Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An

Frau Directorin von Schelling

in

Erlangen

über Bayreuth

fr˖[ey] b˖[is] z˖[ur] Gr˖[änze]

No. 2

No. 3

Liebstes Kind!

Ich hoffe, Du hast meinen Brief (No. 1) durch den Kutscher über Bayreuth erhalten. Vergebens hoffte ich heute Nachricht von Dir zu erhalten. Mir geht es gut. Ich bin jetzt am 3ten Tage der Kur schon soweit, als das letztemal am Ende der 3ten Woche. Nur die Witterung dürfte günstiger seyn. Am starker Nebel bis 10 Uhr morgens, am Regen bis Mittag, heute Sonnenschein, aber kalter Wind. Unter diesen Umständen muß ich mir dadurch helfen, daß ich morgens, während ich bey’m Brunnen bin, etwas einheizen lasse. Noch ist es sehr leer und nicht Ein Mensch hier, der mich interessiren könnte, soviel ich weiß und sehe auch nicht Ein Gelehrter. Goethe soll abgeschrieben haben, er war willens ebenfalls im zu kommen. Außer ein Paar unbedeutende Personen aus Regensburg und einigen Fabricantenfamilien aus der sächsischen Nachbarschaft befindet sich fast nichts hier. Mir ist dieß übrigens sehr gleichgültig und ich kann es mir wohl gefallen lassen, so fast allein Herr von allen Spaziergängen zu seyn. Meine häusliche Einrichtung ist so bequem, als ich verlangen kann. Die guten Leute, welche sehr erfreut waren, mich wieder zu sehen, und so früh schon, während die meisten Häuser noch leer stehen, ihre Wohnung anzubringen sind von der äußersten Bereitwilligkeit. besuchte ich Mitterbacher, der der alte ist und sich sehr freundlich nach Dir erkundigte, heute bey’m Brunnen sah’ ich auch die Tochter, welche den Theresienbrunnen trinkt, die andren habe sie im vergangnen besucht. Auch bey dem ehrlichen Büchsenmacher war ich schon und dieß sind bis jetzt meine einzigen Bekanntschaften. Ein Paar Stiefel für 17 fl. Scheine sind bestellt. Alle sonstige Vergnügungsorte sind noch geschlossen, so daß man nicht einmal in Versuchung geführt wird, außer dem Hause zu speisen. Dieß sind ohnehin alle Umstände, die ich Dir von hier zu schreiben weiß.

Sehnlich warte ich nun auf Nachrichten von Dir und den Kindern. Ich hoffe zu Gott, daß Du wohl bist, und daß es Dir und den Kindern in jeder Hinsicht gut geht. Erfreue mich bald mit Nachrichten, grüße Julchen aufs Beste, und herze die Kinderchen für mich. Leb wohl, Du liebste Seele, und behalte mich lieb.
D˖[ein] tr[eue]ster

Sch