Thema Einleitung zu Buch 2 der Weltalter
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Schelling »Die Weltalter: Entwürfe und Fragmente zum Zweiten Buch« (?). TextXXXVIII Die Zeiten der Vergangenheit, den vorweltlichen Zustand haben wir nun so viel möglich beschrieben.Damit aberEhe wir aber die Zeiten der Gegenwart darzustellen unternehmen, ist es nothwendig, den Gegensatz derselben mit der Vergangenheit in das möglich deutlichste Licht zu stellen.Es ist dem Menschen so natürlich zu denken, daß alles in der Welt aus lauter Güte und Liebe bestehen sollte; und doch erfährt er bald das Gegentheil; ein Widerstrebendes dringt sich überall auf, vor dem das Gute kaum und nur mit Mühe zur Wirklichkeit gedeiht, so daß es endlich als ein eignes Wesen anerkannt werden
mußundwie schon in der frühesten Zeitausgesprochen werden muß. Schon in der frühesten Zeit findet sich das lebhafte Gefühl dieses unläugbaren Anderen;welches von dem Einem der Gegensatz oder die Zweyheit schlechthin, von andern die Finsterniß, der Krieg, das Unglück, oder auch dasdessen Gegensatz mit dem Einen bald durch Finsterniß und Licht, durch das Linke und das Rechte, das Krumme und das Geradebald auchausgedrückt wurde. Tieferes Nachsinnen zeigt, daß die göttliche Natur selbst ohne ein solches Anderes nicht bestehen könnte. Die Verbindung eines Höheren und eines Niederen, das jenem als erste Potenz, Wurzel und gleichsam als Unterhalt dient, ist nothwendig zu aller Existenz. Ohne die Grundlage eines Realen läßt sich auch das höchste Ideale nicht als wirklich denken; das geistigste Gewächs verlangt eine Erde, aus der es wächst. Der reinste Wein erzeugt sich eine Hefe; scharfer Essig will eine Mutter haben; in jedem Ey sind zwey Substanzen, wovon die eine nur als Nahrung des höheren dient, das sich aus der andern entwickelt.Es sind jedoch diese zwey Principien nicht wie die zwey Theile eines Wesens zu denken, so daß es erst durch beyde eine wirkliche Substanz würde; sondern das Wesen oder die Natur selber ist als ein Untheilbares zu denken, das ganz das eine, und ganz das andre ist, so daß in jedem von beyden, in der Liebe wie im eignen Willen, im Idealen wie im Realen gleicherweise das Ganze ist. Gleichwie der Mensch als selbstische Natur betrachtet nicht bloß der Theil von einem Menschen ist, sondern der ganze Mensch in der Gestalt der Selbstheit; und der nämliche als unselbstisches Wesen angesehen, auch nicht der bloße Theil von einem Menschen ist, sondern der ganze Mensch in der Unselbstheit angesehen.
