Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Theurer Lieber Bruder!

Seit mehreren Wochen nahm ich mir vor mich nach Deinem und der lieben Deinnigen Wohlbefinden zu befragen – bekam aber wegen mancherlei Traurigen Besorgungen nie Zeit –. ich nahm mit unsrer geliebten Sel˖[igen] Mutter so innigen Antheil an der Unbäslichkeit deiner lieben Frau wir sprachen Täglich von Ihr – es war ihr so wichtig das doch dir und deinen hofnungsvollen Kindern die treue Gefärtin erhalten werde, ich bin es auch gewis, daß die liebe Sel˖[ige] Mutter in der Ewigkeit für Dich besonders Wirken wird – da ihr dein und deiner lieben Kinder Wohl so sehr am Herzen lag –

Über die freudige Hoffnung Dich m˖[einen] geliebten Bruder mit den lieben Deinigen recht bald hier zu sehen – kann ich mich nur halb so gros freuen als es sonst der Fall gewesen wäre – Ach wenn ich mir die gute Mutter Denke waß sie sich da erfreut hätte! so ergreift mich immer neben der Freude zugleich auch der tiefste Schmerz. Sie war gerade in der lezten Zeit so lebhaft und empfänglich – hatte imer Lust Spazieren zu gehen und behauptete nie Müde davon zu seyn – Ach wie Sie sich da über das muntere Wesen des Theodors immer freute wann er den Weg oft doppelt machte –. Wie Sie überhaupt seit dem Ludw[igs]b˖[urger] Auffenthalt – so mit besonderer Zärtlichkeit Liebe und Sorgfalt an mir und meinen Kindern hieng, fiel mir noch bei ihrem Leben Auf – so, daß und mich bei m˖[einen] Verwandten darüber aeusserte – leider nicht Ahndent – daß die Theure ein Vorgefühlt der nahen Trennung mus verspürt haben. mir ist es oft die Gute Mutter wäre verreißt weil Sie so schnell und Ganz unvermuthet nicht ein mal in ihrer Wohnung uns entrissen wurde. Gott lob, daß es mit der Gesundheit des guten lieben Br˖[uder] Carls so gut geht diesen – du kannst dir seinen Schmerz nicht Gros genug denken den Er bei dem Anfall und bei der Überzeugung von dem nahen Ende empfand, alles hätte Er hingegeben um die geliebte Mutter zu retten – aber leider alle seine Mühe und Sorgfalt vergebens.

Auch s˖[eine] Frau denkt so Edel und Gut – und hat unsrer lieben Sel˖[igen] Mutter recht viele Liebe und Sorgfalt bewiesen, die liebe Mutter ausserte sich oft bei mir, daß wir so glüklich wären auch eine so Gut und Edel denke Verwandtin an der lieben Doktorin zu haben.

Seit 6 – Tag hat m˖[ein] Theodor die rothen Fleken – aber ganz Gut – ich kan ihn beinahe nicht in s˖[einem] Bethchen erhalten – nun habe ich doch wieder eine Sorge weniger – da diese Krankheit nun bald vorüber wenigstens die Gefar. Diesen Abend bringe ich in Gesellschaft der Madame Huber und ihrer Tochter zu, was schon öfters der Fall war – ich mus sagen, daß ich gerne in ihrer Gesellschaft bin – und bin jezt auch überzeugt, daß die schlechtdenkende Hoffin Vieles auf sie gelogen hat – ich finde sie viel besser. Schreibe uns recht bald den Tag wo uns das grose Glük zu theil wird dich deine geliebte Frau und herrliche Kinderchen – (von den leztern hoffe ich auch 1. Theil ### brechen) umarmen zu dörfen. Deine liebe Frau möchte von ihren Kindsbethen so viel es möglich ist mit bringen – weil die liebe Schwägerin mit k˖[einem] versehen und ich die meinige bei m˖[einem] Verkauff verkauft habe –

Nun erspäre ich alles aufs mündliche.

Mich Dir Deiner lieben Frau und Kinderchen aufs freundlichste empfehlend bin ich mit warer Liebe
Deine
tr˖[eue] Schwester.

B. G.