Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Herrn Director von Schelling

in

Erlangen

fr˖[ey] Grenze

No. 3.

No. 5.

Mit herzlicher Liebe sey gegrüßt am schönen Sontagsmorgen, geliebter theurer Freund! möchte doch jede Spur von Übelbefinden von Dir geschwunden seyn und Du Dich wieder wohl und heiter fühlen, wenn innige Wünsche zum Himmel geschickt, Erhörung finden, so wirst auch Du Dich bald in gewohnter Kraft und Gesundheit bewegen. Das Wetter scheint sich zum beßern zu neigen, ein warmer Frühlingsregen, nach dem sich Blüthen und Blätter so sehnten, hat endlich den rauhen Wind vertrieben, der wenn er auch hier im Thale, nicht so heftig wie im flachen Felde stürmte, die letzten Tage doch recht empfindlich war. Nun grünt und blüht heute alles doppelt schön, und den guten Carlsbadern fehlt nichts als zahlreicher Besuch von Kurgästen noch läßt sich aber die beliebte Musick vom Thurme, die bis jetzt noch jedes mal eine lebhafte Bewegung auf den Straßen erregt, noch sehr sparsam vernehmen. Eine gräfliche Familie Altenhahn die bey Bolze wohnt lernten wir am Brunnen kennen, der Mann, im Theresianum erzogen, war vor dem Jahr viel mit Gulocowski zusammen, der ihm seine unbegrenzte Verehrung für Dich natürlich gleich mittheilte. Wir haben ihn schon nicht mehr gefunden. Er ist ein gebildeter lebenslustiger Mann in seinen besten Jahren, die Frau ist schwächlich leidet am Gesichtsschmerz, dabey aber lebendig und ihr ganzes Wesen voll zuvorkommender Freundlichkeit, die Nichte eine gebohrene Salzburgerinn; die »zwar schön doch blas als käm sie aus dem Grabe« aussieht scheint die heilsamen Wirkungen dieser Quellen am meisten bedürftig.

Nachmittags Diesen Morgen habe ich wieder nebst den Kinderchen gebadet. Am Sprudel habe ich heute und eine gute Unterhaltung an D˖[oktor] Damm gefunden, der mir manchen interessanten Aufschluß über die hiesigen Quellen geben konnte. Aus Mitterbach ist wie Du weißt nichts heraus zu bringen. Vor einigen Tagen ist der Sprudel wieder gebohrt worden und zu gleicher Zeit hat man seine Ergiebigkeit wieder gemessen Da hat sich denn gefunden, daß in einer Minute aus allen Öfnungen des Sprudels zusammen genommen gegen 28 Eymer Wasser heraus strömen, eine schöne Menge, wahrhaftig hinreichend alle kranken Bewohner unsrer Erde wieder mit Gesundheit zu erfüllen.

Nach Tische waren wir alle mit einander auf der Freundschaftshöhe und von da über den Friedrich Wilhemsplatz zurük. Die Kleine ist ganz glücklich über so einen großen Spaziergang und wird nur ungedultig wenn man auf einer Bank verweilt, ihr lebendiger Geist strebt immer vorwärts. Marie verwundert sich gewaltig über die großen Berge und hat immer große Angst daß wir uns im Wald verirren.

Gegen meine Erwartung aber zu meiner nicht geringen Freude erhielte ich heute früh Deinen lieben Brief No. 3. Bleibe nur hübsch dabey Montag und Donnerstag zu schreiben dieß sind die geschicktesten Tage. Tausend Dank für alle mir ertheilten Nachrichten, die erfreulichste darunter war natürlich Dein beßeres Befinden und das Wohlseyn der guten Kinder Gott gebe daß es Bestand hat! Du hast es mir nur zu melden wenn Du wieder Egerwasser wünschest, ich will dann versuchen es von hier zu besorgen. Die Wärme war hier auf 20° gestiegen, nun ist sie zwar indeßen sehr gesunken, ich lasse aber dem ungeachtet nicht mehr heitzen, da wir gleich früh alle in die Luft kommen empfinden wir es nicht wenn die Morgen noch kühl sind, und wir befinden uns alle wohler als bey dem Einheitzen wo wir den Schnupfen nicht los wurden.

Lebe nun recht wohl und küße die Kinderchen. Die hiesigen blühen in Gesundheit und denken oft an Papa und die Buben. Julchen grüßt bestens Bey allen guten Freunden besonders Schuberts und Pfaffs erhalte mich in Andenken. Buchers werden sich recht über dem Frühlingsschmuk in schönen Würtemberg freuen. Clärchen mit ihnen kommen zu lassen wäre zu einer andern Zeit wenn ich gerade in E˖[rlangen] gewesen wäre recht thunlich gewesen. Nochmals das herzlichste Lebewohl.

par terre ist außer dem sehr bequemen Badestübchen eine helle große Küche zu unserer Disposition, auch führen wir bis jetzt unsre eigene Menage bey der wir uns in jeder Hinsicht gut befinden. Für die Wohnung bezahle ich für den May 12 fl. Schein und für Juny 16 fl. Schein. Die Hausfrau ist eine sehr gute alte Frau die uns alles zu Gefallen thut und im ganzen Haus herrscht Reinlichkeit und Ordnung. Den Sprudel, (zwey Becher trinke ich immer zu Hause) bekomme ich jedes mal schlag 5 Uhr. und 3/4 auf 6 bin ich noch alle Tage an der Quelle selbst gewesen.