Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

Geh˖[eimer] Hofrath und Professor

von Schelling Wohlg˖[eboren]

in

Erlangen

frey.

Mein verehrtester Freund!

Noch nie hat mich ein Brief mehr erfreut, als der Ihrige vom . Wohl erwartete ich von Ihnen Theilnahme und Freundschaft für uns und unsern Fritz; aber die Art, wie Sie sie uns zu erkennen geben, und die Bereitwilligkeit, mit der Sie meine Bitte erfüllen, war über meine Erwartung! Ich kann aufrichtig sagen, daß wir, ich und meine Frau, seit dem Empfange Ihres lieben Briefes, ganz beruhigt sind; und wir hatten es wahrlich nöthig, beruhigt zu werden. Fritz weiß von unserm Briefwechsel nichts, und soll auch nichts davon erfahren. habe ich ihm geschrieben, und einen Gruß an Sie aufgetragen, der ihm jede Idee, daß wir uns directe über ihn besprechen, benehmen muß. Ich habe ihn zugleich strenge angewiesen, sich über alle seine Angelegenheiten mit Ihnen zu berathen, und Ihren Rathschlägen zu folgen. Ich hoffe und erwarte, daß er es thun werde.

Unterm schrieb ich auch an den Professor Engelhardt, der sich lange als Freund meiner Familie gezeigt hatte, um ihm Fritz zu empfehlen. Herr Engelh˖[ardt] hat mir noch nicht geantwortet. ich benutzte diesen Umstand, um Fritz zu fragen, wie er so schnell zu einer Wohnung gekommen sey? Ob auf Engelh˖[ardt]s Anrathen, an den er sich deshalb, meiner frühern Weisung gemäß, hätte wenden sollen, oder auf Anrathen irgend eines Studenten? Dieß, sagte ich ihm, wäre mir in so fern nicht lieb, indem es mir einen neuen Beweis gäbe, daß er meine Vorschriften nicht genug achtete. Dieß sollte nun die Einleitung zu künftigen Maaßregeln seyn. Uebrigens dürfen Sie sich, verehrtester Freund, in Ihrem Benehmen gegen meinen Sohn gar nicht geniren. Ich räume Ihnen väterliche Gewalt über ihn ein, wenn Sie sie annehmen wollen; und er soll Ihren Willens-Aeußerungen gehorchen, sie mögen als guter Rath oder als Befehl erscheinen. Er selbst und wir können uns glücklich schätzen, ihn unter der Leitung und (wenn auch etwas entfernten) Aufsicht eines solchen Freundes zu wissen! –

Meine Frau und meine Mädchen grüßen Sie, und mit mir die lieben Ihrigen aufs herzlichste. Die Erstere weinte vor Freude beym Empfange Ihres Briefes, für den ich Ihnen nicht genug zu danken weiß.

Mit stets aufrichtigster wahrer Freundschaft und innigster Verehrung
Ihr

Kerstorf