Ebendarum weil jedes dieser Principien
allgemeines Princip ist kann es sich an und dennochdas ganze Wesen ist, kann es auch wieder das Ganze sich unterordnen. Denn der selbstische Mensch schließt darum das höhere und bessere Princip nicht von sich aus; es ist in ihm nur dem der Selbstheit untergeordnet. Beyde Principien können wieder entweder durch Selbstheit oder durch Liebe vereinigt seyn, und der Natur nach ist die Vereinigung durch Selbstheit die erste und anfängliche, indem ein jedes Wesen erst für sich selbst, als ein eignes, besonders daseyn muß, um etwas aus sich zu entwickeln, das höher ist denn es selbst.So ist es denn auch mit der göttlichen Natur. Daß
sienämlich die beyden Principien in ihr zunächst durch ihre Selbstheit vereinigt sind, welches ihr keimlicher Zustand, oder der ihres reinen In-sich-seyns ist, da noch nichts außer ihr ist, kein Geschöpf, sondern sie selbst allein, eingeschlossen in ihre eigne Selbstheit. Weil aber jede Natur zur Wirklichkeit strebt, so geräth auch jene in den beschriebenen Zustand des Widerstreits, indem das untergeordnete Princip seiner Natur nach nie zum Aktus gelangen kann, also auch jene erste Persönlichkeit nur dann sich zur Wirklichkeit entfalten könnte, wenn das eigentliche Wesen sich als Seyendes erheben und das andere seiner Natur nach nicht seyende Princip sich unterordnen könnte. Von sich selbst aber vermag die Selbstheit dieß nicht,denn kein Principund auch das andere Princip kann es nicht, weil es nicht frey sondern von der Selbstheitgefangen und gefesseltbefangen und gebunden ist. Wie das Samenkorn, wenn es in die Erde gesenkt ist, zwar auch in sich selbstdie Neigung unddie Sehnsucht hat, das Edlere von sichnach obenins Licht zu erheben; das unedlere in die Tiefe zu versenken, aber ohne ein äußeres aufschließendes Princip, ohne eine Sonne es doch nicht vermöchte; eben so ist auch die göttliche Natur im potentiellen Zustande unfähig, sich selbst zu entfalten und gleichsam zu organisiren, so sehr sie sich darnach sehnt; und muß diese die aufschließende Sonne sich erst selbst erzeugen, um durch sie aus dem bloßen Potenzzustand zum Aktus erhoben zu werden.Um nun diese Erhebung zu begreifen muß vorerst folgendes bemerkt werden. Jedes der beyden Principien, die wir als Ideales und Reales ausdrücken, oder der Kürze wegen auch durch A und B bezeichnen werden, ist die ganze Substanz. Aber das Ideale ist also nur Ein und dasselbe Wesen im Subjektiven und Objektiven; und die durch den zusammenziehenden WillenUm diese Erhebung und Entfaltung recht zu begreifen, müssen wir nochmals auf die Einheit zurückgehen, und diese ganz zu erkennen suchen. In der Einheit sind erstens die zwey
Principienihrer Natur nach Entgegengesetzten, die lautere Wesenheit, die für sich ganze Substanz ist und das andere, was zwar bloß Grund von Existenz ist, in sich aber ebenfalls ganze Substanz. Jenes erste Princip nennen wir der Kürze wegen schlechthin das Ideale,das andredieses das Reale. Außer dieser wirklichen Entgegensetzung aber zeigte sich noch eine andre Unterscheidung in der ersten Einheit, die des Subjekts und des Objekts. Wir können diese als keinen wirklichen, sondern nur als einen geistigen oder dynamischen Gegensatz ansehen, der lediglich in dem Zusammenziehen des eignen Willens seinen Grund hat, und aufhörte sowie dieses aufhörte. Gleichwie es ein jeder in sich erfahren kann, da die Spannung von Subjekt und Objekt in ihm nur besteht, sofern er will, oder sie erreget. Denn es ist eigentlich nur das Ideale was als Subjekt und als Objekt gesetzt ist, und zwar nicht von sich selbst sondern nur durch die Wirkung des zusammenziehenden Willens, der auf sie beyde nicht anders wirkt als wenn ein saures Lab auf die Milch