An
Herrn Director von Schelling
in
frey Grenze.
No. 6.
No. 11.
Dienstag den .
Thue es mir doch nicht zu leide, liebster Freund! daß Du am Freytag schreibst, es verrückt mein ganzes Concept, Du hast ja doch immer den Dienstag Brief zu beantworten, und es ist auf jeden Fall beßer eingetheilt, denn sonst, schreibst Du am Freytag, bleibt Dir für Montag kein Brief zu erwiedern, lasse also meine Bitten eine gute Statt finden und beharre auf Montag und Donnerstag zu den bestimmten Posttagen, Du müsstest denn Freytag auch schreiben wollen was ich mir alsdenn schon gern gefallen lasse; wozu Du aber schwerlich Lust haben wirst, da es Dir immer an Stoff mangelt, Du mußt mir schon erlauben im Stillen ein wenig darüber zu lächeln, ein homme de lettres sollte nun nie in diese Verlegenheit gerathen und schmeichelhaft ist es besonders nicht für mich. Mir, die aber freylich nur petits riens Dir vorzutragen habe, geht es gerade umgekehrt, ich könnte den ganzen Tag Dir vorplaudern und würde nicht fertig. Heute habe ich schon wieder 4 Becher getrunken, auch bin ich wieder ganz wohl, die wärmste Sonne begünstigt uns und wir genießen so viel wir können die schöne Witterung worüber sich Niemand mehr freut als unsre Kleine, die alle Tage breiter und röther wird und jeden Morgen zu großer Verwunderung und Ergözlichkeit der alten Brunnenfrau ihren halben Becher Theresienbrunnen mit vielem Anstand leert, auch Linchen braucht regelmäßig ihre Kur und befindet sich sehr wohl dabey. Am Sprudel hat endlich das Bauen ein Ende und die Balken des Gerüstes waren heute weg genommen an denen man immer fürchten mußte sich das Gehirn einzustoßen bey jedem Becher den man sich füllen ließ, wenn nun auch honnête Gesellschaft hin käme, ich wandle immer noch allein unter lauter Spitalmännern. Am Neubrunn sind aber noch die Handwerksleute in voller Beschäftigung ihn aufs Schönste her zu richten. Die Decke erhält eine himmelblaue Farbe und die Säulen werden gelb angestrichen. Der Geruch aber der Tünche und der Öhlfarbe ist für die Geruchsnerven, wenn sie auch weniger empfindlich sind, wie die von Napoleon, unerträglich, und Jedermann beschwert sich.
Mittwoch den .
Mitterb˖[acher] unterbrach mich , er brachte mir Grüße von Fleischmann, von dem er über einen Patienten gefragt worden ist, dem er aber C˖[arlsbad] nicht rathen kann. Wir besuchten dann wieder Findlaters Tempel, es ist der angenehmste Weg in der Wärme mit den Kindern. Oben fanden wir eine größere Gesellschaft unter andern eine Frau von Schönberg aus Sachsen mit ihrer Familie – zwey sehr hübschen jungen Mädchen und zwey Knaben die mich besonders intressirten da der jüngste in Pauls Alter ist und beyde sehr lebendig und geistreich aus den Augen sehn, dabey sehr bescheiden und wohlgezogen sind. Die Sehnsucht nach meinen beyden lieben Buben ist lebhaft bey mir erwacht und am Ende versäumten sie wenig zu Hause zu mal der Fritz, ich glaube Dir gern daß es Mühe kostet ihn auch zu einer kleinen Anstrengung zu bringen, seine Trägheit geht ins unglaubliche und hätte er nicht den guten Kopf so würde er gar nichts lernen, denn die Erlanger Schule nährt nur seine Faulheit, ich glaube nicht, daß uns etwas anders übrig bleibt als ihm wenn auch nur wenige Jahre wo anders hin zu schicken. Hast Du Buchers nicht vielleicht irgend einen Auftrag gegeben? –
Daß Du Jenisch Brief nicht finden kannst, begreife ich nicht? vielleicht steckt er hinter der Schublade. Die Summe weiß ich auswendig – 147 fl. 48 kr. Es wäre doch gut wenn Du bald Wein bestelltest, damit die warme Jahreszeit nicht heranrückt, man verspricht sich einen sehr heißen Sommer. Den kleinen Leutchen nach Leipzig will ich so bald es mir möglich ist Nachricht von hier aus ertheilen, Muße zum Schreiben bleibt mir aber wenig, da ich bade und 3 mal spazieren gehe, und die Zeit die mir dann noch übrig bleibt widme ich natürlich am liebsten Dir. Eben kommen wir von
Donnerstag den .
Unter heftigen Gewitter, bin ich heute erwacht, dem ein erquicklicher Regen gefolgt ist wo nach sich Pflanzen und Menschen sehnten, so schwül war schon seit mehrern Tagen die Luft. Trotz des Regens habe ich die letzten Becher am Sprudel mir selbst gehohlt. Der Graf Eglofstein aus Berlin war da (er stammt auch aus Franken oder viel mehr von den Eglofstein was Du so liebst), vor
Freytag den .
Mit großen Entzücken empfing ich heute Deinen lieben ausführlichen Brief vom , natürlich waren die beßern Nachrichten Deines Befindens meinen Herzen die liebste Speise. Mit großer Ungedult sehe ich nun die Antwort auf meinen Vorschlag noch hier her zu kommen entgegen und das wird dann mein Entschluß wegen der Länge unseres Hierseyns erst bestimmen.
Heute füge ich nichts mehr hinzu als das zärtlichste Lebewohl. Raum und Zeit fehlen mir zu mehreren. Die Kinderchen sind wohl und artig, Dein kleiner Liebling begehrte heute ziemlich ungestüm Bleistift und Pappier und sagte dann ohne alle Veranlassung – Papa. Papa. Julchen grüßt bestens, und ich bitte um ein Gleiches beym schönen