An
Herrn Director von Schelling
in
fr˖[ey] Grenze.
No. 15
No. 28.
Freytag den
Liebster bester Freund!
Am erhielte ich Deine beyden lieben Briefe von und zu gleicher zeit. Im letzten bist Du so gütig mir noch längern Urlaub zu ertheilen, aber auf keinen Fall nehme ich Dein freundliches Anerbieten, so viel Mühe Du Dir auch giebst mich zu überreden, daß Du Dich in vieler Hinsicht angenehmer in meiner Abwesenheit befindest, an; denn ich weiß doch, wie es zu nehmen ist und wäre ein längerer Gebrauch des Sprudels mir durchaus nöthig so würde ich vorziehn im mit Dir noch einmal hier her zu gehn, wo doch Deine Gesundheit auch einen Nutzen davon zöge, die mir wirklich mehr wie meine eigene was auch nicht mehr als billig am Herzen liegt. Es bleibt also dabey daß ich von hier abreise, in mein nächsten Brief bin ich vielleicht im Stande Dir genau den Tag zu melden. Ich ziehe vor um frische Pferde zu bekommen einen hiesigen oder Egerer Kutscher zu nehmen. Horntasch habe ich auch nichts versprochen, er hatte sich nur angeboten. Mit meinem Fuße geht es wieder gut doch bin ich noch nicht wieder ausgegangen weil ich die Feuchtigkeit davon noch ein wenig scheue, und das Wetter seit Dienstag abscheulich ist, ununterbrochner Regen und Kälte, ein gewaltiger Abstig gegen die frühern schönen Tage, auch ist der Himmel noch so umzogen, daß man kein Ende recht absieht. Ich befinde mich aber trotz des Zuhause trinkens vollkommen wohl und Mitterb˖[acher] der vor einigen Tagen meine Verhärtung untersuchte, meynte sie schiene ihm fast um die Hälfte sich verkleinert zu haben seit ich hier sey, das wäre also vortreflich und sicher kann ich auf eine bedeutende Nachwirkung rechnen bey meinem pünktlichen und strengen Gebrauch.
Die Kinderchen sind frisch und wohl, die Kleine rief auch heute, wie ich Dein lieben Brief von erhielte, gleich »Papa! bom! Ew!« Natürlich wird sie Dich gleich kennen. Es ist gar so ein gescheutes Dingelchen mit der man ganz vernünftig sprechen kann. Ich behaupte es haben sich noch manche Erinnerungen vom hier wieder bey ihr erneuert, wenigstens zeigte sie sich gegen alte Bekannte besonders freundlich. Zum Todtlachen war es, wie besonders in den ersten Tagen alle Augenblicke gute Freundinnen von ihr, die wie sie sagten Fräulein Juli sehn wollten, meist mir völlig unbekannte Bürgermädchen, bey uns sich melden ließen. An die Pathe Schubert denkt sie ganz besonders viel. Lina ist auch recht artig, ich habe sie öfters lesen lassen, und sie hat sich sehr darinn verbeßert.
An Unterhaltung hat es mir, seit ich das Zimmer hüte, nicht gefehlt, mehrere meiner Bekannten haben mich immer aufgesucht, besonders ließen es sich die Gr˖[afen] Eglof˖[stein] angelegen seyn mich fleißig zu besuchen. Karlsbad füllt sich jetzt mit ein mal gewaltig, für den ist fast keine Wohnung mehr zu bekommen, besonders erwartet man viele kleine Fürstlichkeiten. Die Herzogin von Cumberland ist seit hier. Ihr Bruder der Prinz Karl von Strelitz soll Sprünge im Zimmer herum gemacht haben über die Veränderung die mit mir vorgegangen ist, wie mir Mitterbach neulich erzählte.
Was Du mir von den Kindern sagst, besonders was Paul betrifft habe ich mit innigen Vergnügen gelesen, ich stimme Dir ganz bey, daß er viel Fähigkeiten besitzt und im Ganzen gut und sehr lenksam ist; aber das letztere macht ihn auch leicht verführbar, und erfüllt mich deshalb oft mit Sorge für ihn. Das Beyspiel thut bey Paul ungemein viel. Dein Urtheil über Fritz ist nur zu wahr, der Himmel gebe daß ihm eine scharfe Schule wird.
Der Himmel eröfnet noch immer alle seine Schleußen, hoffentlich beßert sich das Wetter bis zur nächsten Woche, zur Reise wäre es wenig erwünscht. Unsre Hausgenoßen haben uns schon vor einigen Tagen verlassen, und ich kann ihre zuvorkommende Höflichkeit wenn wir uns irgend wo begegneten nicht genug rühmen. Dem Herrn General sprach ich in der letzten Zeit alle Morgen am Sprudel. Nun werden Wiener in der ersten Etage erwartet.
Keine Rosen mehr in E[rlangen] zu finden beklage ich, hier kommt man so um allen Blumengenuß, und ich muß mich nur begnügen in der
Lebe wohl geliebter, theurer Freund! Die Kinderchen küßen Dir die Hände und Julchen grüßt bestens. Meine zurückgebliebnen Küchelein küße und herze von mir, und empfiehl mich allen guten Freunden. Mit zärtlicher Liebe die Deinige
Pauline.