An
Frau Directorin von Schelling.
aus Erlangen
in
Carlsbad.
im weißen Hirsch.
fr˖[ey] Gr[än]ze.
No. 25.
Freitag .
Ich schreibe Dir heute wieder, weil Du mich benachrichtigt hast, daß Du nicht "gegen den " sondern 8 Tage später zurückkehren willst, um Dir zu sagen, daß ich damit ganz zufrieden bin und wenn es Deine Gesundheit erfordern sollte, gern noch eine weitere Verlängerung mir gefallen lassen würde. Laß’ Dich also durch die früheren Äußerungen in Deinem Plan ja nicht irre machen; ich freue mich nur darüber, daß Dir der Sprudel so gut bekommt und schon wieder seine alte Wirkung bey Dir angefangen hat. Von meiner Seite sey also völlig ruhig über Dein längeres Ausbleiben, das Einzige bitt’ ich, nichts Bestimmtes zu schreiben, eh’ Du ganz entschieden bist und wenn Du etwa Geld brauchst, es in Zeiten zu melden. Um Dich völlig zu beruhigen, kannst Du Dir vorstellen, wie viel besser in manchem Betracht ich mich in Deiner Abwesenheit finden könnte, als wenn Du hier bist. Bin ich doch jetzt unumschränkter Gebieter im Hause, dessen Befehle z.B. wegen des Essens so oft eingeholt werden, als er es selbst gut findet, und der wenn er z.B. Abends statt Suppe saure Milch mit seinen Kindern essen will, nicht all’ den 1000 Schwierigkeiten begegnet, die er sonst bey solchen großen Angelegenheiten zu überwinden hat. Die Kinder sind mir ergeben und höchst zärtlich, da sie mich sonst oft kaum anseh’n – natürlich denn ich lege vor, und bin oberster Austheiler aller Wohlthaten und Ergözlichkeiten. Wegen Gesellschaft auf meinen Spaziergängen bin ich niemals verlegen, denn die Kinder sind froh wenn ich sie mitnehme, da sie sonst eine wenn nicht ausschließliche, doch nähere Hoffnung auf Genuß zu Dir zieht, die das Geheimniß andrer Frauen noch nicht gelernt, mit den Augenblicken zu geizen, die sie in Gesellschaft ihres Manns zubringen können und alle ihre häuslichen Geschäfte so einzurichten und in freyen Augenblicken zu beschleunigen, daß der beschäftigte Gemahl in jedem Moment sie zu seinem Gebot findet; dergleichen raffinirte Überlegungen hast Du auch bey einem so überaus guten Mann gar nicht nöthig. Kurz, jetzt bin ich das Eins und Alles im Hause, während ich durch Dich sogleich wieder zur überflüssigsten Person herabsinke, so daß es nur kindisch und abgeschmackt wäre, wenn ich mehr als billig nach Deiner Rückkehr verlangte. Stelle Dir dieß alles nur so vor, um ganz ruhig zu bleiben; dieß ist meine einzige Absicht, ich verlange weiter nichts, als daß Du so gesund als möglich werdest und in der Wiederherstellung Deiner Gesundheit so weit als möglich fortschreitest. Dein vorletzter Brief hat mich etwas traurig gemacht, weil ich nichts über Dein Befinden darinn vernahm, der letzte hat mich wieder ganz heiter gestimmt, und seitdem ich weiß, daß es mit der Wirkung wieder wie das letztemal bey Dir vorwärts geht, bin ich ganz obenauf und frage weiter nicht mehr darnach, ob Deine Abwesenheit noch 1, 2, 3 oder gar 4 Wochen dauert. Es ist fatal, daß meine Donnerstagbriefe, Dir zum Tort, nun einen so verkehrten Gang zu nehmen anfangen, daß sie erst mit den Freytagbriefen oder gar später ankommen. Wahrscheinlich meynen sie in Nürnberg, da die Post auch am Freytag geht, so sey’ es einerley. Bezeichne mir doch genau die Wochentage, an welchen Du beyderley Briefe erhälst, und sollt’ ich zufällig nicht schon wieder schreiben, so laß’ es Dich nicht in Sorge setzen. Fatal ist, daß Du nicht genau auf meine Fragen antwortest. Ich habe nicht gefragt: warum Du die Westen weggethan (Du meynst immer gleich es sey von Verantwortung die Rede, sondern: wo Du sie hingethan? Denn ich brauche auch welche im Haus, wobey es auf die Mode nicht ankommt. Ich finde ganz natürlich, wenn Herr von Str˖[auch] troz der Vorzüge unsrer Freundin nicht zum 2tenmal W[iebeking]-scher Schwiegersohn werden wollte. Wie kannst Du Dich nur über die Albernheit von Martius wundern? Ich sage Dir, er ist etwas blödsinnig geworden und noch immer von der Reise her zu sehr affairirt, als daß er dergl˖[eichen] Kleinigkeiten genau wissen sollte.
Leb’ recht wohl, genieße die schöne Zeit in Freude und Frieden und denke weiter nicht darauf, bald sondern nur recht gesund und stark zurückzukommen.
Dein tr˖[euer]
Sch