Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Herrn Director

von Schelling

in

Erlangen

fr˖[ey] Gr˖[enze]

No. 8

No. 15.

Mein theurer geliebter Freund!

Heute früh sind zwey liebe Briefe von Dir vom und zugleich in meine Hände gelangt und diese doppelte Freude hat mich schadlos gehalten, daß ich vorige Woche nur mit einem Brief mich begnügen mußte. Indeß ist bis jetzt keiner verloren gegangen, der vom kam nur etwas veraltet an. Ich freue mich daß ich Dir doch diesmal etwas entschieden Gutes von meinem Befinden sagen kann. Mitterbach ist durchaus zufrieden mit der Wirkung des Sprudels, der jetzt mehr wie im Anfang den Urin wirkt und weniger auf Ausleerungen, (ich meyne diesen glücklichen Wechsel Deinem guten Rath, vom innern Sprudel zu trinken zu zu schreiben). M˖[itterbacher] läßt sich den Urin immer aufheben und findet ihn saturös was ihm lieb sey, denn nur auf diese Weise könne man hoffen das Übel zu beseitigen. Ich bade jetzt regelmäßig einen Tag um den andern, und mir scheint wenn mich mein Gefühl nicht trügt, der Leib, wenn auch nicht entschieden weicher doch nachgiebiger und oben gegen die Rippen etwas vermindert ohngefähr so wie die frühere Wirkung des Kreutzbrunnens sich zeigte, auch fühle ich mich wie damals durch den Sprudel sehr belebt und erheitert und meine Kräfte haben ehr zu genommen, nun thue ich freylich auch alles sie zu schonen; was mir Mitterb˖[acher] durchaus befohlen, und die Meinigen sind so gütig mir auf jede Weise zu helfen und mich zu unterstützen.

Nun werde ich auch versuchen noch Deinen Rath und den Abend einen Becher trinken. Die Sprudel-Umschläge hat M˖[itterbacher] verworfen, er meynte sie würden gleich kalt werden und dann mehr schaden.

Durch den guten Polen hast Du nun mündliche Nachricht erhalten, ich hätte so gern den Kindern geschrieben und etwas geschikt; seine Abreise kam aber so plötzlich. Ich vermisse seine freundliche Gesellschaft auf den Spaziergängen beym Sprudel. Daß Paulchen um 4 hinaufgerückt, hat mich unendlich gefreut, küße ihn recht zärtlich, er solle mich mehr davon hören lassen. Ich wollte der Fritz wäre hier ich ließe ihn auch trinken, die Lina wird dick und fett dabey, und das kleine Mäuschen blüht wie ein Röschen; kann aber auch die beständigen Attaquen auf der Straße sich gar nicht erwehren. Sie hat ein zweites Zähnchen ohne daß man es merkte bekommen. Die Nachrichten von der Schwägerinn in St˖[uttgart] sind mir gänzlich unbegreiflich, ich glaubte sie im dritten Himmel schon des guten Karls wegen, ich kann es mir nicht anders erklären als daß ihre Magenleiden und ihr Zustand eine Art Geistesverwirrung ist, die sich bey der Niederkunft geben wird. Schreibe doch ja dem Karl und drücke ihm auch meine Freude aus, Du hast es ja von der Beate nicht zu erst gehört.

Die Badegesellschaft ist noch immer nicht interessanter geworden, wie wohl viel zahlreicher. Besonders ist beym Neubrunn das Drücken und Drängen schon eng. Zwey Gelehrte sind darunter, zeigen sich aber eben nicht sehr vortheilhaft aus – der Kirchenrath Schott aus Jena und das kleine komische Männlein, der Professor Clodius aus Leipzig , beyde tragen mir angelegentlich Empfehlungen auf. Letztern spreche ich fast alle Tage, und eine gewiße Lebendigkeit unterhält mich an ihm und noch mehr daß er immer von Dir erzählt und mit großer Freude. Er erzählte mir heute, Du hättest ihn immer geneckt »er hätte nicht einmal die Kraft krank zu werden.« Ich solle Dir nun sagen es wäre doch jetzt so. Er hat eine recht hübsche kleine Frau, der man die Education der Frau von der Recke anmerkt.

Nun adieu Geliebter! Ich habe heute mehr gethan als ich sollte; aber ich mußte mich einmal ausführlicher mit Dir besprechen, wann wird es mir wieder so wohl werden es mündlich zu können.

Pauline.