Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Herrn Director von Schelling

in

Erlangen

fr˖[ey] Grenze.

No. 9.

No. 17.

Das Wetter bleibt unverwüstlich schön, wenn man auch glaubt Gewitterwolken zögen sich zusammen, so heitert sich doch bald der Himmel wieder auf, und die Sonne behauptet immer wieder ihre Rechte. Hoffentlich genießest Du gehörig die schönen Tage, deren Einfluß ja immer wohlthätig auf Deine Gesundheit war, ich kann mich nicht enthalten Dich unaufhörlich zu uns zu wünschen, wenn ich mir gleich jetzt sagen muß, daß es unerfüllte Wünsche bleiben, ich meyne das innige Bestreben meiner Seele Dich herbey zu ziehn erleichtere mir das peinliche der Trennung, und ich glaube jetzt recht fühlbar zu verstehn, was ein magnetischer Raport seyn muß. und Nachmittag waren wir noch in Gesellschaft von Althanns, die uns am auffoderten auf den Jägerhaus mit ihnen Kaffe zu trinken und dann den Hirschenssprung zu besteigen und gestern als den letzten Tag mit ihnen auf den Posthof zu gehn von wo aus wir noch ein wenig auf den 4 Uhrweg gingen. Beyde mal war auch noch eine Familie von Buch aus der Uckermark mit von der Gesellschaft, gute Leute nur etwas trocken, empfänglicher für das was man ihnen giebt als daß sie selbst viel zur Unterhaltung spendeten; gegen die süddeutsche Lebendigkeit und Beweglichkeit der Gräfin Althann machten diese abgemessne Norddeutschen einen frapanten Abstich. Diesen Morgen sind Althanns abgereist, unbekannter weise haben sie mir die angelegensten Empfehlungen an Dich aufgetragen. Wir werden diese lieben Menschen gewiß vermissen.

Herr Mitterbacher unterbrach meine Unterhaltung mit Dir liebster Freund; und heute ist sie von Deiner Seite durch einen Brief nicht erwidert worden, also eine fehlgeschlagene Hofnung! – Mit meiner Kur fahre ich ununterbrochen aufs pünklichste fort, 3/4 auf 6 Uhr bin ich jederzeit am Platz und leere aufs gewissenhafteste 8 Becher, gehe dann spazieren, frühstücke, bade dann, und mache mir wieder eine Bewegung im Freyen, was ich nicht konnte. Die guten Folgen meiner Kur zeigen sich auch schon wieder, der Urin setzt wieder ab (wenn auch nicht so stark wie voriges Jahr) und ich empfinde deutlich, daß sich die zurük gebliebene Verhärtung verkleinert. Täglich erblickt man mehr Gesichter vom vorigen Jahr, meistentheils werde ich dann mit Staunen und Freude begrüßt; aber alle sind schon von meiner Auswechslung unterrichtet. Geheimeräthin Neimann aus Berlin versicherte mir heute, Mitterbacher hätte ihr gleich gesagt wie sechzehn Jahr würde sie mich finden. Ich wünschte es für Dich, es wäre wahr, da ich Dir immer zu alt bin. Auch Fanny Caspers sah ich heute aber bis jetzt nur noch in Vorüberfahren, sie ist mit der Fürstin Grasalkowitsch gestern gekommen, und wußte wahrscheinlich noch gar nicht, daß ich hier bin. Den gestrigen schönen Nachmittag nachdem es um Mittag etwas geregnet hatte benutzten wir nach dem Dörfchen an der Eger zu gehn wo man sich nach Dallwitz zu übersetzen läßt. Buchs und Minchen Mitterbach hatten uns abgehohlt, die Kinderchen fehlten natürlich nicht, kaum hatten wir uns aber ein wenig an dem Ziel unsrer Reise ausgeruht, so zogen so schwarze Wolken sich zusammen, daß wir nach Hause eilten, und kamen auch glücklich ehe das Gewitter ausbrach, unter Dach und Fach, auch zeigte sich am Ende das Gewitter nicht so furchtbar als der pechschwarze Himmel erwarten ließ. Diesen Morgen wie ich mit der Lina auf der Wiese ging, haben mich auch meine Hausgenoßen sehr höflich angeredet, sie scheinen beyde sehr gebrechlich, Er ist sehr alt und schwach und sie hat die entschiedene Brustwassersucht, und jeden Tag, den sie erlebt ist ein Geschenk für ihre Familie, wie mir Eglofstein erzählte, da noch keins der Kinder versorgt ist. An der Lina mit der ich ging (Julchen schlief gerade) fanden sie groß Wohlgefallen und luden sie sehr ein, sie zu besuchen. Die kleine Julie fährt noch immer mit ihren Späschen fort, sich für den Paul auszugeben, auch hat sie jetzt wieder ein Wort mehr gelernt sie sagt – gute Mama, gute Tata pp und spricht sehr deutlich aus. Heute hat sich der Mitterb˖[acher] sehr amüsirt wie sie ihm gezeigt hat wie der Papa schnupft. Von ihrer Pathe Schubert spricht sie auch viel und verlangt oft zu ihr. Erzähle es ihr doch, es wird ihr Freude machen und grüße sie herzlich wie auch Pfaffs und Buch es ###. Von der guten Mutter aus G˖[otha] haben wir so lange keine Nachricht, daß wir fast ihretwegen in Sorgen sind, besonders ist Julchen sehr ängstlich sie möchte krank geworden seyn, daß ich immer zu trösten habe, da ich doch glaube ihr Schweigen ist nur zufällig, wenn aber der morgende Posttag auch kein Brief bringt, so wird es mir doch bedenklich. Nun hoffe ich bald zu vernehmen wie Deine große Reise nach N˖[ürnberg] abgelaufen ist und ob Du Dich gut unterhalten, unstreitig warst Du auch bey Raumer? –

Lebe nun wohl lieber theurer Freund! sey recht heiter und gesund, und freue Dich nur halb so sehr wie ich mich, auf ein baldiges Wiedersehn; aber dann versichere ich Dich, soll mich nichts mehr in der Welt von Deiner Seite bringen. Grüße und küße die lieben Kinder, sie sollen die Schwalben nicht verjagen, denn die bringen Glük.

P.