts als die beständige Verw˖[irklichung] eines gewissen Wesentlichen oder Sey˖[enden], das es festhält und auf alle Weise zum Daseyn zu bringen sucht. Das hier zu beschr˖[eibende] Leben muß um Leben zu seyn, auch ein Sey˖[endes] oder Wesen in sich haben. Der Anfang nun setzt sich zunächst dem entgegen, was aus ihm werden soll, dem zu Verwirklichenden, was also in Bezug auf ihn das an sich Wirkliche ist, dem es gleichsam gebührt zu seyn. Es setzt sich dem an sich Seyenden entgegen, heißt, es verneint sich selbst als das an sich Seyende, oder setzt sich in Bezug auf dieses als das Nichtseyende.

Er setzt sich als das Nichtwirkliche beziehungsweise auf das zu Verwirklichende, welches aber keineswegs verhindert daß er in sich selbst wirklich sey. Er ist nur nicht wirklich gegen das Folgende; aber wohl wirklich als das Vorausgehende oder in einer tieferen Ordnung.

Er verneint sich als das Seyende, heißt nicht, er setzt sich als überall nichtseyend, sondern nur, er setzt sich als nicht das Seyende seyend; nicht er verneint alles Seyende in sich; im Gegentheil er setzt in sich Seyendes aber als verneint als nicht Seyendes seyend, als nicht wirkliches, offenbares Seyendes; welches daher auch so ausgedrückt werden kann, er setzt das Seyende nur in’s Verborgene oder innerlich; das Wesen ist in ihm aber verhüllt, unter der Form der Verneinung.++ Setzen wir die vernein˖[ende] Kr˖[aft] =B etc.

Die Menschen sind im Allgemeinen gegen das Verneinende, wie sie eine natürliche Vorliebe für das Bejahende zeigen. Das frey Ausquellende, sich Mittheilende leuchtet ihnen ein; was sich verschließt, versagt ob es gleich ebenso wesentlich ist und ihnen in vielen Gestalten überall begegnet können sie nicht so geradezu begreifen. Den Meisten würde nichts natürlicher vorkommen, als wenn in der Welt alles aus lauter Sanftmuth und Güte bestünde, wovon sie doch bald das Gegentheil gewahr werden. Ein Widerstrebendes dringt sich überall auf; jedermann fühlt dieses andere, das sozusagen nicht seyn sollte und doch ist ja seyn muß. Dieses Nein das sich dem Ja, dieß Verfinsternde das sich dem Licht, dieß Krumme das sich dem Geraden, dieß Linke das sich dem Rechten entgegenstellt und wie man sonst diesen Gegensatz in Bildern dargestellt hat; aber nicht leicht ist einer im Stande, es auszusprechen oder wissenschaftlich zu begreifen.

Wie es nur den Wenigsten einleuchtet, daß die wahre Kraft in der Beschränkung nicht in der Ausbreitung liegt, und mehr Stärke zum sich-Versagen gehört, als zum sich-Geben: so ist es auch ganz begreiflich, wenn sie das durch sich selbst Nichtseyende, das doch Grund, Anfang und Stützpunct aller Wirksamkeit ist eher für das Nichts halten und es für den größten Widerspruch anzusehen, wenn behauptet wird, daß es eben als das Nichtseyende sey.

Dennoch führt auf diesen Begriff schon die allgemeinste Betrachtung. Denn das was man als das Seyn dem Seyenden entgegengesetzt kann schon darum nicht einerley mit dem Seyenden seyn, und ist seiner Natur nach das Nichtseyende; darum aber nicht das Nichts, wie aus einer falschen Übersetzung des griechischen οὐκ ὄν auch der Begriff der Schöpfung aus Nichts entstanden scheint.

Von diesem grammatischen Mißverstand konnte schon die einfache Unterscheidung befreyen, die wenn sonst nirgendsher schon aus Plutarch zu nehmen war, zwischen dem Nichtseyn (μὴ εἶναι und zwischen dem Nicht-seyend seyn (μὴ ὄν εἶναι. Wie sollte aber das das Nichts seyn, was doch das Seyn und die Kraft des Seyns selber ist? Das Seyn muß eben auch wieder seyn. Es gibt kein bloßes Seyn, oder wie man sonst sagt kein reines leeres Objectives, in dem gar nichts Subjectives wäre. Das Nichtseyendes darstellt (wie die Natur) ist nur nicht ein subjectiv Seyendes, wohl aber ist es ein nichtsubjectiv Seyendes. Es ist ein gegen jenes als das vorzugsweise Seyende nur Nichtseyendes auf sich selbst bezogen aber wohl ein Seyendes. Denn wir mögen nur auf das sehen, was in ihm innerlich und verborgen, oder auf das was an ihm äußerlich und offenbar ist; so ist jenes eben die Wesenheit selbst, dieses aber eine wirkende Kraft, ja wie richtiger gesagt würde die Kraft und Stärke selbst, die als solche doch wohl ebenfalls ein Seyendes seyn muß.

So ohngefähr können wir auf unsre Art ausdrücken, was schon Platon in dem herrlichen Gespräch vom Nichtseyenden gezeigt, wie es nothwendig sey und wie ohne diese Einsicht überall Gewißheit von Zweifel, Wahrheit von Irrthum ununterscheidbar seyn würde.

Aus dieser Natur des Seyns zieht aber noch eine andere Art von Sophistik den Schluß, daß es wenn auch seyend doch nicht erkennbar sey, welches sie dahin erweitert, überhaupt nichts sey erkennbar, weil ihr das Seyn für das Höchste gilt. Alles wirkliche Wissen löse das Seyn auf und vernichte es; das wahre Wissen könne überall nur im Nichtwissen bestehen.

Eine wohlersonnene Ausflucht der Bequemlichkeit. Denn eben das Seyn (das Reale) ist wegen seiner unüberwindlichen Neigung zur Finsterniß weniger leicht zu erkennen; das Seyende (Ideale) dagegen wegen seiner dem Erkennenden verwandten Natur leuchtet viel unmittelbarer ein. Mit jenem Schluß indeß verhält es sich so. Dem Begriff nach ist allerdings nur das Seyende auch das Erkennbare, das Nichtseyende auch das Nichterkennbare. Aber es ist doch nur unfaßlich so weit und in dem, inwieweit und worinn es Nichtseyendes ist; soweit es aber als ein Nichtseyendes zugleich ein Seyendes ist, soweit ist es ja wohl faßlich und erkennbar. Das Seyende und das Nichtseyende in ihm sind nicht zweyerley sondern einerley Wesen nur von verschiednen Seiten betrachtet. Das wodurch es Nichtseyendes ist, ist ebendas wodurch es Seyendes ist; denn Nichtseyendes ist es nicht wegen gänzlichen Mangels an Kraft und Wesen, sondern als positive Verschlossenheit, thätiges Zurückstreben in die Tiefe und Verborgenheit, also als wirkende Kraft, die in ihrer Art ebenfalls ein Seyendes also Erkennbares seyn muß.

Soviel nun zur dialektischen Verständigung über den für die ganze Folge der Wissenschaft höchst wichtigen Begriff des Nicht-Seyenden.

(II)sich lebt und wirklich ist.

Auch Folgendes könnte man einwenden, das scheinbar von keiner Eigenschaft sondern von dem Begriff der Existenz Gottes selber hergenommen wäre: Gott sey das nothwendig seyende Wesen, also er sey, ohne alle Bewegung, unbedingter Weise gleichsam durch eine absolute Thesis. Zwar ist jener Ausdruck nicht ohne Zweydeutigkeit; aber wie er hier gemeynt ist kann er sich nur auf das allgemein angenommene beziehen, in Gott sey Wesen und Seyn Eins. Aber eben weil nach diesem Begriff Seyn in Wesen verschlungen ist, sagt es bloß eine innre Bestimmung oder Eigenschaft nichts von wirklichem Daseyn (existentia in actu posita) aus. Nun kann Gott auch Einheit des Wesens und des Seyns nicht todter Weise seyn; Gott ist alles also auch das nothwendig existirende Wesen nur in actu, also nicht außer, nur in jener Bewegung.

Möge es denn erkannt werden, daß was wir von Gott begreifen können nur diese Bewegung ist. Über Idole wie sie das jüdische Volk verlangte dürfen sich spätere Zeiten freylich weit erheben, aber die Formen läutern sich, die allgemeinen Eigenschaften bleiben. Das Bildliche besteht aber im Stillstehenden. Wer Gott in einem körperlichen Umriß fassen oder in einem unbeweglichen Begriff abgränzen will, ist im Grunde gleich weit von ihm. Jeder hat sein Idol, obwohl dieser ein geistigeres als jener, jeder überhaupt, der Gott nicht als ein Feuer ansehen will. Gott ist kein Inbegriff stillstehender Eigenschaften. Gott ist unfaßlich unbegreiflich, nicht wie es gemeinhin gedacht wird daß gar kein Begriff von ihm möglich wäre, sondern nur daß kein stillstehender; er ist unbegreiflich im wörtlichen Verstand, incoërcibel, durch alles gehend, indefinibel, in keine bestimmten Gränzen einzuschließen; wie der Wind der wehet wo er will und du hörest sein Sausen wohl, aber du weißest nicht von wannen er kommt und wohin er führet, weil das Ende immer wieder in den Anfang der Anfang in das Ende geht.

Diese Unbegreiflichkeit beruht nicht darauf, daß Gott ein abstruses Wesen ist, dessen Natur wir nach unsern Begriffen unmöglich finden müssen; es läßt sich nicht von ihr dogmatisch reden als einer todten Eigenschaft. Diese falsche Unbegreiflichkeit, die einzige von der meistens gesprochen wird, hat ihren Grund nicht in der göttlichen Natur, sondern in der Eingeschränktheit der Menschen, der die wahre Unbegreiflichkeit fremd ist, nämlich die höchste Lebendigkeit. Da Gott alles nur in That und Leben ist, so muß von diesem Leben abgesehen, alles was ihn betrifft in jenem verneinenden Sinn unbegreiflich werden. Denn das Bestimmte, was er in der ewigen Bewegung ist, ist er nicht ohne sie und auch wir können nur durch sie dazu gelangen, nicht unmittelbar durch ein unbedingtes Aussprechen oder Festsetzen. Sobald die Bewegung (der Weg) verloren geht, geht die Idee selbst verloren, oder sie bleibt wie in den dogmatischen Systemen nur übrig als der todte Rest eines ehmaligen nicht mehr verständlichen Lebens. Aus diesen todten Überbleibseln aber ein Leben wieder zusammenzusetzen oder anfachen zu wollen ist ein ebenso peinvolles als vergebliches Bemühen.

Nur den Weg dieser Bewegung zu beschreiben kann also hier Absicht seyn. Ich könnte gleich damit anfangen, alles Leben sey ein doppeltes natürliches und geistiges. Allein da ich in diesem ganzen Werk nichts aus allgemeinen Wahrheiten beweisen, sondern überall den Hergang zeigen will, so schlage ich eine andre Weise ein.

Ich habe eben den Ausdruck: Gott sey das nothwendig exist˖[irende] Wesen als einen möglichen zugegeben und nur erinnert, daß er eines doppelten Sinnes fähig ist. Hier bedarf es aber einer tieferen Ergründung.

Bezieht man ihn auf die Einheit des Wesens und Seyns, so muß er als unstatthaft erscheinen, weil vermöge dieser Einheit Gott eigentlich nicht als ein Existirendes zu denken ist; denn der Begriff des Seyenden schließt einen Unterschied von dem Seyn in sich, der aber in Ansehung des Wesens Gottes verneint wird, das selber das Seyn ist, wie auch schon die alten Theologen sich richtig ausgedrückt haben, (Deus est ipse suum esse).

Wenn es also zuläßig ist, so kann er es nur in dem andern Sinn seyn: Gott nach seinem ganzen Wesen, also Gott, inwiefern er eben die Einheit von Wesen und Seyn ist, sey noch außerdem existirend und zwar mit Nothwendigkeit existirend, wodurch also eine vom Wesen verschiedene nicht in diesem begriffene Existenz ausgesagt ist. Nun kann niemand ein Daseyn Gottes in diesem Sinn und auch nicht die Nothwendigkeit dieses Daseyns streiten, weil es ein zugestandner Begriff ist, daß Gott alles was er ist also auch jene Einheit von Wesen und Seyn nur wirklicher lebendiger Weise seyn kann, also es auch wirklicher lebendiger Weise seyn muß. Aber hier eben entsteht die Frage: ob es erlaubt ist diese Nothwendigkeit des Daseyns als eine Eigenschaft in die Gottheit selbst zu legen. Es ist nicht einerley zu sagen, Gottes Existenz sey nothwendig und Gott sey ein nothwendig existirendes Wesen. Wenigstens erregt dieß die Meynung, als wäre in dem Wesen der Gottheit selbst eine Nothwendigkeit des Übergangs in Wirklichkeit, eine Nothwendigkeit sich s˖[elbst] zu verwirklichen. Aber Vernunft und Gefühl fordern einen Gott, der lautrer Geist ist. Ein solcher, kann Er nicht nothwendig handeln, nur als die höchste, die ewige Freyheit. Und doch bleibt es dabey: Gott hat ein Leben, und es ist unmöglich, daß nicht ein Leben Gottes sey.

Weil nun Gott als lautrer Geist nur frey zu handeln vermag, so ist es unmöglich, daß er in Ansehung dieses nothwendigen Lebens überhaupt handelnd sey; dieß Leben muß ein von Ihm unabhängiges Leben seyn; er kann sich gegen dasselbe nur leidend, oder, (damit man sich dabey kein Bestimmtwerden denke), genauer gesprochen nur nicht handelnd verhalten.

Gleich hier dringt sich also in gewissem Sinn die Idee eines leidenden Gottes auf. Gott kann nicht sich selbst verwirklichen, nur verwirklicht werden durch eine von ihm unabhängige Bewegung. Es ist in dieser Beziehung mit dem Leben Gottes wie mit allem Leben. Die Existenz Gottes ist keine freywillige. Wie der Mensch ist und ein Leben hat, ohne Zuthun seines Willens, so auch Gott. Nur ist der nie aufzuhebende Unterschied, daß die Bewegung, durch die der Mensch oder jede andre endliche Natur in’s Daseyn gelangt, eine bloß bedingt-nothwendige, in Ansehung seiner selbst zufällige ist; die Bewegung aber durch die Gott verwirklichet wird eine unbedingt, also eine in Ansehung Seiner Selbst nothwendige. Darum heißt Gott der Unsterbliche ἀθάνατος, der allein Unsterblichkeit hat und unvergängliches Wesen; lauter wenig passende Ausdrücke, wenn Gott nicht ein Leben im eigentlichen Verstande hätte.

Auch wird niemand die Behauptung so ausdeuten, wie sie ja nicht einmal bey’m Menschen zu nehmen ist, daß Gott werden oder seyn müßte, wozu ihn das Leben macht. Gott ist was er ist; das Leben setzt in Ansehung seiner bloß die Wirklichkeit, durch die in Ansehung der inneren Wesenheit oder Beschaffenheit bekanntlich nichts bestimmt ist.

Also ist das erste in Gott nicht Actuosität, der Anfang zu seiner Offenbarung kein Act, wie so allgemein vorausgesetzt wird, sey’ es des unruhigen Geistes wegen, der sich aller Begriffe bemächtiget hat, oder aus Mißverstand jenes althergebrachten, Gott sey actus purissimus, das aber nach der frühesten philosophischen Sprachgebrauch nicht das bedeutet, was nach der jetzigen bedeuten würde: Gott sey nichts als Act; sondern, wie wir es schon erklärt, Gott sey lauterste Wirklichkeit, nicht bloß der Möglichkeit nach. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn das Leben selber als ein actus, als ein Thun, Wirken u.s.w. betrachtet wird; aber es ist nur nicht verstattet, diesen actus als einen Act oder ein Thun Gottes zu denken. Und so glauben wir denn mit diesem einzigen Wort verschiedene mächtige Irrthümer und verwirrende Mißverständnisse beseitigt.

Hiemit ist denn auch klar, daß von dem Punct betrachtet, wo wir jetzt stehen, jene Bewegung auch nicht als das Leben Gottes zu betrachten ist. Es ist ein eigenes für sich bestehendes, Gott noch nicht wissendes Leben, das seine eigene von ihm unabhängige Wurzel hat. Als ein solches Leben haben wir es dann auch zu betrachten.

Da alles Leben fortschreitend ist, eine Folge unter sich nothwendig verbundener Zustände, so kann schon darum kein Leben gedacht werden, ohne einen Punct nach dem es hin strebt, und von dem es ausgeht. In der letzten Beziehung also auch nicht ohne Anfang. Überdieß haben wir ja dieses Leben gesetzt, als ein von jenem erst zu verwirklichenden anfanglos Ewigen ganz unabh˖[ängiges] vorerst von Gott unabhängiges, als ein Leben eine Bewegung außer Gott. Alles aber was außer Gott ist, der allein als uranfängliches Wesen zu denken ist, muß schon darum und des Gegensatzes halber als anfänglich gedacht werden.

Dennoch ist es auch undenkbar, daß die Bewegung, welche die Bewegung der Verwirklichung Gottes ist, irgendwann, d.h. zu irgendeiner Zeit begonnen habe. Ist sie eine ihrer Natur nach anfängliche, so muß sie von aller Ewigkeit her begonnen haben, und (weil sie sonst doch irgendwann angefangen hätte) noch immer beginnen, und nie aufhören zu beginnen. Mit einem Wort es ist eine ewige anfangende Bewegung. Es ist ein Geschehen, das nicht ein für alle Mal vorübergegangen ist, es ist ein Geschehen, das immer wieder geschieht, und kann nur in sofern auch schon für sich betrachtet ein ewiges Leben heißen.

Diese Bewegung ist eine ihrem Grund oder Anfang nach unabhängige von Gott; sie weiß Gott nicht. Da aber doch nach der Voraussetzung ihr Ziel die Verwirklichung des Ewigen ist, so ist sie als eine Bewegung, die im Beginn wenigstens ihr Ziel nicht weiß, in ihrem Beginn überhaupt keine wissende, sondern eine völlig blinde Bewegung. Bewußtheit, Freywilligkeit dieser Bewegung würde auch gegen die Nothwendigkeit der Existenz streiten, die wir in Bezug auf Gott behaupten.

Diese in ihrem Beginn blinde Bewegung ist auch eine nothwendige, die gar nicht nicht seyn kann; allein sie ist doch nur nothwendig beziehungsweise auf Gott, weil es nothwendig ist daß Gott dasey, also nicht an sich selbst. An sich behält sie immer etwas Nichtnothwendiges, wie alles Anfängliche,

Planet = €\frac{A^3}{A^2 = (A=B)}€

Punctum ### ursprüngl. = B exp.

Planet und Sonne zusammen = (€\frac{A^3}{A^2= A=B}€)B

Planet = (A=B)

Sonne = A2

Himmel = A3

Attraction = B exp.

Da A2 an A=B fesselt*) dadurch das freye Verhältniß zwischen A3 und dem untergeordn˖[eten] aufhebt.

Nur A3 (exp.) überwindet B, macht A=B frey von A2 und läßt beyde ihre gemeinsch˖[aftliche] freye Einheit finden in A3

*) Geht nicht. Warum sollte B dann oben in A2 residiren, wie doch offenb˖[ar] bey der Sonne der Fall ist

I)Die Geschichten der Vergangenheit können beschrieben werden vom Ursprung der Menschheit bis auf die gegenwärtigen Zeiten, welches der Anfang der insgemein so genannten Historie ist; oder von den Urzeiten der Erde bis zur Entstehung des Menschen welches die Aufgabe der sogenannten Naturhistorie der Erde seyn müßte; oder endlich von den Vorzeiten der Welt bis auf die Zeiten derselben, welches obwohl niemals wirklich geleistet, doch oft genug versucht worden ist. Die jetzt herrschende Ansicht kennt zwar überhaupt nur eine Zeit die Zeit der gegenwärtigen Welt und läugnet daß es außer ihr andere gab. Daher die Meynung, die Zeit überhaupt oder alle Zeit sey erst mit dieser äußeren, sichtbaren Welt entstanden, vor derselben sey keine Zeit gewesen, und dieser Zeit sey unmittelbar die Ewigkeit vorangegangen. Allein zugegeben was sich ohnedieß von selbst versteht daß die Zeit der gegenwärtigen Welt erst mit dieser Welt entstanden, woher wollte man erweisen, daß nicht dieser Zeit eine andre, ja daß ihr mehrere voneinander verschiedene Zeiten vorangegangen? Wenigstens sollten die, die sich Theologen zu seyn rühmen, jener Meynung nicht so geradezu beypflichten, daß alle Zeit nur mit dieser Sinnenwelt entstanden. Nennt nicht die Schrift, im hebräischen und griechischen Urtext, die Welt bey einem Namen, der eine Zeit bedeutet, so daß diese Welt eben so viel heißt, als diese bestimmte Zeit; und wenn sie von den Zeiten der Welt redet, scheint sie nicht eben damit auch Zeiten vor der Welt vorauszusetzen? Und die Lehre, daß diese Welt in der Zeit erschaffen worden, die sich nicht so leichtherzig aufgeben läßt, als viele zu glauben scheinen. Wie läßt sie sich, wir wollen nicht sagen glaublich machen, sondern nur denken, wenn nicht eine Zeit vor der Welt war? Mit all’ dem soll hier noch nichts erwiesen seyn: es soll nur zum Voraus als ein möglicher Gedanke erwiesen werden, daß der dunkle Begriff derjenigen Ewigkeit, die man als unmittelbar dieser Welt vorangegangen denkt, der tieferen Betrachtung sich noch wohl in eine Folge von Zeiten auflösen könne; ohngefähr so, wie die dem gewöhnlichen Blick nur als ein trüber Schimmer vorkommende Nebelflecken für das bewaffnete Auge sich noch in einzelne Lichter auflösen.

Hieraus würde denn auch folgen, daß die der Welt unmittelbar vorausgegangene Ewigkeit nur bedingungsweise gegen diese Zeit, nicht aber schlechthin als Ewigkeit zu betrachten sey. Gibt es eine Zeit der Zeiten auch vor der Welt, so fragt es sich, nicht was der Zeit dieser Welt, sondern was der Zeit schlechthin, was aller Zeit vorangegangen sey?

Hierauf ist keine andre Antwort zu erwarten, als die Ewigkeit schlechthin, die Ewigkeit die sich nicht wieder in Zeit auflösen läßt; die schlechthin zeitlos also auch ohne Anfang und Ende ist.

Wenn aber in der wahren Ewigkeit weder Anfang noch Ende denkbar ist, so auch keine Bewegung, da sich keine denken läßt ohne einen Punct von dem sie ausgeht (terminus a quo) und nach dem sie strebt (terminus ad quem). Also ist sie zugleich zu denken als unbedingte Unbeweglichkeit, und da sich auch kein Wirken denken läßt, ohne von etwas aus- und nach etwas hinzugehen, auch als gänzliche Wirkungslosigkeit, sowohl in sich selbst als nach außen. Ist dieß, so kann auch in der lauteren Ewigkeit kein Seyendes gedacht werden, weder das für sich selbst noch das gegen Anderes ein solches wäre. Nicht für sich selbst, denn daß irgendein Wesen für sich selbst ist, läßt sich ohne thätige Entgegensetzung also ohne Bewegung nicht denken. Nicht gegen Anderes, denn das Seyende kann sich als solches nur durch beständigen thätigen Gegensatz gegen das Seyn und die Ruhe äußern; wie das allgemein das was am Meisten von der Natur des Seyenden hat in Selbstbeweguung besteht, und die Seele z.B. schon von Pythagoras als eine sich selbst bewegende Zahl, von Aristoteles als Entelechie erklärt worden, worunter eben nichts anders als beständiges Thun (actus) stete Bewegung gedacht wird. Aber ebensowenig ist in der lautern Ewigkeit ein Nichtseyendes zu denken, d.h. ein solches, das sich selbst verneint als Seyendes; denn auch dieß wäre ohne Thun und Bewegung nicht möglich. Was aber weder für sich selbst noch für anderes seyend, und doch auch nicht nichtseyend ist das wäre Nichts. Also ist die anfang- und endlose Ewigkeit an und für sich selbst das lautere Nichts; oder das, dem es für sich unmöglich ist zu seyn, weil alles Seyn in Thun (actus), alle Wirklichkeit in Wirken besteht.

