Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Frau Directorin von Schelling

Aus Erlangen

gegenw˖[ärtig] in

Carlsbad

fr˖[ey] Gr[än]ze.

No. 4

Ich danke Dir für Deinen heitern, gesprächigen und durchaus erfreulichen Brief vom und schreibe Dir heute gleich wieder, um von Dir zu erfahren, ob die Briefe vom und Dir an demselben Tage zukommen, oder der erste um 1 oder 2 Tage früher, auf daß ich mich danach richten kann. Es wäre sonst am natürlichsten – –

Hier wurde ich am unterbrochen, und so wurde also der Versuch vereitelt. Du kannst mir aber wohl schreiben, an welchem Tage Du die Donnerstagbriefe erhälst, da ich, wenn es keinen Unterschied machte, allerdings lieber am Freytag schriebe, um Deinen Donnerstag-Brief zu erwarten. Denn auch dieses Jahr scheine ich nur am Dienstag und Donnerstag Briefe zu erhalten, daher ich bis heute noch immer nur den oben erwähnten Brief habe.

Es hat mich sehr erfreut und ergözt, daß Du in C˖[arlsbad] mit Deiner Schlankheit und gutem Aussehn soviel Aufseh’n erregt hast. Schade daß die Carlsbader Dich nicht haben in Kupfer stechen lassen, und jetzt das Gegenstück dazu besorgen, wo denn durch Nebeneinanderlegen der beyden Contrefaits jeder recht augescheinlich überzeugt würde. Aber sie sollten statt in Kupfer Dich in Gold fassen, statt dessen nehmen sie, wenn nicht das Gold, dessen sie nicht viel finden würden, doch das Silber Dir ab. Gott sey Dank, daß wir so scherzen dürfen. Wohl ist es etwas Außerordentliches, das an Dir geschehen ist, in jeder Hinsicht: Denn allerdings bist Du, und nicht bloß körperlich, verwechselt oder (heißt es nicht so?) ausgewechselt. Wie sehr bedaure ich, daß Dir die Witterung noch immer nicht günstiger werden will! Zwar kalt ist es nicht mehr, aber der Wind, der nach dem Evangelium wehet, wo er will, wird es wohl nicht unterlassen, auch in C˖[arlsbad] zu wehen, und dieß ist grade, was Du und ich am wenigsten vertragen. Indeß fahre nur getrost und mit voller Zuversicht fort, die Wirkung des Sprudels ist von den äußern Umständen der Witterung sehr unabhängig. Hat denn Mitterb˖[acher] nun keine Meynung noch geäußert, über Sitz und Natur des Übels: oder gesteht auch er wie unsre Ärzte, mit Socratischer Offenherzigkeit, nichts darüber zu wissen?

Ich sehe jetzt freylich, daß Du es recht gut mit mir gemeynt hast, da Du mich so dringend auffodertest Dich zu begleiten. Das EgerWasser scheint mir nicht bekommen zu wollen, auch haben die Erzbetrüger und Gauner, wie ich nun sehe, altes, vorjähriges dem Kutscher angehängt. Aber jetzt ist’s zu spät und ich wüßte es doch nicht recht anzustellen. Vielleicht, daß Du früher zurückkehrst, und wir dann ’s noch einmal zusammen hingehn. Glaube übrigens darum nicht, daß es besonders schlecht mit mir steht, ich fühle nur, daß mir eine Sprudelcur dieses Jahr nicht geschadet hätte. Wenn ich viel gehen kann, ist alles gut – wie es denn auch natürlich ist bey dem Gebrauch von Mineralwasser, das ich nur in der Luft verdauen kann. war ich mit den beyden Knaben wieder auf dem Rathsberg, wo nun schon alles abgeblüht und der Wind die Bäume noch schneller ihres Blüthenschmucks beraubt hat. Mit den Kindern geht’s leidlich, doch muß man immer hinterher seyn und schon einigemal habe ich ihnen mit der Tante gedroht, welches bey Friz einen großen Eindruck macht. Paul ist aber gar zu haltungslos und hat von Rechtlichkeit allzu laxe Begriffe, was bey Friz nicht der Fall ist. Übrigens sind sie wohl und ganz guter Dinge, und wollen Mamma etc. herzlich gegrüßt wissen. Friz hat das Project, auf der Kirchweih für das Mäuschen etwas zu kaufen und diesem zu schicken. Zu Essen und Trinken fehlt uns nichts, die Wäsche ist vorige Woche in Einem Tag ganz still abgegangen, aber Essen, Trinken und gut Schlafen ist doch alles kein Ersatz für Dich – doch werde nur recht kerngesund, so will ich mir die Trennung schon gefallen lassen.

Leb’ recht wohl – es ergehe Dir alles nach Deinem und unsrem Wunsch

S

Wo ist der Brief von Jaenisch?