Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Eure Hochwohlgeboren

Recht inigst hat es mich erfreuet Ihre freundschaftliche Zuschrift mein Hochverehrter Lehrer zu erhalten, und in derselben so viel ermunterndes für mich zu finden. Die Zustimmung die Sie meiner Arbeit schenken, ist mir außerordentlich wichtig, und ist mir in der Tat eine der stärksten Proben für die Richtigkeit des Weges den ich betreten habe. – ich bin sehr begierig auf die Erscheinung Ihrer Mythologie, die man schon so lange erwartet hat. hoffentlich wird dieselbe noch früher erscheinen ehe mein zweiter Theil fertig ist, denn ich wünschte sehr dieses Werk von welchem Große Aufschlüße zu erwarten sind, bei meiner Arbeit zu benutzen. Vor einigen Monaten habe ich an dem zweiten Theile angefangen, und ich hoffe wills Gott in zwei Jahren damit fertig zu werden; es ist freilich eine lange Zeit, allein ich habe durchaus die Gabe nicht, schnell arbeiten zu können.

Da Sie wünschen die Anzeige von Görres im Katholik zu lesen, so beehre ich mich Ihnen einen Abdruk derselben zu übersenden: ich hätte sehr gewünscht daß Sie eine Anzeige gemacht, indessen ist die Anmerkung in Ihrer Mythologie schon hinlanglich, und ich danke Ihnen herzlich dafür. Aber um eins bitte ich recht angelegentlich. Nehmlich daß Sie die Güte haben möchten einen Theologen in Erlangen oder sonst wo dafür zu gewinnen, der eine Recension macht. Denn da der Herr den biblischen Kritiker bald heran rufen wird, so ist sehr nothwendig die beßren Theologen für die Sache zu interreßiren. Zwei Recensionen sind bereits abgesendet die eine von Fried[rich] von Mayer dahie, welche in den Rintler theol[ogischen] Analen erscheinen wird, und die andere von Prof[essor] Gügler in Lucern, welcher seine Anzeige in die Theol[ogischen] Blätter nach München gesendet hat. – indeßen sind zwei Recensionen noch nicht hinreichend. – Denn da ich die Bibel Exegeten in ihrem innersten angegriffen habe, so werden sie alles aufbiethen und von allen Seiten aufstehen um diesen für sie verderblichen Geist von der Theologie abzuhalten, ich möchte jedoch durchaus mich jezt in keine Polemik einlaßen, um ruhig an dem zweiten Theile fortarbeiten zu können. Nur da wo freilich über wesentliche Punkte Rede zu stehen wäre, da müßte ich kurz antworten. Ohne Zweifel haben Sie unter Ihren ältern Schülern geistreiche Theologen. Sehr verbinden würden Sie mich, und dem Werk einen großen Vorschub leisten, wenn Sie diejenigen, mit denen Sie in Verbindung stehen, gütigst auffodern würden zur Regeneration der Theologie mit Hand an das Werk zu legen. – Windischman und Augusti werden auch Recension liefern. In dem zweiten Theile werde ich mir es angelegen seyn lassen die kabalistischen Begriffe von Arech anpin (dem langen Gesicht) und Seir anpin (dem kleinen kurzen Gesicht) wovon das erstere den Vater, den unendlichen langmüthigen, das zweite aber den Sohn bedeutet, der in seiner Barmherzigkeit zugleich auch die Strenge des Richters verbindet, – auseinander zu setzen.

Leben Sie recht wohl mein hochverehrter Lehrer. Gott schenke Ihnen seinen besten Seegen.
Mit besonderster Verehrung Ihr gehorsamster

Molitor