Fürchtete ich mich nur nicht der Sünde, dem Manne, welcher der Menschheit im höhern Sinne angehört, und dessen Zeit diese mit Recht in Anspruch genommen hat, seine Stunden zu rauben, so erhielten Sie, Verehrtester, recht viele Briefe von mir. Denn ich muß es Ihnen gestehen, mein ganzes Wesen ist so an Sie angezogen, daß eine nähere Verbindung mit Ihnen einer meiner höchsten Wünsche, der Gedancke an Sie, mein seligstes Vergnügen ist. In Ihrer Nähe fühlte ich mich besser werden, in Ihrem Umgange entwickelte mein Geist einen höhern Schwung, und wenn ich einen Gedancken dunckel gefühlt hatte, so tratt er im Gespräche mit Ihnen hell und lebendig hervor. So stelle ich mir das Verhälltniß der Schüler Socratis zum weißen Meister vor, und es wird mir die Liebe jener zu ihm klar. Deuten Sie es, wie Sie wollen, ich liebe Sie so, wie ich noch Niemand liebte, und wenn Sie wüßten, wie wohl es mir that, Ihren Brief zu leßen, in welchem sich Ihr Herz so ganz aussprach, so würde Sie die Zeit nie reüen, welche Sie mir geschenckt haben. Nur hätte ich weniger Lob für mich darin gewünscht, denn ich fühle es gar zu wohl, und itzt mehr als in München, daß ich die Eigenschaften zu einem guten Abgeordneten noch lange nicht habe, und vielleicht nie zu erwerben im Stande bin. Zwey vorzügliche Eigenschaften fehlen mir, einmal eine umfassende Gelehrsamkeit und dann die erfoderliche Ruhe und Kälte. Beydes nochzuhohlen wird mir kaum gelingen. Ersteres ist gar zu schwer, wenn man so ganz von gelehrten Hülfsquellen entfernt ist, wie ich dahier, und letzteres wird ohne das erste nicht erlangt. Auch hierin waren Sie das Ziel, welches ich zu erreichen, mir sehnlichst wünsche, wenn Sie im Punckte des Wissens unerreichbar bleiben, so sind Sie mir doch die beständige Auffoderung zum Fortschreiten in geistiger Bildung, welche immer mehr Ruhe und Besonnenheit gewährt. – Wenn ich das erstemal mit Zagen nach München gieng, eine Folge meines Bewußtseyns, so gehe ich das nächstemal mit einer wahren Herzens Angst dahin, die Folge eines gesteigerten Bewußtseyns meiner Kräfte. Dieses mein eigenes Gewissen (will ich es nennen) bitte ich ja nicht zu stören durch unverdientes Lob. Sie erheben mich schon ohnedies über mich hinauf durch den mir gegebenen Namen Freund, das Höchste was ich zu verdienen mich bestreben kann, darum müssen Sie aber auch als Freund aufrichtig sagen, wo ich irre und fehle, denn sonst müssen Sie sich ja des Freundes schämen. Muß es nicht des Freundes, der höher steht größter Stolz seyn, den tiefer stehenden doch empfänglichen Freund zu sich heraufgezogen zu haben? – Weinen möchte ich, wenn ich daran dencke, daß es mir schon vor hatte gelingen können, um Ihre Freundschaft zu buhlen, und daß ich damals in Sinnlichkeit versunckener Mensch dies vernachläßigte! Doch abgelaufen ist die Zeit, und glücklich schätze ich mich, Sie doch itzt noch gefunden zu haben. Warlich wenn ich Fortschritte in geistiger Bildung mache, so gebührt der Verdienst Ihnen allein; denn ich liebe Sie, und diese Liebe macht mir alles möglich. Deshalb wird auch mein Bestreben dahin gehen, noch in nähere Verbindung mit Ihnen zu kommen, so bald es mit Ehren gescheen kann; dermalen verbiethet es die Ehre.
