No. 23.
Meine Erwartung ein liebes Wort von Dir zu vernehmen geliebter bester Freund! ist nicht in Erfüllung gegangen; es hat mich betrübt aber nicht geängstet, bey diesen köstlichen wetter kannst Du nicht anders als wohl und vergnügt seyn. Könnte ich nur eine Stunde des Tages in dem lieben Thal mit Dir herumwandeln, mit rechter Sehnsucht blicke ich immer nach dem Gebirg das jetzt beständig in voller Glorie zu schauen ist, und meine Spaziergänge mit den Kindern sind immer nach jener Gegend gerichtet. Am Nachmittag bin ich mit allen 4 auf die Theresien Wiese gewandert um ein 2tes Pferderennen mit anzusehn da wir das erste versäumt hatten. Das Rennen selbst von Privat-Unternehmern war nicht brillant, aber der heitere Himmel die zahllose Volksmasse, das Drängen und Treiben an die reichbesetzten Buden und das ganze bunte Schauspiel auf der grünen Fläche die so einzig schön von den himmelblauen Bergen umkränzt war, hat mich unbeschreiblich gefreut. Paul und Fritzle waren sehr vergnügt, doch hat Paulen die Erwartung der versprochenen Bratwürste nicht so lebhaft am Rennen der Pferde Theil nehmen lassen als ich geglaubt hat. Line hat sich nicht viel aus dem Spas gemacht. Dem als der Namens Tag des Königs führte ich die guten Kinderchen in die Akademie um den militairischen Einzug in die Jesuitenkirche mit an zu sehn, nach Tische gingen wir spazieren und für den Abend nahm ich die Einladung der Frau von Westheimer an, die mich in ihre Loge abhohlte um die Einweihung des neuen Theaters mit bey zu wohnen. Hatte ich nun den Tag zuvor Münchens Bewohner wie Ameisen an den Hügeln der Theresien Wiese kleben gesehn, so erblickte ich sie jetzt in vollem Prunk und Staat die weiten Räume des eben so glänzenden als geschmackvoll erleuchteten Theaters füllen. Der schöne Styl der Bauart, die wohlangebrachten Verzierungen die tausend Kerzen, das Jubeln des Volks beym Eintritt des Königs mußten ein freuen, und die Albernheit des Stücks ein wenig vergeßen machen, das wirklich ein Quodlibet von Dummheit ist und Herrn Klebe zu Verfasser hat. Mir fiel immer das Xenien von Schiller ein »Hexen lassen sich wohl mit schlechten Sprüchen citiren, aber die Grazie kömmt nur auf der Grazie Ruf.
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Victoria! Da bringt der Friedrich zwey Briefe von Dir! Du lieber, geliebter Freund! wie danke ich Dir dafür, also hattest Du mir doch am geschrieben! Nun Geschwind zur Beantwortung Deiner Fragen, damit ich die Post nicht etwa versäume. Mein Rath wegen Deiner Rükreise wäre der, – von Weizinger einen zweyspännigen Wagen zu nehmen, und mit der Kathrine und deinen Sachen zugleich hierher zu fahren. (Die Kiste müßte dann in Schlehdorf gelassen werden, und die Betten theils in MantelSack theils in einen von unsren Strohsäcken die man aus leeren müßte gesteckt und hinten auf die Chaise aufgebunden werden. Die zerbrechliche Waare nebst deiner Wäsche packte man in die Kutschkasten.) Auf diese Weise wärest Du ganz Herr deiner Zeit und Lust, hingst nicht von Abgang des Bothen und
In dieser baldigen frohen Aussicht umarme ich Dich noch ein mal so vergnügt Du lieber, lieber, bester Herzens Freund!
P.