Schelling

Schelling Nachlass-Edition


Sr. Wohlgebohrn

Herrn Dr. Waagen

Corresp˖[ondent] der Kön˖[iglichen] Akad[emie]

der Wissensch[aften]

in

München

durch G[üte]

Erlang .

Schon lange, werthester Freund, wünschte ich mir Veranlassung, auf bestimmtere Art als durch bloßes Grüßenlassen mich in Ihr Andenken zurückzurufen. Diese Gelegenheit gibt mir nun der Überbringer dieser Zeilen, Herr Dr. Goluckowsky, ein wackerer Pole, sehr lebendigen Geistes und bester Gesinnung, der während eines kurzen Aufenthalts in München gern in der Kürze mit dem Vorzüglichsten und Merkwürdigsten der dortigen Kunstschätze bekannt werden möchte, und der sich zu diesem Ende einen einsichtsvollen und gefälligen Führer wünscht. Wem könnte ich ihn nun besser empfehlen, als Ihnen, der längst bey weitem besser und gründlicher als der größte Theil selbst der Einheimischen mit dem besten und trefflichsten, was doch im Fach der Künste sich befindet, vertraut geworden. Erlauben es also Zeit und Verhältnisse, so bitte ich Sie, ihm einige Stunden zu widmen, um ihm mit der Gemäldesammlung, der Glyptothek, den Abgüssen u.s.w. auf eine lehrreiche Weise bekannt zu machen. Er ist an mich durch Creuzer zuerst empfohlen worden, und auch mit Steffens wohl bekannt; dieß würde ihm vielleicht auch bey Ihnen leichter Eingang verschaffen.

Ohnlängst schrieb Frau von Koehler, mein Porträt von Schlotthauer gemalt, sey von dort hieher abgegangen. Ich wünsche, daß dieß ein Irrthum sey, sollte es aber wirklich abgegangen seyn, so bitte ich Sie, Schlotthauer zu sagen, daß es nicht angekommen ist und daß ich ihn bitte, ernstliche Nachfragen deßhalb zu halten.

Sehr sollte mich freuen, einmal von Ihnen selbst (etwa durch Gelegenheit des zurückgehenden Freundes, etwas über Ihre gegenwärtige Lage und den Stand der Dinge in M˖[ünchen], besonders in Bezug auf Kunst, zu hören.

Grüßen Sie auch Ihren Bruder herzlichst von mir und leben Sie recht wohl.
Mit Hochachtung und wahrer Freundschaft
Der Ihrige

Schelling.