Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Madame

Madame Schelling

Munich

par bonté

No. 6

Da Herr Bautain heute nach München zurückkehrt, so freue ich mich der Gelegenheit, Dir, liebstes Herz, zu schreiben. Wir hatten einen völligen Regentag, ihr in München wahrscheinlich auch. Noch habe ich keinen Brief wieder von Dir bekommen. Unstreitig erhalte ich nun Brief und Sachen durch Kerstorfs, da Du bey der Witterung voraussetzen konntest, daß ich noch hier bleiben würde. Heute macht es Miene, sich aufzuklären und so hoffe ich, mit Gottes Hülfe von hier meinen Staab weiter zu setzen. – Herr Bautain wird Dir sagen, daß ich ganz wohl bin und daß ich fleißig arbeite, dieses ist alles was ich von mir erzählen kann. Wie geht es denn Dir, mein liebes Herz? Schreibe mir doch ja, ob Du Dich nicht grämst oder abhärmst. Laß es seyn, es hilft ja doch nichts. Durch die Unzufriedenheit bringt man sich nur immer tiefer hinein und raubt sich und andern die Freyheit und Gegenwart des Geistes, die durchaus nöthig sind, um mit Verstand und Glück zu handeln. Solltest Du es zu beschwerlich finden, der Katharine zu entbehren, so bitt’ ich Dich recht sehr, es mir nicht zu verhehlen; ich kann sie Dir dann bald wieder schicken und mich einige Wochen leicht mit Waizingers behelfen. Ohnehin wenn Kerstorf’s bis hier bleiben, könnte ich ja noch einmal hieherziehen, und mir so die Rückkehr nach München erleichtern. Was machen die Kinder? Beruhige mich doch über unser gutes Linchen; ich sorge einigermaßen für sie, weil sie die ganze letzte Zeit etwas kränklich war. Gott sey mit Dir und mit den Kindern; da sich Herr Bautain aber schnell entschlossen hat, so kann ich nicht mehr schreiben.

Lebe wohl und behalte mich lieb.
Dein
tr˖[euer] Freund

Schg