Gotha den .
Des Freundes Wort kam zu rechter Zeit und Stunde, nach bangen Augenblicken zuerst wieder Freudigkeit in unser Gemüth zu bringen, gleichsam als hätten Sie fühlen können, bester Schelling! wie uns in jenen Tagen ein so herzliches Andenken doppelt wohl that. Wir waren mit der Pflege einer guten Grosmutter beschäftigt, die leider unsre Wünsche und Sorgfalt nicht am Leben haben erhalten können, wenn auch ihre heitere Seele, ihre Lebenskraft und Lebenslust ein höheres Alter hoffen ließen. Ihr Verlust läßt eine Lücke in unsren Herzen und in unserm Kreis, die uns lange fühlbar bleiben wird. Noch außer diesem hat mich manches Schmerzliche aufgesucht, auch in Schleusingen bin ich vertrauter worden, mit der Vergänglichkeit jedes Besitzes, selbst des – Liebsten, ich mußte ein holdes Kind in meinen Armen verscheiden sehn, deßen frisch aufblühendes Leben mich noch wenige Tage zuvor entzückte. Es war in der ahndungsvollen Stunde des , und es schien mir keine günstige Vorbedeutung für das beginnende. So ist in dieser Zeit abwechselnd mein Gemüth bewegt, meine Empfindung bestürmt worden, und es waren Augenblicke darunter in denen es meines festen Willens bedurfte meine Besonnenheit nicht zu verlieren; aber es waren auch nur Augenblicke. Rings um uns, nah und fern, geschehn täglich Ereigniße, durch die Natur und durch Menschenhände, wo Menschenleben und alles, was Menschen theuer ist, für nichts geachtet wird, wo ein Augenblick Tausende in Drangsale versetzt, daß man auch immer fragen möchte »Wer ist denn glücklich?« Wenn ich dann um mich blicke, lieber Schelling, fühle ich in Demuth mein unverdientes Glück, was mir vor vielen Andern, an der Seite einer so lieben Mutter zu Theil wird; aber der Himmel weiß auch, wie ich es schätze, wie ich es immer mehr erkenne! Und auch Ihre Freundschaft, bester Schelling! ist meiner Glückseligkeit unentbehrlich, und mehr als ich aussprechen kann, empfinde ich ihren Werth mit gerührten Herzen.
Sie hatten wohl recht, lieber Schelling, daß die eine Stelle Ihres Briefs, meiner Neigung zum Frieden nach, mir wehe thun würde. Mein friedliebendes Gemüth möchte auch meine Freunde nicht gern in Krieg und Streit wissen, und es hat mich wirklich betrübt, daß Sie auf eine so unangenehme Weise dazu aufgefodert und veranlaßt worden; ich besorge sehr, es könne noch manches Verdrießliche weiter daraus für Sie entspringen, was mir so leid wäre und warum ich gern die Sache ungeschehn wüßte. Lieb ist es mir indeß, daß wir das kriegerische Buch zu sehn, bekommen, wenn gleich seine Entstehung gerade zu nicht erfreulich ist. Alles was von Ihnen kömmt, hat das lebhafteste Interesse für uns.
In Schlichtegrolls Seelchen sieht es wohl recht ängstlich und bänglich jetzt aus, seinen Gönner und Herrn in solchen Bedrängnissen zu wissen, und ich glaube, er sagte auch mit Freuden dem gefährlichen Platz ein Lebewohl, der denn freylich seit Hambergers Zustand peinlich genug seyn mag. Übrigens thut es mir leid, daß die Landsleute uns nicht mehr Ehre gemacht. Neulich hörte ich von Jena aus, der D. Seebeck hoffe eine Anstellung in München zu erhalten, ich weiß nicht ob es gegründet ist. Auch gilt es mir gleich, wer dieses Weg zieht, ich frage nur danach, wer dieses Wegs kömmt, und mahne Sie gern bey zeiten, bester Schelling! Ihrer Versprechungen eingedenk zu bleiben. Der größte Theil des trübseligen liegt uns nun schon in Rücken, und es ist so reizend, der Hoffnung auf einen baldigen die auf ein frohes Wiedersehn des Freundes zu verweben! –
In dem einsamen Schloße hause ich nun freylich nicht mehr; haben Sie mir aber Goethe’s Leben zugedacht, bester Schelling, so bitte ich Sie auch noch darum, es ist mir tröstlich und erfreulich an jedem Ort.
Vor kurzen hat uns ein Künstler aus Rom besucht, von Rohden der uns manches Interessante von der dortigen Künstlerwelt erzählt hat, auch von Jos˖[eph] Koch und seiner schönen Landschaft, die sie erhalten haben. Rohden ging nach Weimar, wo in diesen Tagen Romeo und Julie nach Schlegels Ubersetzung mit einigen Abänderungen von Goethe auf das Theater gebracht wird. Der alte Herr verspricht sich viel Freude davon und ist schon seit mehreren Wochen mit der Umarbeitung beschäftigt.
Leben Sie nun wohl, lieber Schelling! Die Mutter und Schwestern sagen Ihnen mit mir tausend Liebes und Freundliches. Mit treuer Seele und ich darf wohl sagen mit frommen Sinn, habe ich Ihnen im beginnenden , das heiterste freundlichste Loos vom Himmel erbeten; aber gerne wiederhohle ich Ihnen auch den Einen Wunsch – und möchte ihn Ihnen so recht ans Herz legen, daß Ihr Wohlwollen, Ihre Theilnahme, Ihre Freundschaft, uns immer begleiten möge, sie sind eine unerläßliche Bedingung unsrer Zufriedenheit.
Pauline.