(Bogenzählung alpha-alpha) Auflistung 1-11 (weiter mit 5r)
Begriffe: Freyheit zu sein, Überseyendes, Subject, Unbestimmtheit/Entscheidung
Inhalt: »1. Alle Wissenschen fängt vom Nichts an«
(Bogenzählung beta-beta) Auflistung 12-18
Begriffe: Existenz, Wissenschaft/Ziel, Sollen/Zukunft (ex hypoth.), Weissagen
(Fortsetzung von 2v) (Bogen beta) Auflistung (11) 12-13
Begriffe: Überseyendes, Freyheit zu seyn, als das Überseyende seyn
(Bogenzählung gamma-gamma) bis 8v
Begriffe: Philosophie, Wissen/Nichtwissen, Dialectik
Inhalt: »Zwey Annahmen«
Begriffe: Wissen der ersten Einheit, Gewißheit, Suchen, stabiles Verhältniß von -A0 und +A0, Construktion (Suchen des Wissens)
Begriffe: Seynkönnen
Begriffe: -A0 und +A0, durch Zweyung entstanden, Subject, Potenz/Actus, Selbstheit, Subject-Object, Elohim-Jehova
Inhalt: »+A0 an sich die Lust im J.B. Sinn«
Begriffe: (A0) 1 bzw. 2
Inhalt: »Wenn das, was eine lautre Macht ist zu seyn, sich diese Macht anzieht«
Auflistung 1-10 bis 14v
Begriffe: Seyn, Subject, Prius, Freyheit zu seyn
Begriffe: Seynkönnen, Freyheit zu seyn, Subject, -A0 und +A0, Selbstheit, das seyn Sollende
Inhalt: »das Erste in der ganzen Natur der Dinge«
Indem die Einheit des Seyns und des Wesens als etwas Besonderes ausgesagt wird, setzt man natürlich voraus, daß sie außerdem und sonst nicht Eins sondern auf irgend eine Weise entgegengesetzt seyn, oder man nimmt an, daß gemeinhin das Wesen nicht auch das Seyn, und das Seyn etwas vom Wesen verschiedenes sey.
Forscht man aber, was denn das Wesen sey, das insgemein vom Seyn unterschieden wird, so findet sich daß es dennoch nichts anderes sey, als eben das welches Ist, wenn irgend Etwas Ist, das in allem Seyn, eigentlich Seyende; von dem allein das Seyn ausgesagt wird, also das eigentliche das eigentliche Selbst oder Subject des Seyns, das ebendarum nicht nothwendig seyend ist, obwohl allein seyend seyn kann, also die Macht alles Seyns, oder das Seyn selbst in der lauteren Macht (pura potentia) angesehen.
Von diesem also wird das Seyn, inwiefern es ein von ihm verschiedenes ist, verneint, aber in dieser Verneinung wird auch ein Seyn, als ein von ihm nicht verschiedenes bejaht. Oder es wird – in dem gleich anfangs erwähnten Begriff – behauptet, daß irgend einmal diese lautre bloße Macht des Seyns Ist, es wird ihr also gleichsam ein Seyn vor dem Seyn zugeschrieben, ein Seyn vermöge des bloßen Wesens, oder da dieses Wesen in der bloßen Macht des Seyns besteht, so wird ihr eben diese Macht zum Seyn selbst gerechnet, die Möglichkeit (potentia) der Wirklichkeit (actui) gleichgesetzt.
Nun können wir schon an sich nichts früher oder älter (prius et antiquius) achten, als eben das die lautre Macht des Seyns ist, da es ja das allem Seyn Vorausgesetzte ist; aber wir gehen noch weiter wir behaupten, daß eben dieses, das die lautre Macht des Seyns ist, Einmal nothwendig Ist, ja noch verständlicher zu reden, daß irgend Einmal ein Augenblick war, da nichts als diese lautere Macht des Seyns war, da sie also nothwendig War. Sie war aber nicht als ein Seyendes, sondern nur als eine Macht des Seyns, gleichsam als das reine lautere Können des Seyns. Doch ist auch dieses als hier nicht mit der gewöhnlichen, verdoppelnden, (reduplicativen) Kraft zu nehmen, da es so viel bedeuten würde: Sie war (existirte) als die die Macht des Seyns war, in welchem Fall offenbar dieses, daß sie War (ihr Seyn) von dem was sie war (von dem Wesen) unterschieden würde.
