Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

ObermedicinalRath Dr. Schelling

in

Stuttgardt

frey bishin.

Liebster Bruder!

Es ist so natürlich, bey Deinen ausgedehnten Geschäften und der drückenden Hitze dieses , wenn Du selten zum Schreiben kommst, daß es gewiß keiner Entschuldigung bedurft hätte. Auch würde ich Dir schon längst wieder geschrieben haben, wenn ich bis jetzt nicht noch immer wegen der nächsten Zukunft zweifelhaft gewesen wäre. Nämlich, ich wünschte gar sehr, im nach Carlsbad zu gehen, nicht daß ich es so sehr nöthig hätte, denn im Gegentheil hat es auf mich im letzten so vortheilhaft gewirkt, daß ich in diesem Sommer mich besser als seit vielen Jahren befinde; allein der (der Geburtstag des Königs) war eine so entscheidende Rücksicht, daß ich nun entschlossen bin, gegen diese Zeit nach München abzugehen, die öffentliche Sitzung an jenem Tag zu präsidiren und eine einleitende Rede zu halten; dagegen aber noch nach Carlsbad zu gehen und den dort zuzubringen, wozu der Himmel hoffentlich noch sommerliche Witterung bescheren wird. Ich hätte sehr gewünscht, Paul und Friz nach München kommen zu lassen, um sie mit in das Carlsbad zu nehmen, wo ich noch am ehesten Zeit hätte, mich ihnen zu widmen. Allein dem wird das Landexamen und vielleicht noch Andres entgegenstehen. Ich habe an Planck deßhalb geschrieben, und werde, wenn dieß nicht seyn kann, sie entweder nach München auf 8–14 Tage im kommen lassen, oder mit ihnen in Ulm zusammentreffen. Du hast den beyden Jungen wieder soviel Güte erwiesen, daß ich mich abermals außer Stand fühle Dir zu danken, und mich wie immer, als Deinen Schuldner bekennen muß. Herzlich erfreuen uns die guten Nachrichten von Deiner lieben Frau und der lieben Kleinen, und ich sehe es als den schönsten Beweis von Deiner und Deiner lieben Frau liebevollen und gütigen Gesinnung für mich an, daß Du mir an der lieben Kleinen Pathenrecht hast geben wollen.

Gott erhalte und segne das liebe Kind, so wie sein Schwesterchen auf alle Weise. Empfiel uns auf’s Angelegenste Deiner lieben Frau und allen verehrten Verwandten. Grüße Clärchen und Beate.

NB. Meine Frau begleitet mich nach München; wir beyde werden von Carlsbad über hier zurückreisen, und meine Frau denn vollends den Umzug besorgen. Bis dahin bleiben die Kinder unter Aufsicht meiner Schwägerin hier.

Entschuldige die Eile; und auch den halben Bogen; es war das letzte Blatt, das ich im Hause hatte, und die Zeit erlaubt nicht, nach andrem zu schicken.
Dein tr˖[euer] Br˖[uder]

Fr.