Verehrungswürdigster Herr und Gönner!
Der zurückgewünschten Preiszeichnung habe ich auf der Stelle nachgeforscht, nur meynte ich, es könne kein Polyphem und Ulyß von Hofmann in Cölln seyn; ich erinnerte mich der schönen Zeichnung von Martin Wagner aus Würzburg, und daß diese den Preis gewonnen hatte und mit Ihrer Bewilligung war hierher geschickt worden. Noch aber kann ich kein freudiges Εὕρηκα Ihnen überschreiben. Der erste, in dessen Hände die Zeichnung übergeben worden war, um sie hieher zu schicken, wies mich an einen zweyten, der sie erhalten haben sollte, um den empfehlenden Gebrauch davon zu machen. Dieser, ein höchst genauer, sorgfältiger Mann betheuerte sogleich, sie nicht erhalten zu haben. Derselbe ließ nun bey sämmtlichen betreffenden Acten nachsehen; nirgends eine Spur! Jetzt habe ich es schriftlich ausgefertigt in Handen, daß die Zeichnung nicht hieher weder an’s Ministerium noch an den zuerst angegebenen Staatsmann gekommen ist. Hiedurch in Stand gesetzt, dem Ersten zu Leib zu gehen, werde ich alles aufbieten, sie wieder zu erhalten. Dieß ist vor jetzt der Stand der Sache, den ich Ihnen lieber melden wollte, als durch längeres Schweigen mir den Schein der Vernachläßigung zuziehen.
Der tragische des Bildhauers Weißer hat mir recht zugesetzt, theils um des geschickten Mannes selbst willen theils weil ich zugleich hören mußte, daß er von hier aus noch immer nicht seine Bezahlung erhalten hatte, also auch diesen, noch dazu gerechten Verdruß mit aus der Welt nahm. Ich habe mir indeß hierunter keine Vorwürfe zu machen, etwa den ausgenommen, nicht früher mich wieder in Weimar erkundiget zu haben; denn Angesichts Ihres Schreibens wendete ich mich mündlich an den Bibliothekär, schriftlich an den Secretär Seiner Königlichen Hoheit: beyde versprachen, die Sache sogleich zu betreiben, was auch gewiß geschehen ist.
Wie nun dem ungeachtet die Bezahlung unterbleiben konnte, weiß ich nicht zu erklären.
Herr Fr˖[iedrich] Schlosser hat sich erboten diese Zeilen mitzunehmen. Wenn mir nur Einmal das Glück so wohl wollte, wie jetzt manchen meiner Bekannten und Freunde, daß ich einige Stunden nur mit und bey Ihnen seyn könnte! –
Mit der innigsten treuesten Verehrung.
Ihr
ganz gehors˖[amer]
Schelling.
München den .