An
Herrn Director von Schelling
in
fr˖[ey] Gr[enze].
No. 4.
No. 7.
Mittwoch den
haben wir einen schönen Spaziergang über den Kirchhof und zwischen den Gärten die da am Pragerberg liegen gemacht um doch in etwas die schöne Blüthenzeit zu genießen, der Morgenspaziergang war uns durch Regen vereitelt worden, und auch heute regnet es fast ununterbrochen und wir werden wohl unsre Zuflucht zum Neubrunn nehmen müssen, um einige Bewegung zu machen. Nun ist es schon seit mehreren Tagen überall grün, nur in der Puppischen Allee stehn die Bäume noch dürr und blätterlos, bald scheint es sie zögern ihren Schmuck anzulegen, bis die nachbarlich Wiese bevölkert, auf dieser stehn noch sämtliche Wohnungen leer. Deine besorgte Hausfrau in den 3 Schwalben, hat seit ihr anmuthiges Schwalben Nestchen an einen andern Besitzer abgetreten, der es nun außen sehr schmuck und glänzend herausgepuzt hat, schwerlich wird man aber im Innern künftig so gut versorgt seyn. Die gute Frau ist von hier weg, zu einer verheyratheten Tochter gezogen.
Unser kleiner Liebling, der frisch und munter wie ein Fischchen im Wasser sich befindet, hat heute ihr kleines Wörter Register mit einem neuen vermehrt, indem sie sich selbst Lulul nannte, und seitdem oft wiederhohlt. Seit sind ihre Gedanken alle auf eine Puppe gerichtet mit der sie der Doctor erfreut hat. Die Herrlichkeit hättest Du nur sehn sollen. Neulich lese ich ihr allerley aus Deinem Brief vor und unter andern auch »Paul und Fritz hätten ihrer Puppe unterdeßen den Kopf abgerissen. Lebhaft wie sie ist, machte das großen Eindruck auf sie, sie fing einen gewaltigen Lerm darüber an und klagte mit viel pantomimischem Aufwand es Gott und aller Welt, wer ihr in den Weg kam, unter andern auch Mitterbach, der sich sehr über sie amusirte und ihr gleich eine neue Puppe versprach. Ihr Lieblingsspiel ist jetzt immer nach Erlangen zum Papa zu reisen, sie läuft denn so schnell es ihre kleinen Beinchen bewerkstelligen mit der Lina um Tisch herum und schreit aus vollem Hals Papa! Papa!
Donnerstag den .
Diesen Morgen habe ich zur gewöhnlichen Zeit d.h. um 5 Uhr zu Hause und 3/4 auf 6 an der Quelle getrunken und dann gebadet. Es war ziemlich lebendig am Sprudel, da ein großer Zug Wallfahrender von Marie Culm kommend sich niederließen ihr Frühstück dort einzunehmen. Wie gewöhnlich habe ich mir die Cour von H.-D. Damm machen lassen. Mittags waren wir zu Mitterbach eingeladen, wo es an guter Unterhaltung wohlschmeckenden Speisen und schäumenden Champagner nicht fehlte ob wir gleich die einzigen Gäste waren, nach Tisch erschienen auch die Kinderchen nett gepuzt und machten viel Freude. Die Tochter von Haus verreist auf 8 Tage nach Prag mit der Senator Michelsen aus Kiel die den hier zugebracht hat. Mich amusirt’s, daß M˖[itterbacher] da er jetzt den Erfolg meiner langen Kur vor Augen hat, sogar behauptet er hätte mir vorgeschlagen den ganzen Winter zu bleiben und fort zu trinken. Es sind endlich auch einige größere Herrschaften angelangt – Stroganoff mit seiner Schönen ist im sächsischen Saal eingerückt und der Graf Langeron mit seiner jungen Frau uns gegenüber in die Apotheke, auf der Wiese ist es aber noch immer wie ausgestorben. Nun gute Nacht für heute, lieber! bester! auf morgen freue ich mich wie ein Kind! Weißt Du auch warum? – Da kömmt ein Brief von Dir allerbester! –
Freytag den .
Da hätte ich Deine lieben Zeilen nach denen ich mich so gesehnt habe! Ganz zufrieden bin ich aber nicht damit, da sie mir nicht beßere Nachrichten von Deinen Befinden bringen. Wenn Du meinen guten Rath hören willst, so machst Du einen Geniestreich und entschließest Dich kurz und gut mit einem Einspänner mir nach zu reisen. Freudelchen läßt sich gewiß billig finden einstweilen auf eigene Faust eine Erlaubniß auszustellen. Mit den Knaben ließe es sich auch einrichten, wenn Du wolltest; Carline ist so eine vernünftige sorgfältige Personn, der man sie gewiß anvertrauen kann, und was die Aufsicht über ihre Arbeiten und Beschäftigungen betrifft, so schläge ich vor, für diese Zeit den Herrn Götz anzunehmen, der sich ihnen dann alle Tage von 5 bis 7 Uhr Abends widmen müßte um mit ihnen spazieren zu gehn, ihre Arbeiten anzusehn und für ihre Aufgaben sorgen. Für eine zweckmäßige Vergütung wird er dies Geschäft gewiß übernehmen. Überlege Dir doch die Sache und leihe meinen Bitten ein günstig Ohr, mein Interesse gewiß ganz bey Seite gesetzt, liegt mir jetzt nur das Deinige am Herzen. Was gewinnst Du, wenn Du diese Zeit jetzt zu Hause auf jeden Fall nicht angenehm zu bringst, fühlst Du Dich nicht ganz wohl bringt es Deiner Arbeit keinen Gewinn, so zieht doch Deine Gesundheit einen Vortheil davon; was dann jener wieder zu Nutz kömmt, es handelt sich ja nur von 4 Wochen und ein mäßiger Gebrauch des Sprudels läßt gewiß keine Schwäche zurück, daß Du nicht späterhin Deine Arbeit vollenden könntest. Das letzte mal war Dir das Wetter so gar ungünstig und das war hauptsächlich an Deiner langsamen Erhohlung schuld. Im Grunde kömmt mein Vorschlag ganz auf Deinen früheren Vorsatz hinaus, später nach zu reisen um die letzten 4 Wochen in Carlsbad mit mir zu zu bringen. Nimmst Du meinen Vorschlag an, so bediene Dich des kleinen Koffers in der Garderobe den Carline ausleeren kann, der Schlüßel findet sich im Schreibtisch linker Hand im untersten Schiebelädchen. Den Brief von Jänisch hast Du doch gefunden?
Die Post drängt mich also nur noch ein zärtliches Lebewohl. Die Kinderchen küße herzlich. Hier sende ich die Lieblingsblume, wie gern legte ich den ganzen Strauß an Dein Herz und mich dazu.
P.