Wahr ists, unsere Verfassung ist in großer Gefahr, sie ist meiner Ueberzeugung nach schon verlezt, durch die Instruction des Justiz-Ministeriums an die AppellationsGerichte, den Auffoderungen des Mainzer Tribunals zu pariren, durch die Ernennung des M˖[inisterial]R˖[aths] von Hoermann zum Mitgliede dieses Tribunals, durch die vorläufige Annahme der Franckfurther ; allein noch hat die Regierung Mittel genug, die Sache zu drehen, so lange sie noch nichts officiell dem Volke bekannt gemacht hat; allein dem ohngeachtet kann ich mich nicht überzeugen, daß ein ständischer perpetuirlicher Ausschuß, hier in jedem Falle für den Augenblick gut, im Ganzen wünschens werth wäre. Die Gefahren einer Suprematie scheinen mir zu groß, und die Freyheit der Versammlung zu sehr gefährdet. Haben Sie nicht gesehen, welche Supperiorität der 2te Ausschuß unserer Kammer ausüben wollte. – Freylich fehlt nun ein gesetzliches Organ um hinzuwürcken auf die Erhaltung der Verfassung; allein das sollte eigentlich das Geschäft der beyden Commissarien bey der Schulden-Tilgung seyn; und jeder Abgeordnete sollte das Ministerium für sich aufmercksam machen, auf die allgemeine Stimmung, auf die Gefahren für die Regierung auf die Verantwortlichkeit der Minister. Ich habe meine Ansicht per tertium einem der Herrn Minister vorgelegt, und erwarte nun Antwort, um ein Memoire zu übergeben an das Gesammt-Ministerium. Was ist denn anders zu machen? Mehrere Abgeordnete dürfen nicht berathen, das ist gegen die Constitution, also müssen Einzelne als Privatpersonen handeln. Die Sache ganz gehen lassen, geht kaum an, denn ist einmal eine Verfügung conform den Franckfurther Beschlüssen dem Volke bekannt gemacht, so ist alles verloren, und die Minister, welche solche Verfügungen unterzeichneten, haben dann keine Wahl, als sich auf andere Art gegen Verantwortung zu sichern, und die Constitution existirt nicht mehr. Daß mich diese Betrachtungen in der Seele schmerzen können Sie sich leicht dencken. Alle Anstrengungen Baierns seit vielen Jahren sind verloren; es fällt aus der Reihe selbststandiger Staaten zu einem gehorchenden und dienenden herab, und die Achtung des Auslandes so wie die Anhänglichkeit des Volks an die Regierung ist verscherzt. Die Souveränität ist verloren, und das monarchische Princip offenbar in seinen Grundvesten erschüttert. Die Unitarier hätten keine richtigern Schritte zu Erreichung Ihrer Zwecke machen können, wenn Ihnen die freyeste Hand gelassen worden wäre, als die sind, welche der Bundestag machte. Sind denn die Menschen mit Blindheit geschlagen? Das Fehlerhafte der gemachten Schritte liegt so auf offener Hand, die Gefahr für der Staaten Suddeutschlands Unabhängigkeit sind so plump dargelegt, daß man nicht weis, ob man mehr über der Autoren Unverschämtheit oder der Consentienten Augenschwäche staunen muß. Welche Gefahr ist denn mit der Nicht-Einwilligung verbunden? Der Ausschluß aus dem deutschen Bunde – Gut, wenn der deutsche Bund die volckerrechtlichen Verträge der Staaten verlezt, so trägt er das Princip des Bösen in sich, und er lößt sich selbst auf, wo dann die Schuld die Einwilligenden trifft. Ich begreife nicht, daß diese Betrachtungen, welche sich jedem auch nur oberfläch denckenden aufdringen, übersehen werden können. Hören wir nicht schon die französischen Blätter sehr bedenckliche Wincke geben? Sagen Sie mir doch Ihre Ansicht darüber, ob es räthlich, und der guten Sache föderlich sey, wenn ich ein Memoire darüber dem Gesammt Ministerio übergebe, und offen die Gefahren für den König, für das Vaterland und für die Verfassung darlege? ich möchte nicht schaden, halte es aber für Gewissenssache zu reden, so lange es noch Zeit ist.
