München .
Verschiedne Umstände haben meine Wiederkehr aus dem Bad bis verzögert, wo ich dann erst Deinen Brief vom zu finden das Vergnügen hatte. Das erst hätte den Aufenthalt in Gastein für mich zum Delecthiren
Was meine Gesundheit betrifft, so hat sie für einige Zeit gewiß sehr gewonnen. Die Wirkung des Gasteiner Wildbads, noch mehr vielleicht der Aufenthalt unter den Naturwundern und in der Alpenluft dieses Landes haben sichtbar guten Erfolg für meine Gesundheit gehabt. Eine Radicalcur war es freylich nicht, konnt’ es auch nicht wohl seyn. Der Grund meines Übelbefindens sind Hämorrhoidal-Anfälle. Durch diese leidet der ganze Unterleib, eh’ ich in’s Bad gieng, schon 1 bis 2 Jahre, habe ich keine regelmäßige Öffnung, bald höchst-sparsame, bald profuse, Varices haben sich bey mir festgesetzt, der körperliche Zustand wirkt auf den Geist zurück, der, so mäßig er sonst war, in diesen Augenblicken unthätig, unentschlossen und muthlos wird, eine Unruhe, wahrscheinlich gestörter Circulation, stellt sich ein, die mich ganze Stunden, ja halbe Tage zur anhaltenden Arbeit unfähig macht. Ich habe bisher fast nichts gebraucht, allein das Übel erreichte einen immer höheren Grad, seit ein Paar Monaten helfe ich mir mit kühlenden und eröffnenden Pulvern, worin Crema tartari und Schwefelblumen, kohlensaure Magnesie, Tart˖[ari] vitriol und Rhabarber, abwechseln. Du weißt unstreitig, zwekmäßigere Vorschriften mir zu geben, ich bitte Dich darum. Vor der Hand zwar geht es besser, wie wohl ich der Öffnung von Zeit zu Zeit nachhelfen muß. Aber das ist natürlich, und bin ich erst wieder einige Monate hier, so stellt sich, unter anhaltenden Arbeiten etc. das alte Übel mehr oder weniger wieder her. Ich bitte Dich also sehr, mir wenigstens einige Vorschriften zu schicken, wodurch dieser Zustand wenn nicht ganz beseitigt, doch wenigstens so weit erleichtert wird, daß er mich am nothwendigen Arbeiten nicht mehr stört.
Viel Einfluß mag freylich auch haben – Umgebung und ein öffentlich so wenig wirksames und nützliches Leben, dessen Bemerkung auch leicht mißmuthig macht. Da wäre denn freylich das beste Mittel das, von dem Du in Deinem letzten Briefe schreibst, und das ich mit Vergnügen in mehr als Einer Hinsicht annehmen würde, so gering auch die Wahrscheinlichkeit ist, daß es mir werde geboten werden. Vielleicht wollte man bloß Dich aushohlen, erfahren, ob ich nicht etwa Lust hätte, ob ich keinen Schritt gethan? Wenn es übrigens Gottes Wille ist, so wünsche ich, daß es baldmöglichst geschieht; es wäre eben noch rechte Zeit. Indeß bleibe ich auch jetzt bey meinem Vorsatz nichts zu thun, obwohl es auch seyn könnte, daß ich nun das, ihm sicher befremdliche Stillschweigen (das er sich aus allerhand Ursachen vielleicht erklärt) gegen W˖[angenheim] brechen dürfte, um diesen Zweck zu erreichen. Allein diesen Beruf wünsche ich, so viel möglich, rein und lauter durch göttliche Schickung zu erhalten, wenn ich ihn wünsche. Einleuchtend, fast zum nothwendigen Gedanken, ließe sich diesem die Sache schon machen, von dem ich noch nicht glauben kann, daß er mich ganz aufgegeben und nicht früher oder später sich Mühe um mich geben werde. Eine bessere Gelegenheit würde sich aber nicht finden. In St˖[uttgart] ist, wie mir scheint, durch Kielmeyer, der Platz mir versperrt, und nach T˖[übingen] könnte ich doch Ehren halber nur an diese und keine andre Stelle gehen. Große Schwierigkeiten könnte es auch eben nicht haben, wenn man Einmal von dem Gedanken abgegangen ist, der Canzler müsse nothwendig ein Theologe seyn. Auch weiß ich, was mit Gottes Hülfe durch mich für die Univ˖[ersität] geschehen könnte. Doch genug davon. Meine Hoffnung ist sehr gering; ich fürchte der gegenwirkenden Ursachen sind zu viel, selbst unter solchen, die mir übrigens in andrer Beziehung nicht übel wollen. Ich bin mit dem, was Du H˖[artmann] geantwortet, vollkommen zufrieden. Ich muß es Dir überlassen, ob Du nicht, in Erwägung, daß doch von unsrer Seite gar nicht angefangen worden und gar kein Anlaß gegeben worden ist, die freywillige Anrede und Äußerung von H˖[artmann] als eine derjenigen Veranlassungen betrachten wollest, die nur durch höhere Fügung gegeben werden, und welche zu vernachläßigen unrecht seyn würde. Mir scheint, Du hättest, ohne Dich oder mich bloßzustellen, allen Grund, H˖[artmann] zu erzählen, daß Du mich befragt, und daß ich geantwortet habe: Neigung fühlte ich wohl, zweifle aber, ob man in W˖[irtemberg] noch an mich denke. Auf jeden Fall wolle ich nichts thun, dieß sey auch der Grund, warum ich W˖[angenheim] noch nie geschrieben, vielleicht selbst, warum ich nicht nach W˖[irtemberg] gekommen, um auch den Schein zu meiden, und damit, wenn ja etwas der Art beschlossen seyn sollte, es rein an mich komme, ohne von mir gesucht zu seyn. Das Übrige, nämlich einige Auseinandersetzung des Natürlichen und Einleuchtenden, in dem Gedanken würde sich von selbst geben. Überlege dieß auch mit der lieben Mutter und a˖[ndern] Freunden und sieh’ zu was das Beste ist. Du thuest, was Du willst, so wird es mir recht seyn.
Nur nochmals die inständigste Bitte von uns, daß Du uns noch im Lauf dieses Monats besuchest. Ich bitte Dich nochmals, unsre jetzige Wohnung nicht nach der früheren zu beurtheilen. Wir haben Raum genug, Dich und Deine liebe Frau nebst unsrer lieben Mutter, auch unter den gegenwärtigen Umständen, anständig und ohne alle Beschwerde zu beherbergen. Du könntest uns keine größere Freude, als diese, erzeigen.
Bey der lieben Mutter entschuldige mich, daß ich heute nicht auch schon antworte. Die nothwendigen Geschäfte nach einer fast 8wöchentlichen Abwesenheit nehmen heut’ alle Zeit. Damit entschuldige auch das Verworrne dieses Briefs. Antworte mir bald wieder, besonders sobald die Sache auf die Weise wie ich denke entschieden ist, damit ich sie desto leichter und schneller mir aus dem Sinne schlage.
Dein
Fr.