An
Frau Directorin von Schelling.
aus Erlangen
in
Carlsbad.
im weißen Hirsch.
fr˖[ey] Gr[än]ze.
No. 12
No. 20.
Donnerstag .
Dießmal, liebes Herzchen, mußt Du mit einem kürzeren Brief vorlieb nehmen. Ich weiß nicht, warum ich dießmal Deinen Dienstag-Brief erst am erhalten habe. Du hast ihn doch gewiß zu rechter Zeit auf die Post gegeben. Vielleicht war die Verwirrung daran schuld, die jetzt in Nürnberg seyn mag, wohin gestern zu Wagen, zu Roß und zu Fuß mit Post- und Lohnkutschern alles strömte, was nur Mittel dazu hatte, um die Ankunft des Königs und die Beleuchtung zu sehen, welche aber nun wie ich höre erst heute stattfinden soll. Heute früh’ um 4 Uhr kam Liederskron mit seinen 14 Zöglingen auf seinem Schweizerwagen zurück, die meisten andern scheinen aber geblieben zu seyn. Schade daß heute das Wetter trüb und regnerisch ist. – Die Kinder sind trefflich wohl, und wenn Paul nicht schreibt, mußt Du es ihm zu gut halten, da er gegenwärtig voll Eifer ist, die schwere Lehre von den Participien vollends zu begreifen, von der er sich vorstellt, diese wenigstens werde er vor Dir voraushaben, weil sie doch unmöglich auch im Französ˖[ischen] so vorkommen können. Gestern mußte er schon um 8 Uhr in die Schule, damit die Herrn Lehrer um 10 Uhr bequem nach Nürnberg können – heute ist der ganze Tag frey. Ebenso in Frizens Schule, wo die Schüler aufgeschrieben wurden, die nach N˖[ürnberg] zu gehen gesonnen wären, um in Masse dahin zu marchiren. Gestern Abend machte ich ihnen große Freude – mit einer
Kleine Probe ihrer geistreichen Gespräche. (Ein Gewitter stand am Horizont).
Paul: Dort steht ein Gewitter angeschrieben. Friz: Auf blauem Papier (sich verbessernd:) mit blauer Dinte.
Ich danke Dir herzlich für Deine ausführlichen Nachrichten. Freylich können sie mir die Leere, die ich empfinde, nicht ersetzen. Unsern werden wir auch dieses Jahr nicht zusammen feyern. Doch hoffe ich, Du wirst es nicht zu lang’ machen. Mitterbacher ist doch einverstanden, daß Du 8 Becher trinkst? Ich fürchte immer, Du thust zu viel, besonders da Du erst um 1/2 6 Uhr zum Sprudel kommst und um 8 Uhr, wie Du schreibst, schon wieder bey’m Frühstück bist. Auch wünsche ich, daß Du doch nicht zu anstrengende Spaziergänge vornehmest. Je mehr sich das Übel seinem Ende nähert, desto mehr wünsche ich, den stillen, langsamen Gang, mit dem die Natur alles bewirkt hat, nicht übertrieben beschleunigt. So lang’ Du aber fühlst, daß Deine Kräfte beym Gebrauch zunehmen, ohne ungewöhnlich gereizt oder montirt zu seyn, fahre nur immer fort! Hüte mir nur die Kleine recht, besonders auf den Bergwegen und grüße mir recht herzlich mein liebes Linchen. Karl’n habe ich gleich wieder geantwortet. Gott erhalte Dich gesund und gebe Dir alles mögliche Gedeih’n!
Leb’ recht wohl, schreibe ja regelmäßig und pünctlich, da ich so leicht und schnell besorgt bin. Grüße Julchen.