In diesem Sinn gebe ich also jenen Begriff von der Einheit des Wesens und des Seyns zu, aber in keinem andern; in diesem Sinn behaupte ich, daß eben dieses, in dem das Seyn auch das Wesen und das Wesen das Seyn ist, das Erste, und (mit den Alten zu reden) in der ganzen Natur der Dinge Älteste sey. Denn da jedem Seyenden nothwendig das was die Macht, das lautere Selbst alles Seyns ist, vorausgesetzt werden muß, und ehe auf irgendeine Weise ein Seyendes wird, doch wenigstens ein Augenblick seyn muß, so ist also ein Augenblick, da nur jene lautere Macht des Seyns Ist, wo also, wie wir sagen könnten, das was das Seyende selbst (αὐτὸ τὸ ὌΝ) ist, auch das einzige seyende ist.
Von diesem also haben wir auszugehen, wenn wir je alles, wie es sich begeben oder ereignet, vom Anfang herleiten wollen.
Nun müssen wir den Begriff: Macht des Seyns näher bestimmen. Gleich zuerst da wir den Begriff von dem lauteren Selbst (Subject) des Seyns aufstellten, sagten wir, es sey das, was, nicht nothwendig seyend, doch seyend seyn könne. Wir ließen noch unbestimmt, wie dieses Können zur Wirklichkeit werden möge. Allein nachdem wir jenes lautre Selbst bestimmt haben, als das welches die Macht und Kraft des Seyns (gleichsam das Seyn selbst in der höchsten und reinsten Intension) ist: so ist klar, daß dieses Können kein äußerlich Bedingtes seyn kann. Denn was vermögte wohl das, was die Macht des Seyns ist, zu beugen, und gleichsam zwingen, seyend zu seyn. Dieses Können bezieht sich also offenbar auf es selbst zurück, oder es selbst ist wesentlich das seyend-seyn-Können. Ist dieß, so folgt daß auch die Macht des Seyns die es ist in Ansehung seiner eine Macht ist seyend zu seyn
Nun entsteht die Frage, ob es diese Macht ist, um seyend zu seyn, oder eben nur um die Macht zu seyn. Es wurde oben gesagt, daß ihm eben die Macht das Seyn ist. In diesem ist es vollendet (absolut), dieses ist sein unbedingtes Seyn, vermöge dessen es eben das ist, dem nichts vorgeht. In diesem soll es also bleiben, und nicht ein anderes suchen. Denn lüstete es nach einem andern Seyn, so würde es die Macht, die ihm das Seyn ist und die es sich selbst zum Seyn rechnen soll, zum nicht Seyn machen, aus dem unbedingten (absoluten) Verhältniß, da die Macht (potentia) gleich dem Seyn (actui) ist würde nur Bedingtes (relatives), da die Macht nicht mehr das Seyn (A=A) sondern von dem Seyn verschieden (A=B) wäre. Offenbar also ist es die Macht zu seyn, an sich und um ihrer selbst willen, nicht um des seyend-Seyns willen; jenes ist das Wesentliche, dieses das Zufällige; es ist die Macht zu seyn aber als wär’ es sie nicht; es ist das lautre Seyn-Können, soll sich aber dieses nicht anziehen; sich nicht Etwas, nämlich ein vom Seyn verschiedenes Princip, daraus machen.
Dennoch ist es die Macht zu seyn, also um sie zu seyn, muß es dieselbe auch auf sich beziehen können, d.h. sich selber ansehen nicht als das Seyende oder dem das Können das Seyn ist, sondern als das nicht Seyende, oder bloß seyn Könnende. Es ist also nicht bloß die Macht zu seyn, sondern die Freyheit zu seyn und nicht zu seyn, welches hier, nach dem Vorhergehenden so viel bedeutet, als ein vom Wesen verschiedenes Seyn anzunehmen und es nicht anzunehmen.
