Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Herrn

D. J.G. Cotta

Wohlgebohrn

Stuttgart.

fr˖[ey] z˖[ur] Gr[änze].

Ihren Brief vom und , Werthester Freund, habe ich erst erhalten. Mein Bruder ist ein etwas nachläßiger, auch viel gestörter Correspondent; übernimmt er etwas zum Einschluß, so bitte ich, ihn jedesmal zu erinnern, daß er es gleich abschickt. – Er schreibt mir, daß in Klein’s Aufsatz gegen das Ende große persönliche Lobeserhebungen auf mich und meine Kenntnisse, von Jacobi unter andern stehe, daß er nicht einmal Griechisch verstehe. Das Letzte ist zwar richtig; aber ich sehe doch auch nicht ein, wofür es gesagt zu werden braucht; ebenso wenig wünsche ich bey dieser Sache bloß persönliche Elogen von mir, da es mir rein darum zu thun ist, daß das Publikum über die Sache und den Gegenstand belehrt werde. Wär’ es daher möglich, ohne Hiatus und Nachtheil des andern, was diesen Punkt betrifft, noch Veränderungen zu machen, wegzuschneiden etc., so wollte ich Sie, Theurester Freund, bitten, damit ganz nach Ihrem Urtheil und Einsicht zu verfahren. Klein ist ein etwas enthusiastischer Freund, und hat mir den Aufsatz wahrscheinlich weil er meine Denkart hierüber kannte, nicht zum Voraus zuschicken wollen, wie ich gewünscht hatte. Ich werde jede Veränderung der Art bey ihm schon verantworten. Übrigens hat auch mir der Anfang, den ich zu lesen erhalten sehr wohl gefallen. Er hat die Sache am rechten Fleck angefangen. Nochmals bitte ich, seinen Namen auch in Stuttg˖[art] geheim zu halten, und dieß selbst meinem Bruder einzuschärfen, auch ihn in keinem Falle namhaft zu machen. Bey dem subordinirten Verhältniß, in dem er steht, hat er allerdings Ursache, sich in Acht zu nehmen.

Wegen der Weltalter hoffe ich, in wenigen Wochen bestimmt melden zu können, wie viel davon zur messe kommt.

Leben Sie recht wohl, hochgeschätzter Freund, und haben Sie nochmals Dank für alle Beweise Ihrer freundschaftlichen Gesinnung. Von Stuttg˖[art] aus höre ich, daß man fast allgemein meine Polemik zu weit getrieben findet; in der Schnelligkeit womit das Buch erscheinen mußte konnte freylich nicht Alles auf’s Äußerste abgewogen werden; doch haben unsre lieben Landsleute auch für manche Dinge einen etwas kleinlichen und gewöhnlichen Maßstab, so wie sie manche Fakten nicht kennen; unter andern, daß Jacobi sich mit seinem Buch vorzugsweise an den Oberhofprediger Reinhard in Dresden gewandt und ihn zur Mitwirkung aufgefodert hatte. Den nämlichen Mann, der einst die heillose Geschichte gegen Fichte angestiftet hatte.

Nochmals herzliches Lebewohl von
Ihrem

Schelling