Sr. Magnificenz dem
Herrn Director Dr. FWJ Schelling
in Erlangen.
Meissen, .
Verehrtester.
Meine Candidaten-Prüfung ist bestanden. Am das Theoretische, wo ich in den symbolischen Büchern nicht recht Bescheid wusste; am Predigt über 1 Kor III 11 »Einen andern Grund kann niemand legen
usw.« Nachdem wir alle Sechse gepredigt hatten, ich 30 Minuten, ich war der Erste, kam Ammon in die Sacristei und begann seine Censur bei mir. »Herr M˖[agister] Müglich, sagte er, ihre Predigt hatte etwas Geniales und einige Stellen darin waren ergreifend: aber ihr Thema liegt nicht im Text und wie konnten Sie sagen die sogenannte Erlösung? Wenn ein Unrechter zugegen gewesen wäre, der konnte das sehr falsch verstehn. Übrigens ist ihre Haltung schlecht, ihre Stellung ist nicht würdig genug, ihre Gesticulation, so viel man deren erblikt, tauge gar nichts, und sie kamen mit der linken Hand zuerst herauf. Auch vermiste ich ein Gebet oder einen frommen Seufzer«. Gegen Lezteres bemerkte ich, der Ort und die Gelegenheit habe mir dies zu verbieten geschienen. Den übrigen Fünfen ging’s noch schlechter.
Ich halte mich hier einige Tage bei einem Freund und ehemaligen Lehrer M[agister] Otto auf, werde aber nächster Tage in die Lausiz reisen. In Dresden ist’s theuer als wäre’s . – Ammon wird an die 60 seyn, heirathet aber nächstens wieder. Der Afra-Prediger in Meissen, sein Schwiegersohn, M[agister] Krehl, hatte dies vor Ammon berührt (denn die Erbschaft wird verringert): da hat Ammon erwiedert »Ja, ich hatte sehr viel Hauskreuz in meiner vorigen Ehe (mit einer gebornen Breyer aus Erlang), jezt will ich noch ein Haus machen.« Seine Braut ist eine nahe Verwandte des Dichters Kind. – Wie sich mein aüseres Leben weiter entfaltet, steht in des Himmels Hand. – Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemalin, der Fraülein Gotter und Linna und ich grüsse Paul und Friz. Ihre Freundschaftlichkeit wird mir immer werth bleiben.
Der König von Baiern erwirbt sich hier durch seine Herablassung und Gemeinmachung grose Volksgunst. Nur des Hofs Gesinde in schwarzn Hosen und Strümpfen mit Schuhen und Schnallen murrt, dass es nun in Pilniz seine gemiethete Logis nuzlos stehen lasse, dass der König nun, wenn er in seiner alten Gewohnheit hätte bleiben können, längst nach Pilniz hinaus wäre; wer die Douceurs bekommen werde, dis sey höchst unsicher. Einige beamtete Edelmänner wollen auch finden, dass der König von Sachsen doch eine des Königs würdigere Sprache rede. –
Für dismal schliess’ ich. Immer voll Hochachtung und Liebe
Ihr
dankbarer
K Müglich