Was es soll, ist klar. Es soll sich selber nicht das seyn Könnende seyn, nicht sich empfinden als ermangelnd des Seyns sondern als das das Seyende selbst ist. Die bloße Macht ist in Ansehung seiner Selbst wie das Seyn, nur nach außen oder bezogen auf etwas außer ihm soll sich das was in ihm das Seyn ist, verhalten als die Macht. Dennoch kann es die Macht Sich anzieh’n; es kann wenigstens versuchen, in Einem und demselben die Macht des Seyns (Subject) und auch seyend (Object) zu seyn. Es muß sich also entscheiden und zwar sogleich, indem es sozusagen nur einen Augenblick ja streng genommen nicht einen Augenblick in dieser Unentschiedenheit bleiben kann. Es wird also in dieser gesetzt nicht um darinn zu verweilen, sondern um augenblicks von ihr wegzugehen. Die Unentschiedenheit ist schlechthin nur der Ausgangspunct. Es muß sich entscheiden und entweder dadurch, daß es das Können Sich anzieht, sein eignes Seyn in Zweifel zieh’n und aus dem nothwendigen und unbedingten in das bloß zugezogne und bedingte verwandeln, oder mit gänzlicher Verläugnung alles, über die Macht hinausgehenden Seyns, als das lauteren Können bleiben. In dieser Versagung erst setzt es sich als das, das die lautre Macht ist, und mithin als Subject, da es zuvor eben so wohl seyend und demnach Object seyn konnte. Damit erst setzt es sich selbst als Mittelpunct, da es zuvor eben so wohl Umkreis seyn konnte. An dieser Stelle bleibend ist es unüberwindlich, durch keine Kraft zu bewältigen oder zu vertreiben, nichts unterthan und wahrhaft allmächtig.
Allein zuvörderst entsteht durch eben diese Zurückziehung eine Leere, denn da es zuvor ebensowohl das Innerliche als das Äußerliche seyn konnte, so läßt es den Umkreis leer, indem es sich selbst als lautern Mittelpunct setzt. Außerdem da es Sich als Wesen empfindend die Macht nicht Sich anzieht, muß es dieses beziehen auf Etwas außer ihm, sich als Macht des Seyns ansehen, aber des Seyns das nicht das seine ist. Anstatt die Macht gegen sich zu wenden und in sofern in sich hineinzugehen soll es vielmehr aus sich hinauswirken, doch ohne sich von der Stelle zu bewegen, magisch, im Bleiben, in der tiefsten Stille als die reinste Anziehungskraft, der nichts widerstehen kann.
Gewöhnliche Menschen wenn sie hören, daß Etwas vor und außer allem Seyn gedacht werden soll, fragen, was denn vor und außer allem Seyn zu denken sey, und antworten sich selbst das Nichts, worunter sie das ganz und gar Unseyende verstehen. Ja wohl ist es ein Nichts aber wie die lautere Freyheit ein Nichts ist, wie der Wille, nicht der schon wirklich will, sondern in völliger Gleichgültigkeit (Indifferenz) ist. Ein lauteres Wollen ist also jene Macht des Seyns; aber ein sich selbst unfühlbares, das nicht sich selbst hat, seiner selbst völlig frey und ledig ist, sich nicht auf sich selbst zurück bezieht doch sich beziehen kann. Nun soll es sich nicht auf sich selbst beziehen, es soll das lautere Selbst seyn, aber nicht gegen sich selbst, nicht so daß es zugleich der Vorwurf von sich selbst ist, das reine lautere Wollen aber nicht zugleich das Gewollte, wodurch es sich selbst in leidenden Zustand und in Widerspruch mit sich versetzen würde.
Allein weil kein Wollen möglich ist, ohne Etwas das gewollt werde, kein Anzieh’n (denn alles Wollen ist Anziehen) ohne etwas, das angezogen werde, und weil ein Wille der nichts hat, das er wollen könnte nothwendig selbstverzehrend in sich selbst zurücktritt, so muß jenem Wollen, eben damit es als reine Macht (potentia pura) bleibe, als das bloße lautere Wollen und Anziehen, ein anderes außer ihm werden, das es anziehe.
Eine gleiche Bewandniß hat es mit dem Begriff des Wissens. Denn das die Macht des Seyns ist, ist nothwendig und an sich selbst das Wissende, nicht das zufällig weiß oder wissend ist, sondern das Wissende selbst (αὐτὸ τὸ επιστάμενον) oder die Macht des Wissens. Wissenschaft ist Macht (scientia est potentia
); alles Wissen ursprünglich ein Anziehn, ein Wollen (in der Gleichgültigkeit ist kein Wissen, das ich mir nicht anziehe, weiß ich nicht); das an sich Wissende ist nur, wogegen alles andre äußerlich ist, d.h. eben die Macht, das Subject des Seyns. Aber eben weil das Wissende selbst, darf es diese Macht nicht gegen sich selbst wenden, nicht sich selbst wissen als das die Macht des Seyns ist; nicht, indem das Wissende, zugleich das Gewußte seyn. Damit es also als dieser lautere, von nichts ergriffene und an sich unergreifliche Geist bleibe muß ein Andres seyn, gegen das es sich verhalte als das das Wissende selbst ist.
