Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Sr. Hochwohlgeboren

Herrn Direktor von Schelling

zu

Erlangen

Verehrter Freund.

Obgleich Ihr Brief wenig Tröstliches für meine Sache enthält, hat er mich dennoch sehr gefreuet, weil ich daraus ersehen, daß es Ihnen mit mir wahrhaft am Herzen liegt. Sie haben indeß richtig vermuthet, daß ich nicht mehr die nöthige Ruhe haben mögte um Ihren Rath, bei dem Könige selbst einzukommen, befolgen zu können. Da ich nämlich von hier so scheide, als ob ich nicht wieder komme, habe ich die Zeit nur noch über sehr viele Kunstwerke Notizen gemacht, die mir, wenn ich hier geblieben langsamer aber auch besser herangereift wären. Der Herr von Zentner geht nicht nach Erlangen, sagt mir aber Klenze, daß Sie wohl hierher kommen würden. Sollte dieses gegründet sein, was ich aber kaum glaube, so würde es mich zwar auf der einen Seite sehr daueren Sie nicht mehr zu sehen, auf der anderen würden Sie aber wohl in meiner Sache hier sehr thätig wirken können. Dann müßten Sie ganz besonders die kleinen Zeichnungen zu den Basreliefs, welche Wagner für das Walhalla des Kronprinzen ausführen wird, bei Klenze ansehen. Sie zeigen wie sein ganzes Wesen zum Elastischen hinneigt, und was er darin würde geleistet haben, wenn er von Jugend an seine ganze Kraft darauf gewandt hätte. Das eine stellt die Einwanderung der Germanen aus dem Orient dar, das andere ihre religiösen Gebräuche und sonstigen Sitten. Leider prangen hier auch wieder die Druiden und Barden, die den Deutschen seit Klopstock nun einmal nicht aus dem Kopf wollen. Sonst ist alles ungemein geistreich componirt, der Charakter treflich aufgefaßt, und jedes durchaus meisterlich gezeichnet. Daß Ihr Portrait nicht in Ihren Händen war bei Empfang meines Briefes ist mir unbegreiflich, da Schlothauer es von hier mit der Post abgeschickt und darüber auch einen Postschein hat. Sollten Sie es noch immer nicht haben, zeigen Sie es wohl Schlothauern mit einigen Worten an, damit ein Laufzettel geschickt werde. Die guten Nachrichten von Ihrer Frau haben mir und allen Ihren hiesigen Freunden sehr große Freude gemacht. Möge Gott ferneres gutes Gedeihen geben! – Mein Bruder und ich denken jetzt am von hier abzugehen, über Inspruck nach Salzburg und Linz zu Fuß, von da die Donau hinab. Sie würden mir einen großen Gefallen thun, wenn Sie in der Zeit von 8 Tagen mir den Namen eines jungen oestreichischen Gelehrten, den Sie einmal hierher an Cornelius empfolen, nach Salzburg, unter der Adresse: abzugeben bei dem Maler Heinrich, schreiben mögten. Er hat Cornelius sehr gefallen, er hat aber den Namen gänzlich vergeßen. Dann fügen Sie wohl auch wieder einige Worte von dem Ergehen Ihrer Frau bei.

Mein Bruder grüßt herzlich. Leben Sie wohl.
Voll Hochachtung und Liebe
Ihr Freund

G.F. Waagen