Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Frau Directorin von Schelling

in

Karlsbad

2 Storchen

Böhmen.

fr˖[ey] Gr˖[änze]

No. 3.

Du erhältst heute, meine Liebe, nur wenige Zeilen von mir, um Dich zu benachrichtigen daß wir alle wohl sind. Die Hitze ist fürchterlich hier, das Wetter unverwüstlich schön. Solche warme Tage hätte ich mir in Carlsbad wünschen mögen. Gott gebe, daß Du sie gleich hast benutzen können. Hufnagel, ohne bös’ zu seyn, hat mich, seit es keine Frau’n im Hause mehr gibt, nicht mehr besucht, ich sah’ ihn nur bey Glücks Abend, ging er nach N[ürn]berg dort zu predigen und nach Schwäbischhall pp abzureisen – statt München spricht er jetzt wie ich höre von Berlin – aber frey sind wir darum noch nicht, er hat mich versichert er lasse sich nicht abtreiben und wolle den hier zubringen. – Malchen Stengel hat eine goldne Kette, woran 1 Medaillon mit dem Bildniß des Generals bey uns verloren; Catharine fand sie erst in einer Ecke des oberen Zimmers; es versteht sich, daß ich sie gleich nach München schickte. Neues weiß ich Dir von hier nicht zu schreiben, als daß gestern ein Luftballon aufstieg, wohin ich die Knaben schickte, die im Ganzen vortrefflich pariren. Paul hat heute mehrmals nacheinander Papier erhalten, an Dich zu schreiben, aber jedesmal so schlecht geschrieben, daß er es selbst zerschnitt, hierauf wollte ich ihm nicht noch einmal geben, dieß die Ursache warum heute kein Brief von ihm. Frizens Schule hat heute schon wieder angefangen, Pauls erst morgen!!

Ich rechne nicht darauf, sobald Nachricht von Dir zu erhalten, Du müßtest denn durch den Kutscher geschrieben haben. Desto ausführlicher hoffe ich über den Verlauf Deiner Reise und alles Übrige belehrt zu werden. Erzähle nur Goluchowski mündlich – ich bin überzeugt (grüße den Braven!) er wird Dir gern für mich seine Feder leihen.

Grüße und küsse unsre lieben Kinder und leb’ recht wohl – ich zweifle nicht daß Dir geholfen wird.
Dein

Sch