Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Herrn Director von Schelling

in

Erlangen

fr˖[ey] Gr˖[enze]

No. 13

No. 26.

Wie freue ich mich, liebes Leben! Dir heute wieder beßere Nachrichten wie das letzte mal von mir mitzutheilen, die ersten Tage der Woche litte ich sehr an Beklommenheit und Abgeschlagenheit der Glieder; seit einigen Tagen fühle ich mich aber um vieles freyer und wieder kräftiger. Da kehrt dann auch immer der gute Muth zurük und die Hofnung durch Ausdauer und Gedult noch Genesung zu finden. Langsam, sehr langsam, geht es freylich vorwärts, der Leib ist durch aus um von oben her ein klein wenig schmäler worden; aber die Stellen wo er sich nachgiebiger und weicher zeigte, scheinen sich aus zu breiten, auch kann ich jetzt wieder auf der rechten Seite liegen und schlafen. Eben so hat der Geschwulst der Füße, der in den ersten Wochen zum Erschrecken zu nahm, wieder nachgelassen, noch sind sie zwar stärker als in der letzten Zeit in Erlangen und lassen Döllen stehn, wenn man hinein drückt, M˖[itterbacher] hält das aber für ganz gleichgültig, und hält sich rein an die Wirkungen des Wassers, wenn nehmlich der Urin schleimig abzusetzen fortführe, gehörige Ausleerungen stattfänden und der Appetit dabey gut bliebe, könnte man nicht anders als eine vortheilhafte Einwirkung auf meinen Zustand voraussetzen, wenn auch der sichbare Erfolg noch zu erwarten wäre. Buddeus, der wieder abreiste, hat das auch bestätigt, und mir sehr zu gesprochen den Muth nicht zu verlieren, und standhaft die begonnene Kur fort zu setzen, ohne mir irgend ein Ziel zu stecken, wenigstens nicht ohne 8 Wochen regelmäßig getrunken zu haben. Das waren mir wohl tröstliche; aber auch traurige Worte, wenn ich denke wie viel Tage noch zwischen unsern Wiedersehn liegen! Nun bin ich bald der älteste Brunnengast, nur noch 3-4 alte Gesichter sehe ich, die andern sind eine neue Generation die ich erlebe, mit welcher Sehnsucht habe ich aber jeden abfahrenden Wagen nachgesehn!, hätte ich sie begleiten dürfen! – Es sind dieses Jahr bedeudente Kranke hier, und 3 bis 4 Menschen gestorben, was großes Schrecken alle mal verbreitet wie Du weißt, M˖[itterbacher] sah auch heute am Sprudel ganz verstört aus weil er den Tod eines Patienten erwartete. Der kleine Clodius war sehr glücklich über Deine Grüße, er zeigt eine so unbeschreiblich Anhänglichkeit an Dich, daß er mir immer der willkommenste Gesellschafter ist, auch hat er viel gutmüthiges und einen petillanten Geist, wenn ihm auch die Höhe und Tiefe fehlt. Das Verhältniß zu seiner Frau ist jetzt höchst glücklich, seine treue Liebe hat endlich ihre frühere Abneigung besiegt, und man kann nicht einmal mehr ahnden, daß sie zu der Heyrath überredet wurde, so ein gegenseitiges zärtliches Ehepaar sind sie. Heute sollten wir den Kaffe bey ihnen auf dem Posthof trinken, ein heftiges Gewitter hat aber die Partie zerschlagen.

Den innigsten Dank für Deine 2 lieben Briefe, Fritzle erhält das nächste mal eine Antwort. Chatrine soll mein Zimmer hübsch sauber machen wenn dich Fr˖[omanns] besuchen. Aufhalten thun sie sich nicht in Er˖[langen], ihre Augenmerk wird auf Nürnberg gerichtet seyn. Die Semiramis liegt in der Garderobe.

Nun Adieu, ich kann nicht mehr, nur noch einen recht herzlichen Kuß. Die Kinderchen sind wohl.
Deine

P.