Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Ich habe Ihnen, schätzbarster Freund, so lange nicht geschrieben, weil ich unabläßig beschäftigt war, die Ihnen bekannte Schrift zu vollenden, welche aus einer vorläufigen Erklärung zu einer vollkommnen Auseinandersetzung geworden, und bis zu 12 ja vielleicht 13 Bogen im Druck angelaufen ist. Ich hoffe es wird Ihnen dieß nicht unangenehm seyn, um so mehr da bey dieser Ausdehnung soviele ganz neue Ideen zur Sprache gekommen sind und diese Schrift jetzt eine sehr paßliche Vorrede zu den Weltaltern ist. Sechs Bogen sind bereits gedruckt und spätestens in 14 Tagen verläßt das Ganze die Presse. Auf die Pünktlichkeit der Versendung können Sie sich verlassen; nur frage ich an, da der Druckort näher bey München als bey Ulm ist, ob die hieher bestimmten Exemplare, (deren Anzahl meines Bedünkens etwas erhöht werden dürfte), nicht unmittelbar, anstatt durch die Stettin’sche Buchhand[lung] geschickt werden dürfen. Ich bitte Sie mich hierüber wo möglich mit umgehender Post zu belehren; auch wenn dieß nöthig ist und vom Buchdrucker bey der Versendung gleich mit bemerkt werden muß, über den Preis. Bey diesem bitte ich Sie darauf Rücksicht zu nehmen daß ich für 13 Bogen eines wie ich hoffe stark abgehenden Buchs allerdings eine Entschädigung wünschen muß, deren Bestimmung ich jedoch ganz Ihnen überlasse. Die Größe der Auflage ist 1000. Ich wünsche daß von der Schrift nicht bloß unter den liter˖[arischen] Anzeigen sondern im M˖[orgen]blatt selbst gesprochen werde und könnte ich Ihnen zu diesem Ende einen paßlichen Aufsatz von hier aus gar wohl verschaffen. Lassen Sie mich auch hierüber Ihre Meynung wissen.

Was Sie mir wegen der angekündigten Zeitschrift schreiben thut mir, so schmeichelhaft es mir einerseits seyn muß, von der andern Seite weh, da Sie doch von mir überzeugt seyn könnten, daß ich es gewiß und in jeder Hinsicht vorgezogen haben würde, dieselbe in Ihrem Verlag erscheinen zu lassen, wenn ich nicht geglaubt hätte annehmen zu dürfen, daß Sie die Zeitschrift entweder überall nicht oder nur aus Freundschaft würden angenommen haben, welches Letztere ich nicht wollen konnte. Sie sind bereits Verleger von so vielen Zeitschriften daß ich kaum annehmen durfte Sie würden sich auch noch mit dieser chargiren wollen. Auch konnte ich sie nur unternehmen in einer gewissen Art; nämlich mit der unbeschränktesten Ausübung der Kritik und mit der Freyheit des Urteils, welche nur in Baiern noch verstattet scheint. Als ein Mann von den ausgebreitetsten Verbindungen haben Sie manche Rücksicht zu nehmen, die ich nicht nehmen kann, und es war in der Hinsicht wahre Diskretion, Ihnen den Verlag nicht anzutragen. Daß ich Ihnen übrigens nichts von dem Plan gemeldet habe, würde allerdings eine Sünde gegen unser Verhältniß seyn, wenn die Bekanntmachung der Sache als einer entschiedenen und ausgemachten nicht gegen meinen Willen und Erwartung so früh’ erfolgt wäre. Herr Schrag, der mir von mehreren Freunden addressirt war, durch die er von meinem Plan wußte, bewarb sich um den Verlag, welchen ihm zu überlassen ich aus obigen Gründen nicht abgeneigt war; aber noch hatte er nichts als eine allgemeine und durchaus bedingte Zusage, noch hatte er nicht den von mir gefoderten schriftlichen Contract an mich geschickt, als er durch die Ankündigung eines ganz ähnlichen Journals von Fr. Schlegel sich bewogen und genöthigt glaubte, mit einer Anzeige im Nürnberger Correspondenten hervorzurücken. Bis diesen Augenblick habe ich es noch in meiner Gewalt zurückzutreten, was ich allerdings nicht willkührlich thun möchte, sondern nur inwiefern Herr Schrag gewisse Bedingungen, auf denen ich durchaus bestehen muß, nicht eingehen wollte. Sollten Sie also wirklich auf die Sache selbst, abgesehen vom Persönlichen, einen Werth legen, so wäre es immer noch möglich, daß Sie den Verlag übernehmen könnten. – Dieses jedoch nur, um Ihnen mein Stillschweigen zu erklären.

Ich bitte Sie doch, nach dem zwischen uns stattfindenden Verhältniß und der Freundschaftlichkeit, mit der Sie in dieser Beziehung wie in andern gegen mich gehandelt, fest überzeugt zu seyn, daß ich nie etwas anderes wünsche, als Alles was ich schreibe von Ihnen verlegt zu sehen und daß, wenn je das Gegentheil geschieht, dieß immer aus Rücksichten geschieht, die Sie selbst nicht mißbilligen könnten.

Die Jacobische Schrift scheint nach Briefen von Stuttgart auch dort nicht viel Beyfall gefunden zu haben; man muß ihn aber als einen Repräsentanten nehmen und behandeln. Hier scheint nichts von einer Gegenschrift geahndet zu werden und ich danke Ihnen, niemand davon mitgetheilt zu haben; ich wünsche auch nicht, daß man eher davon erfahre als im Augenblick der Erscheinung.

Mit aufrichtigster Hochachtung und Freundschaft ganz
der Ihrige

Schelling.