Daß sich hieran niemand stoße und sehe, wie dasselbe auch sonst wohl erkannt worden, stehe hier ein kräftiges Wort von Dr. Martin Luther. Unsinn ist’s, sagt dieser im Anfang seiner Erklärung des ersten Buchs Mosis, viel von Gott außer und vor der Zeit streiten, denn dieß heißt die nackte Gottheit, das bloße göttliche Wesen begreifen zu wollen. Weil dieß unmöglich, darum hüllt sich Gott ein in seine Werke und gewisse Gestalten, wie er sich heutzutag in die Taufe u.a. einschließt. Gehest du von diesen hinweg, so gehst du hin außer Maß Zeit und Ort und ins reinste Nichts, wovon nach dem Ausspruch des Philosophen (des Aristoteles) keine Wissenschaft möglich ist. Denn allerdings wo keine Bewegung und keine Folge, da ist auch keine Wissenschaft.

Wenn also jene anfang- und endlose Ewigkeit das lautere Nichts, d.h. (wie wir es schon erklärt) das ist, dem es für sich selbst unmöglich ist zu seyn, so muß sich jener beliebte Satz: der Zeit geht die reine Ewigkeit vorher, in den umwenden: der Zeit geht das lautere Nichts vorher, also nichts sey vor der Zeit, die Zeit selbst das erste Principium aller Wirklichkeit.

Denn auch daß die lautere Ewigkeit irgendetwas außer sich erzeuge oder hervorbringe und so mittelbar oder unmittelbar die Ursache der Zeit werde ist undenkbar, da sie an sich die reinste Wirkungslosigkeit ist. Jeder Übergang von Ruhe zu Bewegung, den sie von sich selbst machte, wäre nicht mehr nicht weniger unverständlich, als die andre ohne zureichenden Grund oder bewirkende Ursache entstehende Bewegung. Wollte man aber auch die so plötzlich auf unerklärbare Weise entstehende Bewegung zugeben, so würde sie sich in eben dieser Bewegung als Ewigkeit aufheben; es würde zwar Zeit aber auf Kosten der Ewigkeit. Dieß kann aber nicht der Sinn jener Meynung seyn, daß die Zeit die Ewigkeit voraussetzte. Ist die Zeit einmal das Vorausgesetzte der Ewigkeit, so ist sie ihr ewig Vorausgesetztes. Das Fortschreiten von einem zum andern, wobey jenes das Vorausgesetzte von diesem ist, kann nur so geschehen, daß jenes durch dieses aufhört, denn sonst würde alles im Fortgang sich selbst zerstören und am Ende nichts bleiben. Wäre die Ewigkeit das Hervorbringende der Zeit, so müßte die Zeit gesetzt werden und die Ewigkeit doch bleiben. Aber eben dieses ist unmöglich, weil sie um irgendetwas hervorzubringen aufhören müßte, Ewigkeit zu seyn. Der Unsinn, daß die Ewigkeit gleichsam als Zero sich in Positives und Negatives zerlege und dadurch eine Reihe oder Folge anhebe, beII)darf hiernach so wenig einer Widerlegung, als es einleuchtend ist, daß ein andrer Versuch, nämlich die Zeit mit allem was zu ihr gehört gleich in jene anfang- und endlose Ewigkeit hineinsetzen, nicht die Zeit erklären heißt, sondern die Zeit aufheben.

Wenn also nicht nur die Ewigkeit selbst von sich selber nicht seyn kann, sondern auch vermöge der Ewigkeit sonst nichts seyn würde, so muß es ein von der Ewigkeit unabhängiges Principium der Wirklichkeit geben, welches, als ihr Gegensatz, nur die Zeit seyn kann.

Wenn die Zeit von der Ewigkeit nicht erzeugt seyn kann, so folgt daß die Zeit selber ewig ist. Gesetzt (was wir hier nicht entscheiden) daß außer der ewigen Zeit auch noch eine Ewigkeit als solche angenommen werden müßte, so folgt wenigstens, daß Ewigkeit und Zeit zwey voneinander unabhängige in Ansehung ihrer Realität (nicht grade ihrer Würde) völlig gleichwichtige (äquipollente) Principien sind.

Also lehrest du eine anfanglose Zeit, eine Reihe von Momenten, die in’s Unendliche zurückgeht ohne daß je ein schlechthin erster wäre? Keineswegs! Denn die Zeit, der Ewigkeit Widerspiel, ist schon darum beginnend sie ist eben das was seiner Natur nach anfängt. Indem ich also eine ewige Zeit lehre, lehre ich nur eine ewig beginnende Zeit, d.h. eine solche, die weil ihrer Natur nach anfangend, von Ewigkeit her angefangen hat und noch immer anfängt, und nie aufhören wird anzufangen.

Ich lehre also auch einen ewigen Gegensatz zwischen dem Nichts, das die anfang und endlose Ewigkeit ist, und zwischen dem ewig Anfangenden, das ich die ewige Zeit nenne, ohne noch zu untersuchen, ob beyde in einer höheren Einheit Eins werden also auch Eins seyn können. Denn auch dann muß die Zeit als ein gegen die Ewigkeit selbständiges Princip bleiben, das eine von ihr unabhängige Wurzel hat.

Aber wie doch können diese beyden einander entgegenstehen? Denn wir können uns nunmal kein ewig Anfangendes denken, das nicht ein Anfangloses, keine Zeit, die nicht Ewigkeit voraussetzt. Alles Anfangende ist schon ebendarum weil ein Anfangendes bedingt; das nicht Anfangende aber allein das schlechthin Unbedingte. Wodurch aber sollte das ewige Anfangende bedingt seyn, wenn nicht eben durch das Nichtanfangende, Unbedingte.

Also bleibt es doch dabey, daß die Zeit die Ewigkeit voraussetzt; es fragt sich nur in welchem Sinne? Die Zeit kann durch die Ewigkeit nicht so bedingt seyn, daß diese die Ursache ihrer Wirklichkeit, ihre bewirkende Ursache (causa efficiens) ist. Da sie also doch durch dieselbe bedingt ist, so bleibt nichts übrig, als daß die Ewigkeit die End-Ursache (causa finalis) der Zeit sey. Die Zeit ist nicht durch die Ewigkeit, aber sie kann doch nicht ohne die Ewigkeit seyn; sie ist unerzeugt, sie ist von sich selbst, aber nicht um ihrer selbst sondern um der Ewigkeit willen. Was aber ganz nur um was andern willen ist ohne doch durch dasselbe zu existiren, ist Sucht, Begierde nach ihm. Also ist die Zeit zwar, aber sie ist nur als Sucht nach der Ewigkeit, und setzt in sofern freylich die Ewigkeit voraus, aber nicht als das, was ist, sondern, als das was seyn soll und dem es gleichsam allein gebührt zu seyn.

Die Wahrheit zu sagen setzen also beyde sich gegenseitig voraus, obwohl in verschiednem Betracht; oder beyde fodern einander. Die Ewigkeit, die in sich keine Kraft hat zu seyn, fodert die Zeit, inwiefern sie nur durch die Zeit seyn kann und gesetzt wird, zwar nicht als wirklich wohl aber als ewiger Stoff und gleichsam Gegenstand der Verwirklichung. Die Zeit fodert die Ewigkeit, weil sie nichts ist als ein Verlangen der Ewigkeit. Die Ewigkeit ist nicht, als indem die Zeit ist, und die Zeit kann nicht als solche seyn, ohne unmittelbar die Ewigkeit zu setzen. Beyde sind also sozusagen in Einem Act; die Zeit indem sie sich setzt, bejaht unmittelbar die Ewigkeit, und die Ewigkeit als solche bejaht, setzt unmittelbar die Zeit voraus. Wahrhaft ist also keines vor dem andern, beyde sind von ewig miteinander; keines von beyden kann seyn außer in diesem ewigen Gegensatz.

Keines von beyden kann daher auch das andre aufheben weil die Zeit obwohl von der Ewigkeit unabhängig ja ihr Gegensatz, hebt Ewigkeit sie doch nicht auf, denn sie ist ja eben das, was die Ewigkeit will. Also muß die Ewigkeit bleiben, damit ewig das sey, was die Zeit suchen könne, und die Zeit muß bleiben, damit ewig etwas sey, das der Ewigkeit begehre und sie fodre. Eben darum kann nie eines von beyden das andre werden; werden die Zeit kann nie die Ewigkeit seyn, denn sie ist immer nur das die Ewigkeit wollende, ihrer begehrende); die Ewigkeit nicht die Zeit, denn sie ist immer nur das Gesuchte das ewig Gewollte der Zeit. Beyde (sollten sie auch auf irgendeine Art in Eins gebracht werden) müssen doch in sich voneinander unabhängig bleiben, damit einer ewigen Freude sey des Findens, und des Gefundenwerdens.

Daß die Zeit nichts ist, als die beständige Sucht nach Ewigkeit, läßt sich noch insbesondere so darthun. Alles Wirkliche, schon darum weil es dieß ist, ist nothwendig im Widerspruch. Es hat in sich einen Stachel des Fortschreitens, Unendliches ist in ihm verschlossen, das es ausbreiten möchte, es ist ihm nicht genug das was es ist in sich zu seyn; es verlangt das was es ist auch wieder nämlich äußerlich zu seyn; es möchte zugleich in sich bestehen und sich doch auch äußerlich kundgeben; es will zugleich in sich und aus sich. Also ist alles, was nur Etwas ist im Widerspruch, und allein nur das Nichts ist das Widerspruchlose. So nothwendig nun der Widerspruch, so unleidlich ist er ihm doch; nichts will darinn verharren, sondern strebt immerfort ihm sich zu entreißen. Das allgemeine Ziel aller Bewegung ist daher das Widerspruchlose; der Widerspruch selbst besteht nur, indem er unabläßig das Widerspruchlose setzt. Ist jener das Bewegende der Zeit, so ist dieses das Wesen der Ewigkeit. Und wenn der Widerspruch das Gift alles Lebens und alle Lebensbewegung nichts anders ist als die versuchte Überwindung dieses Giftes, so sehnt sich alles nach Ewigkeit und die Zeit selbst ist nichts als ein beständiges Streben nach der Ewigkeit.

Keine Bewegung ist um ihrer selbst willen. Wäre dieß, so wäre auch der Widerspruch um seiner selbst willen, das doch unmöglich ist. Der Widerspruch ist ja er muß seyn, aber nur damit das Widerspruchlose ewig gesetzt sey; alles Wirken hat nur das Nichtwirken zum Ziel. Jede Creatur und der Mensch insbesondere strebt durch alles Thun und Wirken eigentlich nur in den Zustand des Nichtwirkens zu gelangen.

Das ewig Anfangende kann schon darum weil ein anfangendes

I)Das Vergangene wird gewußt, das Gegenwärtige wird erkannt, das Zukünftige wird geahndet.

Das Gewußte wird erzählt, das Erkannte wird dargestellt, das Geahndete wird geweissagt.

Wissenschaft bezieht sich unmittelbar auf Vergangenheit, wie alles Wissen nach uralter Lehre Platon ein sich Erinnern ist, und der Herkunft nach Historie (ἱστορία) nichts andres bedeutet als eben Wissenschaft.

Doch läßt sich auch Gegenwärtiges geschichtlich, d.h. wissenschaftlich erkennen, durch Herleitung aus der Vergangenheit. So selbst gewisser Maßen Zukünftiges. Durch Folgerung aus Gegenwart und Vergangenheit.

Umfassende Wissenschaft also ist, die Vergangenheit Gegenwart und Zukunft in einer Folge und Verkettung begreift.

Noch allgemeiner läßt sich sagen: Wie nach dem Ausdruck der Alten die Seele eine sich selbst bewegende Zahl, sey auch das Wesen der Wissenschaft Bewegung und zwar fortschreitende, von einem bestimmten Anfang nach einem entschiedenen Ziel hinstrebende; nur das Werden sey Gegenstand der Wissenschaft. Vom Unbeweglichen als solchen und für sich gebe es keine Wissenschaft, woraus freylich nicht folgt, daß es keine Wissenschaft desselben gebe in Verbindung mit dem sich Bewegenden.

Wo fortschreitende Bewegung, da ist auch Anfang, Mittel und Ende. Also auch vom Unanfänglichen für sich und als solchen ist keine Wissenschaft. Nur vom Anfänglichen läßt sich zum Unanfänglichen aufsteigen.

Betrachtet man die Bewegung in ihrer Dauer, so ist ihr Anfangspunct als Vergangenheit gesetzt im Bezug auf die eben geschehende Bewegung, der Punct nach welchem sie hinstrebt, erscheint als Zukunft, der zwischen beyden liegende als Gegenwart. Diese Unterschiede sind in der kleinsten wie in der größten Bewegung dieselben.

Wissenschaft kann sowohl nur beginnen von etwas, das an sich ein Anfang ist. Es ist nicht nöthig, daß jeder Anfang ein zeitlicher sey; auch ein ewiger ist denkbar, ja der unbedingte Anfang, der Anfang alles Anfangs kann wie sich zeigen wird nur ein ewiger seyn ein solcher der selbst nicht angefangen, der von aller Ewigkeit her Anfang war, und noch immer anfängt, und nie aufhören wird anzufangen.

Soviel im Allgemeinen vom Beginn und vom Weg der Wissenschaft.

Fürsichtig hüllt, wie der kommenden Zeit Ausgang, der vergangenen Anfang Gott in dunkele Nacht. Nicht jedem ist gegeben, das Ende zu sehen, wenigen die Uranfänge zu wissen, noch Wenigeren das Ganze vom Ersten bis zum Letzten zu durchdenken. Denn Seelenstärke ist nöthig, den Zusammenhang der Bewegung von Anfang bis zu Ende festzuhalten; aber die Meisten möchten wo nur die That entscheidet alles mit friedlichen allgemeinen Begriffen schlichten und eine Geschichte in der wie in der Wirklichkeit Scenen des Kriegs und des Friedens, Lust und Schmerz, Gefahr und Errettung wechseln, als eine Folge von bloßen Gedanken vorstellen.

(Im Dunkel beginnt auch der Wissenschaft Weg. Der Offenbarung Anfang ist nicht das was geoffenbart werden soll. Die Verwirklichung fängt nicht im Licht an und ist eine Geburt aus Finsterniß in Licht. Hier ist Glauben an seiner Stelle; Glauben, daß das Dunkle der Anfang zur Verwirklichung dessen sey, das man erst nicht sieht.)

Von dem Anfang, welcher erster Grund aller Wissenschaft ist, wissen wir nichts als eben daß er Anfang ist. Was er übrigens sey, muß aus der Natur des Anfangs als solchen geschlossen werden.

Die Natur des Anfangs ist daß er das nicht sey, das eigentlich werden soll, das zum Seyn Bestimmte, also seiner Natur nach Seyende (τὸ ὄν). Er muß in und an sich selbst das nicht seyn, was das Seyende ist, d.h. er muß sich selbst setzen als nicht seyend das Seyende, oder sich verneinen als das Seyende. Und da er nichts ist, als eben Anfang, so kann dieses Verneinen nicht etwas ihm Zufälliges oder Willkührliches sondern nur seine Natur seyn. Mit andern Worten, der Anfang darf selbst als Anfang nicht Wissen seyn, um wahrer Anfang zu seyn.

Das eigentlich Wirkende im Anfang ist daher eine blind verneinende Kraft. Die Menschen sind im Allgemeinen gegen das Verneinende wie sie eine natürliche Vorliebe für das Bejahende zeigen. Was frey ausquillt sich mittheilt, ist unmittelbar einleuchtend, was sich versagt, vertieft, nach innen zurückgeht, obgleich in seiner Art ebenso wesentlich, können sie nicht so geradezu begreifen. Den Meisten wäre nichts natürlicher als daß alles aus Wesen und Licht bestünde, wovon sie doch bald das Gegentheil gewahr werden. Ein Hemmendes, Widerstrebendes dringt sich überall auf; jedermann fühlt dieses Andre, das so zu sagen nicht seyn sollte und doch ist ja seyn muß. Dieß Nein das sich dem Ja, dieß Verfinsternde das sich dem Licht, dieß Linke das sich dem Rechten, dieß Krumme das sich dem Geraden entgegenstellt und wie man sonst diesen ewigen Gegensatz in Bildern auszudrücken versucht hat, aber nicht leicht ist einer im Stande es auszusprechen oder gar es wissenschaftlich zu begreifen.

Die verneinende Kraft ist gegen das Seyende gerichtet und in sofern nicht das Seyende, darum aber nicht Nichts, sondern wirkende Kraft, die in ihrer Art doch auch ein Seyendes seyn muß nur ein dem wahrhaft Seyenden entgegengesetztes Seyendes.

Wir nannten sie eine Kraft, aber wir würden sie besser die Stärke schlechthin genannt haben, die eigentliche Ur- und Grundkraft. Könnte sie aufhören zu wirken, so gienge alles zurück in das Nichts.

Überall nur in der Verneinung liegt der Anfang. Daß eine Bewegung jetzt anfange ist nicht genug, daß sie nur nicht sey: sie muß ausdrücklich gesetzt werden als nicht seyend; damit ist ein Grund gegeben daß sie sey. Der Anfangspunct (terminus a quo) ist nicht die bloße leere Stätte des Ausgangs dieser Bewegung; er muß gedacht werden als Verneinung derselben, die wirklich erfolgende Bewegung als eine Überwindung

III)Darum, weil aller Anfang in Verneinung besteht, kann die Kraft des Anfangs nur im Willen liegen; die Kraft des schlechthin ersten Anfangs, der nichts vor sich hat, das er wollen könnte, nur im Sich-selber wollen. Demnach wäre der erste Anfang nichts anderes, denn die Begierde seyend zu seyn, und zwar weil er nur ein blinder seyn kann, blinde Begierde oder Sucht, die eben darum das Seyende das sie selber ist in sich zieht, es in bloßen Wurzelzustand (Potentialität) setzt, als ein nur mögliches nicht wirkliches Seyendes.

Daraus erhellt aber, daß aller Anfang schon weil Anfang im Widerspruch sey. Denn inwiefern er bloße Begierde ist zu seyn, in sofern ist er nicht Seyendes und muß sich immerfort setzen als nicht Seyendes. Aber auch umgekehrt wieder, eben indem er sich setzt als nicht seyend, setzt er sich als das, das begehrt zu seyn. Durch das In-sich Ziehen seiner selbst d.h. des Seyenden das er ist, schärft er dieses Seyende, daß es nach außen verlangt, aus dem Zustand der bloßen Möglichkeit und Verborgenheit ausgehen will in das Wirkliche. Nun kann und darf er das Gefaßte nicht auslassen; ließe er nach, so wäre eben damit der Anfang aufgehoben und alles gienge zurück. Je mehr also das Eingeschlossene hervorstrebt, desto mehr wird wieder die verneinende, es nach innen ziehende Kraft erregt, und je schärfer diese zieht, desto mehr wird dem Eingeschlossenen sein nicht Seyn fühlbar und wie es doch seiner Natur nach seyendes, d.h. ausbreitsames Wesen ist. Also ist hier keine Ausflucht, und schon im Anfang an und für sich liegen die Elemente einer rotatorischen Bewegung. Auch muß er von sich selbst im Widerspruch bleiben.

Aber nichts will im Widerspruch bleiben, alles sehnt sich nach beharrlichem Seyn. Wie kann der Anfang sich helfen? Nur Eine Hülfe läßt sich denken: daß er in sich selbst nicht Seyendes bliebe (denn nur so ist er Anfang) aber den Widerspruch dieses Zustandes durch ein Anderes ihm gestillt werde. Aber außer ihm ist der Voraussetzung nach nichts. Also bliebe nur daß er dieß Andere außer Sich, als ein von sich Unabhängiges, setzte, d.h. es zeugte. Und zwar müßte er es ebendadurch setzen, daß er in sich als nicht Seyendes bestünde, sowie er umgekehrt, der Voraussetzung nach eben dadurch in sich, als nicht Seyendes, bestünde, daß er es setzte.

Das Erste nun ist nicht schwer einzusehen. Denn sich setzen als nicht das Wirkliche seyend und sich setzen als verwirklichende Potenz dieses Wirklichen muß beym schlechthin ersten Anfang (weil er um wirklicher Anfang zu seyn doch Anfang zu oder von Etwas seyn muß) Ein und dasselbe seyn. Wie hinwiederum sich als schlechthin zeugende Potenz setzen und sich setzen als nicht seyend das, das gezeugt werden soll, das eigentlich Seyende wiederum Ein und dasselbe seyn muß. Man könnte sich über dieß Verhältniß auch so ausdrücken. Unmöglich ist, daß das Seyende schlechthin und überall verneint sey. Ist es also irgendwo verneint, so ist dieß ein Grund daß es sey. Denn daß es an sich Seyendes ist hat es von sich selbst; daß es aber als dieß Seyende wieder ist, davon kann der Grund nicht in ihm selbst liegen. War es nicht verneint, so konnte es nicht ausdrücklich gesetzt werden; nun es verneint worden, ist es eben dadurch in That und Wirksamkeit erhöht, wirkliches Seyendes. So wird unmittelbar im Erkalten eines Körpers fühlbare Wärme verbreitet, d.h. die zuvor verborgene, unfühlbare Wärme wird eben durch die Kälte (durch die Verneinung, durch die Zusammenziehung) zur Wirksamkeit gesteigert.

Das Andere aber, daß die Potenz des Anfangs zu ruhigem Bestand in sich käme, eben indem sie das Folgende zeugte, läßt sich nur auf Eine Art denken. Nämlich, sie kann ruhig in sich als nicht Seyendes bestehen, völlig im Wurzelzustand verharren, wenn sie jenes Andere, zwar außer Sich als Anfang, nicht außer Sich als Wesen zu setzen genöthigt ist, wenn sie es als mit ihr zu Einem Wesen gehörig, gleichsam nur als ihr anderes und höheres Selbst betrachten kann. Nun ist es aber an dem, daß sie als Anfang so zu sagen keinen Augenblick bestehen konnte, ohne jenes Höhere zu setzen, daß sie nur seyn konnte als die zeugende Potenz des Andern; daß also zwischen beyden ein unauflösliches Band ist, beyde nur als die entgegengesetzten Seiten Eines und desselben Wesens zu betrachten sind.

Indem sie also dieß Andre als Sich Selbst nur in einer höheren Gestalt betrachten kann, bleibt sie völlig im Zustand des nicht Seyenden, da sie in jenem doch Seyendes ist, ja sie muß nun bleiben, weil ihr Bleiben der fortdaurende Grund der Steigerung ihrer selbst zum eigentlich Seyenden ist. Denn daß dieses Zweyte von ihr Gezeugte nun ein Seyendes, und nicht ein Seyendes bloß der Möglichkeit nach sondern ein wirkliches Seyendes seyn müsse, leuchtet von selbst ein. Inwiefern es nicht bloß Seyendes, sondern als dieses wieder ist, kann es als ein Seyendes der zweyten Potenz betrachtet werden. Wir bezeichnen es durch a2. Es ist nicht mehr Begierde, sondern ein solches, das die gestillte Begierde in sich hat. Denn daß es ein gesteigertes Seyendes, d.h. nicht ein bloß mögliches sondern wirkliches ist, läßt sich nicht denken, als inwiefern es die dem Seyenden entgegengesetzte verneinende Kraft in sich hat; wie es kein wirkliches Licht gibt, das reines Licht wäre, sondern nur solches das Dunkelheit überwunden hat.

I.Das Vergangene wird gewußt, das Gegenwärtige wird erkannt, das Zukünftige wird geahndet.