wirkt, das in dieser gleich die Bestandtheile scheidet aber sie ebendadurch körperlicher macht und ihr die erste Consistenz gibt.Nun ist aber das Wesen oder Ideale, obgleich als Subjekt und Objekt gesetzt, doch an sich nur Ein Wesen und wird in jener Gegensetzung nicht getheilt, bleibt vielmehr im Seyenden und im Seyn dasselbe Wesen, empfindet sich auch immer noch als dasselbe. Könnte die zusammenziehende Wirkung aufhören, so flösse das Wesen im Subjekt und das im Objekt gleich wieder zusammen, denn es war nur ein gemachter Gegensatz, kein ursprünglicher. Aber es kann und soll die zusammenziehende Kraft nicht aufhören, damit eben immer ein Grund der Realität bleibe, und es ist die Realität, wenn sie einmal gefunden, eine so kostbare Sache, daß selbst das Wesen es aufgibt, sie wieder zu vernichten und
sichliebereingeschlossen und entzweyt(zugezogen und in der Zweyheit) bleibt um sie nicht wieder zu verlieren.Dennoch aber kann es die Vermischung in der es sich befindet nicht tragen. Denn das Ideale ist einmal seiner Natur nach das höhere und eigentliche Wesen; das Reale aber seiner Natur nach bloß der Grund, das Untergeordnete des Wesens und eigentlich Nichtseyende. Im Zustand der ersten Contraction aber ist sowohl das Ideale mit dem Realen ganz durchzogen, und durchzieht auch es wieder, so daß beyde ganz gleichgewogen sind und zusammen in der That nur Eine Substanz ausmachen. Immer also verlangt das Ideale seiner eigentümlichen Natur gemäß über das Reale sich zu erheben und es sich unterzuordnen
und eben damit aber den Gegensatz von Subjekt und Objekt ganz aufzuheben; immer aber wird es von derEinheitzusammenziehenden Kraft der herrschenden Selbstheit wieder herab in die Tiefe gezogen und mit dem anderen durchdrungen,weil es wohl fühlt, daß diese Durchdringung davon abhängt, daß es als Subjekt und Objekt gesetzt ist, sucht es diese Doppelheit aufzuheben und Subjekt und Objekt, die obwohl entgegengesetzt doch aber immer als Eins gesetzt sind,2. Einleitung zum Zweiten Buch
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Schelling »Weltalter-Fragmente (NL 79)« (?). TextXXXII) zeitigen Sublimation stattfinden kann. So wenig der Pflanzenkeim die Wurzel in die Tiefe treiben kann, ohne in gleichem Verhältniß das edlere Theil in Licht und Luft zu erhöhen: ebenso wenig ist die Schöpfung durch einen einseitigen Niederwerfungsproceß zu erklären. Zwar ohne einen solchen, überhaupt ohne eine Katabole, wodurch ein zuvor Daseyendes zum Grund gelegt, oder gemacht, wird ist gar kein Anfang denkbar, (das griechische Wort, dessen sich besonders die christlichen Schriften bey Gelegenheit der Schöpfung bedienen vereinigt in der That die verschiednen Bedeutungen der Niederwerfung, der zu-Grund-Legung und des Anfangs), aber so wie keine Erhöhung ohneselbst Erniedrigung denkbar ist, so ist auch keine zu-Grundlegung ohne eine entsprechende Erhebung.Die äußere oder sichtbare Natur wird im Prozeß der Schöpfung als Stoff
oder Unterlage der Geisterwelt gesetzt, aber dieser Herabsetzung zur ersten Potenz entspricht nicht nur die gleichzeitige Erhöhung der Geisterwelt zum Aktus, zur Wirklichkeit, sondern unmittelbar auch für die Natur selbst ist jene Erniedrigung der Anfang und die Bedingung einer fortwährenden Erhöhung. Denn in gleichem Verhältniß als in ihr das Nichtseyende in die Vergangenheit zurücktritt, wird das Seyende aus ihr selbst erhoben, und so ihre Dunkelheit in Klarheit verwandelt.Daß die Natur wirklich nur durch diese Unterordnung unter die Geisterwelt diese ihre uns sichtbare Gestalt erhalten, und der ganze Naturprozeß nur unter Voraussetzung dieser Oberherrschaft des Geistigen denkbar sey, davon wird die ganze Folge dieser Geschichte den Beweis liefern.
