Es es macht mir Sorge ob doch m˖[ein] Brief den ich im geschrieben in die Hände Deiner lieben Frau gekommen ist? Waß müßtet Ihr Lieben von mir denken! wann solcher Brief wäre verloren gegangen – wie undankbar müßte ich in Eurem Andenken erscheinen. Mit innigstem Bedauren habe ich aus Deinem an Br˖[uder] Carl geschriebnen Brief ersehen daß leider bei Deiner guten treflichen Frau die Umstände nicht gebessert sind – Ach die gute Edle Seele – Ach wie schade ist es für ihre herrliche Gestalt – für ihre ganze Liebenswürdigkeit – daß sie so unther Leiden und Druck ihr edles Dasein jezt bald ein Jahr hinbringen mus. ich denke beständig an Euch Lieben wenn ich schon mich so stille verhalten habe. Es scheint mir, Du weist noch nicht waß unserm geliebten Bruder Carl für ein Glück zu Theil wird – die Schwägerin ist seit 4 Monath guter Hoffnung –. Die Freude die Carl und die V˖[ellnagel] Familie bis jezt darüber empfinden – wird durch das höchst wider wärtige Betragen der Schwägerin etwaß verkümmert, sie scheint höchst unzufrieden darüber zu seyn – betragt sich auffallend schonungslos kommt in 1 Aerger wann sie glaubt man bemerke ihren Zustand, ihre Mutter und Schwestern sprechen daher nie 1 Wort von der schon lange so sehnlich gewünschten Hoffnung und bitten Jederman ihr ja nicht zu Cratulieren – weil sie sich ganz entsezlich darüber Aergert, und die Personen gar nimmer leiden könne, die etwas zu ihr sagen – Carl mag es ihr noch so oft untersagen so schnürt sie sich fürchterlich zusamen, daß sie fast nicht Athmen kann – fält irgend was auf den Boden so holt sie es mit der grösten Behändigkeit – die Treppe springt sie jezt immer – die Prof. Ströhlin und J[un]gfr˖[au] Hopfg. (auf die – die V˖[ellnagel]Familie sehr viel halten) sagten leztens zu der Frau Menisterin – Herr Menister soll seiner Tochter derb die Meinung sagen – und es ihr auch auf den Religiosen Seiten vorstellen, weil sie auf ihren Mann Mutter und Schwester gar nichts gibt. – Frau Menisterin sagte mir neulich sie habe auch die Besorgnis es möchte der Schellings˖[chen] Familie nicht recht seyn – da ich sie aber so sehr ich es vermochte versicherte – daß wir gewis alle die gröste Freude darüber haben werden – umarmte mich die gute Frau und dankte mir mit Tränen für m˖[eine] gute Gesinnungen, die sie schon oft gegen ihre Tochter gerühmt habe –. einige Tage nachher wurde ich zu 1 Thee-Visite ein geladen – die Gesellsch˖[aft] war schon beisamen als ich kam – ich gieng freundlich auf die Schw˖[ägerin] zu die im Hinthertheil des Zimers stund um sie recht liebevoll zu begrüßen – sie aber sah mich gar nicht an sondern sprach mit Clärchen und that als bemerkte sie mich nicht – wie mich das Aergerte – von 1 Gesellschaft theils ganz unbekannte – gerne wäre ich wieder nach Haus wenn es nicht auffallend gewesen wäre – die Gesellsch[aft] aber erwies mir dann alle Aufmerksamkeit und auch die Frau Menisterin ganz besonders –. Da hatte sie nun einen Neid auf mich weil ich über ihre Umstände mit ihrer Mutter gesprochen. Jezt gehe ich bei nahe gar nicht mehr hinunther – sie lies ich in Voriger Woche einladen mit der Wächter und einigen guten Freundinnen – man fürchtete sich vor ihren Grobheiten die sie sogar ihrer Mutter schon Gemacht – daß niemand nichts zu ihr sagte und somit gieng die Visite gut vorbei.
Wan Du m˖[ein] lieber Bruder Carl Cratulieren wilst so bitte ich sehr – zu thun als ob Du von München her es Dir geschr˖[ieben] worden wäre – ich weis auch nicht ob es nicht vieleicht möglich ist, daß Du ihr Herz rühren kannst – dem Carl soll sie manchmal sehr grob begegnen – und der geplagte komt bei der Hitze oft erst nach 3 Uhr zu s˖[einem] Mitagessen[.] Dein Clärchen macht ihm die gröste Freude. Es gibt nun sehr viele Kranke hier. August hat auch seine liebe Plage s˖[eine] Frau hat das Heimweh nach Ludw[igs]b˖[urg] und ist immer im höchsten Grade unzufrieden, daß August nicht ihr zu lieb in L˖[udwigsburg] geblieben –. Was besizt Du für 1 gute edle Seele – Sie hat gewis auch M˖[ünchen] sehr ungerne verlaßen und besonders ihre treue Freundin die K˖[öhler] ich bin es aber gewis, das Dir keine Vorwürfe – gemacht worden – Möchte es doch der Gütigen Vorsehung gefallen Dir diese trefliche Frau noch lange zu erhalten!!! Wie unbeschreiblich ich mich freute wann sie hieher kommen könnte vermag ich Dir nicht zu sagen. Zerreiße diesen Brief doch gleich m˖[ein] lieber Bruder und nehme aber alles recht zu Herzen und in Deiner Weise Überlegung – und Handle darnach –
Küße und Grüße mir Deine lieben Knaben herzlich behalte in gutem Andenken
Deine
Dich ewig liebende Schwester