Das Gewußte wird erzählt, das Erkannte wird dargestellt, das Geahndete wird geweissagt.

Wissenschaft ist schon der Wortbedeutung nach Historie (ἱστορία). Könnte auch in stetiger Folge die Gegenwart aus der Vergangenheit, die Zukunft aus beyden hergeleitet werden, Erkenntniß und Ahndung zu Wissenschaft sich steigern; immer wäre das oberste Glied dieser Kette die Wissenschaft des Vergangenen.

Bezieht sich Wissenschaft zunächst und vorzugsweise auf Vergangenheit: so die höchste Wissenschaft nothwendig auf die höchste die älteste Vergangenheit.

Ein Abgrund für den menschlichen Gedanken ist dieser Begriff. Der Mensch kann nicht stillstehen beym Ursprung seiner Geschichte, es ist der Anfang einer neuen und der Schluß einer alten Zeit, deren Räume sich vor der Einbildungskraft in dem Maß ausdehnen, als er sich von der Stufenmäßigkeit der Übergänge, dem langsamen Wirken der Natur einen Begriff gemacht. Aber auch die vormenschliche Geschichte der Erde verliert sich mit ihren letzten Gliedern in einen höheren Proceß, den des ganzen Weltalls, dessen gegenwärtiger Zustand, so wenig als der der Erde ein ewiger und in der großen Folge der Zeiten auch nur Eine Zeit ist, der andere vorangehn, andere folgen konnten und so findet der forschende Geist nirgends Stillstand bis er zum wahrhaft ersten und ältesten der Wesen gekommen; und wenn er nun wieder dieses recht im Geiste betrachtet entdecken sich auch in ihm neue Abgründe und daß in diesem selbst etwas als Vergangenheit gesetzt werden mußte, damit es als dieses verwirklichet wurde.und daß dieses selbst nicht als solches wirklich seyn konnte ohne daß in ihm etwas als Vergangenheit gesetzt wurde

Denn der letzte und äußerste Gedanke ist zwar die Ewigkeit, und die gewöhnliche Metaphysik gibt vor, ihn von aller Beymischung der Zeit gänzlich rein zu erhalten; wenn sie aber die wirkliche Ewigkeit aussprechen will, weiß sie nicht anders, als daß sie ein beständiges Nun, eine ewige Gegenwart sey. Und ganz richtig, da die Zeit, jener Ewigkeit Widerspiel, eigentlich nichts anders als die ewige Nichtgegenwart bedeutet.

Aber wie sich keine wirkliche Gegenwart denken läßt, als im Gegensatz einer Vergangenheit die sie sich untergeordnet so auch keine ewige Gegenwart, als die sich über einer ewigen Vergangenheit erhebt.

Es gibt also etwas, ein Seyn ein Leben, das nicht irgendwann, sondern das von aller Ewigkeit her vergangen ist, das gleich uranfänglich bestimmt wurde, nie für sich offenbar zu werden, sondern der ewig Dunkle und Verborgene allem wirklichen Daseyn zu Grunde zu liegen.

Inwiefern es ein ewig Vergangenes ist, kann es sich nicht von sich selbst zur Gegenwart, zum eigentlich Seyenden aufrichten; doch kann es auch nicht im Nichts bleiben, denn sonst könnte es nicht als vergangen gesetzt werden. Es muß also ein Mittleres seyn zwischen dem wahrhaft Seyenden und dem Nichts. Es ist das nicht Seyende (τὸ οὐκ ΟΝ) weil das nicht Gegenwärtige; darum aber keineswegs das Nichts; sondern in seiner Art eben so wirklich und wirkend als das eigentlich Seyende. Obgleich zur Vergangenheit bestimmt, muß er doch als der ewige, unzerstörliche Grund alles Daseyns, in sich ein Leben voll wirkender Kräfte seyn.

Von jeher hat der am Anfang aller Wissenschaft liegende Begriff des nicht Seyenden, noch mehr das in so vielen Gestalten überall bemerkliche nicht Seyende selbst, als ein wahrer Proteus die Betrachter getäuscht und vielfach in Verwirrung gebracht. Weßhalb die Sophisten aller Zeiten am bequemsten fanden, was nicht wahrhaft ist gleich als überall nicht seyend und es für den größten Widerspruch ausgaben, daß es eben als das nicht Seyende sey. So haben aus falscher Erklärung des Worts (οὐκ ὄν) die Theologen eine Schöpfung aus Nichts erdacht; ein freylich bloß grammatischer Mißverstand (der indeß auch manche Ausleger der griechischen Philosophen quält), und von dem schon die einfache, wenigstens aus Plutarch zu lernende Unterscheidung befreyen konnte, zwischen dem nicht Seyn (μὴ εἶναι) und dem nicht seyend Seyn. (μὴ ὄν εἶναι)

Doch führt auf diesen Begriff schon die allerförmlichste Betrachtung. Denn was sich zu irgend einem Seyenden als das Seyn verhält kann schon des Gegensatzes wegen nicht einerley mit ihm seyn, sondern ist seiner Natur nach das nicht Seyende. Darum aber nicht das Nichts; denn wie sollte das das Nichts seyn, das doch das Seyn selber ist. Das Seyn muß aber auch wieder seyn. Es gibt kein bloßes Seyn, in dem gar nichts Seyendes wäre. Das nicht Seyende ist nur nicht das gegen Andres (objectiv), wohl aber ist es ein in sich (subjectiv) Seyendes. Es ist nur gegen das vorzugsweise Seyende ein nicht Seyendes auf sich selbst bezogen aber wohl ein Seyendes. Alles Seyende eines geringeren Grades verhält sich gegen das Höhere als ein nicht Seyendes, und dasselbe A das gegen ein anderes seyend ist ersinkt gegen ein noch Höheres zum nicht Seyenden. Gegen das Höchste wird zuletzt alles zum nicht Seyenden.

So etwas ließe sich auf unsre Art ausdrücken, was schon Platon in dem herrlichen Gespräch vom nicht Seyenden gezeigt, wie es nämlich nothwendig sey und wie ohne diese Einsicht überall Gewißheit von Zweifel, Wahrheit von Irrthum ununterscheidbar seyn würden.

Es ist leicht, die allgemeine Bemerkung zu machen, daß das Hauptgebrechen der jetzigen Art zu philosophiren in dem Mangel der mittleren Begriffe liegt, wonach z.B. was nicht sittlich frey also gleich gezwungen, was nicht geistig im höchsten Sinn körperlich, was nicht intelligent verstandlos ist. Die mittleren Begriffe sind aber gerade die wichtigsten ja die einzigen eigentlich erklärenden in der ganzen Wissenschaft. Wer nur nach dem sogenannten Grundsatz des Widerspruchs denken will, inwiefern er besagen soll, daß alles entweder ist oder nicht ist, der mag wohl geschickt seyn, für und wider alles den Sophisten gleich zu disputiren, aber die Wahrheit zu finden, die nicht in schreyenden Extremen liegt ist er völlig ungeschickt.

Zwischen dem Nichts und dem was ist in der Mitte steht das was begehrt zu seyn ohne wirklich zu seyn. Es ist nicht, weil es zu seyn begehrt und es ist nicht nichts, weil es doch auf gewisse Art seyn muß zu begehren.

IISo ist also auch jenes Leben, das nur als ewige Vergangenheit ist, für sich selbst ein Leben nicht der That wohl aber dem Willen nach, eine ewige Sucht und Begierde zu seyn, ein nie Seyendes aber ewig Werdendes, eine unabläßig, aber blindlings, sich selbst erzeugende Natur. Denn Klarheit Besonnenheit wie Bewußtseyn wohnt nur in dem, das sich zur Gegenwärtigkeit erhebt.

Es ist, schon eben weil ein im bloßen Willen bestehendes, auch ein anfängliches Leben. Denn der Wille die Begierde zu etwas das nicht ist, ist der einzige Anfang. Sich selbst gewahr werden, wollen, begehren, das ist der Anfang der ewigen Natur.

Aber eben weil sie selbst ewig ist, kann auch ihr Anfang nur ein ewiger seyn. Nicht daß sie irgendwann angefangen hätte und dann aufgehört anzufangen: sondern sie hat von aller Ewigkeit begonnen, und beginnt auch jetzt jeden Augenblick, und wird nie aufhören zu beginnen. So also daß dieß Leben ein ewig Beginnendes und sein Anfang ein ewiger (nie aufhörender) Anfang ist.

Wo Anfang ist, da ist auch nothwendig Fortgang und Ende. Was ewig anfängt, kann auch nur ewig enden. Auch dieses Leben also ist ein ewiges, nicht ein solches das weder Anfang noch Ende hat, sondern das nie aufhört anzufangen, und nie aufhört zu enden.

Es hat aber alles Anfangende ein dunkles Gefühl seines Mangels an wesentlicher Ewigkeit und wie es gegen diese als Nichts ist; darum strebt vermöge eines natürlichen unvertilgbaren Triebes alles Anfangende beständig in die wesentliche Ewigkeit erhoben zu werden. Schon darum ist das Leben des Anfangenden nur ein Leben des Verlangens oder Strebens; und alles Beginnende von sich selbst ein Wesen nicht der That sondern dem Wollen nach, eine nie sterbende Begierde zu seyn ohne doch wirklich zu dem Seyn, dem wahren dem ewigen gelangen zu können.

Der Anfang besteht im sich selber Wollen. Was sich selber will setzt in sofern sich selbst als (noch) nicht seyend; in wiefern es aber doch Sich will, setzt es Sich – nur nicht äußerlich wohl aber innerlich als Gegenstand (als Object) seines Begehrens, als etwas das zwar noch nicht der Wirklichkeit (actu) aber doch der Möglichkeit nach (potentia) ist. Der Anfang besteht also überhaupt in dem sich selbst innerlich (inne) werden, im Einziehen seiner selbst in sich selbst, der Selbstspiegelung (Subject-Objectivirung), oder darinn, daß ein Wesen sich sich selbst vorsetzt oder vornimmt.

Das Gewollte in diesem ewigen Willen ist, eben weil das Gewollte, gesetzt als das noch nicht Seyende – nicht als ein überall und in keinem Betracht Seyendes sondern nur als nicht das Seyende seyend, als nicht offenbares, wirkliches Seyendes; welches denn auch so ausgedrückt werden kann, es ist verneint als das Seyende, nicht als das Seyende in jedem Betracht, sondern nur als das gegenwärtige, als das jetzt seyende Seyende.

Die Grundkraft jenes ewigen Willens oder Selbstvorsatzes ist also eine innerlich machende, einziehende verneinende Kraft. Aber überall nur in der Verneinung liegt der Anfang, daß jetzt Etwas werde ist nicht genug, daß nur Nichts sey, es muß ausdrücklich gesetzt werden, daß Nichts sey, damit ist ein Grund gegeben daß Etwas sey. Eine Bewegung fängt darum nicht an, weil sie bisher nicht war; wurde sie aber gesetzt als nicht seyend dann ist die Möglichkeit gegeben daß sie sey. Wenn die Pflanze wachsen will muß sie sich erst verkürzen, und daß sie nach jeder Ausdehnung sich wieder zusammenzieht, ist nur um sich wieder ausdehnen zu können. Aber der Anfangspunct (Terminus a quo) keiner Bewegung ist ein leerer Ausgangspunct, sondern die Verneinung ebendieser Bewegung, die wirklich entstehende Bewegung eine Überwindung dieser Verneinung. War sie nicht verneint so konnte sie nicht ausdrücklich gesetzt werden. Verneinung ist also das nothwendig Vorausgehende (Prius) jeder Bewegung. Der Linie Anfang ist der geometrische Punct nicht weil selbst ausgedehnt, sondern weil Verneinung aller Ausdehnung, die Eins Anfang aller Zahl nicht sowohl weil selbst Zahl als weil Verneinung aller Zahl, aller Vielheit.

In jenem ersten sich selbst Ergreifen ist also zweyerley. Erstens das Ergriffene Gefaßte welches innerlich in’s Verborgene, als das (jetzt) nicht Seyende gesetzt wird, das aber eben darum der Möglichkeit (dem Wesen dem Begriff nach) Seyendes seyn muß. Darinn daß es verneint wird als (jetzt) Seyendes liegt schon daß es Seyendes seyn kann; wäre es nicht einmal ein mögliches Seyendes so könnte es nicht als wirkliches verneint werden. Sodann die es innerlich setzende, es als Seyendes verneinende Kraft diese ist das allein Wirkende, Äußere, Offenbare des Anfangs. Nennen wir das in’s Verborgne gesetzte, verneinte Seyende A die verneinende, nach innen zurückgehende Kraft B, so ist also das Ganze =A, das sich nach außen als B verhält =(A=B). Dieses also ist der Anfang, oder wie wir es auch sonst ausgedrückt, die erste Potenz.

Die einziehende, verneinende Kraft ist gegen das Seyende gerichtet und insofern nicht das Seyende, darum aber nicht Nichts sondern eine wirkende Kraft, die in ihrer Art doch wohl ebenfalls ein Seyendes seyn muß, nur ein dem eigentlichen entgegengesetztes Seyendes.

Wir nannten sie eine wirkende Kraft, aber wir würden sie richtiger die Kraft die Stärke schlechthin genannt haben. Sie ist der unüberwindliche Halt, die Kraft des ewigen Vorsatzes; könnte sie aufhören zu wirken, so gienge dieß ganze anfängliche Leben zurück in das Nichts.

Denn nicht ein für allemal hat diese Kraft gewirkt, sondern sie ist der beharrliche Grund des nie sterbenden Lebens. Wie der Mensch eben im Bewußtseyn seiner Unwissenheit sich die Wissenschaft innerlich macht, als einen Vorwurf seines Begehrens, als etwas das der Möglichkeit nach vorhanden ist und zur Wirklichkeit strebt, wie er aber immer in diesem Bewußtseyn bleiben muß, eben damit immer etwas sey, das in’s Wissen verklärt werden könne (und eben damit ein es Verklärendes); ebenso muß jener Willen des Anfangs das Seyende sich immer wieder innerlich machen, immer wieder in die bloße Möglichkeit (Potentialität) zurückdrängen, eben um das zu erzeugen, wodurch es zur Wirklichkeit (zum Actus) erhoben werden könne.

III)Über die Bedeutung und die Folge der Zeiten von Anbeginn haben sich mir durch anhaltende Betrachtung gewisse Gedanken erzeugt, die ich der Mühe werth gehalten schriftlich aufzuzeichnen, mein Absehen dabey ist, nicht daß jeder sie verstehen müsse aber daß jeder sie verstehen könne. Klarheit und Einfalt muß die erste Frucht seyn von der Annäherung der Wissenschaft zur geschichtlichen Form. Die Systeme welche den Ursprung der Dinge aus allgemeinen Begriffen oder Vernunftwahrheiten herleiten, mögen dem natürlichen Verstand eine Zeitlang Gewalt thun, in kurzem wirft er die unerträgliche Last ab, die sie ihm aufgelegt. Was er verlangt, ist klar; nämlich Einsicht in den wirklichen Hergang, wodurch vom ersten Beginn alles bis zum gegenwärtigen Stand entwickelt worden. Stelle sich der Mensch wie er will, am Ende kann die höchste Forschung doch nur das wollen, was in gewissem Sinn auch der gemeine Mann fodert, eine Welt- und Menschen-Geschichte, die vom Anfang bis zum Ende hinausgeht. In sofern ist der Zweck der Philosophie, über den sich die Weisen der Welt streiten, auch dem Einfältigen nicht unverständlich.

Die künstlichen Formen und Wörter derer man sich in Entwicklung der höchsten Wissenschaft zu bedienen pflegt, können dem, der sie zu handhaben versteht, oft als Mittel der Erfindung oder als Abkürzungen dienen; so wie sie aber gemein gemacht werden und in die zweyte Hand übergehen, dienen sie durch den Mißbrauch, dem sie unterworfen sind, nur zum Verderben der Sache, zur Erzeugung verwirrender Dunkelheit, oder zur Hülle des Unvermögens und der Geistlosigkeit. Die Sprache der Systeme ist von gestern, die Sprache des Volks wie von Ewigkeit. Wie man bemerkt hat, daß das Erhabene in der Dichtkunst die schlichtesten und einfältigsten Worte liebt: so muß auch jenes Erhabne, das Ziel der höchsten Forschung ist, sich in die einfachsten und verständlichsten Worte bringen lassen, ja gewissermaßen sie fodern, wer sich der Kunstwörter nicht entschlagen kann, scheint sich eines Wissens bewußt, das ohne diese Kleider sich nicht zeigen nicht zeigen dürfte wie es nicht jedem in der bildenden Kunst gegeben ist, die Hüllen abzuwerfen und die Natur wie sie ist zu zeigen.

Was aber die gegenwärtige Zeit betrifft, scheint sie nicht der Art, um bey der höchsten Forschung die Rücksicht auszuschließen auf das, was ihr und dem Volk Noth thut. Alles was sonst innerlich vereinigte, ist für den größten Theil dahin. Was unvollständige Wissenschaft geraubt, kann nur die vollendete wiedergeben. Insbesondere aber, seitdem ich bemerkt, wie in unserem, einst wegen des Ernstes und der Redlichkeit berühmten Vaterlande die Gewohnheit aufgekommen, gegen die andringende Wahrheit mit Waffen der Verfälschung ja der Lüge zu kämpfen um so unsrem Volk die Frucht zu entziehen, die aus den hochgetriebnen geistigen Forschungen endlich ihm werden mußte: seit der Zeit zu betrügen; war es mein Vorsatz, was ich gefunden, was durch anhaltende, immer erneuerte Untersuchung mir als gewisseste Wahrheit sich bewährt, auf den einfachsten Ausdruck zurückzubringen und mit der möglich größten Lauterkeit vorzustellen, daß wenigstens für künftige Zeiten kein Zweifel sey, daß einmal klar sey, was behauptet werde was nicht, und ein Grund der Lehre gelegt, auf den jeder zurückgehen könne, der in dem wahnsinnigen Streit unsrer Zeiten vergeblich sich ein klares Verständniß zu verschaffen gesucht.

Allgemein erkannt ist, wie in der uns umgebenden der Natur alles nur ein Werk der Zeiten ist. Alles in ihr deutet auf eine einst gewesene Bewegung, die nur durch irgend einen Zauber angehalten oder in den eignen Netzen gefangen jetzt in Eine Zeit festgebannt ist, diesen Kreis nichts mehr zu überschreiten vermag. Eine fast undenkliche Stufe von Zeiten hat dieß alles allmälig, Stufenweise und in abgemeßner Folge hervorgebracht. Ja selbst in dem, was zumal entstanden, ist doch Eins dem Andern vorgeordnet, eins nur Staffel zum Andern, dieses folgend, jenes vorhergehend. Jedes Gebild ist das Kind seiner Zeit; jedes Geschöpf gleichsam der Zeiger eines bestimmten Tags, einer Stunde, ja eines Augenblicks in dem großen Uhrwerk der Schöpfung.

Wenn die vor uns liegende Welt durch so viele Mittelzeiten gegangen ist, bis sie in die gegenwärtige Verfassung gelangt, wie vermöchten wir das Geringste vom Gegenwärtigen zu erkennen ohne Wissenschaft der Vergangenheit. Die Eigenheiten einer ausgezeichneten Individualität sind uns oft unbegreiflich, bevor wir die besondern Umstände erfahren unter denen sie geworden ist und sich gebildet hat. Und der Natur sollte man so leicht auf ihre Gründe kommen? Ein hohes Werk des Alterthums steht als ein unfaßliches Ganzes vor uns, bis wir der Art seines Wachsthums und seiner allmäligen Ausbildung auf die Spur gekommen. Wie vielmehr muß dieß bey einem so vielfach zusammengesetzten Einzelwesen als schon die Erde ist der Fall seyn? Welche ganz andre Verwicklungen müßen hier stattfinden. In einem Ganzen darinn alles und jedes den Abdruck rhythmisch folgender Zeiten zeigt kann nichts einzeln, nichts für sich genommen werden. Auch das Kleinste bis zum Sandkorn herab muß Bestimmungen an sich tragen, hinter die es unmöglich ist zu kommen, ohne den ganzen Lauf der schaffenden Natur bis zu ihm zurückgelegt zu haben. Alles ist Werk der Zeit, und nur durch die Zeit zu der es gehört erhält jedes Ding seine Eigenthümlichkeit und Bedeutung.

Sollte es nun mit dem Weltall anders seyn? Ist nicht auch dieses ein Abgrund von Zeiten? Zwar kein Begriff liegt seit langer Zeit in solcher Geringschätzung als der der Zeit. Aber ohne Herstellung desselben wird sich nie eine verständliche Entwickelung der Wissenschaft denken lassen. Der Grund des allgemeinen Mißverstehens liegt aber in nichts anderem als in dem ungewisssen schwankenden oder völlig irrigen Begriffen von der Zeit. Auch die Wissenschaft kann die freye Bewegung nicht wiederfinden, ehe die Pulse der Zeit wieder lebendig schlagen.

Der jetzt herrschende Begriff kennt keine Zeiten, sondern nur ein Abstractum von Zeit, eine gewisse allgemeine Zeit, die er die Zeit schlechthin nennt, die hohle leere Form einer bloßen Aufeinanderfolge ohne alle innere Unterschiede. Wie es denn nicht unbemerkenswerth ist, wie in dieser gewaltigsten Zeit die schwächsten Begriffe von der Zeit geherrscht. Von einer solchen Zeit war es ganz wohlgeredet, sie sey eine bloße Form unsres Denkens; nur eine Art, uns der Erscheinungen und unsrer Vorstellungen von ihnen bewußt zu werden, der weder in jenen noch selbst in diesen etwas wahrhaftes entspreche. Noch richtiger aber zu sagen, sie sey überall nichts, als ein selbstgemachter, erdichteter Begriff. So herrisch nun die Äußerungen klingen, daß die Zeit (jene nämlich) Nichts sey, macht die wahre ihre Wesentlichkeit jedem fühlbar und weiß ihre Verächter selbst zu lauten Klagen über ihre furchbare Wirklichkeit zu zwingen.

Es könnte längst verdienstlich scheinen den Zeitbegriff aufzuhellen, das Scheinbare und Unwahre abzuthun, daß das Wahre erscheine, wenn überhaupt noch die Zeit wäre die großen Gegenstände einzeln Capitelweis’ abzuhandeln. Erwünschter ist, alles gleich in Leben und That zu sehen. Wir ahnden einen in der Zeit tief verborgen liegenden und bis in’s Kleinste gehenden Organismus. Wir sind überzeugt, daß jedem Ereigniß jeder That ihr Tag ihre Stunde ja ihr Augenblick bestimmt ist und daß sie kein Nu früher an’s Tageslicht tritt als die Kraft will, welche die Zeiten anhält und mäßigt. Ist es nun freylich nicht Sache der Menschen, die Tiefen der Zeiten im Einzelnen zu durchschauen: so ist doch vielleicht der Augenblick da, das allgemeine System der Zeiten in seinem weitesten Umfang zu entwickeln.