Es scheint hier nicht unschicklich, ein allgemeines Wort über unsre Ansicht der Natur zu sprechen, welche ja nun lang genug für eine Naturvergötterung ist ausgegeben worden. Zu Vorwürfen der Art die das Gepräge der Unfähigkeit an der Stirne tragen haben wir von jeher schweigen zu dürfen geglaubt, denn wenn unter Natur hier die äußere und sichtbare verstanden wird; so bedeutet der Einwurf, entweder daß wir diese Natur für in der That göttlich ansehen, dann fällt aber die Vergötterung hinweg, oder diese wird im eigentlichen Sinne genommen, so wird zugegeben, daß wir die Natur nicht für an sich göttlich halten, denn es kann doch nur nicht göttliches vergöttert werden. So genommen aber verfehlt die Widerrede ganz den Zweck. Denn Gott selbst vergöttert die Natur, und will, nachdem er sie von sich geschieden, die untergeordnete durch das Band einer freywilligen Einstimmigkeit wieder zu sich erheben. Also ist es auch an dem, daß wir eine Vergötterung der Natur lehren, eine fortwährende Erhebung derselben aus dem Nichtseyenden in’s Seyende.
Wird aber unter Natur nicht die äußere sichtbare verstanden: so vielleicht jenes anfängliche Seyn, entweder sofern es noch ein bloß objektives ist, oder sofern es bereits als göttliches gesetzt ist. In jener Hinsicht ist es in der That das göttliche Seyn, obwohl noch nicht als solches erkannt, wie das Seyn des Menschen schon menschliches Seyn ist, auch eh’ er es thätig als das seine setzt und erkennt. Was ist aber hieran anstößiges, als vielleicht, daß Gott ein Seyn zugeschrieben wird, oder wahrscheinlicher, daß göttlich seyn
hier gleichbedeutend mit Gott selbst seyn genommen wird. So wenig aber des Menschen Seyn der Mensch selber ist, wie vielmehr an ihn die Foderung geschieht, sich selber als sich selber von seinem Seyn zu scheiden und dieses sich entgegenzusetzen, so ist unstreitig das Seyn Gottes etwas von Gott verschiedenes, auch da, wo es als von ihm unzertrennlich erscheint. In der andern Hinsicht aber, da Gott das Seyn angenommen und erkannt als das seine, ist es bereits zur Natur, d.h. zum wirklichen Seyn erhoben, und es ist ein Moment der Entwicklungda Gott mit der Natur Eins oder verwachsen, obgleich nicht einerley ist. Denn auch in dieser innigen Verknüpfung hört es nicht auf, zu seyn was es war, nämlich das Seyn, das als solches nie mit dem Seyenden Eins seyn kann.Vielleicht aber wird unter Natur jenes innere Princip der Gottheit verstanden vermöge dessen sie selbst eine Natur ist, und eben hierinn eine Vermischung des Begriffs vom göttlichen Wesen mit dem Begriff der Natur gesucht. Allein wir haben gezeigt, daß jenes Princip nicht die Gottheit oder das göttliche Wesen selbst, wohl aber eine Potenz oder Persönlichkeit desselben sey. Die Einrede, daß ein irrationales Princip in Gott der Vollkommenheit seines Wesens widerstreite, ist in der allgemeinen Einleitung und bey verschiedenen Gelegenheiten hinlänglich beantwortet, dadurch insbesondere, daß das Seyn seiner Natur nach etwas irrationales und nur insoweit wirklich Seyn ist; aber nach den bisherigen Entwicklungen beruht sie außerdem auf einer irrigen Voraussetzung. Denn als wirkendes Princip geht es dem seyenden Gott voran, im Seyenden aber ist es innerlich, latent gesetzt; träte es aber auch je wieder zum Aktus hervor, so müßte ausgemacht seyn, ob es durch den Willen der Gottheit selbst hervortritt.
