Schelling Nachlass-Edition

Eben sagt man mir, daß eine Gelegenheit nach Andechs gehe, ich benutze sie Dir wenigstens mit einigen Zeilen zu sagen daß wir alle sammt und sonders wohl sind. Möchte ich doch bald so glücklich seyn ein Gleiches von Dir zu vernehmen. Du glaubst nicht wie mich die schöne warme Sonne um deinetwillen entzückt, ich sehe Dich wandeln in Wäldern und auf Wiesen, und meyne es müßte Dir recht wohl seyn so allein so ganz ungestört bey diesen köstlichen Wetter. Ich bitte Dich sey nur recht wohl recht heiter und vergnügt und arbeite nicht zu viel dann will ich gern das Schmerzliche einer Trennung ertragen, wenn ich hoffen darf Dich gesund und froh wieder zu umarmen. Paul und Fritzle sprechen zuweilen von Dir doch nicht zu oft, Du kennst schon ihren glücklichen Leichtsinn. Der gute Dicke hat oft im Wagen dich zu uns gewünscht. Lina streckte gleich ihre Ärmchen nach mir aus, das gute Kind sieht wohl aus bis auf einem heftigen Schnupfen der sie etwas entstellt. Clärchen ist das Bild der Gesundheit und lächelt sehr lieblich, wie man sie nur ansieht.

Schon wieder ist ein Franzose hier um Dich zu sehn und zu sprechen – Monsieur Bautain aus Straßburg , Cousin hat ihn Dir genannt wenn ich nicht irre, er ist wenigstens sein Schüler. Zwey Tage lief der arme Mensch in München herum um Dich oder Jakobi zu finden, endlich wieß man ihn zum Letztern. Er versicherte gleich J˖[acobi] er wäre nur der deutschen Philosophie wegen nach München gekommen, hauptsächlich um Dich zu sehn, nun wärst Du unglücklicher weise verreist; er würde dich aber am Ende der Welt auf suchen. Der alte Herr mag ein wunderliches Gesicht zu dieser Äußerung gemacht haben.

Diese Umstände erfuhr ich durch Thierschs die mir ihn gestern brachten. Ich habe ihm den Rath gegeben Kersdorfs seinen Besuch zu machen. So interessant wie C˖[ousin] ist er nicht, er steht ihm bey weitem an Lebendigkeit und Energie nach.