Vergangenheit -, ein hoherernster Begriff, Allen gemein und nurdoch Wenigen verstanden! Die Meisten wissen von keiner, als der, welche sich in jedem Augenblick durch eben diesen vergrößert, selbst noch wird, nicht ist. Ohne bestimmte entschiedene Gegenwart gibt es keine; wie viele erfreuen sich einer solchen? Der Mensch, der sich nicht scheiden kann von sich selbst, sich lossagen von allem was ihm geworden und ihm sich thätig entgegensetzen, hat keine Vergangenheit oder vielmehr kommt nie aus ihr heraus, lebt beständig in ihr. Ebenso jene, welche immer die Vergangenheit zurückwünschen, die sich selbst nicht steigern wollen, da alles (auch das Schlechte) sich steigert und die durch ohnmächtiges Lob der vergangenen Zeiten wie durch kraftloses Schelten der Gegenwart beweisen, daß sie in dieser nichts zu wirken verstehen. Wohlthätig und förderlich ist dem Menschen das Bewußtseyn, etwas wie man sagt hinter sich gebracht, d.h. als Vergangenheit gesetzt zu haben; heiter wird ihm nur dadurch die Zukunft und leicht, nur unter dieser Bedingung, auch etwas vor sich zu bringen. Nur der Mensch, der die Kraft hat, sich über sich selbst zu erheben, ist fähig, eine wahre Vergangenheit sich zu erschaffen; ebendieser genießt auch allein einer wahren Gegenwart, wie er allein einer eigentlichen Zukunft entgegen sieht; und schon aus

III)Von göttlichen Dingen, ob und inwieweit sie erforschlich seyn, ist ein Zwiespalt der Meynungen, da einige die Gottheit allem Wissen unzugänglich nennen, andre das Widerspiel davon behaupten. Mir aber schien immer, daß wenn nur jeder Theil die eigene Meynung recht verstünde und der eine vom Wissen der andre vom Nichtwissen das an sich Glaubliche lehrte, dieser Widerstreit schon von selbst sich ausgleichen würde. Denn eine gänzliche Unerforschlichkeit können doch auch die ersten nicht behaupten; oder sie müßten ### dieß aufgeben zu sagen, daß Gott unerforschlich sey. Indem sie ihn als einen verborgenen behaupten, setzen sie stillschweigend eine Offenbarung voraus durch die er sich als den Verborgenen zu erkennen gibt. Ein ganz und in jedem Betracht Verborgenes läßt sich nicht denken, oder ist für den Gedanken dem Nichts gleich. Die andern aber müssen ohnedieß eine Offenbarung annehmen, weil sie ein Wissen behaupten, daß von einem Wesen aber, das sich auf keinerley Art äußerte oder kundgäbe, keine Wissenschaft möglich wäre. Indem sie aber eine Offenbarung annehmen so müssen sie in demselben Augenblick auch ein Unerforschliches und Verborgenes zugeben; denn wie wäre doch eine Offenbarung wenn nichts Verborgenes wäre? Ja das sich offenbarende Wesen setzt im Acte der Offenbarung selber sich als Verborgenes voraus. Es ist ewig in Sichtbarkeit aufgehendes; aber um ewig aufgehen zu können muß es sich ewig wieder als Unsichtbares und Verborgene setzen.

Wenn nun wieder die erstren behaupten, daß von diesem Verborgenen nichts zu wissen ist, so werden sie ganz vern[ü]nftig leben sollten sie eben stehen bleiben. Wenn sie aber weiter fortfahren und sagen, daß in Gott Verstand, Wille und Persönlichkeit, Willen, Verstand u.s.w. ist, dieses kann nicht gewußt werden, so legen sie die Eigenschaften in das Verborgene hinein, nur als solche die nicht zu wissen seyn. So gerathen sie damit ganz in’s Falsche. Denn jene Tiefe der Unsichtbarkeit, aus welcher heraus Gott sich selbst sichtbar macht, ist ein Abgrund, der nicht nur jeden Gedanken sondern auch die Möglichkeit jedes Gedankens verschlingt, nicht nur kein Vorwurf eines Wirklichen, sondern auch nicht einmal eines möglichen Wissens. Aber alle verständlichen Eigenschaften brauchen auch Unterscheidung, Gegensatz und Entfaltung; von dem allen aber läßt sich in jenem Verborgenen nichts denken, es ist das Vorausgesetzte und darum ausgeschloßen jeder Entfaltung und Auseinandersetzung. In ihm ist weder Persönlichkeit, noch Willen noch Verstand; alles Wißbare oder Erkennbare ist überhaupt nur in dem sich Offenbarenden, d.h. im lebendigen wirklichen Gott. Jenes Verborgne ist Gottes eigner ewiger Abgrund aus dem er alles ja sich selbst schöpft; aber es folgt nicht, daß was in dieser Auseinandersetzung und Offenbarung aus dem Unsichtbaren hervortritt zuvor darinn gewesen, ob schon auch nicht zu sagen ist es sey in keinem Betracht, auch nicht der Möglichkeit nach darinn gewesen. Aber es konnte nicht als dieses darinn seyn, weil seine Existenz als dieses eben auf dem Auseinandertreten und der Entfaltung beruht. Wenn daher jene grade das Lebendig-Persönliche von Gott, d.h. das, was er in seiner Offenbarung ist als das auf keine Art zu wissende angeben – so sieht man wohl, daß sie von dem Nichtwissen selbst nur als Nichtwissende oder wie im Traume reden.

Fehlen nun diese darinn, daß sie das was wirklich ja vorzugsweise Gegenstand des Wissens ist zum Gegenstand des Nichtwissens machen: so werden Viele von den andern auf die entgegengesetzte Weise vom Irrthum bestrickt, indem sie das, was allem Wissen vorausgesetzt werden kann gleichwohl in’s Wissen hereinziehen. Dieses aber thun sie auf folgende Art. Zuerst schreiben sie jenem Verborgenen in Gedanken eine von seiner Offenbarung unabhängige Existenz zu, als könnte es nur einen Augenblick in dieser Abziehung beharren, oder als könnte es je das Verborgene seyn, ohne zumal und ebenso ewig das sich Offenbarende zu seyn. Das Mißtrauen dieser Einheit (der höchsten der ganzen Wissenschaft) hat nun die Folge daß sie jenes Verborgene der Offenbarung vorangehend denken und diese aus ihr zu erklären suchen. Sie ziehen das, was das ewig Vorausgesetzte mithin Ausgeschloßne der Offenbarung ist, als Anfang oder Ursache mit herein in den Proceß, und heben durch ein falsch versuchtes Wissen selbst den nothwendigen und ewigen Grund alles Wissens auf. Sie behaupten zwar dem Wort nach eine verborgene Gottheit, nehmen sie aber der That nach wieder hinweg. Denn wenn jenes Verborgene der Gottheit durch irgend eine Bewegung oder Wirkung in ihm selber offenbar zu werden vermöchte z.B. dadurch, daß es etwas von Sich (nach Einigen gar Sich selber) aus sich heraussetzte, so wär’ es, weil alles Wirken ein sich-außer-sich-Offenbaren ist, in jener Wirkung oder Bewegung schon offenbar und könnte nicht als das Verborgene offenbar werden. Es wäre also alle Verborgenheit aufgehoben; ebendamit aber auch wieder alle Offenbarung, denn wo nichts Verborgenes ist, ist nichts zu offenbaren.

Haben wir nun so durch Absonderung des Unrechten und Verkehrten von beyden Seiten das Rechte und Wahre schon mittelbar gefunden: so wird es sich umso einleuchtender unmittelbar darstellen lassen.

Die Ausdehnung, welche in diesen Betrachtungen dem Begriff der Offenbarung gegeben wird, bedarf kaum der Rechtfertigung. Der gemeine Sprachgebrauch versteht darunter allerdings nur die Offenbarung durch Lehre, Wort und Schrift. Allein es ist längst erkannt, daß die ganze Geschichte eine fortgehende Offenbarung Gottes ist, in welcher die im engsten Sinn so genannte Offenbarung, nur gleichsam als der höchste Lichtpunct hervortritt, der rück- und vorwärts die Finsternisse der Geschichte erleuchtet. Allein nachdem einmal so die eine Seite der uns sichtbaren Welt als eine Offenbarung Gottes anerkannt war, so konnte man nicht umhin auch die andre als eine solche zu betrachten und die Natur als eine noch ältere und frühere Offenbarung derselben Gottheit anzusehen welches um so natürlicher schien, als sie nach dem Ausdruck der Schrift durch das Wort des Herrn gemacht ist. Ja man glaubte weitergehen und zwischen diesen beyden Offenbarungen der Natur und Geschichte, ein ähnliches Verhältniß wie zwischen den beyden Offenbarungen der Schrift, dem Alten und Neuen Testament annehmen zu können. Wie jenes nur im Keim oder verhüllt in Vorbildern die Geheimnisse des neuen zeigt, dieses aber den Vorhang ganz wegzieht: so erkannte man in der Natur zwar Vorbedeutungen und Anzeiger jener höheren Welt die sich in der Geschichte aufthun sollte, in dieser aber das ausgesprochene ganz kundgewordne Geheimniß. Allein auch jetzt war der Begriff Offenbarung noch einer größeren Ausdehnung fähig. Denn auch zu jener älteren Offenbarung in der Natur wie zu der späteren in der Geschichte mußte der Grund durch noch höhere Handlungen oder Wirkungen der Gottheit gelegt seyn, die man in sofern schon selbst als Offenbarungen ansehen durfte. Ja wenn eigentlich jede Wirkung, ja wenn das Daseyn selbst (das ohne Wirkung nicht denkbar) nur die SelbstOffenbarung eines Wesens ist, so konnte man nicht umhin, Gott, wenn als ein nothwendig existirendes, auch als ein wesentlich und nothwendig sich selbst offenbarendes Wesen anzusehen.

II)kein Gegensatz macht, daß das eine nicht das andre ist, macht es doch den himmelweiten Unterschied, daß das Zweyte weil von der ersten Stelle ausgeschlossen, nur das seyn Müssende, selbstlos Seyende seyn kann. Wäre (um so ungereimt zu reden) das Erste nicht, so wäre was jetzt das Zweyte ist das Erste und dann eben dieses die lautre Freyheit zu seyn. Es sind wirklich zwey unterschiedne Selbste, wenn man uns dieses Wort erlauben will; aber das zweyte Selbst wird zum Nichtselbst nur weil das Erste und weil Es selbst nicht das Erste ist.

Nun kann man nicht so wunderlich fragen: warum ist nicht vielmehr dieses Selbst das Erste, und jenes das Zweyte? Denn damit wäre gar nichts gewonnen und dieselbe Frage kehrte wieder zurück. Es ist hier ein Verhältniß wie zwischen der linken und rechten Seite des Menschen. Die linke Seite ist ewig die linke und kann nicht die rechte seyn (in dieser Hinsicht läßt sich kein entschiednerer Gegensatz denken) und die rechte ist die rechte und kann nicht die linke seyn. Dennoch ist die linke an sich was die rechte und die rechte an sich was die linke, und aller Unterschied der zwischen beyden stattfinden mag, ist nur dadurch gesetzt daß die eine die linke die andre die rechte ist, d.h. durch etwas völlig unwesentliches. Wie dieser Annahme, daß der so sehr in die Augenfallende Unterschied der innern Theile der in einer gewissen Region des menschlichen Leibes, z.B. zwischen Lunge und Herz, keine Folge der Verschiedenheit des Wesens, sondern bloß dieses an sich unwesentlichen Unterschieds der rechten und linken Seite ist. Nun kann man nicht fragen, warum ist nicht das das Herz, was jetzt die Lunge ist, und umgekehrt das was jetzt die Lunge das Herz. In andern Regionen gleicht sich sogar diese Verschiedenheit aus, wie in den beyden Halbkugeln des Gehirns, und völlig ausgeglichen erscheint sie auf der ganzen Oberfläche des Leibs. Das rechte Aug ist genau was das linke, und das linke was das rechte, und doch ist jenes nicht dieses, und dieses nicht jenes.

Das Dritte endlich, das außer diesen beyden noch denkbar wäre jenseits des Seyns, könnten wir nur das seyn Sollende nennen. Warum aber nur das seyn Sollende wird aus folgendem erhellen. Es kann nicht das bloß seyn Könnende seyn, denn dieses ist schon ein andres, und an den Ort desselben kann es nicht gelangen. Es kann nicht das bloße seyn Müssende seyn, denn auch dieses ist schon ein andres, und es ist ausgeschlossen von dem Ort desselben. Eigentlich also kann es weder das seyn Könnende, noch das seyn Müssende seyn; nach dem Grundsatz aber, daß zwischen zweyen ### kein Mittleres ist, muß es als das seyn Könnende auch das seyn Müssende und als das seyn Müssende auch das seyn Könnende seyn. Nun aber eben darum, weil als das Eine auch das Andre ist, ist es als dieses (als Ganzes oder als Einheit) weder die Macht zu seyn noch seyn müssend, es ist am allerweitesten vom Seyn entfernt, oder wenn man das bey dem die Macht ist zu seyn das Centrum nennen will, das am meisten Excentrische, Etwas außer dem seyn Könnenden und dem seyn Müssenden eben, das doch nicht völlig Nichts ist, ist nur noch das seyn Sollende. Also ist jenes Dritte auch nur das seyn Sollende, nicht mehr; denn es es wird doch niemand so ganz gemein seyn wollen zu sagen, das was nur seyn soll sey gar Nichts, da er doch täglich erfahren und mit Augen sehen kann, wie viel stärker das was seyn soll ist, als das was ist.

Es ist aber auch verglichen mit dem andern das seyn Sollende. Denn von dem bloß seyn Könnenden, gesetzt, was sich erst finden muß auch dieses wäre eben das, was das Seyn sollende an sich ist, wird doch, wer es überlegt, nicht sagen: Es solle seyn, sondern eben weil das bloß seyn Könnende ist es das nicht seyn Sollende. Denn um jetzt nicht tiefer einzugehen, bedarf es bloß dieses: Seyend – also wirklich übergegangen vom bloßen Können zum Seyn – ist nicht mehr das seyn kann sondern das seyn konnte und nicht seyn konnte, d.h. das zufällig Seyende. Ein größerer Umsturz läßt sich nicht denken als den hier der bloße Unterschied der Zeiten macht. Aber nimmer kann vom zufällig Seyenden gesagt werden: es sey das was seyn soll. Also ist das bloße seyn Könnende vielmehr das nicht seyn Sollende. Von dem seyn Müssenden, aber ist schon an sich einleuchtend, daß es dem seyn Sollenden sogar entgegengesetzt ist, und wie kann was seyn muß seyn sollen? Also verhalten sich die drey jetzt so. Das Erste – lautres seyn Können, aber weder seyn müssend, noch seyn sollend. Das Zweyte lautres seyn Müssen, aber weder seyn könnend noch seyn sollend. Das Dritte lautres seyn Sollen, aber eben deswegen als dieses (als das was es ist) weder Macht zu seyn noch seyn müssend.

Da also auch, eben weil es das seyn Könnende nur als das seyn Müssende seyn kann, in ihm als solchen (als diesem gleichsam Widersprechenden aus beyden) kein Können seyn kann so wird in Ansehung des Seyns von ihm dasselbe gelten, was obwohl nicht aus denselben Gründen vom seyn Müssenden, daß es bloß durch Widerstand in’s Können erhöht wird, dadurch nämlich daß ihm das Seyn, das ihm zukommt, nämlich daß es seyn Sollendes ist, streitig gemacht wird. Wie dieß aber geschehe ist theils noch nicht dieses Orts zu erklären, theils wird es durch die Folge der Betrachtung, so weit dieß etwa nöthig, deutlicher werden.

Denn auch bey dem Dritten ist nicht bloß zu fragen, wie es etwa in’s Seyn gelangen möge, sondern wie es auch nur das ist was es ist. Denn wenn an sich nichts seyn kann, als das lautres Selbst ist, so kann auch dieses Dritte an sich nur ein Selbst seyn, d.h. lautres seyn Können, Freyheit zu seyn. Nun ist das Dritte freylich nicht wie das Zweyte ein Nicht-Selbst, sondern es ist allerdings auch lautres seyn Könnendes aber nicht bloß und für sich sondern als dieses auch das seyn Müssende. Nun ist aber dieses – Widerspruch, und die Frage ist also hier, wie irgend Etwas, wie das was an sich lautres Selbst ist, getrieben und daß wir so sagen hineingenöthigt werde in diesen Widerspruch, daß es als lautres Selbst, d.h. seyn Könnendes nicht seyn könne, ohne auch als seyn Müssendes zu seyn.

Nun ist gar kein Zweifel, daß, wenn es das Erste seyn könnte, es das Erste auch wäre, und, wenn das erste, dann auch das bloß seyn Könnende, also, um die Sache bis auf die Spitze IIItreiben, wenn jetzt das seyn Sollende, dann das nicht seyn Sollende. Es hat sogar mit dem Dritten die besondere Bewandniß, daß es auch als dieses nicht wie das Zweyte das nicht seyn Könnende ist, sondern auch als solches das seyn Könnende wenn zugleich das seyn Müssende. Also nicht bloß an sich auch in sich ist es was das Erste. Damit es also nicht das bloß seyn Könnende sey, muß es erstens vom Centro ausgeschlossen seyn, daß es nicht in die Tiefe kann. Könnt’ es in die Tiefe, so wär es zwar noch immer lautres seyn Können, aber bloß dieses. Von diesem Ort abgehalten ist es nur durch das Erste. Aber doch könnte es, obwohl an sich lautres Selbst, da es dieß nicht seyn kann, das Nicht-Selbst, das seyn Müssende seyn. Also es muß sogar von jeder unmittelbaren Beziehung zum Centro ausgeschlossen seyn, denn in dieser ging’ es seiner Freyheit verlustig, und könnte nicht als reines Selbst bleiben. Um als das seyn Könn˖[ende] das seyn Müss˖[ende] zu seyn muß es weder an der Stelle des Ersten noch an der des Zweyten seyn können. Daß es aber weder an dieser noch jener seyn kann ist ihm nicht durch sich selbst verwehrt. Denn es ist an sich was das Erste und das Zweyte, unmöglich ist es nur dadurch, daß sowohl an dieser als an jener ein Andres ist, d.h. eines das nicht Es ist, mit dem es in eben jenem ausschließenden Verhältniß, in jenem Unterschied ist, der durch die bloße Beraubung gesetzt ist. Dadurch daß es weder das eine noch das andre seyn kann, und doch ist, dadurch wird es vermöge des schon angeführten Grundsatzes genöthigt als das eine auch das andre, als das seyn Könnende auch das seyn Müssende zu seyn, und eben durch seine Ausschließung von beyden wird es als Widerspruch gesetzt. Mit Einem Wort es ist was es ist nur als das ausgeschloßne Dritte, (exclusum tertium) wie das nach dem bekannten aber wenig verstandnen logischen Grundsatz ausdrücken können. Denn wer auch nur einigermaßen scharfsichtig ist sieht von selbst, daß diese drey, die wir jenseits alles Seyns gesetzt, das seyn Könn˖[ende] das seyn Müssende, das seyn Sollende genau den drey allbekannten Urgesetzen des Denkens entsprechen als welches allein über das Seyn, in jener Region des bloßen Wesens geht (dieß Wort als Zeitwort genommen) denn von den dreyen ist nicht eigentlich zu sagen daß sie sind sondern nur daß sie wesen, aber wer noch tiefer sieht, bemerkt, daß diese sogenannten Gesetze des Denkens eben Gesetze jenes Ur-Seyns – jenes Seyns jenseits des Seyns sind – und von diesem herfließen und abstammen. Denn um dieß kürzlich anzudeuten das Gebiet, so ist das Gesetz absoluter Einerleyheit nichts anders als Gesetz des Wesens des bloßen seyn Könnenden, wohlzumerken Gesetz desselben sofern es nur dieses ist. Denn als dieses ist es ewiges A+A+A... das schlechthin sich selbst gleiche, aber das eben darum auch den Keim der höchsten Sich-selbst-Ungleichheit in sich trägt. Das Gesetz aber des seyn Müssenden weset, ist das Gesetz des Grundes, oder wie man dasselbe auch nennen könnte das Gesetz des ausgeschlossnen Zweyten (principium exclusi secundi), gleichwie schon erwähntermaßen das Dritte oder seyn Sollende nur nach dem Gesetz des ausgeschlossenen Dritten ist oder weset.

Wollte man nun nach dieser Stufenfolge, welche auch die Art ihres Kommens in’s Seyn bezeichnet, auch die Verschiedenheit ihres Seyns, wie es sich dem wohl gebührt durch bestimmte Ausdrücke unterscheiden, so könnte man das erste als das unmittelbar in’s Seyn übergehende und sich mit ihm vermischende, gradezu das Seyende nennen; das zweyte aber das Daseyende, als das schon einen Grund hat, schon ein Wo auf dem es ruht, eine Stätte seines Seyns. Das dritte aber könnten wir nun das Existirende oder das Überseyende nennen. Das Überseyende (τὸ ὑπερόν) (um dieß zuerst zu klären): denn weil es als das seyn Könn˖[ende] auch das seyn Müssende ist, so kann es wenn seyend nur so seyend seyn, daß es selbst außer dem Seyn bleibt, nicht mit ihm sich vermischt. Denn das Wort Existo stammt von dem griechischen Εξίσταμαι, so daß Existenz gleichviel ist mit Ekstasis, und das außer Sich gesetzt, das über sich selbst gehoben Werden bedeutet, und gleich wie das Erste bloß und rein es Selbst ist, so das Zweyte über das bloße Selbst gehoben, weil auch das seyn Müssende. Die Ekstasis, kann man hinzusetzen, stehet der Enstasis entgegen. Wäre das dritte vom Centro nicht ausgeschlossen, so wär’ es das Innenstehende (τὸ ἐνετός), der Anfang, denn auch dieß bedeutet das griechische Wort, also nimmer das seyn soll, denn nimmer kann der Anfang das wahre Seyende seyn, das nicht bloß ist sondern dem gebührt zu seyn.

Weit entfernt also von der Furcht Einiger, in denen der Wille über die Einsicht zu gehen scheint, daß es gleichsam der Existimation des Höchsten nachtheilig seyn könnte, zu sagen, daß es ein andres voraussetze, ist es grade nur in sofern das Höchste wie es andres voraussetzt. Jene freylich verwechseln das Voraussetzen mit dem über sich- mit dem höher als sich Setzen. Also auch die Wärme, die den Körper voraussetzt, den sie durchglüht und ohne den sie sich als Wärme gar nicht anzeigen könnte, oder der Künstler der zu dem Stoff in demselben Verhältniß ist, setzt diesen als höher als geistiges voraus? Drückte man sich griechisch, durch Hypothesis und Thesis aus, so würde niemand die Hypothesis höher setzen wollen. Aber die Ausdrücke werden im Gebrauch bedeutungslos; so das häufig getauschte Subject (subjectum) das in der älteren wissenschaftlichen Sprache dasselbe bedeutet wie suppositum, und welches eben so wie dieses das Unterstehende, Untergelegte bedeutet. Kann überall von einem Höheren die Rede seyn ohne ein bezüglich Niederes, und von einem Höchsten, ohne wenigstens zwey Niedere? Jene wollen das Höhere vom Niederen abhalten; aber ihre Reden thun es nicht, nothwendig vielmehr und unvermeidlich fällt es mit dem Niederen zusammen, wenn sie diesem keine widerstehende, seinen Ort behauptende Kraft (vim insistentem, ἐνστατικήν) zuschreiben, wenn sie es überhaupt gegen das Höchste als völlig Nichts achten. Weil sie es so ganz zu Nichts machen, muß ja das Höchste Alles seyn; nichts ist erhöht, es sey denn ein es Erhöhendes, Emportragendes.

Wenn wir indeß das Erste oder bloße seyn Könnende als das Untere, das seyn Müssende als das Obere, das seyn Sollende als das Oberste bezeichnen, so ist dieß bis jetzt wenigstens nur in dem Sinn gemeynt, daß das seyn Könnende das Tiefste, das Aller Innerste, Verborgenste, das Centrum ist, wie wir es auch bisher schon genannt, das seyn Müssende aber das Äußerliche, das seyn Sollende das aber das Alleräußerste und am meisten Peripherische.

