An
Herrn Director von Schelling
in
fr˖[ey] Grenze.
No. 13.
No. 23.
Donnerstag den .
Am erhielt ich Deinen lieben Brief, bester Freund, das liebste was mir an diesen Tage entfernt von Dir geschehn konnte. Ich wollte den Tag recht angenehm mit meinen Kinderchen zu bringen und dachte mir deswegen für den Nachmittag einen Spaziergang auf den Dreykreutzberg aus, wo ich den Caffe trinken wollte, eine dépense die ich mir dieses Jahr noch nirgends erlaubt hatte, ein Gewitter zur Mittagszeit vereitelte aber den schönen Plan, und der heftige Platzregen, der drauf folgte, hinterließ eine solche Überschwemmung, daß ich nur mit Julchen ein wenig den Schloßberg hinauf laufen konnte, wie wir nach Hause kamen, fanden wir Fanny bey den Kindern und 2 junge hübsche Fräuleins Pflegetöchter der Fürstin Grassalkowich und der Herzogin Acarenza die sie mit gebracht, die muntern Mädchen unterhielten uns recht angenehm einige Stunden. hatte sich die Schwüle der Luft noch nicht verloren und einzelne kleine Gewitterregen machten einen entfernten Weg nicht rathsam, wir waren also aus Besorgniß frühzeitig unter Dach und Fach, Mitterb˖[acher] der jetzt selten sich sehn läßt da seine Geschäfte sich häufen, besuchte uns, und ich nahm die Zeit wahr, ihn über meine Abreise zu befragen; er hat mir nun entschieden versprochen, mich mit 8 Wochen zu entlassen, also ist heute über 14 Tagen meine Zeit abgelaufen. Es ist ein ganz besonders angenehmes Gefühl, das Ziel seiner Wünsche festgesteckt zu sehn. Auch Minchen Mitterb˖[acher] erschien gestern noch ganz spät um aus unseren Fenstern die brillante Nachtmusik die unsern Nachbar den Prinzen von Strelitz gebracht wurde zu hören. Wir haben dergl[eichen] Vergnügen hier auf dem Markt aus der ersten Hand; für Lina und Julchen ist es jedesmal ein Fest. Eine merkwürdige Personn ist seit gestern am Neubrunn erschienen der berühmte Mordbrenner Rostopsin, eine große zimlich starke männliche Gestalt mit einem ungeheuren breiten blassen etwas gedrückten, wirklich colossalen Gesichte, höchst auffallend in seinem ganzen Äußern. Mir zeigte ihm die Gräfin Fritsch aus Weimar (Hofdame der Großfürstin) die ich öfters sonst bey Ziegesars gesehn hatte, und die mir jetzt eine angenehme Unterhaltung am Sprudel ist, weil sie mir manches von Weimar zu erzählen weiß, und auch sonst einen schnellen Verstand besitzt, wie die Personnen ihres Wuchses, dabey aber einen hübschen Kopf. Von Goethe wußte sie nicht viel, seine Schwiegertochter hätte ihr erzählt, er würde nicht nach einem Bade sondern wahrscheinlich Dresden und Prag besuchen, dagegen beauptete eine
Freytag den .
Heute habe ich gewißer Ursachen wegen den Brunnen ausgesetzt, mich aber doch wie gewöhnlich am Sprudel gezeigt, um der Fragen der Herrn wegen meines Ausbleibens zu entgehn, auch ist mir der Genuß der frühen Morgenluft fast unentbehrlich geworden. Kaum war ich vom Sprudel zu Hause, so wurde mir mit dem Frühstück zu gleich Dein lieber Brief vom gebracht, auch die Besorgniße über das Befinden der lieben Mutter verscheuchte ein langer Brief von ihr. So wurde mein Herz auf vielfache weise auf ein mal erfreut und beglückt. Umbeschreiblich dankbar bin ich Dir liebster, theuerster Freund! für Deine lieben ausführlichen Briefe, die mich wenigstens auf Augenblicke an Deine Seite zaubern. Dein Antagonist der Herr von Buch ist gewiß der Bruder unseres Bekannten, denn die Frau erzählte mir von einem Schwager, der Geognost wäre und das ganze Jahr zu Fuße die Welt bereise, und die ganze Familie obgleich brav und verständig ist vom Kopf bis zur Sohle ganz Prosa, und die ganz prosaischen Menschen sind jedes mal der Naturphilosophie Feind weil sie ganz über ihre Spähre hinaus geht. Ich habe immer lachen müssen wenn die Frau und die Schwägerin ihre
Mit der Nachricht der Erlanger Kirschen hast Du der Tochter und mit der der grünen Bohnen der Mutter den Mund wäßrig gemacht. Für den Wein, ja selbst für den Steinwein habe ich entfernt von Dir keinen Sinn, und mit Dir und bey Dir schmeckt er mir, ich bin erst an der dritten Bouteille. Die kleine Julie hat ein allerliebstes gescheutes pfiffiges Mienchen gemacht wie ich ihr vorlas, Du ließest dem kl˖[einen] Paul grüßen, und wie ich sie frug wer ist das? antwortete sie »ich ich« Ein Wörtchen deßen sie sich jezt oft bedient, sonst den Kindern ihres Alters ganz fremd.
Die böhmische Luft bekommt dem kleinen Dinge vortreflich, es wird einem gefüllten Täubchen immer ähnlicher, auch Lina ist blühend. Die Nachricht von Klärchens Krankheit hat mich doch ein wenig erschrekt
Leb nun wohl geliebter Freund! küße viel mals die guten Kinder von mir Julchen grüßt herzlich, ich bitte bey allen Bekannten um ein Gleiches.
P.
Unsern würdigen Nachbarn bitte ich für Ihre Theilnahme meinen innigen Dank zu sagen.