Da die sichtbare Natur nicht das wirkliche Seyn schlechthin ist, sondern sofern es bereits zur ersten Potenz, zur Unterlage der Geisterwelt herabgesetzt ist; so erhellt schon daraus, daß sie mit jener ewigen und vorweltlichen Natur nicht zu verwechseln ist. Denn diese war an sich selbst unaussprechlich und konnte daher auch nicht zur Offenbarung kommen. Die Ausgesprochenheit der gegenwärtigen Natur beruht aber eben darauf, daß sie zum Mitlauter eines Höheren geworden. Die erste Natur ist wie ein morgenländisch Wort nach der ältesten Schreibart; die Schöpfung erst gibt den beseelenden Hauch dazu; aber dann verhält sich
auch das zuerst allein oder herrschend gewesene Seyn nicht mehr als solches, sondern als untergeordnetes und eben durch diese Unterwerfung aussprechlich gewordenes.Inzwischen erhält die Natur durch eben diese Unterordnung unter die Geisterwelt zu dieser das Verhältniß der Vergangenheit, der ersten oder vorausgehenden Potenz. Eben weil die Geisterwelt die Natur als ihre Staffel voraussetzt und nur über ihr, als höhere Potenz sich erheben, und befestigen kann, ebendarum kann auch die Geschichte der Gegenwart nur von der Geschichte der Natur anfangen. Denn die Geisterwelt selbst erkennt die Natur als ihr Vorausgehendes, oder ihre Unterlage, so daß selbst von dem höchsten Standpunkt aus die Geschichte der Natur die Priorität vor der Geschichte der Geisterwelt behauptet; noch mehr aber gilt dieß für den Standpunkt des Menschen, der aus der Tiefe und Dunkelheit der Natur empor gehoben, auch in der Wissenschaft nur von unten aufsteigen kann.
Daß uns die ganze Natur mehr als ein Gewesenes, als eine Vergangenheit anspricht, daß sie überhaupt als eine gebrochene und gebeugte Kraft erscheint, und wenn das aus ihr erhobne geistige und nur so weit es dieß ist, als ein wahrhaft Seyendes erkennbar ist, weiß ein jeder ebenso so gut, als daß nach unserm eignen Gefühl in der Gegenwart selbst nur die Geisterwelt die eigentliche Gegenwart ist. Auch die Geschichte oder Darstellung der Gegenwart hat daher eine gedoppelte Seite, eine Seite der Vergangenheit, inwiefern sie Geschichte der Natur ist, eine Seite der Gegenwart, inwiefern sie Darstellung und Erkenntniß der Geisterwelt ist; aus diesem Grunde wird auch das folgende Buch nothwendig in zwey Unterabheilungen zerfallen.
NB. Der Gang muß hier so genommen werden. Im vorherg˖[ehenden] Buch die Gesch˖[ichte] des Urwesens, zu dem alles gehört und das Wesen aller Wesen ist. Hier aber mit der Entfaltung desselben in’s Viele. Aber jedes hat wieder seine Vergangenheit, auch die Erde, und zwar keine geringe. Aber wer wagt es den unermeßlichen Weg von der Gränze der fernsten der Vergangenheit bis in die Gegenwart zurückzulegen? Wer (um jetzt nur bey dem nächsten Gegenstand dieses Buchs zu verweilen) den unübersichtlichen Reichthum der Bildungen und der Ereignisse durch welche auch nur die Erde bis zu ihrer jetzigen Gestalt fortgeschritten ist zu ordnen? Alles was uns umgibt weist an eine undenklich hohe Vergangenheit zurück. Der Erde selber und vielen ihrer Glieder muß ein unbestimmbar höheres Alter zugeschrieben werden, als dem Geschlecht der Pflanzen und der Thiere, diesen wieder ein höheres als dem Geschlecht der Menschen. Der erste Blick schon entdeckt eine Reihe von Zeiten, von denen immer die folgende die vorhergehende zudeckte; nirgends zeigt sich etwas Ursprüngliches, eine Menge von Schichten, die Arbeit von Jahrtausenden muß hinweggenommen werden, um endlich auf den Grund zu kommen.Und doch sind es eben diese scheinbar jeden Versuch von Wissenschaft niederschlagende, Betrachtungen, die welche gehörig erwogen die Möglichkeit zeigen, es auch in Ansehung unmittelbarer Vergangenheit des Menschen, der Vorzeit der Erde, einst zu eigentlicher Wissenschaft, zu bringen.
