Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Frau Directorin von Schelling

in

Erlangen

über Baireuth

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No. 6

No. 7

Freytag

Mein liebstes Herz,

das war kein glücklicher Einfall, einen Brief, als gäb’ es keine Posten, durch Sch-n zu schicken, der alle Berg- und Alaunwerke nicht nur, sondern Alexandersbad ja sogar die Familie Sand zwischen Erlangen und hier besuchte, dem seiner plumpen Art nach nicht einmal einfiel, daß mir an dem Brief liegen könnte, den er sonst wenigstens auf einer Post abgegeben hätte, nun aber , 10 Tage nach dem Empfang, an den Seiten völlig geöffnet (wahrscheinlich aus Angst, weil verschlossne Briefe mitzunehmen verboten ist) in meine Hände abgeliefert hat, wo ich denn doch nicht umhin konnte, dem saumseligen und nicht sehr eleganten Boten bey mir zu logiren – auf wie lange wird sich zeigen. Doch genug, daß Du mit den Kindern wohl bist, dessen mich Dein heute erhaltnes (No. 4) noch von einem späteren Datum versichert. Meine Zeit ist beengt, und ich beschränke mich also darauf, wegen meiner Rückreise zu schreiben. Ich dachte von über 8 Tage, den von hier abzureisen und so wieder bey euch zu seyn. Allein theils einige Störung durch Wetter u.a. in meiner Cur, theils weil ich nach den etwas verspäteten Anstalten schließen muß, Dir nicht gelegen zu kommen, wenn ich so bald komme, werden mich nun wohl bestimmen, länger zu bleiben, doch wie ich hoffe nicht bis zum vollen Ende der 5ten Woche, sondern nur bis zum wo ich dann am zu guter Zeit in Streitberg eintreffen und Dich, oder wenigstens die Kinder zu finden hoffen würde. Auf jeden Fall schreibe ich jedoch noch künftigen meinen näheren Entschluß. Daß meine Bücher ausgeräumt werden mußten ist mir sehr unangenehm, besonders wenn ich denke, daß Du Dich dazu vielleicht der Hülfe eines Freundes oder gar eines Studenten bedient hast. Ich wünsche sehr, Montag früh einen Brief vor Dir zu erhalten, und daß Dir einfällt, mir zu schreiben, wie bald ich kommen kann, ohne zu sehr in die häuslichen Unruhen hinein zu gerathen. Ich hätte so gern dießmal mit 4 Wochen von hier Abschied genommen aber es sollte nicht seyn. Grüße alle meine lieben Kinder, dem Paul sage, ich hätte ihm gern geantwortet, wenn sein Brief, der mich sehr gefreut habe, nicht so lang unterwegs geblieben wäre, übrigens sehe ich wohl, daß er inzwischen im Latein viel gelehrter als sein Vater geworden sey, denn es fänden sich Wörter in seinem Brief, von denen ich nie gehört hätte. Weil er aber so fleißig und brav sey, dürfe er mir nach Streitberg entgegenkommen. – Laß doch gleich wieder Macasser-Oel kommen, daß ich welches finde.

Nun muß ich schließen, bleibe gesund und wohl bis zum – hoffentlich nicht sehr entfernten – frohen Wiedersehen. Grüße an alle Freunde.
Dein tr[eue]ster

Sch