Allein wir haben noch eine andre Folge in Bezug auf das seyn Sollende selbst darzustellen. Wie dieses, was es ist, nämlich als das seyn Könnende auch das seyn Müssende, nur ist, weil das Warum nun dieß das untere – Es ist so seine Schickung, sein Loos. Dasselbe von dem seyn Müss˖[enden] zu sagen. Denn wir sehen wohl: wenn das Dritte das weder-noch und ebendarum entschieden Überseyende nur als das ausgeschlossene Dritte, so folgt von selbst, daß es an sich ist was die beyden ersten an sich sind.ausgeschlossene Dritte, so folgt von selbst, daß es an sich ist was IV)die beyden ersten an sich sind. Es folgt daß in allen dreyen nur immer dasselbe lautre Selbst seyn Könnende wiedergesetzt ist. Nun kann man nicht fragen, warum ist dieses Selbst, das das Dritte ist und über den andern erhoben das Dritte? Warum ist nicht dieses Selbst vielmehr das Erste, d.h. das an sich ###, mit sich s˖[elbst] gleichsam behaftete? Und warum ist nicht jenes, welches das Erste und darum bloßes an sich ist, das über sich selbst gehoben und an sein eigenes Können gewiesen ist, das über sich selbst gehobne, von sich s˖[elbst] freye? Und was jetzt das Innerste und Tiefste, sey das Äußerlichste und Höchste; und umgekehrt, was jetzt das Höchste das Tiefste, so würde nur dieselbe Frage zurückkehren. Mit dem Oben und Unten möcht’ es sich eben so verhalten, wie mit dem Rechten und Linken. Auch das Gehirn ist das Gehirn, der Kopf der Kopf, nur weil ein andres schon das Herz und der Magen ist, auch nur als ein von den andern Stellen ausgeschlossenes. Wäre um so ungereimt zu reden, das Herz und der Magen nicht, so müßte das was jetzt Hirn oder Kopf ist Herz oder Magen seyn. Nun wird niemand fragen, warum ist grade dieser Theil der Materie der jetzt Hirn ist Hirn und der, welcher Magen, ist Magen? Denn was wäre gewonnen, wenn es anders wäre? Also ist hier schlechterdings auf keinen Grund zu kommen. Das was das Höchste ist, ist das Höchste nur weil es dieß ist, ohne Ursache, schlechthin grundlos. So muß es auch seyn. Es ist jenes positive Seyn ja wir möchten sagen hier liegt die Quelle alles positiven Rechts. Denn der Adel ist was das Volk ist und das Volk was der Adel und doch ist der Adel nicht das Volk und das Volk nicht der Adel. Aber das Volk setzt nichts, der Adel aber setzt das Volk voraus. Der Adel ist nur Adel, weil ein andres schon Volk ist. Nähme man das Volk hinweg, so wäre das was jetzt der Adel ist, das Volk. Nun ist nicht zu fragen: warum ist der Theil, der jetzt Volk ist, Volk und der der Adel Adel, denn nähme man das Umgekehrte an so wäre dieselbe Frage. Ebenso ist der König was das Volk und was der Adel und doch ist der König nicht das Volk und nicht der Adel. Der König aber ist nur König, weil von diesem zwey Formen des Seyns ausgeschlossen, d.h. weil diese Formen schon sind, weil er sie voraussetzt. Würd nun gefragt, warum ist dieser Eine der ausgeschloßne und die andern alle gehören zum Vorausgesetzten (Unterthanen, Subjecto), ja würde wohl jeder antworten, es sey so, weil es so sey, grundlos; und wie man sich auch dieß Verhältniß verändert denken wollte, immer würde es der Sache nach sich wiederherstellen und dieselbe Frage würde neu wiederkehren.

Nun ist aber bis jetzt überall nicht die Rede vom wirklichen Seyn; es ist nur davon die

(links) Auflistung 1-9

Begriffe: Seyn Können, Seyendes

IV)Erste als die lautere Freyheit zu seyn, – seyend, und darum umgekehrt auch seyend nicht als ein schon Seyendes sondern als die bloße Freyheit zu seyn, so wäre es schon hier weggehoben über sich selbst – im eigentlichen Sinn existirend – dann könnte es das Seyn nicht in sich selbst suchen; das Seyn, gegen das es sich als Freyheit verhält, wäre so nothwendig schon ein äußerliches, d.h. erst wahrhaft Freyheit gegen das Seyn, ein solches, gegen das es wahrhaft Freyheit wäre, das es annehmen könnte oder nicht annehmen, und dabey bleiben, was es ist; das Können gienge von ihm hinweg, nicht auf es selbst zurück, es wäre seiner selbst ganz ### und ledig, Seyn oder Nichtseyn hätte keinen Bezug auf es selbst, es wäre nicht frey, entweder zu seyn, oder nicht zu seyn, sondern sowohl zu seyn als nicht zu seyn; nicht die zwischen ein Entweder-Oder eingeschlossene, sondern die völlig freye Freyheit, höchste Gelassenheit und Gleichgültigkeit. Durch es also wäre die Freyheit zu seyn, die es ist; jenes Erste aber wäre zwar Freyheit zu seyn, die es ist und nicht ist; ist, inwiefern sie es nicht ist (sich nicht als solche nimmt), nicht ist, inwiefern sie es ist. Es ist das Unbedingte aber nicht so, daß es nicht auch das Gegentheil seyn könnte. Es ist das Unbedingte selbst nur bedingter (hypothetischer) Weise, ? Dieß vielleicht späterwie der erste Mensch Gott gleich war, nämlich nur sofern er nicht als Gott seyn wollte, nämlich sofern es sich’s nicht anzieht, nicht als solches seyn will.

1.Das Vergangene wird gewußt, das Gegenwärtige wird erkannt, das Zukünftige wird geahndet.

Das Gewußte wird erzählt, das Erkannte wird dargestellt, das Geahndete wird geweissagt.

Wissenschaft ist schon der Wortbedeutung nach Historie (ἱστορία), und wendet sich daher vorzugsweise an Vergangenheit. Gesetzt auch es wäre in gesetzlicher Folge das Gegenwärtige aus dem Vergangenen, das Zukünftige aus beyden hergeleitet und Erkenntniß und Ahndung zu Wissenschaft gesteigert, so würde doch für die ganze Kette der vollständigen von Anfang bis zu Ende hinausgehenden Wissenschaft die der Vergangenheit das oberste Glied seyn.

Ein Abgrund für den menschlichen Gedanken ist die Vergangenheit. Dunkel bedeckt die Anfänge unseres Geschlechts, obwohl ein weit älteres Herkommen begreiflicher schiene als daß es nach so vielen Spuren zu urtheilen so jung ist. Die frühesten rein menschlichen Geschichten setzen den Hintergund lang verfloßner Zeiten ausdrücklich oder stillschweigend voraus; die ältesten der Zerstörung entronnenen Bildungen des menschlichen Geistes tragen für uns ein so fremdes Ansehen, daß wir uns von der Zeit ihrer Entstehung und der Kräfte die damals in der Menschenbrust walteten kaum einen Begriff zu machen vermögen. Die Urzeit arm an äußern war wie es scheint desto reicher an innern Begebenheiten, da später alles in’s Äußere getrieben worden und die Geschichte des Geistes, die sich durch so viele Jahrhunderte hinzieht, arm erscheinen muß, gegen jene mächtigen Bewegungen des Gemüths, welche die frühesten Vorstellungen, die ältesten Weltansichten voraussetzen. Vielleicht dah˖[er] die Überzeugung, die unsres Erachtens der Grundsatz jedes wahren Forschers seyn sollte, daß von den wichtigsten Vorgängen Spuren genug erhalten worden, die nur aufgefunden und verknüpft zu werden brauchen, um zu einer für den Menschen zulänglichen Wissenschaft derselben zu leiten. Diese Überzeugung läßt vielleicht auch für die älteste Geschichte noch die Hoffnung einer jetzt kaum zu ahnenden Entwicklung übrig.

Aber eine noch höhere Vergangenheit thut sich in der vormenschlichen Zeit der Erde auf, deren Zeiträume zieht die Gedanken der Menschen an sich; die vormenschliche Geschichte der Erde, deren Zeiträume sich vor der Einbildungskraft in dem Verhältniß ausdehnen, als er sich von der Stufenmäßigkeit der Übergänge, den langsamen, der Zeit nicht achtenden, Werke der Natur, einigen Begriff gemacht. Kein menschliches Auge war Zeuge des Wegs, den die stufenweis’ und nach Absätzen schaffende Kraft von dem ältesten leblosen Gebild bis zum ersten kaum vom Urwasser sich lostrennenden lebenden Geschöpf, von diesem bis zum Menschen genommen; aber die treue Natur hat die unverwerflichen Urkunden dieser Geschichte aufbehalten und überall in ihren Bildungen selbst die Merksteine ihres Wegs zurückgelassen. Alles ist nur Werk der Zeit, jedes Gebild gleichsam der Zeiger eines Tags, einer Stunde, eines Augenblicks in dem großen Uhrwerke der Schöpfung. Ja nicht nur Einmal scheint die Natur den Weg zurückgelegt zu haben; sondern in einer undeutlichen Reihe hat je die folgende die vorhergehende zugedeckt um selbst wieder sammt ihrer Schöpfungen unter denen einer neuen begraben zu werden, bis die alles vereinigende Zeit erschien, und jene einst gewesene Bewegung wie durch Zauber angehalten oder in den eignen Netzen gefangen, in die Eine Zeit festgebannt wurde, deren Kreis jetzt nichts mehr überschreitet.

Aber auch hier findet der forschende Geist keinen Stillstand; denn jener Proceß der Erde verliert sich durch seine letzten Glieder selbst in einen noch höheren, in die Geschichte des Weltalls, dessen gegenwärtiger Zustand (den wir eigentlich die Welt nennen) deutlich genug auf eine untergegangene Zeit hindeutet, die ihr zu Grunde gelegt worden. Wäre die Welt, wofür einige sie ausgeben wollten, eine vor- und rückwärts in’s Endlose auslaufende Kette von Ursachen und Wirkungen: so hätte sie freylich im eigentlichen Verstande weder eine Vergangenheit noch Zukunft. Aber dieser Ungedanke sollte billig mit dem unlebendigen System, dem allein er angehört, zugleich verschwunden seyn.Vergang˖[enheit] ein ernster Begr[iff].

Wäre bewährt in jedem Sinn jene alte Rede: Nichts neues ereigne sich unter der Sonne; wäre auf die Frage: was ists das geschehen ist? stets nur jene Antwort die richtige: Eben das was hernach geschehen wird? und auf die was ists das man hernach thun wird? Eben das man zuvor gethan: so würde daraus nur folgen, daß die Welt in sich keine wahre Vergangenheit hat und keine wahre Zukunft: daß alles was in ihr geschieht und was sich bis zum Ende begeben wird nur zu einer großen Zeit gehört; aber eben, weil nur Eine Zeit, würde sie die zum Ganzen der Zeit gehörigen Zeiten außer sich voraussetzen. Die wahre Vergangenheit, die Vergangenheit schlechthin ist die Zeit, die vor der Welt war, die wahre Zukunft die Zukunft schlechthin die Zeit die nach der Welt seyn wird; und so entfaltet sich ein System der Zeiten, von welchen die gewöhnliche menschliche Zeitrechnung nur ein schwaches, unsicheres Nachbild ist.

Aber selbst jene der Welt unmittelbar vorhergegangene Vergangenheit ist nicht die letzte; auch in ihr findet sich Etwas das nicht durch sich selbst begründet seyn kann; und so findet der forschende Geist nirgends Ruhe, bevor er bis zum wahrhaft ältesten der Wesen gelangt ist; und wenn er nun dieses wieder recht im Geiste betrachtet entdecken sich auch in ihm neue Abgründe, und offenbar wird, wie schon dieses nicht seyn konnte, ohne daß in ihm etwas als Vergangenheit gesetzt worden.

Mit dieser Erkenntniß befinden wir uns an dem Anfangspunct unsrer Untersuchung. Denn die Geschichten der Vergangenheit haben wir uns vorgesetzt zu beschreiben, nicht vom Ursprung der Menschheit bis auf die gegenwärtige Zeit, welches der Umfang der insgemein sogenannten Historie ist, noch von den Anfängen der Erde bis auf die Zeiten der Entstehung des Menschen, welches die Aufgabe einer vollendeten Erdgeschichte seyn müßte, sondern von den Vorzeiten der Welt bis auf die Zeiten derselben, wie vom ersten Grund und Anfang, von der ältesten Vergangenheit aus alles bis zum gegenwärtigen Stand fortgeschritten. Nicht daß auf der unermeßlich langen Bahn jeder einzelne Durchgangspunct bemerkt würde (unmöglicher Gedanke!) sondern nur daß das Gesetz der Bewegung, die allgemeine Folge der Zeiten, gleichsam die ewigen Zahlen jener großen Fortschreitung erkannt werden, in welche alles eingeschlossen ist.

Denn gleichwie für die Geschichte der Erde und deren Erforschung schon dadurch kein geringes Licht aufgegangen, daß die Zeiten geschieden und ein jedes Gebild so viel möglich in seine Zeit gesetzt worden, ohne daß darum schon die Entstehung jedes einzelnen erklärt gewesen wäre: so läßt sich annehmen, daß der Stoff der allgemeinsten, vom Anfang bis zum Ende hinaus reichenden Wissenschaft, der in einzelnen Ahndungen und Offenbarungen wohl vorhanden aber weil ungeordnet ungenießbar und unverständlich war, geschichtlich und nach Zeiten geordnet, zur wissenschaftlichen Form erhoben werden und so endlich jene allgemeine Anerkennung finden werde, die bis jetzt trotz so vieler Versuche (wie billig) keine einzelne Ansicht erringen konnte.

Daß die Gegenwart auf der Vergangenheit ruht, weiß jeder. Wenn die Erde durch so viele Mittelzeiten erst diese geworden ist, so begreift jeder, wie auch nicht das geringste vom Gegenwärtigen erkannt werden möchte ohne Wissenschaft des Vergangenen. Die Eigenheiten einer ausgezeichneten Individualität sind uns oft unbegreiflich, bevor wir die besondern Umstände erfahren, unter denen sie geworden und sich gebildet hat. Und der Natur sollte man so leicht auf ihre Gründe kommen? Ein hohes Werk des Alterthums steht als ein unfaßliches Ganzes vor uns. Bevor wir der Geschichte seines Wachsthums und seiner allmäligen

2)gewordenes, eigentlich, wie es auch ist, dem Nichts, jedem Anziehenden, das an sich Nichts nur in seiner Wirkung Etwas ist, angehöriges – Soviel Wollen in einem Wesen soviel nicht-Seyn und auch umgekehrt, soviel Seyn soviel nicht-Wollen. Soweit also ist der Wille gegen das Seyn und das Seyn gegen den Willen. Fragte man also, worinn das völlig lautere Seyn angetroffen werde, so wäre die Antwort: in einem völlig willenlosen Wesen. Nur kann dieß nicht so gemeint seyn, daß in einer völligen Abwesenheit alles Willens, in einer gänzlichen Beraubung auch des Wollenkönnens, denn dieß wäre das völlige Nichts, nämlich alles Subject, auch das nur seyend seyn könnte wäre aufgehoben, sondern nur in einem Wesen, das zwar Wille ist, aber Wille der nicht wirklich will – denn das, so zwar Wille ist, aber Wille der nichts will, ist gleich dem völlig willenlosen, also gleich dem lauteren Seyn ja es selbst.

Wobey wir nicht umhinkönnen auch das Umgekehrte zu bemerken, nämlich daß gleich wie das Seyn durch den Willen getrübt und unlauter wird, ebenso der Wille befangen und unlauter wird durch das Seyn, nicht durch das Seyn an sich, sondern das er sich anzieht, oder sich (hier im recht eigentlichen Verstande) zum Vorwurf macht. Denn wenn der einmal mit dem Seyn behaftete Wille es nicht lassen kann, so das einmal durch den Willen aus seiner Lauterkeit gesetzte seiner Freyheit verlustige Seyn auch nicht den Willen, als an dem es allein hängt, so daß es, wenn dieser es ausließe, alsbald in’s Nichts zurückgienge. Lasse mich, heißt es hier, so laß ich dich. Daraus also abermals folgt, daß der lautre Wille nicht der ist, der schlechthin ohne Seyn ist, sondern der nur sich des Seyns nicht annimmt, aber ebendarum selbst Seyn ist.

Aus diesen Betrachtungen ist nun klar, wie eine absolute Möglichkeit des seyend-Seyns allem wirklich Seyenden vorausgesetzt werden müsse, eine solche nämlich, die außer dem Anziehenden auch das Anzuziehende begreift; klar wie das Urbild aller Existenz, an sich oder schlechthin betrachtet, nicht Wille ist, der das Wesen ausschließt, sondern Wille, der selbst Wesen; nicht Können, das selbst Seyn ist, und hinwiederum, nicht Wesen, das den Willen, nicht Seyn, das das Können ausschließt, sondern Wesen das selbst Wille, Seyn das Können ist. Wir können daher sagen, das allem seyend Seyn das Vorauszusetzende, der Prototyp der Existenz sofern

Begriffe: irreflexive, absolutes Subject, Seyn, Nichts

Begriffe(links): lauterste Wesen

Inhalt: »das Vergangene wird vorzugsweise gewußt«

2) II)der Zeit gehörigen Zeiten außer sich voraus. Die wahre Vergangenheit ist die vorweltliche Zeit, die wahre Zukunft die nachweltliche, und so schließt sich uns ein System von Zeiten auf, von welchem unsre gewöhnliche menschliche Zeitrechnung nur ein schwaches Nachbild, eine Wiederholung im engsten Kreise ist.

Der jetzt geltende wissenschaftliche Begriff kennt keine Zeiten, also noch weniger eine Verkettung der Zeiten; sondern nur ein Abstractum von Zeit, eine gewisse allgemeine Zeit, die er die Zeit schlechthin nennt. Von dieser Zeit ist es denn ganz gut geredet, wenn man sie auf die bloße Erscheinungswelt beschränkt, oder gar zu einer bloßen Form unsrer Vorstellungen macht; ja noch richtiger würde seyn, sie ganz in’s Reich selbstgemachter Begriffe verweisen. Wie nach diesen Begriffen das gegenwärtige Beginnen erscheinen müsse, ist dem Verfasser wohl bewußt; allein die so Denkenden mögen nur kommen, und in diesem Werk erst lernen, welches die wahre Natur der Zeit ist, die sie bis jetzt nicht verstanden.

Von jeher hat der menschliche Geist auch in diese Vergangenheit zu dringen gesucht, nicht, wie man zu reden pflegt, aus ungezügelter Wißbegier sondern im richtigen Gefühl, daß wer den Anfang einer Sache nicht kennt, auch deren Fortgang und Ende nicht zu beurtheilen vermag, und keiner die Welt verstehen kann, er wisse denn, was zu Grunde der Welt gelegt worden. Der Trieb, die erste Herkunft der Dinge, die Vergangenheit der Welt zu erforschen, blieb sich immer gleich; der rechte Verstand davon ging verloren. Jugendlichen Völkern war ihr wirkliches oder eingebildetes Wissen vom Ursprung der Dinge Geschichte; und die ersten Gründer der Religion und Sage, die alle Lehre mit Erzählungen von der Dinge Beginn anfangen zu müssen glaubten, hatten in der That eine natürlichere Empfindung dessen, was der Mensch eigentlich zu wissen verlangt, als die sie jetzt darum belächeln und sich weise dünken gegen sie. Der Kunstreichste der Philosophen, da er auf Weltanfang und Ursprung kommt wird mythisch, d.i. historisch; und noch Leibniz, da er ein dem gesunden Verstand mehr genähertes Weltsystem eröffnen will, verliert sich aus dem Dogmatischen in’s Geschichtliche, obwohl etwas ärmlicher Weise, da er den Schöpfer der Dinge mit sich gleichsam rathschlagen läßt, um unter mehreren möglichen Welten die beste zu wählen. Ein System, das den Ursprung der Welt aus allgemeinen Wahrheiten, oder stillstehenden Eigenschaften Gottes, gleichsam als einen bloßen Folgesatz, herleiten will, thut dem natürlichen Gefühl kein Genüge, so wenig sich jemand den geführten Erweis, daß wir uns nothwendig eine Welt und zwar eine entstandene vorstellen müssen, für eine wirkliche Erklärung wird aufreden lassen. Woher also daß der Mensch es noch nicht zur Wiss˖[enschaft] des Verg[angenen]. Denn wenn zur Wiss˖[enschaft] des Verg˖[angenen] so auch zur Historie der Mat˖[erie] und Form nach. Wie wir vielmehr in den einzelnen Dingen der Welt eine allmälig von Stufe zu Stufe fortschreitende Hervorbringungskraft sehen, die von einem bestimmten Punkte aus und nach einem bestimmten Ziel hinzugehen scheint, so kann auch der Anfang der Welt nur als ein Anfang jener fortschreitenden Bewegung betrachtet werden. Aber in keiner fortschreitenden Bewegung, selbst nicht in der mechanischen, läßt sich der Anfangspunct (Terminus a quo) als ein bloßer leerer unthätiger Ausgangspunct denken. Im Gegentheil er ist anzusehen als die verneinende Kraft der in ihm anfangenden Bewegung; die wirklich entstehende Bewegung aber als die Überwindung jener verneinenden Kraft. Diese Überwindung läßt sich nicht denken ohne ein Geschehen, ohne einen wirklichen Vorgang, der sich nur historisch einsehen und nur ebenso darstellen läßt. Da ferner jeder Anfang einer fortschreitenden Bewegung eine überwundne Verneinung voraussetzt, die durch die entstehende Bewgung und in Bezug auf diese eben als vergangen gesetzt wird, so weist jede anfangende Bewegung auf etwas Früheres ihr Vorausgehendes, also an eine noch höhere Vergangenheit zurück. Alle Vergangenheit aber ist als solche Gegenstand der Historie.

Also von allen Zeiten zeigt sich wenigstens der Anfang der Wissenschaft als Historie; denn dieß ist der Anfang aller Wissenschaft, zu wissen, woher alles gekommen und wovon es ausgegangen. Aber warum bloß der Anfang? Wissenschaft ist schon der Wortbedeutung nach Historie (ἱστορία). Sie kann es freylich nicht seyn, wenn sie sich ein fertiges stillstehendes Object vorsetzt, oder in einer bloßen Folge und Auseinanderwicklung eigner Begriffe gesucht wird. Wenn aber ihr Vorwurf jene große Bewegung selbst ist, wodurch alles geworden, was ist, und die noch immer fortdaurend ihr letztes Ziel noch nicht gefunden: so ist sie auch dem Gegenstande, wie schon ihrer Natur nach, Historie. Denn die bloße Erkenntniß ist immer ein Abgeschlossenes ist und kann darum stillstehen, die Wissenschaft jeder Art immer ein Ganzes, das von einem bestimmten Punkt ausgehend, und nach einem entschiedenen Ziel hinstrebend, durch gesetzlich fortschreitende Bewegung sich selbst erzeugt. Was im Seyn im Bestehen betrachtet wird, kann erkannt werden; aber nur was im Geschehen, im Werden selbst aufgefaßt wird, wird gewußt. Darum sagen wir ursprünglich nur von geschehenen Dingen, wir wissen sie; von gegenwärtigen aber, sie werden erkannt. Das

Begriffe (links): Natur, sichtbare Welt, Gott, von sich nicht seyend, A3, ewige Vergangenheit

4)Aber eine noch weit höhere Vergangenheit thut sich in der vormenschlichen Zeit der Erde auf, deren Räume sich vor der Einbildungskraft in dem Maß ausdehnen, als sie sich von der Stufenmäßigkeit der Übergänge, dem langsamen, der Zeit nicht achtenden, Wirken der Natur einen Begriff erworben. Kein menschliches Auge war Zeuge des Wegs, den die stufenweis’ schaffende Natur von dem ältesten leblosen Gebild zum ersten kaum vom Urwasser sich lostrennenden Geschöpf, von diesem bis zum Menschen genommen; aber überall hat sie in ihren Bildungen selbst die Merksteine dieser Bahn zurückgelassen. Alles ist nur Werk der Zeit, jedes Gebild gleichsam der Zeiger eines Tags, einer Stunde, eines Augenblicks in dem großen Uhrwerk der Schöpfung. Ja nicht nur Ein Mal scheint die Natur den Weg zurückgelegt zu haben; sondern in einer undenklichen Reihe von Zeiten hat je die folgende die vorhergehende zugedeckt um selbst wieder sammt ihren Schöpfungen unter denen einer neuen begraben zu werden, bis die alles versöhnende Zeit erschien und jene einst gewesene Bewegung wie durch Zauber angehalten oder in den eignen Netzen gefangen in die Eine Zeit festgebannt wurde, deren Kreis jetzt nichts mehr überschreitet.