Denn zuvörderst zeigt sich, daß so entfernt dieß Ziel seyn mag, doch der in der gegenwärtigen Darstellung eingeschlagene Weg der einzige ist, der wirklich dahin zu führen vermag. Es ist aber schon viel, ja in gewissem Betracht alles gewonnen, wenn der rechte Weg gefunden ist; da im Gegentheil die Ungewißheit desselben keinen einzigen wahren Fortschritt erlaubt. Wir haben im Eingang des vorhergehenden Buchs Wissenschaft von Erkenntniß unterschieden und dieser das Gegenwärtige, wie jener das Vergangene zugeschrieben. Aber auch das Einzelste der Gegenwart bleibt unfaßlich ohne Herleitung aus der Vergangenheit, und Wissenschaft zeigt sich als der einzige Weg auch zur rechten Erkenntniß. In einem Ganzen, das nach allen seinen Theilen ein Werk rhythmisch oder gesetzmäßig folgender Zeiten ist, läßt sich nichts für sich
nehmen oder begreifen. Nur die Zeit zu der es gehört, ertheilt jedem Ding seine -
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Schelling »Weltalter-Fragmente (NL 82)« (?). Textmöglich, sondern doch Herleitung aus der Vergang[enheit].
18. Also führt uns grade unsre Aufgabe auf den einzig richtigen Weg. Man k[ö]nnte ihn den Weg a priori nennen. Nachher
XX. Nicht ohne Zagen, aber auch nicht ohne Muth in diese Vergang˖[enheit] zurück. Hier etwas äußeres sichtbares.
Der Anfang dieses Buchs scheint nicht schicklicher gemacht zu werden, als mit dem Beweis einer Vergang˖[enheit] der Erde die
### Besserer Entwurf der Einl˖[eitung] zum zweyten Buch. 1. Die gemeinsch˖[aftliche] Gränze der Vergang˖[enheit] und der Gegenw˖[art] ist die Schöpfung. Hiebey wird unter Sch[ö]pfung nicht jene urspr˖[üngliche] verst˖[anden], durch welche das erst stumme und wirkungslose Seyn zur Wirklichkeit erhoben, sondern die zweyte, wodurch das All zur Welt entfaltet und in Natur und Geisterwelt geschieden worden. Ein solcher doppelter Begriff von Schöpfung dringt sich als noth[w]e[n]dig auf, und ist auch im vorherg˖[ehenden] Buch hinlänglich anged˖[eutet]obgleich zu wünschen , daß für die zweyte einen andern Ausdruck. Machen in der Schrift.NB. Wie er das Weltsyst˖[em] .auswirkte , so auch die ältesten der Geister – die Titanen; bey denen das anz[iehende] Pr˖[incip] das offenb˖[are] war.2. Daß er in der gew˖[öhnlichen] Lehre nicht untersch˖[ieden] wird ist schon begreiflich da in dieser Mat. ohnehin am wen˖[igsten]
ausgeb. Schöpfung aus Nichts Umschreibungen – auch die Gelehrten.3. Erkl˖[ärung] der Sch[ö]pfung aus Nichts.
4. Anderweitige Begriffe.
5. Aus diesem ergibt sich, daß Sch[ö]pfung ohne einen vorausgeg˖[angenen] Zustand nicht möglich. Dieser Zustand nothwendig ein relativ unvollk˖[ommenerer] als der folg˖[ende] und umgekehrt die Schöpfung für das Urwesen nothwendig Erhebung zu einem h[ö]hren Zustand.
