Ich danke Dir sehr, daß Du mir einmal etwas Näheres über den Gang Deiner Gesundheit mittheilen wollen. So vorsichtig Deine Ausdrücke sind, glaube ich doch schließen zu dürfen, daß das Übel neuerdings in Abnahme ist. Ich zweifle nicht mehr, daß es mit Gottes Hülfe ganz verschwinden werde und bin überzeugt, daß 6 Wochen vollkommen hinreichen, dem einmal eingeleiteten Proceß soviel Unterstützung zu geben, als zu diesem Zweck nöthig ist. Die douche, so wirksam sie sich sonst in Verhärtungen aller Art zeigt, würde ich doch auch nur rathen, wenn der gewöhnliche Gebrauch des Wassers sich unzulänglich zeigte, was bis jetzt fürwahr! nicht der Fall ist. Dießmal scheint es Dich nicht einmal anzugreifen, noch magerer zu machen. Es soll mich besonders freuen, wenn Du noch stärker zurückkehrst als Du hingegangen bist. Ich hätte vielleicht allerdings besser gethan Dir gleich zu folgen, aber dann hätte ich eine lang zuvor beschlossne Einrichtung rückgängig machen müssen. Aber jetzt ist es auf jede Weise zu spät, da der größere Theil Deiner Curzeit (Gott sey Dank) vorbey ist und im Nothfall es nicht nur mir sondern auch Dir lieber ist, im wenn auch nur wieder auf 4 Wochen hinzugehn als jetzt in Einem Stücke 10 Wochen fortzufahren. Ich wollte mir einstweilen mit öfteren Baden helfen, aber nachdem ich es 2mal gethan und inzwischen auch noch gewaschen worden, hat sich an dem Kessel ein solches Loch eröfnet, daß die Sache unmöglich wird und von unsrem Hausherrn, der das Nöthigste unterläßt, kann man in solchen Fällen nichts hoffen. Ich bin der Wohnung nachgrade herzlich satt, da er alles im Verfall kommen laeßt und in keiner Sache den geringsten Zug thut. Auch die Kleidung der Knaben ist wieder in einem Zustand zurückgeblieben, von dem sich voraussehen ließ, daß er keine 14 Tage, geschweige denn 6–8 Wochen dauren könne. Zugleich bedaure ich sie bey der gegenwärtigen großen Hitze, und es bleibt nichts andres übrig, als ihnen die neuen Röcke auch für die Schulen zu geben. Kann ich doch nicht mit mehr Gleichgültigkeit sie zerrissen seh’n, als Du!
Die Witterung ist unbeschreiblich schön; fast kein Tag ohne leichte Strichregen, denen wieder die gedeihlichste Wärme folgt. Auch stimmen alle Nachrichten besonders aus Maingegenden überein, ein fruchtbares und weinreiches Jahr anzukünden. Diese Witterung ist auch für Deine Cur äußerst günstig, hoffentlich badest Du jetzt alle Tage oder doch 4–5 mal die Woche und wendest auch die Blasen wieder an.
Die neue Kronprinzessin von Schweden hat nun Baiern, wie es scheint, ohne sonderlichen Sang und Klang verlassen. Nicht einmal die gewöhnlichen Honneurs von den Behörden scheinen ihr erwiesen worden zu seyn, wenigstens verlautet davon nichts in den Zeitungen. Am war sie in Wirzburg, sich von der Kön˖[iglichen] Familie zu beurlauben über Mittag, aber I˖[hre] M˖[ajestät] die Königin so wie der Kronprinz waren durch Unbäßlichkeit verhindert der Tafel beyzuwohnen. Von den Ärzten des Herzogs von L˖[euchtenberg] hat Haberle und Dr. Wiedemann (aus Eichstädt) jeder eine jährliche Leibrente von 1000 fl. und außerdem eine brillantirte Dose mit 100 Duc˖[aten] jeder erhalten, Grossi, Fecke und Ringseis mußten sich mit den beyden letzten Geschenken begnügen. Den Nürnbergern sowie dem hiesigen Publicum wurde ein großer Strich durch die Rechnung gemacht, als am Abend die Nachricht ankam, daß S˖[eine] M˖[ajestät] der König, obiger Unbäßlichkeit wegen, am noch nicht antreffen würden. Schon den Tag zuvor war kein Wagen mehr in der Stadt zu haben, sogar die Heinlein’sche Familie wollte nicht zurückbleiben. Liederskron hat schon vor 4 Wochen allen seinen Zöglingen nur Fräcke machen lassen, und ist voll Ungeduld, diese, wie er sich schmeichelt, dem König vorzustellen. Die Meisten fuhren nun doch hin, wobey sich die Wirthe am besten standen. Die Kön˖[iglichen] Herrschaften sollten nun heute eintreffen, aber es muß wieder rückgängig geworden seyn, da ich hier keine besondre Bewegung sehe, und am Ende, wie auch schon verlautet hatte, eilt der König auf dem gradesten Wege nach München, ohne die schöne Beleuchtung zu seh’n, die der Stadt über 15000 fl. kostet, die Burg mit Weißfeuer erleuchtet, die Thürme der 2 Hauptkirchen, besonders aber das schöne Portal der katholischen Kirche sowie das Rathhaus mögen sich allerdings sehr schön ausnehmen, wenn die Beleuchtung noch statthat.
