An
Herrn Director von Schelling
in
fr˖[ey] G˖[renze]
No. 18
No. 34.
Carlsbad den .
Immer gleich gute Nachricht kann ich Dir, liebster Freund! von meinem Befinden geben. Die Beßerung schreitet langsam; aber sie bleibt nicht stehn das fühle ich deutlich und so denke ich Ausdauer und Geduld werden endlich den Sieg davon tragen. Die weichen Stellen am Leib breiten sich immer mehr aus und was mir besonders lieb ist, ich empfinde nicht blos oben eine Abnahme, (was mir ja auch der Marienbrunnen bewirkte) sondern auch ganz unten ist es etwas geschwunden gleichsam im ganzen Umkreis, das ist natürlich nicht für’s Auge, nur für das Gefühl bemerkbar, da die Ausdehnung nach vorne noch so zimlich dieselbe geblieben, für meine Empfindung ist es aber eine große Erleichterung da er mir jetzt beyweitem nicht so arg auf den Beinen aufliegt wie früher. Ich weiß nicht ob ich Dir geschrieben, daß ich schon seit einiger Zeit oft etwas Blut mit Schleim vermischt durch den Stuhlgang verliere, Mitterb˖[acher] meynte es wäre auch als günstiges Zeichen anzusehn daß der Sprudel in die kleinsten Gefäße bey mir dränge. Die Bäder finde ich zeigen sich besonders auch wirksam bey mir, ich versäume daher nie regelmäßig über den andern Tag eins zu nehmen. Nun will ich auch etwas versuchen, was auf Deine Vorschläge mit den Sprudeltüchern hinaus läuft und was mir eine Preusinn als sehr wirksam bey einer Leberverhärtung ihres Bruders gerathen – nehmlich im Bade eine Rindsblase mit Sprudel gefüllt so lange man es aushalten kann auf dem Leib zu legen, da der Rath aber von einen auswärtigen Arzt kommt will ich es erst M˖[itterbacher] sagen wenn ich es einmal versucht habe. Er besucht mich so jetzt sehr selten da er viele bedeutende Kranke jetzt hat, wie es überhaupt den hiesigen Ärzten dieses Jahr schlimm geht, indem schon sehr viele Menschen gestorben sind. Du weißt ja, von Alters her, was für ein panischer Schrecken dann unter sie fährt. Die schöne Witterung die heftige Gewitter stunden weise nur unterbrechen, verführt die Menschen sich weniger streng an die Badediät zu binden; ich laße mir für meine Personn nicht zu schulden kommen; denn wo bey Gelegenheit eines solennen Balles auf dem Posthofe dem ein reicher Pohle seinen Landsleuten gab das ganze Töpelthal vom Posthof bis zum Neubrunnen erleuchtet war habe ich um 9 wie gewöhnlich im Bette gelegen und von der ganzen Herrlichkeit mir heute früh nur am Brunnen erzählen lassen, wo ich aber auch halb 6 Uhr schon den ersten Becher schlürfte.
Seit einigen Tagen ist auch der Herr von Schüz im Land oder viel mehr ins Bad gerückt, wie mich dünkt an Leib und Seele noch mehr verknöchert wie sonst. Er macht sich sehr an den preusischen Minister Voß an, dieser wohnt hier in der Auferstehung, der Minister Schukmann dagegen in Marie Hilf was zu vielen Bon mots Anlaß gab. Schütz empfiehlt sich, wie auch ein gewisser Magister Götz der sich sehr Deiner genauen Bekanntschaft rühmt ob mit Recht oder Unrecht weiß ich nicht. Da fällt mir ein daß ich neulich von der Clodius einen sehr freundschaftlichen Brief erhielte.
Nun muß ich Dir noch erzählen, liebster Freund! daß ich das Herz gehabt habe, ohne vorher Dein Gutachten ein zu hohlen unser liebes kleines Kind zu entwöhnen und daß sie sich vortreflich hinein gefunden hat, und eben so vergnügt jetzt in ihre Händchen patscht wenn früh um 5 Uhr ihre Milch erscheint als wie sonst wenn die Amme das Mieder öffnete. Ich hatte es mir schon lange vorgenommen so bald die Mutter weg wäre und Julchen und ich uns ungestört der Sache widmen könnten, weil das Kind in der letzten Zeit jedes mal wenn die Personn ihre Reglen bekamm nicht so frisch wie sonst war. Natürlich habe ich mir eine Kuh in der Nachbarschaft ausgemacht, daß sie immer gleiche Milch bekömmt, und den Mittag lasse ich kalbfleisch zu einer Suppe für sie kochen. Wenn Du nur sehn könntest wie verständig sie mit uns am Tische ißt! –
Nun ist es aber Zeit, daß ich schließe. Küße die lieben Jungen 1000 mal und nimm sie jetzt recht in Acht. Aprikoßen Reneclode und überhaupt alle Frühpflaumen so wie auch die Sommerbirnchen sind am gefährlichsten für die Kinder und erregen gar zu leicht abweichen und Ruhr. Dagegen unterlasse nicht Dir Aprikoßenkompot kochen zu lassen da sie dieses Jahr so besonders schön sind. Nochmals das innigste zärtlichste Lebewohl von Deiner leider Dir so fernen
P.
Unsre Freunde vergieß ja nicht immer herzlichst von mir zu grüßen.