Was Preußen will ist in der Erklarung der Staats-Zeitung enthalten. Festsetzung eines Minimums der Steuern, worüber den Ständen kein Bewilligungs-Recht zusteht, bestimmte Staats-Einrichtungen, welche über alle Discussionen derselben erhaben sind, und einen mit der Constitution zugleich gegebenen Schulden-Plan; im Ganzen, wo möglich in allen wichtigen Angelegenheiten ein votum consultativum. Daß die Constitutionen süddeutscher Lande mehr geben, das hat einerseits Eifersucht erregt, und andererseits erregte die Freymüthigkeit, welche jeweilen die Gränzen überschritt, Furcht. Diese Furcht ist sehr erklärlich; allein die baierische Regierung hat nun das Härteste überstanden, gewiß erregen die künftigen Versammlungen und Verhandlungen das allgemeine Aufsehen nicht mehr in dem Grade, wie die erste; der Ton würde ruhiger, die Verhandlungen gründlicher, und Regierung und Volk wären glücklich. Die baierische Regierung wäre also nunmehr schon im offenbaren Vortheile. Kommen andere Regierungen mit ihren Ständen nicht so gut aus, was hat Baiern davon zu fürchten? Desto großer wird Baierns Ruhm, desto enger schließt sich das Band zwischen Regierung und Volk, desto mehr wird die Erhaltung dieser Einigkeit National-Sache, und Baiern würde eine moralische Starcke in Deutschland gewinnen, welche eine feste Brücke zur physischen Macht würde. Wäre ich nur in München, ich würde mich nicht scheuen, alle diese Wahrheiten so laut und oft und an jedem Orte zu sagen, daß vielleicht doch endlich ein Ohr sie auffassen würde. – Doch ich habe noch immer die Hoffnung, die gute Sache muß siegen.
Der Buchhändler Fleischmann hat mich eingeladen an der allgemeinen LitteraturZeitung mitzuarbeiten. Ich wollte dies wohl, wenn etwas Gutes zu stiften ist, und würde staatswissenschaftliche staatswirtschaftliche und polizeyliche Arbeiten übernehmen. Ich höre, daß Sie Mitarbeiter seyn sollen. Ist dies wahr, und glauben Sie ich könnte Dienste leisten, so bemercken Sie mir dies, und mit Vergnügen gehören meine ErhohlungsStunden diesem Geschäfte, welches für Baiern rühmlich werden kann. Ich lebe ohnehin ganz einsam, getheilt zwischen meinem Amte und meiner Familie ist mein Leben; meine Unterhaltung Lesen. Niemand habe ich hier mit dem ich Gesinnungen und Gedancken verarbeiten und auswechseln kann, meine Unterhaltung muß also Litteratur seyn; und Ihr Vorbild, und das Bestreben meinem Vaterlande auf der Stelle, wohin mich Volkswahl stellte, nützlich zu werden, feuern mich mehr zum studiren an. Also auch darüber bitte ich mir Ihren Rath aus.
Meine Frau empfiehlt sich Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin bestens. Auch in unsern Empfindungen für Sie harmoniert meine Frau so mit mir, daß ich mich schon oft kindisch darüber gefreut habe; sie hat für Sie die hochste Verehrung.
Ihrer Frau Gemahlin küsse ich die Hand, und bitte Ihr alles Schöne von mir zu sagen. – Schonen Sie Ihre Gesundheit, und wenn Sie sich einmal ferne vom Gerausche der Welt im traulichen Kreise herzlicher Freunde erheitern wollen, so kommen Sie zu
Ihrem
ergebensten Freünde
Häcker.
P.S.
Die Sorge für Ihren Wein habe ich einmal übernommen, und werde sie mir von Ihnen nicht streitig machen lassen, so lange ich der Quelle näher bin, als Sie.