Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Gott sey Dank, liebster, theuerster Freund, daß wir endlich Nachrichten von Dir selbst und zwar so erfreuliche erhalten haben. Am zweyten Tag nach Deiner Abreise, wo der Regen, wie heute, fast unausgesetzt vom Himmel strömte, wollte uns fast der Muth für Dich sinken und wo eins dem andern begegnete sagte es wehmüthig auf den Himmel deutend: Aber Schubert!! Nun heißt es recht: post nubila Phoebus, Du hast die Freude der Menschen an Dir gesehen, die Größe Deines Berufs an den ersten Wirkungen schon erkannt, und Deine Freude wird immer größer werden; ich halte die bayerische Jugend für höchst empfänglich, dankbar aufnehmend das stärkende und erhebende Wort, dabey fröhlich und heiter ohne das duckmäuserische Wesen, das hier dem Lehrer die Brust beengt, denn noch ist ihr nichts weiß gemacht worden. Wie mag sie sich erquicken an dem lebendigen Wort, das holdselig von Deinem Munde strömt! Aber auch alles Andre wird sich zu Deiner vollen Zufriedenheit gestalten. Ich habe guten Grund zu glauben, daß die erhaltnen Versicherungen keine leeren Versprechungen und ernstlich gemeynt sind. Was das Cabinett betrifft, so denke unter der gegenwärtigen Unlust nur an die künftige Freude, wenn es, wie das hiesige, als Dein Werk da steht, niemand wird sagen können, daß Dir ein Andrer vorgearbeitet, außer im schlechten Sinn.

Ich kann Dir aufrichtig versichern, Geliebter, jetzt erst bin ich selbst gewiß daß ich nach München kommen werde, versteht sich auch jetzt noch so Gott will. Denn auch als ich hörte, daß der König schon den Antrag genehmigt und der nächste Courier das Decret bringen werde, hielt ich für möglich, daß noch irgend ein Deus ex machina dazwischen trete; ja es war etwas in mir (ich will es nicht loben), das Sich, wenn auch nicht mir damit schmeichelte, daß es so kommen würde. Nun es aber entschieden ist, bin auch ich innerlich ganz entschieden, froh und entschlossen, mit ganzer Seele für den künftigen Beruf. Denn Gott weiß, daß ich nichts gesucht, nichts dafür, viel mehr dagegen gethan; und so darf ich es als Gottes Willen ansehn und auf diese Gewißheit hin kann man schon auch manche Unannehmlichkeit wagen, sicher sie äußerlich und innerlich zu überwinden.

Jetzt wird die Wohnung allerdings eine ernstliche Angelegenheit. Das Ungesuchte, und doch unseren Wünschen, wieder Nachbarn von Euch zu seyn, so ganz Zusagende der von Ringseis vorgeschlagnen (danke ihm herzlich in meinem Namen!) macht mich fast unbedingt geneigt, sie anzunehmen. Auf die Größe kommt es nicht sowohl an, als auf die Lage der Zimmer gegen einander, ob nämlich ein stilles, gehörig isolirtes Zimmer für mich darinn ist; ferner auf die Richtung gegen die Sonne, die Du mir ja mathematisch genau angeben kannst, und ob in den untern Stock ein Strahl Lichtes dringen kann; denn ich bin ein gar so großer Freund des Lichts, daß mir auch Herrn von Baaders’s gedruckte Vorlesungen per contrarium gewiß mehr Freude gemacht haben, als Dir die mündliche; ich weiß nicht, ob ich noch viel solcher Freunde in München finde, wenn es nur lauter solche sind, werden sie mir den Schlaf gewiß nicht verkümmern. – Es hat mich recht gefreut, was Du mir von Cornelius geschrieben, womit auch Kopp’s Äußerungen übereinstimmen.

Mein Freund Kerstorf ist ganz glücklich über Deine Bekanntschaft. Du darfst Dich, was äußre Angelegenheiten betrifft, ihm ganz vertrau’n; er ist thätig, intelligent, dabey verschwiegen -, und wird, wenn er Gelegenheit hat, Deine Sache wie seine führen.

Nun, Geliebter, Theurer, erhalte sammt Deiner lieben Frau uns die treue freundliche Gesinnung, daß wenn wir hinkommen, wir in dieser Hinsicht alles bey’m Alten finden. In der bedeutenden, aber darum auch nur um so bedenklichern Lage, in der wir uns beyde finden werden, wo der Wind leicht und oft aus allen Ecken zugleich bläst, daß man Mühe hat, sein Schifflein im richtigen Gange zu erhalten, wird es uns beyden gut sein, wenn jeder im andern einen treuen, aufrichtigen Freund findet. Gott segne Dich, und lasse Dich auf dem hohen Leuchter, worauf er Dich gesetzt, fort und fort und immer heller leuchten, als ein Licht, das zu Vieler Erleuchtung und Erwärmung bestimmt ist, durch keinen Höllen Qualm zu dämpfen oder zu verdüstern.

Meiner theuersten Frau Gevatterin die herzlichsten Grüße; wie werden wir uns freuen, bey der Ankunft in München sie in der heitern Freundlichkeit ihres Wesens, ganz als die treue, herzliche Freundin wiederzufinden!

Meine Frau wird auch noch ein Paar Worte beylegen; die Kinder alle sprechen täglich ja stündlich von den unvergeßlichen Pathen du gegenüber; es sind zwar jetzt auch wieder Leute mit Kindern dort, aber es ist doch nicht das Alte und sie sind auch noch nicht hingekommen.

Nochmals herzliches Lebewohl von
Deinem
tr˖[euen] Freund

Sch.