Herrn Director von Schelling
in
fr˖[ey] Gr[enze].
No. 1
spät wie ich den Brief an Dich siegelte, trat der Doctor noch ins Zimmer, er war spät nach Hause gekommen, wo er Deinen Brief fand, eilte aber gleich zu mir, um seiner Freude und Überraschung noch Luft zu machen, er konnte mir nicht genug ausdrücken wie seine Freude bey Lesen Deines Briefes immer gesteigert worden wäre, doch machte er mir einige Vorwürfe ihm nicht früher Nachricht von meiner Gesundheit gegeben zu haben, da er diesen oft darmals besorgt geweßen sey. Heute Morgen war er ganz früh wieder da, meinen Bauch zu untersuchen, und konnte sich über die Veränderung nicht genug wundern, zu trinken hat er mir aber nicht
Heute habe ich ihn zum ersten mal wieder gekostet den wunderthätigen Quell, 4 Becher nach des Arztes Vorschrift. Mit wahrer Wollust habe ich ihn hinunter geschlürft, es that mir nur leid statt der alten Sprudel
Die Luft ist endlich wieder wärmer und das Wetter heiter und sonnig. Wir waren früh mit den Kinderchen auf den chothekischen Weg und nach Tische auf dem Posthof. Lina und Julie sind sehr lustig und vergnügt und besonders die Kleine durch die Reise und den beständigen Genuß der freyen Luft so gewaltthätig und verwegen geworden, daß die gute Rita sie nur mit Mühe bändigen kann. Der kleine Ausschlag im Gesicht ist auch verschwunden was Dich freuen wird. Auf der Reise und im Laufe des Tags hat sie wenig nach Dir und den Brüdern gefragt; aber heute und früh nach den Frühstük, verlangte sie aufs ungestümmste von mir sie zum Papa zu tragen, und hat bitterlich geweint, wie ich ihr die Unmöglichkeit davon erklärte. Von Bam und
Heute bin ich schon zu 6 Becher Sprudel geschritten, er ist gar zu erquicklich! aber auch das einzige hier außer den Kinderchen was mir ein wenig die bittere Trennung von Dir versüßen kann. Diesen Morgen war ich in der Kirche und habe die kleine Pöschmann trauen sehn. Ein nettes Bräutchen und ein junger wohlgestalteter Bräutigam der Kreiscomißär in Ellenbogen ist. Die Hochzeit soll brillant werden, das hat mich abgehalten die Eltern noch zu besuchen, aus Furcht in den Zubereitungen zu dieser Feyer zu stören. Die Witterung ist wieder kalt und stürmisch und die Carlsbader lamentiren über das späte Frühjahr, das auch die Ankunft der Kurgäste verspätet. Jetzt sind alle Maurer und Tüncher in Arbeit auf der Wiese und alle Hände geschäftig die Wohnungen zu säubern. Bis jetzt steht noch die ganze Wiese leer, auch soll es dort kälter wegen der Felsen als auf dem Markt seyn. Eben sind wir sammt und sonders von einen Spaziergang auf dem Hirschensprung zurük, im Schutze der Bäume war der Wind noch zu ertragen. Ich beeile mich Dir ein zärtliches Lebewohl zu sagen da der D˖[octor] ins Zimmer tritt und ich früh vielleicht nicht Zeit finde den Brief zu schließen. Mit großer Sehnsucht erwarte ich nun Briefe und Gott gebe recht gute Nachrichten.
Egerwasser hat Dir Herr Horntasch wohl mit gebracht? ich habe es nicht bezahlt; aber dagegen die Reise wie Dir auch wohl der Kutscher gesagt.
Die lieben guten Kinder küße tausendmal von mir, sie sollen recht artig und fleißig seyn, daß ich in der Entfernung Freude an ihnen haben kann. Lina küßt Dir die Hände. Gott nehme Dich mit den Kindern in seinen gnädigen Schutz.
Pauline.
Viele Grüße von Julchen.