Aber auch hier ist kein Stillstand für den forschenden Geist; denn jener Proceß verliert sich durch die letzten Glieder in einer höheren, die Geschichte des Weltalls, dessen gegenwärtiger Zustand, (den wir eigentlich die Welt nennen) unwidersprechlich auf eine untergegangne Zeit hindeutet, die ihm zum Grunde gelegt worden.

Wäre die Welt, wofür einige sie ausgeben wollten, eine vor- und rückwärts in’s Endlose auslaufende Kette von Ursachen und Wirkungen, so hätte sie keine wahre Vergangenheit und keine eigentliche Zukunft. Aber dieser ungereimte Gedanke sollte mit dem System, welchem allein er angehört, billig zugleich verschwunden seyn.

Wenige kennen wahre Vergangenheit. Die Meisten wissen keine, als die in jedem Augenblick durch eben diesen sich vergrößert selbst noch wird nicht ist. Ohne bestimmmte entschiedene Gegenwart gibt es keine; wie viele erfreuen sich einer solchen? Der Mensch, der sich nicht scheiden kann von sich selbst, sich lossagen von allem was ihm geworden und ihm sich entgegensetzen, hat keine Vergangenheit oder vielmehr kommt nie aus ihr heraus, lebt beständig in ihr. Wohlthätig und förderlich ist dem Menschen das Bewußtseyn, etwas wie man sagt hinter sich gebracht d.h. als Vergangenheit gesetzt zu haben; heiter wird ihm nur dadurch die Zukunft und leicht nur unter dieser Bedingung auch etwas vor sich zu bringen. Nur der Mensch, der Kraft hat, sich über sich selbst zu erheben, ist fähig, eine wahre Vergangenheit sich zu erschaffen; eben dieser genießt auch allein einer wahren Gegenwart, wie er allein einer eigentlichen Zukunft entgegensieht und schon aus diesen sittlichen Betrachtungen würde hervorleuchten, daß Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht bloß Verhältnißbegriffe einer und der nämlichen Zeit, sondern wesentlich verschiedne unter sich abgesetzte Zeiten sind.

Wäre zwischen den Zeiten keine Abstufung, dann gienge bedeutungslos alles in’s Unbestimmte fort. Wäre aber bewährt in jedem Sinn die alte Rede: nichts Neues begebe sich unter der Sonne; wär’ auch die Frage: was ist’s das geschehen ist, jene Antwort die richtige: nur das, was zuvor geschehen, und auf die: was ist’s das man hernach thun wird? Ebendas was man zuvor auch gethan: so würde daraus nur folgen, daß die Welt in sich keine wahre Vergangenheit hat und keine wahre Zukunft, daß alles was in ihr geschieht und was sich bis zum Ende ereignen wird nur zu Einer großen Zeit gehört, also die Welt selbst nur Eine Zeit ist. Aber eben weil nur Eine würde sie die zum Ganzen der Zeit gehörigen Zeiten außer sich voraussetzen. Die wahre Vergangenheit, die Vergangenheit schlechthin wäre die Zeit, die vor der Welt war; die wahre Zukunft, die Zukunft schlechthin, die Zeit, die nach der Welt seyn wird; und so würde sich ein System der Zeiten entfalten, von welchem die gewöhnliche menschliche Zeitrechnung nur ein schwaches, unsicheres, getrübtes Nachbild ist.

Aber auch jene der Welt zunächst oder unmittelbar zu Grunde liegende Vergangenheit, kann nicht durch sich selbst begründet seyn; auch sie weist weiter zurück und der Geist findet nicht Ruhe, eh’ er zum wahrhaft ersten und ältesten der Wesen gelangt ist; betrachtet er aber auch dieses wieder recht im Geiste, so entdecken sich neue Abgründe und offenbar wird, wie schon dieses nicht seyn konnte, ohne daß in ihm etwas als Vergangenheit gesetzt wurde.

Wenn die Erde durch so viele Mittelzeiten gegangen ist, so erkennt jeder, daß ihr gegenwärtiger Zustand nur aus der Vergangenheit begreiflich ist. Ein hohes Werk des Alterthums steht als ein unfaßliches Ganzes vor uns, bevor wir der Geschichte des Wachsthums und seiner allmäligen Ausbildung auf die Spur gekommen. Wie vielmehr muß dieß bey einem so vielfach zusammengesetzten Ganzen als schon die Erde ist der Fall seyn! Die Eigenheiten einer ausgezeichneten Individualität scheinen uns oft unbegreiflich, bevor wir die besondern Umstände erfahren, unter denen sie geworden und sich entwickelt hat. Und der Natur sollte man so leicht auf ihre Gründe kommen? In einem Ganzen, darinn alles und jedes den Abdruck rhythmisch folgender Zeiten zeigt kann nichts einzeln nichts für sich genommen werden. Auch das Kleinste, bis zum Sandkorn herab, muß Bestimmungen an sich tragen, hinter die es unmöglich ist zu kommen ohne den ganzen Lauf der schaffenden Natur bis zu ihr zurückgelegt zu haben. Alles ist nur Werk der Zeit und nur die Zeit, zu der jedes gehört, ertheilt ihm seine Eigenthümlichkeit und Bedeutung.

Sollte es etwa mit dem Weltall anders seyn und der Mensch (wie er doch soll und muß) auch nur sein Verhältniß zu der Gegenwart begreifen, ohne eine Genealogie des ganzen gegenwärtigen 5)Zustandes der Dinge. Nicht daß auf der unermeßlich langen Bahn jeder einzelne Durchgangspunkt bemerkt, sondern nur daß das Gesetz der Bewegung, die allgemeine Folge der Zeiten, gleichsam die ewigen Zahlen jener großen Fortschreitung erkannt werden, in die alles eingeschlossen ist. Denn gleichwie der Geschichte der Erde schon dadurch ein unbeschreibliches Licht aufgegangen, daß man angefangen, die Zeiten in ihr zu unterscheiden, ohne daß darum schon das Entstehen jedes Einzelnen erklärt wäre: so ist zu hoffen, daß auch der Stoff der höchsten Wissenschaft, der in einzelnen Ahndungen oder Offenbarungen theilweis verstanden, aber weil ungeordnet, ungenießbar und unverständlich blieb, geschichtlich geordnet und gleichsam gegliedert und zur wahrhaft wissenschaftlichen Form erhoben endlich die allgemeine Anerkennung finden werde, die jeder einzelnen Ansicht, die sich aufdringen wollte noch immer und mit Recht versagt worden.

Jene Folge der Zeiten von Anbeginn also haben wir uns vorgesetzt zu beschreiben, nicht eine Geschichte von Götterzeugungen und Geburten, wie die ältesten Poeten, noch wie der göttliche Platon die Wahrheit mit Lauten der Fabel begleitend, sondern so viel möglich den lautern Klang und die reine Weise der Wissenschaft anstimmend, wie es unsre Zeit erfodert; doch nicht in äußerlich strenger, mehr in leicht mittheilender Form das Gefundene gebend. Denn ein Anderes ist das innere Gedankenwerk ein Anderes die äußere Mittheilung, und vorüber scheint die Zeit, wo es dem mit den höchsten Forschungen Beschäftigten, erlaubt seyn konnte, sich vom gemeinsamsten abzuschließen und die innerliche Überwindung der Dunkelheit muß auch in äußrer Klarheit sich verkünden, und gleichwie das Erhabene der Dichtkunst nach einer alten Bemerkung die schlichtesten und einfältigsten Worte liebt, so muß auch das Erhabene, welches Frucht der höchsten Forschung ist, sich in allgemein verständliche Worte kleiden lassen. Die Sprache der Systeme ist von gestern, die des Volks wie von Ewigkeit.Kunstwörter

Kein Begriff liegt jetzt in größerer Geringschätzung als der der Zeit. Wie es nicht unbemerkenswerth ist, daß eben in dieser gewaltigen Zeit die schwächsten Vorstellungen von der Zeit geherrscht. Der jetzt geltende Begriff kennt keine Zeiten sondern nur ein Abstractum von Zeit, eine gewisse allgemeine Zeit, die er die Zeit schlechthin nennt. Von dieser möchte denn wohl gelten, sie sey ein selbstgemachter Begriff, indeß die Wesentlichkeit der wahren Zeit jedem im eignen Thun und Lassen fühlbar wird und ihre Verächter selbst zu lauten Klagen zwingt.

Aber es liegt eben in diesen falschen oder mangelhaften Begriffen von der Zeit die Ursache der in allen Begriffen fühlbaren Stockung; auch die Wissenschaft kann die freye Bewegung nicht wiederfinden, ehe die Pulse der Zeit wieder lebendig schlagen.

Es konnte längst verdienstlich scheinen, den Zeitbegriff zu berichtigen, das Unwahre und Scheinbare abzuthun daß das Wahre und Wesentliche erschiene, wenn es noch die Zeit wäre, die großen Gegenstände einzeln oder Capitelweis’ abzuhandeln. Erwünschter ist, alles gleich in Leben und That zu sehen. Wir ahnden einen tief in der Zeit verborgen liegenden und bis in’s Kleinste gehenden Organismus. Wir sind überzeugt (oder wer ist es nicht?) daß jedem Ereigniß, jeder That ihr Tag ihre Stunde ja ihr Augenblick bestimmt ist und daß sie kein Nu früher an’s Tageslicht tritt, als die Kraft will, welche die Zeiten anhält und mäßigt. Ist nun freylich dem Menschen versagt die Tiefen der Zeit im Einzelnen zu ergründen: so ist doch verstattet, das allgemeine System der Zeiten im weitesten Umfange zu entwickeln.

Das älteste der Wesen sey Gott, soll schon der milesische Thales gesagt haben. Aber in Gott selbst sind Höhen und Tiefen, wie die Schrift sich ausdrückt: Es ist in Gott Nothwendigkeit und Freyheit. Jene ist schon anerkannt dadurch daß es als die nothwendige Natur (natura necessaria) erklärt wird, obgleich diese Erklärung keineswegs so unbedingt gilt, als sie in allen Lehrbüchern auf- und angenommen ist. Das Nothwendige in Gott ist die Natur Gottes. Dieser steht das höhere, eigentliche Wesen oder Selbst entgegen. Es ist ein Verhältniß ähnlich dem das in der Schrift zwischen dem natürlichen und geistigen Leben des Menschen gesetzt wird, da unter dem natürlichen nicht bloß das insgemein sogenannte physische, materielle oder leibliche verstanden wird, und Seel’ und Geist, wenn nicht durch Gott zu einem höheren Leben erhoben, ebensowohl als der Leib zum natürlichen Leben gehören.

Die Nothwendigkeit muß in Gott der Freyheit zu Grunde liegen. Denn es ist allgemeine Lehre, daß Gott die erschaffenen Wesen nicht vermöge der blinden Nothwendigkeit seiner Natur sondern höchst freywillig erschaffen. Ja vielmehr nach dieser Nothwendigkeit seiner Natur, da sie nur auf Gottes Daseyn selbst geht, wäre keine Creatur sondern nur Er Selbst, der Einzige, von allem Abgeschnittene. Also durch die Freyheit überwindet Gott die Nothwendigkeit seiner Natur. Seiner Freyheit nach ist Gott nicht immer und ewig im Wirken, er wirkt wann und wo er will; also muß er etwas von dieser Unabhängiges voraussetzen, durch das er im Wirken ist, auch wenn seine Freyheit nicht wirkt; dieses kann nur das Nothwendige seiner Natur seyn; denn seiner Natur nach ist Gott immer und ewig im im Wirken, und ohne Voraussetzung dieser ewigen und nothwendigen Wirkung ließe sich kein freyes Wirken denken.

Hier nun erhellt, daß das nothwendig Wirkende eher begriffen seyn muß, als man denken kann, das Freye zu begreifen oder daß das Nothwendige das wenigstens dem Begriff nach Vorausgehende, zu Grunde liegende Vorausgesetzte des Freyen ist.

In dem nothwendig Wirkenden ist also auch der Anfang aller Wissenschaft. Es gibt aber nur Eine unbedingte Nothwendigkeit des Wirkens. Alles andre läßt das Wirken in irgend einem Sinne frey; das was schlechterdings nicht verstattet nicht zu wirken, was zum Handeln treibt ja zwingt ist der Widerspruch.

Hieraus leuchtet ein, warum der Beginn der Wissenschaft nur in der Auffindung und Feststellung des Urwiderspruchs ist.

Es ist bekannt, wie sich die Menschen im Leben keiner Sache abgeneigter zeigen als dem Widerspruch, in wiefern er sie zum Handeln zwingt und aus ihrer gleichgültigen Ruhe herausnöthigt, ja wir sehen sie, wenn er längst vorhanden ist, eher bemüht ihn zuzudecken, als durch rasche That ihn zu überwinden entschlossen. Suchen sie nun im Leben so viel möglich den Widerspruch sich abzuhalten, so ist es natürlich, wenn eine gleiche Bequemlichkeit in der Wissenschaft gesucht wird. Dazu wird der allgemeinbekannte Grundsatz dienen, daß der Widerspruch nie wirklich seyn kann. Wie ließ sich aber nun ein Gesetz aufstellen für etwas das niemals und auf keine Weise seyn kann. Indem erkannt wird, daß der Widerspruch nicht seyn kann, muß unmittelbar auch erkannt werden, daß er auf gewisse Weise ist. Sonst könnte sich ja sein nicht seyn Können nicht zeigen oder bewähren.

diesen sittlichen Betrachtungen würde hervorleuchten, daß Vergangenheit Gegenwart und Zukunft doch nicht bloße Verhältnißbegriffe einer und der nämlichen Zeit, daß sie der höchsten Bedeutung nach wirklich verschiedene Zeiten sind, zwischen denen eine Abstufung eine Steigerung statt findet.

Wenn kein Unterschied der Zeiten, gienge dieselbe Zeit, welche die gegenwärtige ist, in’s Unbestimmte zurück, so wäre die Welt, wofür einige sie geben wollten, eine rück- und vorwärts in’s Endlose auslaufende Kette von Ursachen und Wirkungen ohne einen eigentlichen Anfang und ohne wahrhaftes Ende. Aber dieser Ungedanke sollte mit der unlebendigen Ansicht die sein Ursprung ist, billig zugleich verschwunden seyn.

Ist aber auch bewährt in jedem Sinn die alte Rede: Nichts neues ereigne sich unter der Sonne; ist auf die Frage, was ists das geschehen ist? noch immer die Antwort die richtige: Ebendas was hernach geschehen wird, und auf die: was ist’s das man thun wird? Eben das man zuvor auch gethan, so folgt daraus doch nur, daß die Welt (diese versteht sich) in sich keine wahre Vergangenheit hat und keine wahre Zukunft, daß alles was in ihr von Anbeginn geschehen ist und was sich bis zum Ende begeben wird, nur zu Einer Großen Zeit gehört, daß sie also selbst nur Eine bestimmte Zeit ist. Aber eben weil nur Eine setzt sie die zum Ganzen der Zeit gehörigen Zeiten außer sich voraus. Die wahre Vergangenheit, die Vergangenheit schlechthin, ist die Zeit die vor der Welt war die dieser ganzen Zeit entgegengesetzt ist. Die wahre Zukunft die Zukunft schlechthin, sondern die Zeit, die nach dieser Welt seyn wird, und so schließt sich uns ein System von Zeiten auf, von dem die gewöhnliche menschliche Zeitrechnung nur eine unvollkommene Wiederholung ist.

Daß der Welt (dieser nämlich) eine Zeit vorangegangen, sollten wenigstens die nicht läugnen, die behaupten sie sey in der Zeit erschaffen.

Aber auch dieser der Welt unmittelbar vorausgegangene Zustand weist noch weiter zurück; auch diese Zeit ist nur Moment einer Bewegung, die in noch größere Tiefen zurückgeht; und so findet der forschende Geist keinen Stillstand eh’ er zum schlechthin ersten, zum unbedingten Lebensanfang gelangt ist.

Es ist ein großer, aber nothwendiger Gedanke, daß alles Leben nur Ein Leben ist, daß alles zu Einem Geschehen, zu Einer großen alles in sich verschlingenden Bewegung gehört. Auf die Frage: Was in der ganzen Natur das Älteste sey? soll der milesische Thales geantwortet haben: Gott, derselbe würde auf die Frage was das Letzte?, unstreitig auch geantwortet haben: Gott, weil in ihm alles sich anhebt und beschließt.

Gott ist lebendig; so lautet die allgemeine Rede. Aber aus dem Begriff, der mit diesem Wort verbunden wird, ist schon längere Zeit alles Eigentliche vertilgt; auch dieser Ausdruck zur bloßen Metapher geworden.

Kein Leben ist denkbar ohne Übergang aus dem Unsichtbaren in’s Sichtbare, d.h. ohne Geburt nach der ### hippokratischen Definition. Jedes Leben ist in sofern eine beständige Geburt.

Man kann von Gott nicht die allgemeinen Eigenschaften des Lebens verneinen, ohne den Begriff des lebendigen Gottes aufzuheben; nur das Unvollkommene der Creatur muß hinweggenommen werden. Auch Gottes Leben ist so gewiß es wahrhaftes Leben, so gewiß eine Geburt aus dem Unsichtbaren in’s Sichtbare, aus dem Innern in’s Äußre, aus dem Verborgnen in’s Offenbare; aber es ist eine ewige Geburt, die nicht irgend einmal, sondern die von aller Ewigkeit geschehen ist, die noch immer geschieht und die nie aufhören wird zu geschehen.

Die Kräfte dieser Geburt sind ewiger Weise in Gott. Er hat wie die Schrift sagt das Leben in sich selbst; in ihm ist der unsterbliche Lebens-Grund; darum heißt er der allein Unverderbliche (ὁ μόνος ἀφθάρτος) der gar nicht nicht leben kann.

Kein Leben besteht in einem bloßen ruhigen Zugleichseyn zusammenstimmender Kräfte oder Wirkungen; alles Leben ist fortschreitend in Gott von einem bestimmten Anfang in ein bestimmtes Ende.

Auch im göttlichen Leben ist ein Anfang, aber ein ewiger Anfang, der von aller Ewigkeit her Anfang war, und noch immer Anfang ist und nie aufhört Anfang zu seyn. So hat auch das göttliche Leben ein Ende, aber ein ewiges, ein solches das immer wieder Ende ist und nie aufhört Ende zu seyn. Der Satz: Gottes Leben ist ohn’ Anfang und Ende, kann daher nur den Sinn haben, es ist ein Leben, das weder einen Anfang seines Anfangs, noch ein Ende seines Endes hat, das nie aufhört anzufangen und nie aufhört zu enden. Dieß ist es, was das ewige Leben genannt wird.

Dieser erst innere und ewige Lebensanfang in Gott, was kann er seyn? Nur eine Verneinung des Lebens. Denn überall nur in der Verneinung liegt der Anfang.

Begriffe: System des Wissens, System der Zeiten, Zeit, Ewigkeit, Philosophie, Weisheit

Auflistung 1-5

Begriffe: Gott vor aller Ewigkeit, Wesen, Seyn, Nichts, Bewegung

vorweltliche Zeit ist, die wahre Zukunft, die Zukunft schlechthin die nachweltliche, und so entwickelt sich aus jener Rede ein System der Zeiten, von dem unsre menschliche Zeitrechnung nur ein schwaches Nachbild, eine Wiederholung im engsten Kreise ist.

Man hat nicht eingesehen und gelehrt, daß die Begriffe von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wie wir sie innerhalb der gegenwärtigen Welt anwenden, bloß beziehliche Begriffe sind, indem ebendas was in diesem Augenblick ein Zukünftiges ist, im nächsten als ein Gegenwärtiges, im darauffolgenden als ein Vergangenes erscheint. Wer erkennt aber auch nicht, daß diese bloß relative Vergangenheit eine absolute, diese bloß scheinbare Zukunft eine wahre und wirkliche voraussetzt, und daß ohne diese beyde die Gegenwart selbst in den Abgrund des Nichts stürzen würde da sie überall nur als die Mitte von beyden begriffen werden kann, und einerseits auf dem Grund einer entschiedenen, sichern Vergangenheit ruhen muß, andrerseits den Keim enthalten einer ewigen Zukunft.

Schon längst konnte es für verdienstlich gelten, die Vorstellungen von der Zeit zu berichtigen; Form und Wesen, Schein und Wirklichkeit in ihnen zu trennen, wenn es noch die Zeit wäre, die großen Gegenstände einzeln oder getrennt nach Capiteln abzuhandeln. Wir ahnden einen in der Zeit tief verborgen liegenden und bis in’s Kleinste gehenden Organismus. Wir sind überzeugt (oder wer ist es nicht), daß jedem kleinen Ereigniß jeder folgenvollen That ihr Tag, ihre Stunde ja ihr Augenblick bestimmt ist und daß sie kein Nu früher an’s Tageslicht tritt, als die Kraft will, welche die Zeiten anhält und mäßigt. Vermessen wäre nun wohl, schon die Tiefen der Zeiten durchschauen zu wollen. Aber den allgemeinen Zusammenhang der Zeiten, das große über die Welt hinausreichende System der Zeiten in seinem weitesten Umfang zu entwickeln dafür ist der Augenblick gekommen.

Diesen Gedanken also, wie er sich mir durch lange Betrachtung ausgebildet, und in fortgesetzter Untersuchung bewährt, habe ich mir vorgesetzt, in dem hier beginnenden Werk auszuführen, doch nicht in streng wissenschaftlicher, nur in leicht mittheilender Form, damit auch die äußere Erscheinung andeute, daß der Gedanke einer unendlichen Fortbildung fähig und daß von einem geschlossenen System hier nicht die Rede sey. Ein andres ist das innre Gedankenwerk, ein andres die äußere Mittheilung, welche, wenn sie Frucht erzeugen soll, doch nur anregend seyn darf.

Welchermaßen aber dieses Unternehmen mit meinem sonstigen Geschäft zusammenhange, dieses halte ich nicht für unnütz, deutlich zu sagen. Denn ich läugne die Absicht nicht, durch dieses Werk, was ich sonst begonnen, zu vollenden soviel wie möglich; das noch dunkel gebliebene in volles Licht zu setzen; auch die verborgenen Schwierigkeiten, die bis jetzt weder von andern noch von mir angeregt worden an den Tag zu ziehen und ihre Auflösung zu zeigen; damit fürder kein Zweifel in dieser Sache sey und meine wahre Meynung nur und Absicht in allen Stücken klar erhelle.

Wenn der Mensch seines Herzens Lust im Wissen offenbaren und heraus sagen sollte, was er sich wünsche; so würde er unstreitig sagen: er wünsche, was Homer von den Sängern der Heldenzeit rühmt, zu wissen was war, was ist und was seyn wird. Mit wenigerem würde er sich nicht zufrieden bekennen, ja er würde erklären müssen, daß jede noch so vollkommen gedachte Einsicht, die er von dem einen dieser Stücke hätte, ohne die anderen höchst unvollkommen und mangelhaft seyn würde.

Allgemein kann man sagen: der Begriff, das Verständniß und die Unterscheidung der Zeiten das sey das Wesentliche zur Weisheit.

