Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Ihr herzlicher Brief, lieber Freund, hat mich recht erfreut. Könnte ich Ihnen nur recht mit Verstand rathen in Ihrer Angelegenheit! Aber wer kann jetzt urtheilen, was besser was schlechter ist? Es ist eine Zeit, da man alles Gott überlassen muß. Bey Berlin ist freylich viel zu bedenken; doch ist es auch nicht grade wegzustoßen. Am Ende kommt es doch hauptsächlich auf uns an. Trauen Sie sich Festigkeit genug zu, um auch in Berlin, nicht gegen Verfolgungen und Bedrückungen, die Sie – dort nicht wie in Baiern zu erwarten haben, aber gegen das gleißnerisch-politische Wesen, worein sich dort von jeher auch das Bessere hüllen mußte und die Bedingtheit der Toleranz für das Rechte, innerlich Stand zu halten, warum sollten Sie den Antrag grade von der Hand weisen? Es ist wahr, man wird dort bald etwas anders aus Ihnen zu machen suchen, als Sie jetzt sind und seyn wollen, aber es hängt ja von Ihnen ab, der Einwirkung nachzugeben oder nicht. Noch ist ja der letzte Moment der Entscheidung nicht da. Antworten Sie also nur erst freundlich; machen Sie sich gute Bedingungen (1500 rh. ist das Gewöhnliche; Sie können aber schon auf 2000 bis 2500 gehen – das Äußere hat leider einen gar großen Einfluß; es ist Pflicht, auch dafür zu sorgen; der Mensch ist in vieler Hinsicht ein anderer, wenn er frey und sorgenlos lebt) und erwarten Sie dann den bestimmten Erfolg. In Anträgen, die von jenem Mann kommen, ist, wie mich mehrere versichert, keine unbedingte Zuverläßigkeit, das Spiel der Parteien ist auch dort nicht gering; vielleicht denkt R. Sie um ein Geringes bekommen zu können, und dieß ist doch bey Berlin nicht möglich. Kommt der bestimmte Antrag, dann ist es noch immer Zeit zu überlegen, was für Sie das Beste ist, was Sie sich selbst, Ihrer Familie, Ihren Freunden, was Baiern schuldig sind. Vor der Hand kann ich Ihnen leider wegen Erlangens nichts Ersprießliches melden. Es fehlt ganz am nervus rerum gerundarum; die Sache ruht bis jetzt troz aller Gegenbehauptungen, wie ich gewiß weiß; Schrebers Stelle soll wie man sagt einstweilen Goldfuß versehen; im besten Fall ist die Hoffnung und Aussicht doch nur geringe für das Ganze und für Sie. Überhaupt wird der Zustand immer hoffnungsloser; ich möchte sagen, es ist nichts mehr zu erwarten. Aber wo ist es anders? In Berlin am Ende auch nicht. Zuletzt ist es doch nur ein Strohfeuer; oder eine neue Regung des alten Hochmuths. – Da ist also nicht viel zu rathen. Doch wenn Ihnen der Ruf nach Berlin eine Stelle in Erlangen verschaffte, so würde auch mein Gefühl mehr für dieses stimmen: aber selbst in jenem Fall ist nichts Gewisses zu versprechen. Öffnet sich also keine andre Aussicht und es werden Ihnen in Berlin gute Bedingungen gemacht, so muß man glauben, es sey der Wille der Vorsehung der Sie dahin ruft.

Ich habe einen Theil des viel gearbeitet den andern wenig oder nichts; auch ich habe viel inneres Leid gehabt. Baader ist noch nicht zurück. Spix hat ihren Brief erhalten und wird demnächst antworten. Burger’n kenne ich nicht; aber daß er ein Freund Hahns gewesen sagt mir genug. Ich habe diesen großen Mann auch als kleiner Knabe mit geheimer, unverstandner Ehrfurcht gesehen; und sonderbar genug, mein erstes Gedicht, deren ich in meinem Leben wenige gemacht, war auf seinen Tod. Nie werde ich seinen Anblick vergessen. – Haben Sie Baader’n vielleicht durch Burger den Johannes Angelus Silesius verschafft? Ich hatte ihn lang von Sailer geliehen, und auch Baadern zuerst damit bekannt gemacht. Nun habe ich ihn endlich zurückgeben müssen. Und doch ist er ein Begleiter, den man nicht gern wieder verliert; es ist für mich eins der liebsten Bücher. Hätten Sie durch diesen oder irgend einen andern Freund Gelegenheit es mir zu ### verschaffen, so würde ich Ihnen recht dankbar seyn.

Leben Sie wohl und gedenken meiner

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