Seiner Hochwohlgebohren
Dem Herrn Director von Schelling
nach
Frey.
Verehrtester Herr und Freund!
Schon gleich nach der Leipziger meße hat die Cottaische Buchhandlung mir in Ihrem Namen ein Exemplar des von Ihnen herausgegebenen und mit Anmerkungen bereicherten Wagnerischen Berichts über die Aeginetischen Kunstwerke – zugesendet. Ich würde Ihnen gleich damals für solches mir ungemein schätzbare Geschenk gedankt haben, allein der beste Wille wird oft aufgehalten und seith bald 4 Wochen hat mich eine Schnupfenkrankheit für jedes auch selbst angenehmes Geschäft unfähig gemacht. Nehmen sie Also meinen Dank an wie ich ihn zu geben vermag redliche Gesinnung, und Worte wie sie eben ein noch sehr schwerer Kopf zu finden weißt
Sehr belehrend ist für mich der erwahnte Bericht gewesen; habe ich gleich immer eine gute ja vorzüglich gute Meinung über den Werth und Bedeutung dieser Denkmale in Kunstgeschichtlicher Beziehung geheget so hat sich solche doch noch um vieles erhöhet und gegenwärtig bin ich sehr geneigt die Aeginetischen Statuen in ihrer Art für einzig und unschätzbar zu halten. Es ist daher einer meiner angelegentlichsten Wunsche einst zu vernehmen daß die Ergänzung und Zusammensetzung der Stücke vollendet alles in München angelangt und zugänglich sey so will ich mich alsdan kurz entschließen zu kommen um alle diese Schätze selbst zu sehen
Die Große Ähnlichkeit der Köpfe an den Aeginetischen Statuen welcher Sie schon früher in einem Brief an mich gedachten und ich jetz im Wagnerischen Bericht wieder berührt finde ist mir noch immer rätselhaft; ich sehe wohl daß Styl und Züge der Gesichter an den Statuen aus Aegina denen der Altgriechischen (sogenannt Etrurischen) Werke ähnlich sind, in diesen aber ist doch immer noch keine so gar große Ähnlichkeit wahrzunehmen als sie an den Köpfen der Aeginetischen Statuen seyn soll. Da der Alterthumskunde an der vollständigen Aufklärung dieses Punkts viel gelegen seyn muß so ist mir eingefallen ob es nicht des wenigen Aufwandes wohl werth wäre, sich von dem ehemals in der Villa Borghese gestandenen nun in Paris befindlichen Dreyseitigen alten Werk, vom Uralten Basrelief in der Villa Albani; von der Capitolinischen Brunnenmündung, von den 2 uralten sitzenden Figuren im Mus˖[eo] Pio Clementino (wenigstens die Köpfe) und von dem Florentinischen Minervenkopf, gute Gypsabgüße zu verschaffen; bey den Verhältnißen in welchen Ihre Academie stehen muß wäre es sicherlich ein leichtes dergleichen Abgüße zu erhalten oder machen zu laßen; nicht nur würde dadurch Licht über die Aeginetischen Bildwerke sondern über alle Denkmale des Alten Styls verbreitet sondern auch die vortreffliche Sammlung von Abgüßen deren die Academie sich schon erfreut würde vollständiger, und, erlaubt sey es mir zu sagen, Unterrichtender.
Über die von Ihnen dem Wagnerischen Bericht beygefügten Anmerkungen könnte ich mich weitläuftig verbreiten, wie gehaltvoll sie mir überhaupt vorgekommen, wie viel treffliche Berichtigungen darin enthalten sind, und wie sie durch mehrere Claßisch zu achtende Stellen der Alterthumskunde förderlich geworden. Allein ich habe für schicklicher gehalten die gute Meinung die ich davon hege öffentlich auszusprechen indem sich die Gelegenheit dazu dargeboten. Die Hallische Litteratur Zeitung hatte mich nehmlich ersucht eine Anzeige des Berichts über die Aeginetischen Kunstwerke einzusenden. Ob diese meine Anzeige schon abgedruckt und erschienen ist kann ich zwar nicht sagen indem die Hallische Allg˖[emeine] L˖[iteratur] Z˖[eitung] mir nur vierteljährig zugesichte kommt; ungefähr 6 Wochen dürften verstrichen seyn seit ich jene Anzeige nach Halle gesendet.
Bereits ermüdet vom Schreiben will ich um Erlaubniß bitten hier meinen Brief zu schließen mich Ihrer Freundschaft und Gewogenheit ferner empfehlend
Ihr ganz ergebener Diener
H Meyer
Weimar .