Auflistung 1-5

Begriffe: Nichts

lateinische Beispiele für Entgegensetzung/Verneinung bis 65v

Begriffe: Seyn, Etwas, Annehmen, Wollen, Selbstunannehmlichkeit, A0, Streit, Solicitation

Begriffe: lauterer Wille, der nicht will, Anfang, unlauteres Seyn

Begriffe: Urseyn=Ich, Goldnes Zeitalter, Anfänglichkeit, Gleichgültigkeit, Anziehendes, seyn Können, als

Auflistung 1-6

Begriffe: lautere Freyheit, Reichthum, Armuth

Inhalt: »Nichts an sich Gegenstand«

Notiz über Preisaufgabe und -verleihung vom 28. May

Bogenzählung I

Begriffe: Unlauterkeit, (Nicht)Erkennen

Inhalt: »Lauterkeit ist was überall gesucht wird«

Auflistung 1-17

Begriffe: Zufälligkeit, Freyheit, Willkühr, Wissen, Bewegung, Anfang, Wille, Freyheit zu seyn, Seyendes, Etwas

Begriffe: Nichts, Begehren, Zweyung als Anfang alles Lebens, Subject/Object, nicht Seyendes, Sophisten, Seyendes zweiter Ordnung, A2, Hunger, lauteres Wollen, Nichts

Inhalt: »Tod und Leben ringen im Ungrund«

Genannte Personen: Proteus, Plutarch

Genannte Literatur:

Auflistung 1-11

Begriffe: Große Bewegung, Wissen, nicht zufällig, Subject, Selbstbewegung, Zeit, Bewußtseyn

Begriffe: Ein Laut, Seyn, Unglück, Freyheit, Wille, der nichts will

Inhalt: »Ein Zeitalter goldner Freyheit, müheloser Glückseligkeit setzt d. Menschgeschl.«

Begriffe: Fortschreiten, Steigerung, Nichtseyn, Seyendes, Verneinung, ewiger Anfang

Begriffe: Setzen, seyend, -A, +A, ewige Freyheit, Wesen, Seyn

Inhalt: »Es kann in dem Zustand, da es nichts ist und doch alles keinen Augenblick bleiben.«

Auflistung 1-8

Begriffe: das allem Vorausgehende, Ist, Seyendes selbst, Freyheit zu seyn

Auflistung 1-28

Begriffe: Vergangenes, Sucht, Begierde, Anfang im Willen, A2, A3, [Jehova], Zweyheit, Bewußtseyn der Ewigkeit, Gott, Weisheit

Mehrere Auflistungen 1-7, 1-5, 1-4

Begriffe: absolutes Subject, Können, das Müssende, Einheit, Allheit, das Sein Könnende, Müssende, Sollende

Inhalt: »Verschiedene Deductionen«, »Es kann nichts seyn, als was Subject«

ZAusbildung auf die Spur gekommen. Wie viel mehr muß dieß bey einem so vielfach zusammengesetzten Ganzen als schon die Erde ist der Fall seyn! Welche ganz andre Verwicklungen müssen hier stattfinden! In einem Ganzen darinn alles und jedes den Abdruck rhythmisch folgender Zeiten zeigt kann nichts einzeln nichts für sich genommen werden. Auch das Kleinste bis zum Sandkorn herab muß Bestimmungen an sich tragen, hinter die es unmöglich ist zu kommen, ohne den ganzen Lauf der schaffenden Natur bis zu ihm zurückgelegt zu haben. Alles ist nur Werk der Zeit und allein die Zeit, zu der jedes gehört, ertheilt ihm seine Eigenthümlichkeit und Bedeutung.

Wie sollte es nun mit dem Weltall anders seyn, und wie vermöchte der Mensch auch nur, und sein Verhältniß zu der Gegenwart (wie er soll und muß) begreifen, ohne eine Genealogie des ganzen gegenwärtigen Zustands der Dinge? Nicht, daßdenn gleich wie in der Gesch˖[ichte] der Erde über diese Folge der Zeiten – nicht in äußerlich strenger, in leicht mittheil˖[ender] Form. D. Welt und der gemeinen Menschheit ###...### vorzuhalten.

Schwer ist, reden in Dingen, wo mit Mühe kaum die Erforschlichkeit glaublich gemacht wird. Um so mehr erinnre ich im Beginn an die Art aller Geschichte, wie sie nicht in der Wirklichkeit bloß, auch in der Erzählung nur erlebt nicht aber mit Einem Begriffe auf Ein Mal mitgetheilt werden kann; an die Natur alles Geschehens, wie es nämlich in Dunkel anfängt, da doch niemand das Ziel sieht, das Vorhergehende oft erst durch lange Nachfolgendes, der Anfang wahrhaft nur durch das Ende verständlich wird und überhaupt niemals das einzelne Ereigniß sondern nur die ganze vollständige abgelaufene Begebenheit begreiflich ist. Denn der Gegenstand dieser Beschreibung ist nicht ein stillstehender, sondern ein ewig beweglicher, unabläßig fortschreitender, ja richtiger zu reden die ewige Fortschreitung selbst. Offenbar ist, daß der Inhalt einer solchen Untersuchung nicht auf einzelne kurze abgebrochne Sätze, gleichsam auf ein Blatt Papier wie einige verlangen gebracht werden kann. Denn die Sätze an und für sich, abgesehen von der Bewegung, durch die sie erzeugt werden sind ohne allen Werth, indem sie ihrem Lebens-Element entnommen und in kurzem, wie vom lebendigen Baum getrennte Früchte absterben. Woraus auch erhellt, daß kein einzelner Ausspruch als ein für sich gültiger, unbeschränkter und ein für allemal feststehender Satz angesehen werden kann, daß jeder nur an seinem Ort, nur an dieser bestimmten Stelle der Fortschreitung gilt, außer derselben aber Sinn und Bedeutung verliert oder Widersprüche erzeugt. Daher Alles darauf ankommt, daß die bestimmten Gränzen der Gültigkeit jedes Ausspruchs wohl unterschieden und bewahrt werden; denn wenn der gut lehrt der wohl unterscheidet (qui bene distinguit bene docet), so kann auch nur der gut begreifen, der die Unterscheidungen wohl behält.

Und so beginnen wir dann die Geschichte der ältesten Vergangenheit, darzuthun (so weit möglich) wie vom tiefsten und verborgensten Grund aus dieß Gebäude der Wirklichkeit erwachse, nicht eine Geschichte von den Götter-Zeugungen und Geburten, wie die ältesten Poeten, aber auch nicht wie Leibnitz den Gott vorstellend als einen Bauherren der unter verschiednen möglichen Welten die erwählt, die er als die beste erkennt; nicht wie der göttliche Platon die Wahrheit mit Lauten der Dichtung begleitend, sondern (so viel möglich) den lauteren Klang und die reine Weise der Wissenschaft anstimmend wie es unsere Zeiten zu fodern scheinen.

Die Philosophen geben zwar vor, den Begriff der Ewigkeit so viel möglich von aller Beymischung der Zeit zu reinigen; wenn sie aber von einer wirklichen Ewigkeit reden wissen sie diese doch nicht anders auszusprechen, als wie ein beständiges Nun, eine ewige Gegenwart, wie ja das, was insgemein Zeit heißt, wahrhaft nicht anderes ist, als eine ewige Nichtgegenwart. Gleichwie aber keine wahre Vergangenheit ist ohne bestimmte entschiedne Gegenwart: so läßt sich auch keine eigentliche Gegenwart denken, der nicht eine entschiedene Vergangenheit zu Grunde liegt. Nur der Mensch, der sich von dem Untergeordneten seiner Selbst scheiden kann und die Kraft hat sich über sich selbst zu erheben, hat eine wahre Vergangenheit; aber eben dieser genießt auch allein einer wahren Gegenwart, indeß der der sich nicht scheiden kann von sich selbst sich losreißen von dem was hinter ihm ist, keine Vergangenheit hat weil er ewig in der Vergangenheit lebt, nie aus ihr herauskommt.

Ist also eine ewige Gegenwart, d.h. eine solche die von Ewigkeit Gegenwart ist, so ist nothwendig auch eine ewige Vergangenheit, eine solche die nicht von gestern noch von undenklichen Zeiten, sondern von aller Ewigkeit her Vergangenheit ist, die gleich damit angefangen Vergangenheit zu seyn.

Ein Leben, das nie eigentlich zum Seyn (zum gegenwärtigen) gekommen und das doch einer ewigen Gegenwart zum Grunde dient, kann nicht Nichts seyn, obwohl es auch kein eigentlich Seyendes zu seyn vermag. Es gibt also etwas, das zwischen dem Nichts und dem was ist in der Mitte steht.

Es ist nicht schwer die allgemeine Bemerkung zu machen, daß das Hauptgebrechen der jetzigen Art zu philosophiren in dem Mangel der mittleren Begriffe besteht, wonach z.B. was nicht sittlich frey also gleich gezwungen, was nicht geistig im höchsten Sinn körperlich, was nicht intelligent verstandlos ist. Die mittleren Begriffe sind aber gerade die wichtigsten, ja die einzigen eigentlich erklärenden in der Wissenschaft. Wer nur nach dem so genannten Grundsatz des Widerspruchs denken will, in wiefern er besagt daß alles entweder ist oder nicht ist, der mag wohl geschickt seyn für und wider alles den Sophisten gleich zu disputiren, aber die Wahrheit zu finden, die nicht in schreyenden Extremen liegt, ist er völlig ungeschickt.

Zwischen dem Nichts und dem was ist in der Mitte steht das was begehrt zu seyn ohne wirklich zu seyn. Es ist nicht, weil es erst zu seyn begehrt, und es ist nicht nichts, weil es doch auf gewisse Art seyn muß eben um zu begehren.

Der Begriff eines solchen Lebens dringt sich überall auf. Niemand wird sagen, daß die Krankheit ein eigentliches ein wahrhaft lebendiges Leben (vita vere vitalis) sey und doch ist sie ein Leben nur ein falsches nicht ein seyendes aber das zu seyn trachtet. Der Irrthum ist keine wirkliche Erkenntniß und doch nicht Nichts, oder zwar ein Nichts aber das Etwas zu seyn strebt. Das Böse ist innerlich Lüge und ermangelt alles wahren Seyns, doch ist es, nicht zwar als ein solches das wahrhaft ist, aber das zu seyn sucht.

Damit aber was durch diese Beyspiele auf der einen Seite gut gemacht worden nicht wieder wie gewöhnlich auf der andern verdorben werde: so bemerken wir, daß jenes Leben, das wir als ein ewig vergangenes beschreiben, außer dem daß es ein bloßes Trachten nach Seyn ist, weder mit dem Irrthum, noch mit der Krankheit noch mit dem Bösen etwas gemein hat. Denn das Böse freylich ist bös, aber das was das Böse ist, an sich selbst als ein reines Trachten nicht böse, sondern nothwendig; zum Bösen wird es nur, inwiefern es sein Trachten dem Höheren dem es untergeordnet seyn soll entzieht. Wir aber lehren von jenem Leben, daß es zwar auch seiner Natur nach ein bloßes Trachten nach Seyn ist, aber ein ewig Vergangenes, d.h. ewig untergeordnetes in Bezug auf das eigentlich Gegenwärtige d.i. wahrhaft Seyende. Aber ebendarum ist es ein ewiges Trachten nach Seyn. Behielte es nämlich in jener Unterwerfung, da es als nicht Seyendes gesetzt ist, nicht den Trieb und die Begierde zu seyn, so wäre es gar nichts. Könnte es aber auf der andern Seite von sich selbst zum vollen Seyn

22)gewöhnlich Materie nennen. Aus dem Körperlichen selbst steigt beständig ein Bild oder innrer Lebensgeist auf, der durch einen umgekehrten Proceß immer wieder verleiblicht wird.

Der Glaube an die allgemeine Fähigkeit der Materie, wieder in’s Geistige erhöht zu werden, hat sich durch alle Zeitalter mit einer Beständigkeit erhalten, die allein schon auf die Tiefe seines Grundes schließen ließe. Den gewöhnlichen beschränkten Begriff der Alchemie muß man dem Pöbel überlassen; übrigens ist er bey weitem allgemeiner als gedacht wird. Was geht bey der Verdauung und Aneignung der Nahrungs-Mittel vor, da aus den verschiedensten Substanzen immer dasselbe bereitet wird und jeder Theil das eben ihm Gemäße herausnimmt; die Kunst die das wirkt, ist eine wahre Alchemie. Aber überhaupt jeder Bildungsproceß, sey er daß Wahrheit von Irrthum, Schönheit von anhangender Unvollkommenheit befreyt, sey es daß unser Wesen sittlich geläutert werde, dieß alles kann nicht ohne eine wahre Alchemie geschehen. Die verstanden, was sie suchten, suchten nicht das Gold, sondern so zu sagen das Gold des Goldes oder was das Gold zu Gold macht, d.h. etwas weit Allgemeineres. Wenn es nämlich nur eine in Bezug auf die Materie äußere Potenz ist, wodurch sie (die an sich geistige) zu dem finstern Wesen zusammengezogen ist, so muß es auch eine derselben entgegengesetzte Potenz geben, durch welche wenn sie in der Hand des Menschen wäre, die Wirkung der äußern Kraft entweder aufgehoben oder doch bis zu einem gewissen Grade überwunden werden könnte. Kann nun alle Materie dem innern Wesen nach nur Eine seyn und beruht die Verschiedenheit zwischen körperlichen Dingen derselben Stufe vielleicht nur auf dem höheren oder geringeren Grad der Verborgenheit jenes ursprünglichen Wesens, so wäre es ja wohl möglich, durch eine allmälige Überwindung der verdunkelnden Kraft weniger edle Stoffe in edlere und so zuletzt in den edelsten zu verwandeln, obgleich dieß nur die sehr untergeordnete Anwendung eines weit allgemeineren Vermögens seyn würde, und auf jeden Fall der, der einen solchen Gedanken behauptet, darum keineswegs den Versuch der Ausführung zu billigen braucht. Denn frey ist das Reich des Gedankens und wer fragt, was an sich möglich fragt nicht, was beziehungsweise thunlich, was sonst räthlich und in andrem Betracht vernünftig seyn mag.

Dieß zum Theil zur Erklärung in welchem Sinn wir jenes frühe Daseyn der Materie behaupten. Es hat von jeher Viele gelüstet, in dieß stille Reich der vorweltlichen Zeit zu schauen und so im eigentlichen Verstand hinter den großen Proceß zu kommen, von dem sie theils mithandelnde theils mitleidende Glieder sind. Aber den Meisten fehlte die nöthige Verläugnung und Gelassenheit, indem sie das Ganze gleich mit den geistigen Begriffen erfassen zu können meynten und die stummen Anfänge alles Lebens überspringen wollten.

Was ist es übrigens, das die Meisten so sehr an der Materie beleidigt? Am Ende ist es doch nur die Demuth der Materie, die ihnen so zuwider ist. Aber eben diese Gelassenheit zeigt, daß sie noch etwas von den Eigenschaften jenes Urstoffs in sich hat, der nach außen leidend, aber in sich und bezogen auf alles später Gewordene Geist und Leben ist.

Es ist leicht die Bemerkung zu machen, daß das Hauptgebrechen aller neueren Philosophie in dem Mangel der mittleren Begriffe liegt, wonach z.B. alles was nicht seyend Nichts, was nicht geistig im höchsten Sinn materiell, was nicht sittlich frey also bald mechanisch, was nicht intelligent verstandlos ist. Die mittleren Begriffe sind aber grade die wichtigsten, ja die einzigen eigentlich erklärenden in der ganzen Wissenschaft. Wer nur nach dem (mißverstandnen) Grundsatze des Widerspruchs denken will, der mag wohl geschickt seyn, für und wider alles den Sophisten gleich zu disputiren, aber die Wahrheit zu finden, die nicht in schreyenden Extremen liegt, ist er völlig ungeschickt.

Zuerst also nachdem die Kräfte der ewigen Natur gegeneinander frey und in einem solchen Verhältniß sind, das Wirkung und Gegenwirkung verstattet, tritt die unterste (verneinende Potenz mit der zunächst höheren in Spannung und es beginnt zwischen beyden der wonnevollste Streit. Denn jenes Princip, durch dessen geistigen Hauch und Antrieb allein alles in der Natur ersteht, obgleich es selbst nur Werkzeug jener allgemeinen Seele ist und allen Antrieb von ihr empfängt, sucht die verneinende Kraft in dem jetzt gegen sie zur Materie gewordenen sanft zu überwinden, das geistige in ihr frey zu machen und so endlich jenen innren Verklärungspunct (A3) in ihr aufzuschließen, durch den allein sie fähig ist, mit dem Geistigen Eins zu werden. Nun widersetzt sich die verneinende Kraft dieser Scheidung lediglich damit ein Streit sey und beyde sich gegenseitig mit Wonne empfinden und nur unter beständigem Gegenstreben wird sie von der höheren Macht sanft und allmälig überwunden. So gefällt sich hinwiederum das aufschließende Princip in einer stufenmäßigen Überwindung, wodurch sie dem innern Wesen der Materie immer näher tritt und entfaltet so in ruhiger, besonnener Lust, nach Stufen und Absätzen doch immer nach dem Urbild, das sie in der Einheit (A3) erblickt die in der Natur verborgene Wunder bis zu der holdseligen Gestalt jenes ersten Geschöpfes das einst der Mittler zwischen Natur- und Geisterwelt seyn sollte, und durch welches auch jetzt die untergeordnete Potenz in die freyeste und innerlichste Einheit mit der höheren tritt.

Aber wie dieser das Princip der zukünftigen Natur zur Materie wird so behandelt wiederum die über beyden schwebende Potenz (A3) das Princip der künftigen Geisterwelt als einen Stoff ihrer freyen Lust, und sucht auch in ihr dasjenige zu entfalten, wodurch sie des unmittelbarsten innigsten Bezugs zur Natur fähig ist. Denn jene allgemeine Seele will unmittelbar und zunächst nur die Einheit der beyden Entgegengesetzten, denn weil nur in dem Verhältniß als beyde innerlich und von sich selber Eins geworden sind, auch sie selbst als freye Einheit beyder aufgehen kann. Ebendas wodurch die Geisterwelt unmittelbares Subject jener allgemeinen Seele wird, eben dieß ist es auch, wodurch sie in den unmittelbarsten Bezug zu der Natur kommt. Denn nur das höchste und innerste Geistige (A3) in ihr ist das, was des unmittelbaren Bezugs zu ihr fähig ist. Aber dieses höchste Geistige wird nur in dem Maß aus ihrem Innern hervorgerufen, als die beyden Kräfte in ihr geschieden und gegenseitig frey werden. Nun ist es die verneinende Kraft (B), die in ihr verborgen und unwirkend gesetzt ist. Um sie also bis in’s tiefste Verborgenste und Innerste zu entfalten, muß jene schöpferische Potenz in ihr die Kraft der Finsterniß aus der innersten Tiefe hervorrufen und allmälig in Wirkung setzen. Nicht daß das bejahende Princip ihr unterworfen werde, sondern daß eben die höchste wirksamste Kraft der Selbstheit und Finsterniß dennoch von Lust und Liebe umfangen sey. Denn gleichwie das in der Natur eingeschloßne Seyende, wenn auch aus der Tiefe erweckt und zur völligen Freyheit gebracht und zur reinsten Geistigkeit erweckt doch immer innerlich bleibt und als ein nur in jener Verneinung aufgehendes erscheint, also von dieser immer noch wie von seiner Fassung gehalten ist: so kann die Erweckung des

Es ist ja gewiß ein groß und herrlich Ding um das Wissen, wenn es in der rechten Art steht; dagegen um das unrechte irrige Wissen ein gar elendes und unseliges, daß man auch lieber wie Achilles in der Unterwelt dem schlechtesten Mann um Taglohn dienen möchte, als in einem irrigen und verkehrten Wissen befangen seyn. So groß die Gefahr sehen wir eine Menge Menschen nach dem Wissen trachten und darauf bedacht, gleich als wär’ es 1. ### ### und im ersten Anlauf zu erringen, wie auf eine Beute stürzen; und zwar begnügen sie sich nicht mit leichten und alltäglichen Dingen, sondern suchen sich die höchsten und schwersten aus, als hätten diese nur auf sie gewartet, um begriffen zu werden, nämlich die Fragen Weltursprung, Gott und göttlichen Dingen. Und zwar sind es nicht solche die sich in einer geringen Sache oder leichtern Kunst schon genüge gethan oder ersättigt, sondern meist die baar und ledig sind aller andern Wissenschaft und Kunst, die sich dieser schwersten unterwenden. Es hat sich etwa einer mit der Dichtkunst versucht und darinn schlechten Fortgang vermerkt, flugs wird er ein Philosoph; denn von der Dichtkunst zu urtheilen gibt es weit mehrere Kenner; macht er Verse, so zischt ihm das Volk, macht er aber den Philosophen, kann er ein ebenso großer ja noch größerer Stümper seyn, und sieht es doch nicht jedermann ein und läßt sich auch nicht so leicht zeigen, weil für diese Kunst nur Wenige Kenner sind. Oder es ist einer ein Gottesgelehrter, ist aber in Sprachen, Geschichte und andren gelehrten Wissenschaften, die dazu erfodert werden, schlecht bewandert; was schadet’s er wird ein Philosoph und kann nun auf die andern, die all’ das besitzen was ihm fehlt, herabsehen. Oder es geschiehet wohl auch, daß einer von einzelnen Dingen, natürlichen Ereignissen oder Gegenständen, gute ja besondere Einsichten; das dünkt ihm zu schlecht nur ein Naturkundiger zu seyn, er muß alles vom Ey herleiten, entw˖[eder] andern abstehlen oder da es doch nicht seine Sache ist eignen Unsinn erfinden und verderbt sich damit auch das das er weiß.

Andere aber gehen herum und predigen aller Orten, daß man von so hohen Dingen gar nichts wissen könne und auch nicht suchen soll etwas davon zu wissen, weil es doch umsonst und verlorne Mühe sey. Nun ist ja das Weiteste und Größte, dazu es der Mensch bringen kann, dieses, zu wissen, daß was er weiß ein Nichts ist gegen das, das er wissen sollte und das an sich selbst (wenn auch nicht ihm) zu wissen ist. Aber eben nur dieses zu wissen, ist ihm ein großes Wissen, besonders aber ein Begriff von dem Reichthum, der Größe, Tiefe und Höhe des Wissens nöthig, das an sich möglich ist und das er haben sollte, wenn er des Wissens sich rühmen könnte. Allein der Grund, auf welchem sie ihre Predigt vom Nichtwissen stützen, ist nicht die Vortrefflichkeit und Überschwenglichkeit des Wahren, sondern die Schlechtigkeit und Verderblichkeit alles Wissens ja des Wissens an sich selbst, die solcher Art ist, daß nach ihrem Wesen auch das herrlichste zu schanden ja zunichte würde, wenn es könnte gewußt werden. So gar verworren sieht es in dieser Zeit aus, daß die einen nach einem Wissen rennen, wovon sie keinen Begriff noch Verstand haben, die andern nach einem schlechten ja armseligen Begriff vom Wissen alles Wissen verdammen.

Ist’s denn so schwer zu wissen, wornach der Mensch strebt, wenn er seine Begierde aufs Höchste im Wissen setzt? Mit nichten, es ist ganz leicht. Niemand will am Ende etwas anders, als daß er den gegenwärtigen Zustand verstehe, wisse welche Zeit sey in der Welt und im Reich Gottes. Denn die Zeit erkennen, das ist Weisheit und Philosophie d.h. Streben nach Weisheit heißt ja jenes höchste Bemühen. Aber das Gegenwärtige kann man wohl für sich erkennen, aber nicht weise d.h. wissend seyn der Gegenwart, ohne sie nach ihrem Herkommen und allmäligen Entstehen begriffen zu haben. Es kann wohl jeder mit klaren Augen sehen ja mit Händen greifen, wie es um unser Volk stehe, aber klug werden aus diesem Zustand kann er nicht, er wisse denn zuvor, wie es von Anfang her gewesen und wie es stufenweise in denselben gerathen. Es kommt uns wohl im Leben ein wunderlicher Mensch vor, dessen Art wir durch Umgang und Erfahrung dadurch wohl erkennen, aber daß wir ihn wüßten ist weit gefehlt, bevor uns bekannt ist, wie er ein solcher geworden welche Dinge auf ihn gewirkt, und welche Folge von Ursachen ihn zu dem gemacht der er ist. Es steht vor uns ein hohes Werk oder Gedicht des Alterthums, das wir so wie es dasteht nicht begreifen können, wissen wir aber, von welchem Keim es aufgegangen und wie es allmälig gewachsen, dann erst fängt das Wissen an. Anders ist es ja auch nicht mit dem gegenwärtigen Aussehen der Erde; nämlich daß wir nur Erkenntniß aber keine Wissenschaft desselben haben, ohne Herleitung aus der Vergangenheit. Denn ein oberflächliches Forschen zeigt schon, daß sie nach ihrer jetzigen Beschaffenheit ein Werk vieler Zeiten ist. In einer undenklichen Reihe hat so die folgende Zeit die vorhergehende zugedeckt, eins ist immer auf das andre gesetzt, eins dem andern zu Grunde gelegt nicht ohne in dieser Unterwerfung selbst verwandelt zu werden. Auch das Kleinste ist für sich unfaßlich, alles bis zum Sandkorn herab muß Bestimmungen an sich tragen, hinter die es unmöglich ist zu kommen, ohne den Lauf der schaffenden Natur bis zu ihm zurückgelegt zu haben. In einem Ganzen darinn alles wie ein Zeiger an der Uhr gerichtet, auf bestimmte Zeit und Stunde deutet, kann nichts einzeln genommen werden. Alles ist nur Werk der Zeit, nur von der Zeit, zu der es gehört, hat jedes Art, Bedeutung und Wesen.