NB. Dadurch daß sich Gott zum Grund, machte ließ er alle Geschöpfe frey – machte daß das anz˖[iehende] Pr˖[incip] in ihnen obj˖[ectiv] ward 6. Entgegenges˖[etzte] Meynung – auch sie angewendet, daß alles von Vollk˖[ommenheit] angefangen.
7. Verstand und Gefühl nur durch einen Gott der Geist –– aber nicht ohne
Enge .8. Die ganze Analogie dag[e]gen. Der Mensch.
10. Positiver Beweis aus der offenbaren Vergeistigung G[otte]s˖, die Schöpfung.
Einleitung.
1. Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.
2. Den ganzen Hergang dieser ersten Schöpfung gänzliche Entfaltung des Weltsystems.
3. Wie sich dazu die Geisterwelt verhalten. Noch latent. Das Reale überwiegend.
4. Worinn die zweyte Schöpfung bestanden? Hier alles über diese. –
5. Setzung der Geisterwelt in so fern vollkommnerer Zustand. – Gänzliche Ausführung des gegens˖[eitigen] Verhältnisses.
6. Wie nun diese zweyte Schöpfung. Aber α) Nat˖[ur] und Geist˖[erwelt] für uns wie Gegenw˖[art] und Zuk[unft]. β) Auch die Natur nur von der Erde aus. Daher von dieser Anfang.
7) Wie sich die Erde im Weltsyst˖[em] verhält. Daß auch sie eine h[ö]hre Vergang˖[enheit] – älter als die zweyte Sch[ö]pfung. Also darauf zurückg[ehen].
das Buch selbst. Alle Materie ist geistig etc.10b. Hier vor der Unterordnung der Natur. Diese aber nicht als Dejection aus der Geisterwelt. Widerlegung hievon.
11. Die Gesch˖[ichte] der Entw˖[icklung] der Gegenwart eine gedoppelte Seite wie diese selbst – eine Gesch˖[ichte] der Nat˖[ur] und der Geisterw[elt].
12. Die Natur ist das von der Geisterw˖[elt] s˖[ich] vorausges˖[etzte] ihr Vorausgehendes in dem oft best. Sinn, über dem sie allein sich erheben kann, auf dem sie befestigt ist.
13. Aber es ist doch immer ein simult˖[aner] Pro[ceß] durch den beyde entstehen Beyspiel der Pflanze. Also scheint es auch die Geschichte beyder simultan.
14. Warum nicht? Unmögl.
### ### menschlichen Standpunkts. – Der Weg des Menschen durch die Natur in die Geisterwelt. Er umfaßt nicht beyde. Warum er nicht in beydes sehen kann? Hier nicht zu erkl[ä]ren, genug daß es so ist. Also auch in der Wiss˖[enschaft] nur von der Nat˖[ur] sich zur Geisterwelt erheben. Daher nothwendig Trennung beyder Theile und zwar so daß die Gesch˖[ichte] der Nat˖[ur] die Basis ausmacht.15. Aber auch von der Natur nur den Theil, mit dem der Mensch unmittelbar in Rapport. Also von der Gesch˖[ichte] der Erde. Wenn einmal die aufsteig˖[ende] Methode so nicht tief genug anfangen.
16. J[e]des Einzelne in der Sch[ö]pfung aber also auch die Erde wieder ihre Vergang˖[enheit]. Die Vergang˖[enheit] der Erde also nicht mit der allg˖[emeinen] Vergang˖[enheit] gegeben nur die besondre der Erde und des Menschen zu erk[lären]. Auf diese bes[ond]re Verg˖[angenheit], die der Erde zurückgehen
17. Alles weist an eine solche zurück. Trümmer. Wenn wir daher auch in Ansehung der Natur oder der Erde uns auf bloße Erkenntniß beschränken wollten, so wär’ es nicht
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Schelling »Weltalter-Fragmente (NL 95)« (?). TextDie Eine große Zeit zu der alles gehört, was von Anfang der Welt innerhalb ihr gesch˖[ieht] und gesch˖[ehen] wird, nennen wir als die noch jetzt daur˖[ende] Zeit die Gegenwart schlechthin, ohne uns darüber zu erkl˖[ären] ob in ihr eine wahrh˖[afte] eigentliche Gegenwart, Gegenwärtigkeit sey.
