Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Frau Directorin von Schelling

aus Erlangen

gegenw˖[ärtig] in

Carlsbad

Böhmen

Im weißen Hirsch auf dem Markt.

frey Gr[än]ze˖

No. 5.

No. 8.

Du wirst dießmal nicht gut auf mich zu sprechen seyn, daß ich am Freytag statt am Donnerstag schreibe. Allein der ganze Unterschied kann doch nur seyn, daß Du den Brief statt am Montag am Dienstag erhältst, und übrigens ist es für mich angenehmer, Dir am Freytag zu schreiben, da ich alsdann Gelegenheit habe, auf Deinen Donnerstag-Brief zu antworten. Sollt’ es aber einen größern Unterschied machen, so schreibe mir. Auch muß ich heute wieder 1/2 Bogen nehmen, weil ich im Augenblick nicht mehr zur Hand habe; indeß geschah’s auch vorher nicht aus Oekonomie, sondern weil ich so wenig zu schreiben weiß, daß ich den Raum nicht ausfüllen könnte. Dagegen nun die Bitte an Dich, daß Du Dir baldmöglichst andre Tinte anschaffst; ich erlebe es sonst noch, daß ein Brief gar nicht ankommt; die Du jetzt hast, haftet so wenig auf dem Papier, daß bey Ankunft des Briefs die Aufschrift fast verschwunden ist, nichts davon zu sagen, daß der Brief selbst stellenweise fast unlesbar ist. Die guten Nachrichten von Deinem Befinden freuen mich innigst. Ich finde ganz recht, wenn Mitterb˖[acher] Dir nicht mehr als 8 Becher erlauben will; mehr vertrugst Du ja auch das erstemal nicht und würde Dir wahrscheinlich jetzt noch weniger als damals bekommen. Sey’ überhaupt vorsichtig und übertreibe nichts! (Pöschmann ist doch nicht beleidigt, daß Du bis jetzt keinen Besuch gemacht, und von der Hochzeit keine Notiz genommen hast? Diese wäre unter andern Umständen eine gute Gelegenheit gewesen, die Verbindlichkeit, die wir gegen ihn haben, gutzumachen. Die Rechnung an Jaenisch hätte ich gern schon bezahlt, aber sie ist an dem bezeichneten Orte schlechterdings nicht zu finden; darauf kannst Du Dich verlassen. rückt nun heran, Friz hat seit schon Ferien, muß aber nun zu Hause aus dem Werner übersetzen. Ich wollte, der Lärm der Kirchweih’ wäre schon vorüber oder ich wüßte irgendwo ein Plätzchen dahin ich mich so lange zurückziehen könnte. Schuberts haben, wie ich heute hörte, (gesehn hab’ ich ihn nur einmal einen Augenblick bey mir) eine Fußreise in das Pegnitzthal angetreten, wohin auch Engelhard und Döderlein folgen wollen. Pfaff besucht mich dießmal öfter, heute ist mit ihm und Platen eine Partie nach Bubenreuth verabredet. Bucher’s sind schon abgereist. – Das Eger Wasser habe ich heute wieder angefangen zu trinken: sollt’ ich es noch ferner mir gut halten, so will ich Dich bitten, von Carlsbad aus welches in Franzensbrunn zu bestellen, und Dir die Addresse dazu schicken. Auf einige Tage kann man sich nöthigenfalls helfen, da ein hiesiger Kaufmann jetzt auch frischgefülltes EgerWasser angekündigt hat. Die Kinder sind beyde sehr wohl, aber den Friz zu etwas zu bringen, das auch nur geringes Kopfzerbrechen und Aufmerksamkeit fordert ist über alle Maßen schwer. Wie freue ich mich, daß unsre Kleinste in C˖[arls]bad so gedeiht! Sey nur vorsichtig bey ihrer Lebhaftigkeit auf den Bergwegen z.B. dem Chotek’schen – da hätte ein Papu noch mehr als über unsre Treppe zu bedeuten! Grüße mir mein gutes Linchen auf’s herzlichste. Das Wetter ist hier leidlich, doch so warm als es neulich war ist es noch nicht wieder geworden. Ich danke Dir auch für die Beschreibung Deiner Wohnung, die recht hübsch seyn mag. – Von dem neuen Prof. Theol. sagt man hier, daß er schon wieder fortwolle, weil es ihm gar nicht gefalle. Bey diesem Leipziger fällt mir ein, daß Du nun in Carlsbad die beste Gelegenheit und auch Muße hättest, den guten kleinen Leutchen in Leipzig Nachricht von Dir zu geben. Personen, die so wahren und aufrichtigen Theil an Deinem Übel genommen, bist Du dieß schuldig, auch hat Dir ja die gute Frau noch hieher geschrieben, ohne daß Du, meines Wissens, geantwortet hättest. Verzeih’ daß ich Dir so gar wenig zu schreiben weiß, aber es ist ein so eintöniges Leben hier, daß ich den täglichen Küchenzettel abschreiben müßte, um Dich länger zu unterhalten. – Hat der Sprudel bis jetzt doch das Übel nicht wieder (augenblicklich) vermehrt? Sobald Du eine Wirkung welcher Art immer siehst, melde sie mir!

Gott sey mit Dir, und gebe ferner allen Segen und das beste Gedeihen. Leb’ recht wohl, Du liebes Herzchen und schreibe mir viel und fleißig; ich werd’ es gewiß auch thun, wenn mir nur der Stoff nicht zu sehr mangelt. Herzliche Grüße an Julchen.

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