Schelling

Schelling Nachlass-Edition


a Monsieur

Monsieur Wagner

Peintre de S˖[a] M˖[ajesté]

le Roi de Bavière

Rome.

al cafe greco.

fr˖[anco]

Es ist eine rechte Sünde und Schande daß ich Ihnen, lieber Freund, so lange nicht geschrieben, ob ich gleich mehrere höchst ergötzliche Briefe von Ihnen gehabt habe. Ich will mich nicht entschuldigen, sondern nur sagen, daß es eben von hier aus gar wenig zu schreiben gibt. In der Kunstwelt ist durch eine große Kunstausstellung, wozu alle einheimischen Künstler eingeladen wurden eine ziemliche Bewegung entstanden. Die Krone der Ausstellung war und blieb Koch’s Landschaft, obgleich auch sie wie Alles Gegner fand. Jetzt ist eine neue Kunstausstellung für’s Jahr angekündigt, zu welcher alle pensionnirten Künstler auch die in Rom befindlichen Arbeiten schicken sollen. wird eine Preißaufgabe bekannt gemacht, zu deren Lösung alle Künstler außer den Mitgliedern der Akad˖[emie] concurriren dürfen. Lieber Freund, da müssen Sie durchaus etwas dazu schicken per mostrar la vera potenza dell’arte; denn es ist kläglich, wenn man nichts als hierländische Produkte sieht, weil es alsdann an allem Maßstab fehlt. – Ich habe von Gärtner nicht ohne Verdruß gehört, daß Ihre Pension schon seit einem Jahr nicht mehr flüssig ist – schicken Sie doch ja bald die nöthige Schrift, es wird dann schon gehen. – Seit einem Monat hat ein von mir herausgekommnes Buch viel Lärmen und großes Aufsehen gemacht. Der Präsident Jacobi hatte mich in einer kurz vorher erschienenen Schrift auf hinterlistige, tückische Weise verläumdet, als einen Menschen, der gottesläugnerische Grundsätze lehre, die Unsterblichkeit der Seele läugne u.s.w. kurz als der gemeinste Ketzermacher. Hierauf habe ich dann sehr freymüthig in einer kleinen Schrift geantwortet wodurch ich ihm die Larve abgezogen. Er ist dadurch in die entsetzlichste Verlegenheit gesetzt; mir aber ist es wohl, daß zwischen ihm und mir einmal reine Sache und offner Krieg ist. Das Buch enthält unter anderm die Erzählung einer allegorischen Vision, worinn ich unser wissenschaftliches Verhältniß dargestellt und welches dem Publikum viel Freude gemacht hat. Diese wäre etwas für Sie gewesen; wenn Sie sich hier befunden, so hätten wir sie zusammen gemacht. – Glauben Sie aber nicht, daß ich über solchen Nebensachen meine Hauptideen verloren habe; ich arbeite beständig daran und hoffe sie bald der Welt vorlegen zu können.

Sie wissen, daß ich wegen des, der frühverstorbenen Tochter meiner sel˖[igen] Frau zu errichtenden Monuments von früheren Zeiten her mit Tieck in Unterhandlung war; da aber dieser nach seiner löblichen Gewohnheit auch in der Schweiz wieder sitzen geblieben und vielleicht in seinem Leben nicht wieder über die Alpen kommt, so habe ich durch Vermittlung des Dr. Wiedemanns aus Kiel mich an Thorwaldsen gewendet, der auch zu meiner großen Freude die Ausführung übernommen. Aber er läßt wenig oder fast nichts von sich hören. Wissen Sie, was er damit vorhat, ob er die Arbeit angefangen etc. so lassen Sie es mich doch wissen, oder suchen es im entgegengesetzten Fall zu erfahren, doch ohne daß er inne werde, daß wir darüber correspondirt haben.

Verschiedene römische Künstler sind seit einiger Zeit hier durchpassirt, außer dem Dr. Sickler auch Rhoden, welche beyde ich nicht gesehen, und Rauch, der wieder auf dem Rückweg nach Rom ist. Auch Alex[ander] von Humboldt ist ein Paar Tage hier gewesen. ### legt sich auf’s Kindermachen und Casernenbauen. Wenn Sie noch einen solchen Freund zu recommendiren wüßten, wär’ es gar angenehm. – Meine Haushaltung habe ich jetzt wieder aufgegeben und esse mit Spix bei Freund Köhler, wo wir schon oft gewünscht haben, daß Sie der 4te Mann sein möchten. Aber der Himmel weiß, was Sie thun und treiben. Man liest jetzt soviel in Zeitungen von der Unsicherheit der Gegenden um Rom; wenn Sie nur nicht gar – – Die mislungene oder der Himmel weiß wie in’s Stocken gerathene Autorschaft habe ich sehr bedauert. Es könnte doch nach meiner Meynung der Welt ein Dienst geschehen, wenn noch oft solche Giovanni’s herumliefen. Vielleicht haben Sie indessen eine zweyte Auflage veranstaltet, die besser aus der Presse gekommen ist. Lassen Sie mich doch ja alles wissen, was Ihre sämmtlichen Studien betrifft. Niemand, der von Rom kommt, weiß zu sagen was Sie mahlen. Entweder machen Sie also ein Geheimniß daraus, oder Sie mahlen gar nicht mehr und die obige Vormuthung oder irgend eine andre ähnliche ist nur zu gegründet. Ist es an dem, daß radirte Blätter von Ihnen erschienen sind? Kaum glaube ich es; denn ich bin so eitel zu glauben, daß Sie mir dieselben zugeschickt hätten, da niemand größere Freude haben kann, etwas von Ihnen zu sehen, als ich. Aber wie weit ist denn das große hieherbestimmte Gemälde gediehen? Kommt es im nächsten Jahr hieher? Ich wünsche es sehr. Vergessen Sie doch ja nicht, wie viel Sie noch zu mahlen haben. – Hier hat Director Langer ein Altarbild für die Schulkirche, Christus, wie er die Kinder segnet, Prof. Langer ein andres für das große Krankenhaus, den heil˖[igen] Rochus, zu mahlen. Beyde werden weit über Lebensgröße und in allen Dimensionen sehr ansehnlich. – Da Sie unstreitig bisweilen an den Kronprinzen schreiben, so erzählen Sie ihm doch auch, wie es Ihnen mit Ihrer Pension geht; es kann nichts schaden. –

Nun leben Sie recht wohl; bleiben Sie gesund, und denken Sie auch meiner, der Sie mit einer ewigen Freundschaft in’s Herz geschlossen hat und gern mit Ihnen leben möchte.
Ihr

S