Die Zeit der fortd˖[aurenden] Entw˖[icklung] vom ersten Anbeg˖[inn] bis zum letzten Ziel, nennen wir die Zeit der Gegenwart, und zwar im einfachsten Verstande
### weil sie die jetzt noch daurende Zeit ist. Denn wenn unter Gegenw˖[art] das verstanden würde, was wir### Gegenwärtigkeit ausdrücken zukennen glauben, so könnte ja auch dieser Zeit der Name der Gegenw˖[art] nicht zukommen, da alle Gegenw˖[art] in ihr nur durch ein beständiges Siegen über die Verg˖[angenheit] und ein Verneinen des Zukünftigen, also nur augenbl˖[icklich] besteht, immer werdend nie seyend.Die Entw˖[icklung] der Gegenwart aber zwey Seiten; die Natur und die Geisterwelt. Aber auch sie beyde wieder eine große Vergangenheit.
Die Entwicklungen nicht nur in der Natur sondern auch in der Geisterwelt.
Da wir aber einmal an die Natur gebunden sind, so daß nur durch sie obj˖[ectiv] in die Geisterw˖[elt] gelangen, so auch Wissensch˖[aft] durch sie hindurchgehen.
Die Geschichte der Gegenw˖[art], unter welcher wir nichts anders verstehen als die jetzt noch daurende Zeit, fangen alle Erzählungen der Vorzeit, wie es dem menschlichen Standpunkt ganz gemäß ist, von der Erde an. (Denn obgleich diese ein kleiner Theil der ges˖[ammten] Natur, so wie diese nur die eine Seite des in der Gegenw˖[art] sich entw˖[ickelnden] Ganzen ist.) Sie
beschr˖[eibt] den ersten Zustand ders˖[elben] alsDer Anfang der Gegenw˖[art] ist mit dem Anfang der Zeit selbst Eins. Denn weil die Zeit nicht eher anfangen kann, als nachdem die Vergang˖[enheit] gesetzt wird, ebendamit aber auch die Gegenw˖[art] als der Überg˖[ang] von der Verg˖[angenheit] zur Zuk˖[unft] beginnt, so ist der Anfang der Gegenw˖[art] die Zeit s˖[elbst], so daß wir die Gegenw˖[art] auch wohl die Zeit überhaupt nennen könnten wie es häufig geschehen. Also fängt mit der Gesch˖[ichte] der Gegenw˖[art] eigentlich erst auch die Gesch[ichte] der Zeit als solcher an – wie sie mit ihr auch aufhört (wird keine Zeit mehr seyn). Die Gesch˖[ichte] der eig˖[entlichen] Zeit fangen alle Erz[äh]lungen an mit dem urersten Zustand der Erde. Dieß sie erst (weil Zeit immer aus d. Entg. und Auseinanderh˖[alten] von Verg˖[angenheit] und Zuk˖[unft] durch die Gegenwart besteht, so eig˖[entlich] die Gegenw˖[art] die leb˖[endige] Zeit. Wäre nicht das Auseinanderh˖[alten] so wäre nicht Gegenw˖[art] (in dem Sinne wie wir dieß Wort hier nehmen) und nicht Zeit also p.)
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Schelling »Weltalter-Fragmente (NL 112)« (?). TextEintretend in das Reich der lichten, heitern Gegenwart.
Erkenntniß und doch auch Wissenschaft. Aber hier der Erinnrung äußre Denkmäler zu Gebot.
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Schelling »Weltalter-Fragmente (NL 80)« (1820). Text