Bey Schuberts im Ulrich fand ich letzten Donnerstag auch noch einmal das Brasilianisch junge Paar. Die BambergerTanten waren an dem Tag hier, den ich in Nürnberg zubrachte. Nach Tisch (denn bey Tische wurde keine ### Reihe gemacht) sagte ich Fränzchen – versteht sich scherzhaft und herzlich –: ich meyne, sie hätte doch auch einen Fuß in meine Wohnung setzen dürfen, nur damit ich Dir hätte sagen können: hier hat Fränzchen gesessen; ich wäre überzeugt niemand hätt’ es ihr übel gedeutet. Nun war es, als ob einem vollen Faß der Zapfen gezogen würde, und die possirlichsten Entschuldigungen, eine immer unpassender wie die andre, strömten dem kleinen, lieblichen und in aller Beschränktheit liebenswürdigen Persönchen höchst ergözlich unter einander, von den Lippen, wobey sie von Zeit zu Zeit meine Hand nahm, und da ich, Deiner Warnung eingedenk, mich zurückhielt mit den schmelzendsten Accenten der verführerischsten jungen Frau, diese wieder forderte – kurz ich habe gesehn, daß die strenge, klösterliche Erziehung, wie sie besonders in katholischen Ländern zu Hause ist, das Feuer nur mehr zusammenhält und es desto ergözlicher, unbefangner, naiver und unwiderstehlicher macht, wenn es endlich Luft findet. Ich erwartete, noch vor einem zurückhaltenden, schüchternen Mädchen zu stehen, und siehe es war eine junge, in Worte und Bewegungen überstromende, Frau. Was der Mann, wenn er etwa von ferne lauschte, dazu gedacht haben mag weiß ich nicht; ihn hielt ich natürlich keiner Anrede darum werth. War es übrigens eine von München mitgebrachte Vorschrift, oder ein ihrem Mann entstandner oder von der Familie nur vorgeschobner Scrupel, daraus konnte ich nicht klug werden. Auf ihn scheint das Heyrathen oder das tropische Clima oder beydes zusammen (da schon eines allein hinreichend wäre) nicht vortheilhaft gewirkt zu haben. Sein Gedächtniß muß leiden, da er mir kurz zuvor erzählte Dinge bey Tisch wieder erzählte, und andre, von mir eben gelernte und erfahrne, als seine eigne der Gesellschaft preisgab, so wie über manche Dinge recht schöpferartig sprach, daß ihm Döderlein mit seiner trockenen Art mehr als einmal zurechtwies. – – ließ sich bey mir ein Herr Frommann melden, der sich nachher als der wohlstudirte und erzogne, übrigens zum Buchhandel bestimmte Sohn des JenaischenFr˖[ommann] auswies. Ich bat ihn dann auf Mittag mit Schönbein zum Essen, und gestern Abend war ich seinetwegen in einer (Nachtessens) Gesellschaft bey Döderlein. Wie ich immer vermuthet hatte, war Goethes Krankheit niemals eine Herzensentzündung, worüber jetzt die Ärzte viel leiden müssen, es war eine Unterleibskrankheit, von der er sich, zwar nicht durch Champagner wie die Zeitungen gemeldet hatten, aber durch einen Krug Creuzbrunnen selbst heilte, ohne weitern Nachtheil zu empfinden und ohne nach der Krankheit ein anderer zu seyn als zuvor Hätte man doch im J˖[ahr] statt nur zur Ader zu lassen, auch mit Creuzbrunnen mich behandelt! Hiebey fällt mir ein, daß wenn Du das EgerWasser noch nicht bestellt haben solltest, dieß nichts verschlägt und es füglich unterlassen kannst. Dagegen wünschte ich für Nothfälle allerdings einen kleinen Vorrath von Creuzbrunnen. Prof. Wilken, den Du in München gesehn hast, ist zu Berlin wahnsinnig geworden. Platen hat wieder eine Anzahl Ghaselen fertig, die er mir heute in der Handschrift gebracht hat, und die allerdings viel klarer, leichter, poetischer sind als die ersten. Er so wie alle Bekannte und Freunde empfehlen sich Dir bestens. Die Kinder sind wohl und grüßen auf’s Zärtlichste. Mit der Köchin bin ich vollkommen und in allen Stücken zufrieden.
Leb’ recht wohl, genieße der schönen Zeit und des unschäzbaren Brunnens mit aller Lust und Freudigkeit; doch mach' es nicht zu lang für unsre Wünsche. Grüße die Kinder und Julchen.