Heidelberg den .
Meine Antwort auf Ihren Brief vom käme nicht so spät, mein verehrungswürdiger Herr und Freund, wäre ich nicht durch die sich widersprechenden Nachrichten über Ihr Bleiben und Abreisen irre gemacht worden. – Jezt endlich, und noch vor Jahresschluß heiße ich Sie denn willkommen auf Ihrem neuen Standpuncte, und füge den herzlichen Wunsch hinzu, daß Ihre Gesundheit sich im Frankenlande nun wieder recht dauerhaft befestigen möge. Ich denke das volontäre Lehramt wird Ihnen recht lieb werden. Wohl aber haben Sie gethan, aus Ihrer freieren Stellung nicht herauszutreten. Ich kann aus entgegengesetzter Erfahrung reden. Ihre Anhänglichkeit an Baiern ist mir ganz begreiflich, da ich in Baden Gelegenheit hatte, mit Ihrem liebenswürdigen König einigermaßen bekannt zu werden. Uns aber wünsche ich zu dieser Veränderung Glück, weil wir nun eher hoffen dürfen, Sie zuweilen hier zu sehen.
Was Sie mir über die Kabiren im Buch Hiob schreiben hat meine Aufmerksamkeit sehr angeregt. Ich mache natürlich von dieser Mittheilung keinen öffentlichen Gebrauch. Zur Bestätigung der von Ihnen berührten Notiz im Suidas können Sie jezt noch eine Stelle im Etymologicum Gudianun p. 289 l. 24 sqq brauchen, wo es heißt: Κάβειροι δὲ δοκοῦσιν προσηγορεῦσθαι ἀπὸ Καβείρων ὀρέων Φρυγίας, ἐπεὶ ἐντεῦθεν μετηνέχθησαν
. Einer meiner ehemaligen Zuhörer der Pfarrer Rinck, bisher in Venedig jezt aber im Begrif als Professor der Exegese an die protest˖[antische] Facultät nach Wien zu gehen, wird nächstens eine kleine Abhandlung über die Kabiren in Ital˖[ienischer] Sprache herausgeben. Es werden nur wenige Bogen seyn, und der nächste Zweck ist die Erklärung einer in Venedig gefundenen Griechischen Inschrift, worin der Kabiren gedacht wird. Ich weis nicht, welchen Weg er eingeschlagen, und habe von Ihrem Funde im Hiob auch gegen ihn geschwiegen. Hiebei übersende ich Ihnen den 3ten B˖[and] der Symbolik, dem der 4te und lezte gleich nach nachfolgen wird.
Dem Proclus in Alcib. habe ich sogar Ihren werthen Namen vorgesezt, und auch vorausgesetzt, daß es Ihnen nicht unangenehm seyn werde, mit einem gründlichen Französischen Philologen auf Einem Blatte zusammengestellt zu werden. Nehmen Sie beide Bücher mit Ihrer gewohnten Güte auf. – Proclus hätte vielleicht etwas reifer werden können, aber das sehr unlöbliche Verfahren des Ihnen auch bekannten Herrn Cousin, der in Deutschland zuerst den Namen Proclus gehört hatte, nöthigte mich, nun unverweilt hervorzutreten. Ich will Sie mit dieser unlieblichen Geschichte nicht behelligen. Das zweite Heft mit dem Schluß dieses Buchs wird Ihnen noch im übersendet werden. Jetzt wird am Olympiodorus in Alcib. gedruckt. Dann lasse ich unmittelbar Procli Institutio theologica folgen. Leztere wird Sie vielleicht am meisten interessiren.
Nun lebe ich sehr der Hoffnung, daß Sie die Stimmung und Muße finden werden, Ihr großes Werk die Weltalter endlich hervortreten zu lassen. Ich bin ungemein verlangend nach der Belehrung, die ich mir davon verspreche, und hätte wohl gewünscht noch für diese neue Ausgabe meiner Mythologie davon Anwendung machen zu können.
Erhalten Sie mir auch im und ferner Ihre Freundschaft so wie ich mit wahrer Verehrung Ihnen zugethan bleibe
Ihr
Fr. Creuzer.