An
Frau Directorin von Schelling
gegenw˖[ärtig] bey Madame Gotter
geb. Stieler
in
fr˖[ey] b˖[is] z˖[ur] Gränze.
No. 3.
No. 3.
C˖[arlsbad] den .
Ich schreibe Dir, liebes Herz, heute schon wieder um Deinen Brief No. 2 zu beantworten. Mich freute ungemein, daß es Dir und den Kindern im Allgemeinen wohlgeht. Für Clärchen bin ich nicht sehr besorgt, nur bedaure ich, daß die Ängstlichkeit welche Dir ihr Nichtwohlseyn verursacht, die Freude Deines Aufenthalts trübt und verkümmert. Ich hoffe, es ist in diesem Augenblick wieder alles gut; vielleicht war es Indigestion, denn ich meyne, das gute Kind könne die Kirschen nicht recht verdauen. Gleich nachdem ich Dir zuletzt geschrieben, machte ich mich auf, Deine Tante zu suchen, die ich dann auch glücklich fand, indem ich mich um so mehr freute, als sie mir noch spätere und mehr in’s Einzelne gehende Nachrichten von euch aus Briefen ihres Mannes mittheilen konnte. Aus diesen schon konnt’ ich ersehen, daß die Kinder im Allgemeinen Wohlgefallen und Freude erregen. Daß mir aber nur mein liebes Linchen nicht etwa zurückgesetzt wird! da sie doch an mich denkt, so sage ihr besonders recht viel Liebes und Inniges von mir. Es thut dem Kinde so wohl, wenn man ihm Liebe erweist. Übrigens verlangt mich zu wissen, wo ihr hingeht, wen ihr schon gesehen habt, wie die häusliche Einrichtung getroffen worden, kurz etwas mehr Detail als auch Dein letzter Brief enthält. – Des Candidaten seyd ihr doch ganz und gewiß versichert? Denn da Paul zu ihm geht, so liegt viel daran, daß es ein anständiger und sittlicher Mensch sey. Du wirst überdieß dem Lehrer Anweisung geben, was er vorzüglich mit Paul treiben soll. Zunächst sorge auch für Deine Gesundheit, laß Dir die China wieder bereiten. Die Tante spricht von einem Gotha’schen Bier, das Cecile’n so stark und gesund gemacht. Willst Du nicht versuchen, ob es auf Dich nicht dieselbe Wirkung äußert? – Mir geht es bis jetzt ganz gut, heute habe ich angefangen, etwas Sprudel zu trinken, die Wirkung der andern Wasser auf mich ist allzuschwächlich. Wenn dieser nicht mehr thut, so fange ich an zu glauben, daß meine Gesundheit in so gutem Zustande ist als sie seyn kann und daß sie nach der durch die Krankheit bewirkten Revolution des Carlsbads nicht bedurfte. Doch dieß wird sich erst entschieden zeigen, wenn ich auch bade was ich bis jetzt der kühlen Witterung und kalten Wohnung wegen unterlassen habe und erst anfangen werde. – Das Recept von Carl hat sich gefunden. Noch habe ich keine Briefe aus Stuttgart. – Mein hiesiger Umgang ist bis jetzt so ziemlich derselbe. Viele Preußen sind da, aber je mehr ich höre, desto mehr vergeht mir alle Lust. Der König kommt täglich zum Sprudel, wo man ihn mit aller Bequemlichkeit sehen kann, in seinem Gefolge befinden sich mehrere bedeutende aber keine für mich interessante Personen. – Zum Mittagessen habe ich mir jetzt die Table d’hôte bey Bolza ausersehen, dieß ist ganz in meiner Nähe und man kann dort nach der Karte speisen. – Von Hänlein wirst Du inzwischen auch einen Brief erhalten haben. – – Wenn Du noch Neigung hast, Deine Schwester mit nach München zu nehmen, so ist es mir ganz recht, nur siehe, wie Du es mit dem Wagen und zu Hause mit der Wohnung einrichtest. Mit der Reise wird es sich gar nicht einrichten lassen, ich müßte denn mit Oberkamp zurückgehn. – Die Tante habe ich bis jetzt so ziemlich alle Tage besucht, außerdem daß ich sie bey’m Brunnen sehe. Die Frau ist aber gar zu schüchtern, man kann mit ihr auf keinen recht heitern Ton kommen. Vielleicht geht’s besser, wenn auch der Mann hier ist.
Leb’ nun recht wohl, liebes Herz, Gott erhalte Dich und die Kinder. Mit Sehnsucht erwarte ich mit nächstem Posttag über Clärchen beruhigende Nachrichten zu erhalten. Es dauert mich recht, daß dem armen Kind sein zweyter Geburtstag durch Krankheit verkümmert wird. Doch Gott wird helfen; wegen der andern Kinder bin ich nicht besorgt. Grüße und küsse sie alle auf’s zärtlichste von mir. Ich umarme Dich in Gedanken und bin wie immer
Dein
Tr[eu]ster
Shg
Für Paul ein Nebenblättchen, das Du ihm abschneiden kannst.