An
Frau Directorin von Schelling
in
Im goldnen Fasan.
fr˖[ey] Gr[än]ze.
No. 51.
Montag .
So eben verläßt mich ein hübscher junger Mann, den Du mir, glaube ich, als Probe Deiner in C˖[arlsbad] gemachten Eroberungen zugeschickt hast. Leider kann ich mich in dieser Art nicht revenchiren. Obgleich seine mündlichen Nachrichten etwas älter als Deine schriftlichen sind, freue ich mich doch von ihm zu hören, daß Mitterbacher schon vor längerer Zeit sich sehr zufrieden mit dem Erfolg Deiner Cur erklärt hat. Hier nehmen nähere und entferntere Bekannte den wärmsten Antheil an den guten Nachrichten von Dir; besonders auch Fleischmann, der, wie ich nun erst erfahre und Du jetzt auch wohl wissen darfst, sich sehr wenig oder nichts versprach. Er meynt aber, nun es einmal in entschiedner Abnahme sey, könne es recht schnell gehen mit der völligen Beseitigung. Ich habe Dir bereits meine Meynung geschrieben, daß Du nun wenigstens bis ausharren sollest. Mein Vorschlag ist, für hieher zu kommen, die Haushaltung in Ordnung zu bringen, die Knaben etwa noch nach Nürtingen zu schaffen, die Leute wo möglich abzudanken, und dann abermals nach C˖[arls]bad zurückzugehen (nöthigenfalls könnte ich Dich dann eher auf einige Zeit begleiten) um dem Übel keine Ruh’ zu lassen und wo möglich mit Stumpf und Stiel es auszurotten. Betrachte dieß nicht als Scherz, sondern als Ernst. Du weißt, ich bin für die entschiednen Beschlüsse, und weiß mich in diese besser zu finden, als in die halben, die einer beständigen Nachhülfe und Abänderung bedürftig sind. Inzwischen bitte ich Dich, eifrig, besonders mit Baden und Anwendung der mit Sprudel gefüllten Blasen fortzufahren, auch es wohl einmal mit frisch eingetunkten Tüchern zu versuchen, wo die Wirkung noch unmittelbarer und eindringender seyn muß. Es war nie meine Meynung, daß diese Tücher außer dem Bade aufgelegt werden sollen, und so fällt also Mitterbachers Einwendung dagegen hinweg. Gib mir doch ja in dieser Zeit recht bestimmte Nachrichten; ob die Absonderungen fortgehen, der Leib fortwährend sich verkleinert und erweicht etc. kurz sey nicht zu einsylbig mit Berichten. Frage Mitterb˖[acher] wegen des obigen Vorschlags wegen des Winters und verlasse Carlsbad auf keinen Fall, ohne von von ihm für alle Fälle instruirt zu seyn.
Es ist jetzt wieder die Zeit der gelehrten Reisenden; seit ist auch Prof. Neander aus Berlin hier, begleitet von einer Schwester; beyde haben die National-Eigenthümlichkeit nicht verloren, obgleich er ein sehr schätzenswerther, gelehrter und besondere sehr frommer Mann ist. geh’n Schuberts auf ihre Reise nach Tyrol und Salzburg.
Die Kinder sind wohl, rothbäckig und blühend. Friz lernt sehr brav und die lange Einsamkeit ist ihnen in dieser Hinsicht vielleicht heilsamer, als die beständige Zuflucht zur lieben Mama. Laße Dich jetzt nur, nachdem Dir durch Gottes Hülfe so wundersam und gegen aller Menschen Erwartung geholfen worden, nicht anfechten, setze Deine Kur mit voller Gemüthsruhe und Freudigkeit fort, damit Du wo möglich ganz befreyt werdest. Was du jetzt etwa versäumest, kannst Du dann desto sicherer doppelt und dreyfach einbringen. Ich zweifle nun nicht, daß nachdem der Proceß einmal eingeleitet ist, alles auf demselben Wege fortgehen werde bis zur gänzlichen Besiegung.
Leb’ recht wohl, und schreibe fein immer genau. Grüße Julchen und küsse die Kinder!
Dein
Schelling