München, .
Mein hochverehrter Freund und College!
Ich nehme mir die Freyheit, Ihnen in den beyliegenden Blättern meine, von der Hand nur in Eile und flüchtig niedergeschriebenen Gedanken über Errichtung einer jährlichen, um zu haltenden BuchhändlerMesse in Nürnberg mitzutheilen. Ihnen, dem langjährigen Beobachter der teutschen Literatur auch in ihrem materiellen Leben und Weben, lege ich sie mit der Bitte vor, einmal eine freye Stunde darauf zu wenden, und mir mitzutheilen, was Sie von einem solchen Versuche halten. Den Buchhändlern möchte ich für jetzt diesen Plan noch nicht zur Kenntniß bringen; sie sind der Mehrzahl nach zu befangen und sprechen ab, ohne sich auf den Standpunct erhoben zu haben, von dem ein solches Unternehmen angesehen seyn will. Nur mit dem wackern Commerz˖[ien]Rath von Seidel aus Sulzbach, der einige Monate hier war, habe ich wiederhohlt über die Sache gesprochen, und gefunden, daß dieser Veteran sie gehörig auffaßt. Wenn Ihnen der Gedanke einiges Interesse abgewinnt, so bitte ich Sie, verehrtester Freund, diese Blätter dem Herrn Dir˖[ector] von Freidel mitzutheilen, den ich gleichfalls, nebst hochachtungsvoller Begrüßung, bitte, seine Bemerkungen mir zukommen zu lassen; so andern von Ihren dortigen Bekannten, von deren Urtheil Sie einige Belehrung über den Gegenstand für wahrscheinlich halten. Ich werde dann, wenn Sie mir die Erlaubniß dazu geben, Ihnen die verschiedenen Urtheile, Zusätze p die mir zu Hand kommen, wieder zusenden. – Was mich besonders mit dem Gedanken, eine solche Messe in Nürnberg gestiftet zu sehen, befreundet, ist, daß das Wagstük keinen Aufwand von Seite des Staats od˖[er] der Comune erfordert, abgerechnet die erstmalige Einrichtung eines Locals. Die TeutschOrdenskirche, die wenn sie so stehen bleibt, einer Ruine entgegen geht, könnte der Höhe nach getheilt, und der obere Raum der Nürnberger Bibliothek eingeräumt werden, die jetzt in einem unwürdigen, widerwärtigen Local steht; der untere Raum bildete dann die Börsenhalle für die Buch- und Kunsthändler. Daß ich dabey besonders darauf gerechnet habe, eine solche Institution werde auch den Erlanger Professoren willkommen seyn, können Sie denken, da Sie meine Wünsche für das Emporblühen dieser, Baiern so wichtigen Hochschule kennen. – Doch ich will abbrechen, damit ich nicht, wie Anakreons Taube zu meinem Gegenstand sagen muß: Du hast mich geschwätziger gemacht, wie eine Krähe
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Auguste und ich sagen Ihrer Frau Gemahlin und Ihnen den herzlichsten Dank für das Wohlwollen, dessen mein Alfred von Ihnen genießt; er rühmt es uns mit dankbarster Anerkennung. Er hat bis jetzt meinen Rath befolgt, sich von den StudentenOrden und Verbindungen entfernt zu halten, und seine Erhohlung im Umgang mit seinen beyden Hausgenossen, dem braven Jul˖[ius] Hamberger und dem quiescirten Conrector Ludewig zu suchen. Den letztern habe ich in Erlangen nicht kennen lernen, ob ich gleich auf s˖[einem] Stübchen war, und so hat meine Phantasie freyen Spielraum, ihn zu dem Erfurtischen Rector emeritus in Moritzens Andreas Hartknopf hinauf zu idealisiren. Nun da Alfred die ersten Monate überstanden hat, ohne zu einer jener Verbrüderungen zu treten, hoffe ich soll seine Stärke des Widerstandes gewinnen. Indeß werde ich es mit innigem Danke erkennen, wenn Sie Ihr vermögendes, von ihm hochgehaltenes Wort gelegentlich an ihn richten wollen, auf diesem Wege zu bleiben.
C˖[arl] Moll, dem ich sagte, daß ich an Sie schriebe, empfiehlt sich Ihrem Andenken freundschaftlichst. Noch harren wir auf eine Resolution in Betreff der Statutenrevision. Das lange Warten hat uns so gleichgültig gemacht, daß wir kaum mehr zu einander davon sprechen mögen, obgleich gesagt wird, noch vor werde Herr Min˖[ister] von Zentner Moll und mich zu einer Conferenz über diesen Gegenstand fordern, und dann die Entschließung kommen. – Auch Soemmerring fragt in s˖[einem] letzten Brief an mich freundschaftlichst nach Ihnen.
Mögen Sie das – unter größern den Erdkreis umfassenden Ankündungen hat noch keins begonnen – gesund und heiter antreten und mir Ihr Wohlwollen erhalten. Auf immer
Ihr
herzlich ergebenster
Schlichtegroll
Mit meiner Gesundheit geht es noch in der alten Leyer, und oft bin ich recht lebenssatt.