An
Herrn Director von Schelling
in
frey Grenze.
No. 30
No. 53.
Karlsbad den .
Ob Du mir gleich, liebster Freund! in Deinem heute erhaltenen Brief vom so liebevoll zusprichst die 4 Wochen hier zu bleiben, so kann ich doch nicht anders als auf meinem Dir schon mitgetheilten Entschluß zu beharren, abzureisen. Aus Deinem vorher gehenden Briefe habe ich zu deutlich abnehmen können, welche Unannehmlichkeiten eine längere Abwesenheit von meiner Seite für Dich nach sich zögen. Auch fühlte ich das sehr gut schon selbst, und die Bedingung meines längeren Bleibens war deswegen immer nur Dein Kommen, da das nicht seyn kann, vermag mich nichts mehr zu halten. Du bist den ganzen schönen so gefesselt ans Haus gewesen, um mich meine Kur recht ungestört brauchen zu lassen, daß es unverantwortlich mir scheint wenn ich nur an meine Gesundheit und nicht auch an die Deinige jetzt denke der eine kleine Zerstreuung gewiß Noth thut, und nicht in den trüben sondern noch bey heitrer Witterung. Sollte es wirklich meine Gesundheit erfordern noch einen Theil des hier zu zu bringen, so kann ich ja alsdann früher hier her reisen. Ich gestehe Dir aber, daß es mir jetzt nach so einer langen Abwesenheit unmöglich ist, mir den Gedanken einer neuen Trennung wieder lebhaft vor die Seele zu bringen, laß also dies, bis wir es mündlich verhandeln können, auf jeden Fall muß man ja doch erst sehn wie einige Wochen der Ruhe auf mich wirken, doch verspreche ich Dir noch mit M˖[itterbacher] darüber zu reden, er hat wohl zuweilen flüchtig hingeworfen »ach wenn Sie doch den Winter hier bleiben könnten« aber immer nur sehr schwankend, weil er natürlich eine entschiedene und völlige Herstellung nicht versprechen kann, so hat er auch immer früher mir selbst die Länge meines hiesigen Aufenthaltes überlassen, und mich immer nur von Zeit zu Zeit gefragt »Wie lange wollen Sie noch bleiben?« Du kennst ja die Ängstlichkeit der hiesigen Ärzte und ihre große Sorge die Celebrität ihres Bades nicht zu verscherzen. Er hat mir gesagt, er würde Dir selbst schreiben und ich werde ihn ausdrüklich bitten Dir auch über diesen Punkt seine Meynung mit zu theilen.
Seit habe ich wieder getrunken und mich recht wohl dabey befunden, in den Tagen des Aussetzens fühlte ich mich matter und angegriffner, wo zu dan freylich die Gemüthes-Unruhe ob Dich mein veränderter Reise Plan nicht sehr afficiren würde und die Sehnsucht bis die Antwort da war, viel bey trug. Nun stärkt und erheitert mich wieder die Aussicht des nahen Wiedersehens. Seit ich trinke zeigen sich wieder schwache Absonderungen im Urin ohngefähr so wie nach den ersten Wochen des frühern Gebrauchs. Mitterb˖[acher] ist zu frieden damit, und meynt, daß auch die kurze Zeit die ich jetzt noch trinke nicht ohne gute Wirkung bleiben würde, da die Natur von Neuem wieder angeregt wäre. Mit den Bädern habe ich fleißig fortgefahren in den letzten 5 Wochen fast täglich. Glaube aber nur ja nicht, daß trotz diesen ernstlichen und anhaltenden Gebrauch mein Übel dem äußern Anschein nach nicht noch sehr auffallend wäre, die Fortschritte gehn langsam und sind wenig in die Augen springend, ich begreife nicht, wie Du meynst, ich könne so oft schreiben – »der Leib ist kleiner oder ist weicher geworden« ach das geht so unmerklich, daß mehrere Wochen verfließen müssen, bis ich eine kleine Veränderung spüren kann. Im Ganzen ist seit ich hier bin das Maaß und der Leibbund zwey Finger enger geworden; dem ungeachtet da Du mich lange nicht gesehn möchte Dir meine Taille stark auffallen, besonders da Du unmöglich Dir meinen frühern Zustand genau erinnern kannst, da Du von ausgewechselt schreibst; ich gestehe Dir ich bin ganz darüber erschrocken. Doch nun endlich zur Bestimmung meiner Reise – Nächsten Dienstag den ist sie fest gesetzt und wenn dieser Brief in Deine Hände kömmt, haben wir schon die erste Tagreise im Rücken. Den ersten Tag gedenke ich bey zeiten in Eger einzutreffen um den in aller Frühe aufzubrechen, eben so werde ich es früh in Bareuth halten um Mittags zu rechter Zeit in Streitberg zu seyn, wo ich mit Bestimmtheit rechne Dich und die lieben Kinder gesund und heiter zu finden. Die Tante, Lina und die Amme freuen sich außerordentlich und die kleine Julie lächelt noch lieblicher wie gewöhnlich wenn man ihr erzählt, daß sie bald Papa, Paul und Fritz sehn wird, meine eigene Freude vermag ich gar nicht zu schildern, ich habe keine Worte, keinen Ausdruck dafür.
Also verstehe mich recht Donnerstag den bist Du mit dem lieben Buben in Streitberg.
Die Leute sollen sich ja nicht wieder mit scheuern und putzen bemühn, es wird schon alles noch rein genug seyn. Es war mir lieber daß die Frau Geheimräthin es in vollem Glanze gesehn hat.
Leb’ tausend mal wohl, zum letzten mal umarme ich Dich auf dem Papier.
P.
Julchen grüßt bestens.