Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

Director Schelling

München

No. 16.

Dein letzter Brief, liebes Kind, hat mir große Freude gemacht, weil er so heiter, mit so vielem gutem Muth geschrieben ist. Besonders freut mich Dein Unternehmungsgeist und daß Du wohl das Herz hättest, auf einige Tage hieher zu kommen. Wie kannst Du nur fragen, ob mich dieß freuen werde? Nur von dem Wie kann die Rede seyn. Hierüber denn Folgendes!

Der Wagen, der Stengels abholt, geht nächsten in aller Früh’ von München ab. Allein Herr von Stengel ist nicht in München und so läßt sich durch diesen nichts vermitteln. Der Kutscher ist der Lampel in der Prangergasse. Wolltest Du die Gelegenheit benutzen, mir das Nöthige, besonders Wein Kaffee p Tabak zu schicken, so müßtest Du dieß schon ausmachen, und Dienstag Abend schon die Sachen hinschicken, denn es geht in aller Früh. Wolltest Du ihn benutzen um selbst zu kommen, so wäre das freylich die beste und schönste Gelegenheit. Indeß ist zu bedenken, daß Du den Lambel doch auch und vielleicht nicht viel weniger als einen eignen Kutscher bezahlen müßtest – es sind arge Leute. In dieser Hinsicht überlasse ich daher alles Deiner eignen guten Beurtheilung, wie Du denn auch Rücksicht auf das Wetter nehmen mußt denn auf ein Paar Regen- oder halbschönen Tage, nach Schlehdorf kommen, lohnt doch nicht die Mühe. Sonst dächte ich gäb’ es noch andre Mittel und Wege. Ich will Dir einige vorschlagen. Wenn Du allein mit den 2 Buben gehst (warum solltest Du es nicht wagen?), so bin ich überzeugt, daß es der Einspanner übernimmt, besonders wenn er hier 1–2 Tage ruhen kann, und daß dieß nicht zu hoch kommt, denn es ist zu bedenken, daß die Rückfahrt von hier mit Waizinger oder dem Wirth in Kochel Dich gewiß so hoch als eine Münchner Gelegenheit kommt. Eine Lustpartie nach Schl˖[ehdorf] ist immer der Mühe werth und ich sollte daher meynen, Du könntest immer eine Gesellschaft von mehreren Personen zusammenbringen um mit einem ordentlichen Kutscher hieher zu fahren. Dritter Vorschlag. Wenn Herr oder Frau von K˖[erstorf] Dich erst nach Andex nähmen, so könntest Du von dort an einem schönen Tag gar leicht mit dem Schweizerwägelchen herfahren, K˖[erstorfs]’ wollen ohnedieß mich besuchen, Du nähmst das Wägelchen dazu, auf dem sie ihre Kinder packen könnten, Dich nähmen sie mit im Wagen und mir wäre sehr angenehm, wenn Du zugleich hier wärst, um gewissermaßen die Honneur’s zu machen. Doch es versteht sich daß dieß ungesucht und wie von selbst sich machen müßte.

Wenn Du nun auch kommest (und ich hoffe gewiß, daß Du kommst) so richt’ es so ein mit den Kindern im Closter zu wohnen. Die Paar Tage werd’ ich doch nicht arbeiten sollen und da Du sonst nichts mitzunehmen hast, kannst Du leicht Betten für Dich und die Kinder mitbringen.

Nun noch Eine Bitte! Ich werde auf jeden Fall über die 6 Wochen hier bleiben. Deßhalb wünscht’ ich sehr, Du giengest Einmal (was ohnehin nöthig ist) nach Haidhausen um den ältern besonders aber dem Prof. Langer gute Worte zu geben, daß er die etwaigen Geschäfte noch 8–14 Tage länger für mich versucht. Auch Schlichtegroll sage, ich hoffe er werde mir keine querelle darüber machen, wenn ich ein wenig über die Schnur haue. –

Kommen also, mein Herz, sollst Du auf jeden Fall, nur wie Du es am besten einrichtest überleg. Der Herbst ist nicht so schön wie der erste Frühling – aber er ist doch auch wunderschön in Schlehdorf. Im ganzen Thal wird noch Grummet gemacht, alle Wiesen füllt das Vieh, des Abends das Thal mit seinem Gebrüll erfüllt. Man kann nichts Idyllischeres sehen. Das Herbst-Äquinoctium hat sich sehr gut gehalten, ich verspreche mir noch recht schöne Tage, die letzten konnten nicht schöner seyn.

Nun leb’ recht wohl; ich halte Dich fest bey Deinem Worte, daß Du her kommst – was werden die Kinderchen, was wirst Du Dich freuen! Gott segne Euch!
Dein
tr˖[euer] Fr˖[eund]

S.

N.S.

Sieh zu, ob Du dem Kutscher die Sachen mitgeben kannst als für Frau von Stengel bestimmt, ohne meinen Namen zu nennen.