Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

Director von Schelling

Wohlg˖[eborener] K˖[öniglicher] B˖[ayerischer] Geh˖[eimer] Hofrath

Professor in

Erlangen

frey.

Verehrenswerthester Freund!

Ich habe mich veranlaßt gesehen, meinen Sohn Fritz, der ein Jahr in Göttingen zugebracht, sich aber nicht sonderlich gut aufgeführt und nicht fleißig studirt hat, die Universität Erlangen beziehen zu lassen, um ihn näher und gleichsam unter den Augen zu haben. Da Sie nun ehemals viel Theilnahme und Interesse für diesen jungen Menschen bewiesen haben: so glaube ich auch, Ihre Güte und Freundschaft für mich und die Meinigen in Anspruch nehmen, und die Bitte an Sie wagen zu dürfen, daß Sie die Gewogenheit haben möchten, ihn ferner mit Theilnahme zu behandeln; ihm mit Rath in jeder Beziehung, besonders in Hinsicht seines Studienplanes, beyzustehen; ihn in Ansehung seines sittlichen Betragens zu beobachten; und mir dann und wann freundschaftlich und offenherzig Ihre Meinung über ihn mitzutheilen, wobey ich Ihnen mein Ehrenwort gebe, daß keine Ihrer Aeußerungen Sie je compromittiren, oder Ihnen die geringste Unannehmlichkeit zuziehen solle. Ihre Notizen werden nur mir allein zur Richtschnur dienen, und mit der größten Discretion benutzt werden.

Meine Frau, die sich Ihnen hochachtungsvollst empfiehlt, vereinigt ihre Bitte mit der meinigen, und grüßt Ihre liebe Frau und Familie aufs herzlichste, deren gütigem Andenken ich mich ebenfalls bestens zu empfehlen bitte.

Mit bekannten Gesinnungen der ausgezeichnetsten Hochachtung und Freundschaft
Ihr stets bereitwilligster und ergebenster

H.S. v. Kerstorf