Aber ein anderes ist die Wissenschaft, die der Natur- und Erdforscher, oder der Staatsmann oder irgendwer zu einem besondern Zweck und Berufe bedarf, ein anderes die der Mensch, nur als Mensch, fodert und verlangt und die Gegenwart, deren rechter Verstand und Wissenschaft zu dieser gemeinmenschlichen Weisheit gehört, ist eine gar große Zeit, nämlich die, in welche jetzt alle Dinge und die ganze Welt eingeschlossen ist. Ein altes Buch sagt: Nichts neues begibt sich unter der Sonne. Was ists das geschehen ist? Eben das hernach auch geschehen wird. Was ist’s das man thun wird? Eben das man zuvor auch gethan. Aber aus dieser Rede folgt nicht, wie einige meynen, daß die Welt von jeher in einem Cirkel umgelaufen, oder eine Folge von Begebenheiten sey ohne wahren Anfang und Ende. Es folgt nur daß diese Welt dieser ganze Zustand der Dinge, in dem wir jetzt leben, wozu nicht bloß die Erde oder die Natur auch die Geisterwelt und alles gehört, was wir unter der Welt begreifen, daß also diese Welt in sich keine wahre Vergangenheit noch Zukunft hat, d.h. daß sie der wahren Schätzung nach nur eine große Zeit ist wie es im Hebräischen und Griechischen nur Ein Wort ist das Welt und Zeit bedeutet. Aber eben weil nur Eine Zeit setzt sie die zum Ganzen der Zeit gehörigen Zeiten außer sich voraus. Alles was in dieser Welt geschehen ist, oder ferner bis zu ihrem Ende geschehen wird gehört nur zu Einer Zeit, der gegenwärtigen, die wahre Vergangenheit ist die vor der Welt war, die wahre Zukunft ist, die nach der Welt seyn wird.

Diese große Gegenwart also zu begreifen und zu verstehen, ist das nächste Ziel dessen, der gemeinmenschliche Weisheit sucht; aber sie ist nicht zu begreifen als in der Mitte zwischen einer großen Vergangenheit und einer großen Zukunft. Und zwar ist von der Vergangenheit der Anfang der Wissenschaft also auch der Weisheit, denn wie will einer Sache Mittel und Ende begreifen, da doch der Anfang nicht verstanden. Also von dem was vor dieser Welt war muß der anheben, der die Welt begreifen will, denn er muß wissen, was ihr zu Grunde gelegt und was durch sie als Vergangenheit gesetzt worden. (Nun meynt er vielleicht, bey dieser unmittelbar vorweltlichen Zeit könne er stehen bleiben. Aber was ist sie denn? Sie ist auch nur ein Glied im großen System der Zeiten, und zwar im System der Zeiten dieser Welt das erste Glied. Aber woher weiß er denn, daß sie nicht in einem noch entfernteren System von Zeiten das letzte Glied war? Daß also auch diese nächste Vergangenheit der Welt wieder eine Folge von Zeiten vor sich hat?) Die gewöhnliche Art ist, alles was vor der Welt gedacht wird Ewigkeit zu nennen. Und doch wird wieder und zwar von denen des Rechten Verständigsten gelehrt, daß die Welt in der Zeit erschaffen. Meinethalben also nenne den ganzen dir dunklen Raum vor der Welt Ewigkeit, aber sey gewiß, daß er der schärferen Betrachtung sich noch in eine Folge von Zeiten auflösen könne, wie dem bewaffneten Auge, am Himmel noch in einzelne Lichter zergeht, was dem ungeschützten nur als matter nebelhafter Schimmer erscheint.

Doch dieses möchte jetzt noch manchem zu hoch seyn und ist auch zu fremd der ganzen jetzigen Denkart. Merke also nur dieses: das alles was du jetzt siehest, Einzelnes und Ganzes, dieser ganze gegenwärtige Zustand, in dem alle Dinge entstehen, leben und weben, ist das Werk Einer großen Bewegung, die in diesem gegenwärtigen Zustand zwar scheint zu einer Ruhe gekommen zu seyn, aber unabläßig arbeitet ihn zu verlassen und wenn auch unmerklich sich anschickt in eine andre Zeit durchzubrechen. Diese große Bewegung, von der du selbst ein mithandelndes und mitleidendes Glied bist, sollst du billig begreifen lernen; und zwar von Anfang bis jetzt, und von jetzt an womöglich bis zu ihrem Ziel und Ende. Denn Anfang Mittel und Ende der Dinge wissen das ist Weisheit im höchsten Sinn. Erlangen wirst du sie freylich nicht, so daß du ihrer Meister wärst und du im großen Werk dieser Bewegung alles mitgeschaffen. Aber streben sollst du doch nach dieser Mitwissenheit jener Bewegung; möchtest du auch nichts finden als das allgemeine Gesetz derselben, nur gleichsam die Zahlen der großen Fortschreitung, dir wäre nicht Weniges dadurch geholfen. Denn du bist selbst mit in diesen Fortgang eingeschlossen, der einem Strom gleich alles nach einer unbekannten aber doch gewissen Zeit hinlenkt, du sollst aber nicht davon, wie ein Stück Materie, blind und besinnungslos fortgeführt werden, sondern den ungeheuren Hergang verstehen lernen, wissen, was jetzt an der Zeit ist, und wohin alles gehe, damit du der Endabsicht dieser Bewegung mehr förderlich als hinderlich seyst, und so auch von ihr in deinem Thun gefördert werdest und glaube sicher, daß so weit die nöthig p.p. Nun siehest du auch dieses gleich, daß in jeder Bewegung, da Eins dem andern zum Grund wird, Eins über dem andern sich erhebt, doch nur Eins sey; das in all’ diesen Verschiedenen nur wie auf verschiedenen Stufen erscheinet und alles aus Einem durch Eines in Eines geht.

Ehe du aber von dieser Bewegung etwas begreifen kannst mußt du wissen, nicht nur daß eine solche Bewegung geschehen ist und noch geschiehet; sondern auch was in ihr eigentlich ist und lebet. Denn in aller Bewegung ist etwas das heraus und an den Tag will und offenbar werden. Alle lebendige Bewegung ist Geburt. Das nun, was durchbrechen will, wird erst am Ende offenbar und ist also erst nach geendeter Bewegung zu sehn. Aber im Baum ist doch Rinde und Stamm, Augen und Blätter, Blume und Frucht alles von Einem Stoff, Ein Wesen nur verschiedentlich gestaltet; noch ehe

Begriffe: Offenbarung, Äußeres Gottes

Inhalt: »Anfang ist überall, wo aus 1. nichtseyendes ein Seyendes wird.«

scheidet sich durch diese deutlich von der Vorhergehenden und der folgenden ab. Es ist reine Wahrheit, so erwiesen und gesichert, als irgend eine der Geschichte, daß eine Zeit war, da die Erde noch kein Gewächs, kein Thier hervorgebracht, da überall nur unorganische Kräfte walteten; daß dieser Zeit eine andere folgte, in welcher von den zahlreichen Geschlechtern der Erde nur die untersten Gattungen vorhanden waren, und die Erde höchstens bis zur Erzeugung der Schalthiere sich erhob; deutliche Absätze unterscheiden diese Zeit von den folgenden, in welchen wieder ebenso allmälig und in abgesetzten

worinn alles und jedes den Abdruck rhythmisch und gesetzmäßig folgender Zeiten zeigt kann nichts einzeln, nichts für sich genommen werden. Nur die Zeit, zu der jedes gehört, ertheilt jedem Ding seine Eigenthümlichkeit und Bedeutung. Jedes Geschöpf zeigt auf eine bestimmte Stunde in der großen Zeit der Schöpfung. Auch das Kleinste, bis zum Felsensplitter herab, muß Bestimmungen an sich tragen, hinter die es unmöglich ist zu kommen, ohne den ganzen Lauf der schaffenden Natur bis zu ihm zurückgelegt zu haben. Schon die Eigenheiten einer ausgezeichneten menschlichen Individualität sind uns oft unbegreiflich, bevor wir die besondern Umstände erfahren, unter denen sie geworden ist und sich gebildet hat. Und der Natur sollte man so leicht auf ihre Gründe kommen? Ein hohes Werk des Alterthums steht als ein unfaßliches Ganzes vor uns, bis wir der Art seines Wachsthums und seiner allmäligen Ausbildung auf die Spur gekommen. Wie viel mehr muß dieß bey einem so vielfach zusammengesetzten Individuum als schon die Erde ist der Fall seyn. Welche ganz andre Verwicklungen und Verschränkungen müssen hier statt finden.

Wenn aber einmal der wahre Grund der Erkenntniß auch des Gegenwärtigen Herleitung aus der Vergangenheit ist, und wenn, wie wir gezeigt haben, der Zusammenhang der Zeiten sich über die Welt hinaus erstreckt: wie wird der menschliche Geist ruhen, eh’ er bis zum absoluten Anfang gekommen ist, und von dorther in geordneter Folge der Zeiten alles wie es geworden urkundlich begriffen hat? Denn auch bey’m letzten Sichtbaren angekommen findet der Geist noch eine nicht durch sich selbst begründete Voraussetzung; und wenn er endlich bis zu dem Anfang sich erschwungen, der sich selbst trägt, erkennt er daß auch in dem, was vor der Welt war, etwas als Vergangenheit gesetzt werden mußte, ehe die gegenwärtige Zeit möglich wurde, daß eben dieses Vergangene es ist, was zum Grund der Welt gelegt worden und was die gegenwärtige Schöpfung trägt.

Nun ist es eine bewährte Regel, daß wer den Anfang einer Sache nicht kennt, auch deren Fortgang und Ende nicht zu beurtheilen vermag. Ebenso gewiß aber ist, daß um das Mittel einer Sache recht zu verstehen, man Anfang und Ende verstehen muß; denn das Mittel ist vom Anfang und Ende gleich weit entfernt und hat von beyden gleich viel in sich. Also ist der Mensch aufgefodert, Anfang Mittel und Ende des großen Processes zu verstehen, in den er sich von Beginn seines Daseyns verschlungen findet. Er muß zu dem Anfang aufsteigen, um alles aus der Quelle herzuleiten; er muß bis an’s Ende hinaussehen, denn die Absicht jeder fortschreitenden Bewegung wird nur in ihrem Ziel erkannt und was im Anfang war, wird nur durch das Ende klar.

Ein solches verständiges von Anfang bis zum Ende durchgeführtes System der Zeiten wäre dann unstreitig das vollständige System der Wissenschaft. Wissenschaft ist schon der Wortbedeutung nach Historie (ἱστορία). Unser angebohrnes Sprachgefühl sträubt sich, die Einsicht von einer todten stillstehenden Wahrheit z.B. einer geometrischen ein Wissen zu nennen, so gewöhnlich dieß jetzt ist. Nur von dem, was im Werden, im Geschehen erfaßt ist, sagen wir ursprünglich, daß wir es wissen. Deshalb wird in der Regel nur von schon geschehenen Dingen gesagt, wir wissen sie. Wenn aber das Gegenwärtige aus dem Vergangenen hergeleitet wird, so fassen wir auch dieses im Werden auf; und so wenn durch gesetzmäßige Folgerung das Zukünftige aus dem Vorhergehenden geschloßen wird, erkennen wir auch dieses als ein Geschehendes. Darum wird das Wissen vorzugsweise gebraucht, um die Art von Erkenntniß zu bezeichnen, die ursprünglich nur Gott hat; denn Gott allein sieht alles was ist und wird in seinem Entstehen und Werden von Anfang her. Wissen ist eine höhere Stufe als Erkennen; Gott weiß die Dinge; und es ist seiner Idee unangemeßen zu sagen, daß er die Dinge erkennt.

Wir finden uns hier von selbst auf eine wichtige Unterscheidung geführt, die zwischen den Erkenntnißarten gemacht zu werden pflegt. Wenn wir den Gegenstand als ein schon Gegebenes und in seinem Gewordenseyn also hintennach betrachten, so kann die hieraus entstehende Erkenntniß eine Erkenntniß a posteriori heißen. Indem wir aber denselben in seinem Werden, also von Anfang oder von vorn erkennen, so müßte dieß Wissenschaft genannt werden, oder Erkenntniß a priori. Jeder andre mit diesen Begriffen verbundene Sinn ist unstatthaft und, wenn von Erkenntniß wirklicher Gegenstände die Rede ist, sogar ungereimt. Aus der Ableitung selbst erhellt, daß jene Unterscheidung richtig verstanden durchaus keinen Bezug hat auf Erkenntniß aus Erfahrung und ohne Erfahrung. Jede wahre Erkenntniß kann nur dem lebendigen Gegenstand selbst entquellen, nie aus dem Betrachter selbst (er wäre denn auch selber Vorwurf der Betrachtung); da im Gegentheil jede Einmischung des Betrachtenden die Reinheit der Erkenntniß trübt. Es ist nicht ein Unterschied der Quelle der Erkenntniß, sondern gewissermaßen des Gegenstandes oder dessen, was man an den Gegenständen zu erkennen sucht, den wir durch jene Begriffe bezeichnen. Der Naturforscher, der die Thiere nimmt, wie sie vorhanden sind und nach ihren auffallendsten Eigenschaften in Klassen und Ordnungen bringt, von denen ihm selber zweifelhaft bleibt, ob sie die Abtheilungen der Natur sind, begnügt sich mit einer bloßen Kenntniß a posteriori, die als Erkenntniß ganz unkräftig und eigentlich gar nicht so zu nennen ist. Der wahre Geschichtschreiber der Natur sucht den allmäligen Gang der Natur selbst in der Hervorbringung der Thiere darzustellen, und jedes als einen bestimmten Moment der Geschichte aufzufassen; er zeigt, wie jedes untergeordnete Geschöpf die Staffel zu einem höheren wird, und begreift jedes an seiner Stelle oder was hier dasselbe ist in seiner Zeit, als ein nothwendiges Glied jener rhythmisch geordneten Folge, in welcher die Natur alles hervorbringt. Dieser nun hat oder sucht wenigstens eine Erkenntniß von vorn, oder eine eigentliche Wissenschaft. Zu dem Zweck ist das ganze Geschäft des Beobachtens und Zergliederns erfoderlich, das ja an sich keinen Werth hätte, wenn es nicht auf jene letzte Absicht bezogen würde, und das sich zur Wissenschaft oder zur Historie der Thiere ebenso verhält, wie sich die Geschichtsforschung zur Geschichtschreibung verhält.

Daß nun so verstanden der Weg von vorn der einzige ist, der zur eigentlichen Erkenntniß, auch der Natur, führt; dieß bedarf ja kaum des Beweises. Denn es ist der Weg der Natur selbst, von der wir hier wohl den Glauben aussprechen dürfen, der unseres Erachtens der Glaube jedes wahren Forschers seyn sollte, daß sie überall Fußtapfen zurückgelassen, die der Mensch bloß aufzusuchen hat, um ihr folgen zu können. Geschichte und Denkmal der Geschichte fällt hier in Eins; und sie stellt kein Räthsel auf, für welches nicht in ihr selbst auch das Wort und der Schlüssel enthalten wäre. Es ist natürlich, daß der welcher von vorn anfängt, die Anfänge in der größten Lauterkeit und allein mit Gewißheit erkennen vermag; der aber, der von der schon geschehenen Sache ausgeht, gelangt entweder überhaupt nicht zu den Anfängen, oder hat, weil er den entgegengesetzten Weg der Natur selbst geht, wenigstens mit unendlichen Zweifeln und Ungewißheiten zu kämpfen. So bleiben viele Welt Ereignisse, von denen alle äußeren Umstände bekannt sind, ja vor unsern Augen sich ereignet, im Grunde unerklärt, wenn nicht die, welche an der Quelle standen Aufschluß darüber geben. Was auch ersonnen werden möge es bleibt immer der Zweifel, ob die Sache nicht anders zusammengehangen habe. Alles Gewordene tritt so wie es geworden in die Unbegreiflichkeit zurück; wer es verstehen will muß es im Werden ergreifen; hintenach ist es zu spät. Aber wir wollen nicht einmal von den Anfängen oder Ursachen reden; nur von den Mittelgliedern. Denn wie will der, der von der geschehenden Sache ausgeht sich aller Mittelglieder versichern? Der andre von vorn anfangende aber wird, wenn er seine Sache versteht keinen Schritt vom Vorhergehenden zum Folgenden thun, wozu ihm nicht die Natur selbst Veranlassung gegeben; und wird also sicher seyn, kein nothwendiges Glied der Kette übersprungen zu haben.

Nun ist es an dem, daß und wenn einmal alles wie man zu reden pflegt, ab ovo hergeleitet werden muß, kein Stillstand ist, bevor wir beym schlechthin Ersten angelangt sind; und die letzten Punkte, an die der große Proceß des Ganzen angeknüpft ist, sich in eine Zeit verlieren, von deren Ereignissen uns keine äußere Denkmäler belehren können. Hieraus kann für eine oberflächliche Betrachtung der Schein entstehen, als wenn die Wissenschaft, die bis zu den letzten Ursachen aufsteigt, ihre Begriffe aus dem bloßen Subject, mit Ausschließung des Gegenstands, schöpfe. Aber wenn wir nun auch alles, was ist und inwiefern es ist, als ein Gewordenes ansehen müssen, so bleibt uns doch die Idee des ewigen, unsterblichen Lebens, dessen Werk alles Gewordene ist; dieses Leben ist kein bloßer Gedanke, es ist in einer ganzen andern und höheren Art nothwendig und wirklich, als alles aus ihm und in ihm Gewordene: es ist keine Willkühr in ihm, auch ist nichts außer ihm von dem es bestimmt werden könnte; es kann sich daher, in wiefern es sich entfaltet, nur aus eigenem Trieb und Wollen, rein aus sich selber, aber ebendarum nicht gesetzlos nur gesetzmäßig entwickeln. In ihm selber liegt die Regel seines Fortschritts; frey zugleich und nothwendig wie es anfängt, führt es das Angefangene hinaus bis an’s Ende.

Aber wer wagt es die unermeßlich lange Bahn von der fernsten Nacht der Vergangenheit bis in die Gegenwart zurückzulegen? Wer die unabsehliche Folge der Momente und Zeiten, durch welche alles vom Urbeginn bis zur Gegenwart fortgeschritten ist, geschichtlich zu ordnen. Unerschöpflich ja wohl, und unaussprechlich ist die innere Fülle jedes Lebens. Alle Stufen und Momente eines menschlichen aus großer Tiefe reich entwickelten Lebens anzugeben, vermöchte vielleicht der selbst nicht, der sie durchlaufen. Aber ist es darum unmöglich dieses Leben zu beschreiben? Die großen Epochen leuchten in seinen Thaten und Werken deutlich genug hervor. Auch ist es ja nicht um die Erkenntniß alles und jedes Gewordenen zu thun, (was unsinnig wäre zu denken), sondern um das Gesetz des Fortschritts und die durch dieses bestimmte Folge der Zeiten. Das Einzelne ist uns nur wichtig, in wiefern es Bestätigung oder Monument des Gesetzes ist. Von dem Stifter der neueren Erdgeschichte, der zuerst die großen Perioden ihrer Bildung festgesetzt, hat niemand gefodert, daß er auch das Entstehen jedes einzelnen Metalls oder jeder Erd- und Steinart erkläre. Aber das verschiedne Alter der Metalle, die Zeit jeder Gebirgsart, die Epoche da die Edelsteine wurden, da das Salz, da der Basalt und da die anderen eigenthümlichen Bildungen der Erde sich erzeugten, diese zu erforschen und soviel möglich zu bestimmen hat er nicht unterlassen.Wer die Zeiten genau kennt, kennt auch die Ursachen. Plinius p Überlegen wir nur, welch’ ungemeines Licht der ganzen Erdkunde aufgegangen seit dieser erfinderische Geist die zuvor ungeordnete und fast unbezwingbar scheinende Masse, die lange nur ein Gegenstand der Kenntniß gewesen aber ohne alle Erkenntniß, nach Zeiten und geschichtlich geordnet, und wie damit überall erst Wissenschaft in diesem Gebiet: so werden wir den Gedanken nicht unnatürlich finden, auch den Stoff der höchsten Wissenschaft, der in einzelnen Offenbarungen, in einzelnen ebendarum aber verlornen Blitzen von Erkenntniß, teilweis’ sogar in wirklichen Einsichten, längst vorhanden, aber weil ungeordnet, ungenießbar und unverständlich war, auch diesen Stoff, sage ich, nach Zeiten zu ordnen; ebenso wenig werden wir die Hoffnung für trügerisch halten, auf diese Art endlich auch die höchste Wissenschaft in jenes volle Licht zu setzen, das sie durch alle bisherige Versuche nicht erlangen konnte.

Eine Geschichte hat einmal das Weltall, so gewiß es ein Gewordenes ist und so gewiß es durch verschiedne Mittelstufen und Zeiten zu einem letzten Ziel und Endzweck geleitet wird. Ob wir diese Geschichte zu erkennen vermögen, und wie weit, dieß ist hier noch nicht die Frage; genug daß nur die Einsicht in den Gang dieser Geschichte den höchsten Begriff der Wissenschaft erfüllen kann. Können wir diese Einsicht nicht erlangen, nun so ist eben Wissenschaft unerreichbar, aber wir müssen nicht den Begriff derselben herabsetzen, um sie uns desto zugänglicher zu machen.

Eine völlig andre Gestalt muß die Wissenschaft schon auf diesem Weg erhalten, als bey den andern bisher geltenden Ansichten

Begriffe: Begriff des Seyenden, Subject, seyn können, Freyheit zu seyn, das Höchste

Auflistung 1-17

Begriffe: Vergangenes, Wissen, das erste Seyende, Subject, Begriff des Unbedingten

Auflistung 1-8

Inhalt: »Es gibt Zeiten«

Auflistung 1-7

Begriffe: Zeit

Begriffe: Unlauterkeit des Seyns, Lauterkeit, Weisheit

Bogenzählung IV

Begriffe: das Seyende selbst, Subject, Ich, seyn Müssendes, to hyperon

Inhalt: »in dem umgekehrt das Seyn zum Begriff selbst wird.«

Bogenzählung II Auflistung a-i

Begriffe: Ewigkeit, Nichts, Übergang von Nicht zu Ist, Zeit, ewig Anfangendes, Suchen/Sucht, Natur, Geisterwelt, Seele

Inhalt: »Einl. nicht vor Ult 2«

Sonstiges: Verweis auf Ultult 3

Begriffe: Folge der 3 Zeiten, Bewegung

Begriffe: Gleichgewicht, Indifferenz von Gleichgewicht und Nichtgleichgewicht, Substanz, Aussprechendes, Selbstheit, Rotation, [Jehova], Liebe

Auflistung 1-23

Begriffe: Vergangenes, Wissen, Historie, Ewigkeit, mittlere Begriffe, ewiger Anfang, A3, Rotation, Einheit