Wir übergehen vorerst die Frage woher jenes andere ihm komme, und was dieses Andere als sich selbst sey. Wir fragen vorerst nur, wie es sich in diesem seinem Angezogenwerden durch das lautere Subject und also überhaupt wie es sich gegen dieses verhalte?
Wir haben von diesem Subject angenommen, daß es als das lautere Selbst bleibe, nicht sich hingebe als dieses, aber auch nicht, gegen sich selbst gewendet, sich selber nehme. Wir können also sagen: das Erste (eben jenes lautere Subject) nimmt die reine Selbstheit auf sich; ebendamit aber entbindet es jenes Andre aller Selbstheit, das aus diesem, wie aus einem Gefäß, durch unsichtbare Macht gehoben, unmittelbar gleichsam überströmt und nothwendig eben so das lautre Seyende (actus purus) wie jenes die reine Macht (potentia pura) ist. Was dem ersten unmöglich war – seyend zu seyn ohne zugleich die Macht gegen sich selbst zu wenden und aus dem lauteren Seyn in’s bloße Können (ex actu in potentiam) zu fallen, dieses ist dem Zweyten durch das Erste möglich
Nur in diesem reinen Gegensatz können die beyden sich gegenseitig annehmen; indem jenes das Außer-, dieses das In-sich-seyn aufgibt. Dadurch nämlich ist ein jedes gleich ledig seiner selbst; das erste indem es das lautre Selbst selber ist, das sich nicht gegen sich selbst wendet, das andre indem es das reine, d.h. völlig selbstlos-Seyende ist. Jedes ist nur auf entgegengesetzte Art, was das andre ist, jedes ein gleiches nicht Wollen seiner selbst oder, um einen veralteten aber ganz guten Ausdruck anzuwenden, jedes eine gleiche Selbstunannehmlichkeit. Grade in der höchsten Ungleichheit ist die höchste Gleichheit beyder. Das Erste aber indem es sich versagt, zu seyn, wirkt auf das Andre als ein unwiderstehlicher Zauber, der es anzieht und festhältSelig sind die Hungrigen, denn sie sollen gesättigt werden
. Dieß die Armuth die selig heißt. Selig die Armen im Geiste, denn das Himmelreich ist ihr
, es wird ihnen nicht, sie besitzen es schon durch ihre anziehende Kraft. Dieser stille, nicht nach außen nur in die Tiefe und nach innen gehende Brand (Inbrunst nennt ihn trefflich die deutsche Sprache), diese innre, verzehrende aber nicht verzehrend hervortretende Stärke, der nur die lautersten Seelen fähig sind, ist der Talisman, durch den oft unscheinbare Menschen unglaubliches vermögen, der alles bewegende Magnet; denn sie ist der wahre ewige innere Anfang, der wie schon das Wort andeutet, in dem Fahen, Anziehen eines Anderen besteht. Eben weil es nicht sich selbst will, muß jenes lautre Selbst ein Andres wollen, oder vielmehr nichts als die lautre Begierde nach diesem seyn, hinwiederum aber hat auch dieses keine Freyheit gegen jenes, als das, in höchster Freywilligkeit, dennoch sich ihm geben muß, unfähig ist sich ihm zu versagen, hingezogen, hingerissen verzückt in das, was ihm das Selbst ist und es darum vom eigenen Selbst befreyt. Es ist also ein Wechselaufgeben der Freyheit, jenes gibt auf die Freyheit zu seyn, dieses die selige Freyheit nicht zu seyn. Es ist das vollkommne Verschmelzen zu Einem Wesen, da Eins das Selbst des Anderen, also recht eigentlich und nach der ganzen Bedeutung des Ist in allen solchen Verbindungen, das andre Ist.
Indem das Erste sich setzt als das reine Selbst und das Anziehende des Andern, macht es sich zum Innern, zum Wissenden von diesem, und da es selbst das ist, das es weiß, zum Bewußten von ihm. Das Ganze ist also das reine, ewige zu-sich-selber-Kommen, und sich-Finden, das reine, weil ein jedes das Findende sowohl als das Gefundne in völlig gleicher Lauterkeit bleibt.
So wie wir indeß diese Art von Verschmelzung beyder ausgesprochen, ist auch einleuchtend, daß sie auf solche Weise nimmer zusammenkommen könnten, ohne schon vorher zu
Begriffe: das Erste, zur Selbstbestimmung gezwungen, Gelassenheit, Entscheidung