Schelling

Schelling Nachlass-Edition


An Sr. Exc˖[ellenz] den StaatsMinister des Innern, Herrn von Schenk.

Eure Excellenz

scheinen nach einer Aeußerung von Schubert nicht gerade mich sprechen zu wollen; dennoch kann ich nicht unterlassen, Hochdenselben wegen der für mich in Bezug auf die gehaltene Rede an den Tag gelegten gnädigen Fürsorge meinen verbindlichsten Dank wenigstens schriftlich abzustatten; jedoch muß ich zugleich um Entschuldigung bitten, daß ich mich dabey einer fremden Hand bediene, wozu ich genöthigt bin, weil meine Augen gerade in der letzten Zeit durch angestrengte Arbeiten so sehr angegriffen sind, daß ich nicht im Stande seyn würde, einen Brief von mehrern Seiten in diesem Augenblicke selbst zu schreiben.

Eure Excellenz haben durch Schubert Ihre Meynung mich wissen zu lassen geruht, daß ich die am gehaltene Rede nicht möchte drucken lassen, und zwar aus dem Grunde, weil ich mir dadurch unfehlbar die höchste Ungnade Seiner Königlichen Majestät zuziehen würde. Eure Excellenz werden es gewiß nicht ungnädig vermerken, wenn ich, in allen andern Fällen durchaus bereit so hohen Wünschen mich zu fügen, in dem gegenwärtigen Fall dem König, der Sache, und mir selbst schuldig zu seyn glaube, meiner eignen Ueberzeugung zu folgen. Denn 1) ist meine Meynung von Seiner Majestät dem König eine ganz andere. Wie sollte unser erhabner Monarch eine Rede ungnädig aufnehmen können, aus welcher, und zwar ungesucht, durchaus die reinste Verehrung und die höchste Bewunderung für die erhabnen Eigenschaften und Absichten desselben athmet, und welche zugleich im Stande ist, Seine Königliche Majestät über die Verhältnisse so wie die wahren Gesinnungen der Akademie unmittelbarer und einleuchtender als jeder in den gewöhnlichen Formen abgefaßter Bericht ins Klare zu setzen. 2) Die gehaltene Rede dem von so vielen Seiten verlangten Druck entziehen, hieße anerkennen, daß sie nicht hätte gehalten werden sollen, und zugestehen, daß sie in der Sache oder Form Unrecht gehabt habe. Ich bin aber weit entfernt dieß einzuräumen; und wenn Eure Excellenz, wie ich aus einigen mir durch Schubert mitgetheilten Bemerkungen schließen muß, tadelswerthe, oder besonders gegen das hohe Ministerium unehrerbietige Stellen darin gefunden haben wollen, so kann ich mir dieß nur aus einem bey raschem Vortrag so leicht möglichen Mißverstand, der bey ruhiger Ansicht von selbst verschwinden wird, erklären; wie ich denn überhaupt Eure Excellenz zu versichern mich unterstehe, daß ich auf alle Punkte ohne Ausnahme, welche es Ihnen gefällig gewesen ist, mir durch Schubert zur Ueberlegung zu empfehlen, die genügendste Antwort zu ertheilen im Stande seyn würde, wenn für jetzt nicht die schuldige Verehrung mir geböte, jeden Schein von Erörterung zu vermeiden. Nur Einen Punkt erlaube ich mir Eurer Excellenz ins Gedächtniß zurückzurufen, daß ich nämlich gegen die im Werk stehende Ernennung eines Assistenten für den verewigten von Westenrieder allerdings mir erlaubt habe, Eurer Excellenz mündlich, und zwar mit denselben Gründen, die ich jetzt in meiner Rede angedeutet habe, die eindringlichsten Vorstellungen zu machen. Unmöglich aber kann es mir zum Vorwurfe gereichen schriftliche Vorstellungen unterlassen zu haben, nachdem ich durch die sichtbaren Zeichen der Ungunst, mit welchen die mündlichen waren aufgenommen worden, Gelegenheit gehabt hatte zu bemerken, daß es eine beschlossene Sache sey, und daß Eure Excellenz keinen fernren Vorstellungen Gehör zu geben gesonnen seyen. Jeder weitere amtliche Schritt hätte den Schein starrsinniger Widersetzlichkeit auf sich gezogen, während die jetzige Aeußerung vielmehr ein bloßes Urtheil über eine geschehene Sache ist, das jedem zusteht, und doch wohl am wenigsten der Akademie entzogen werden kann, die höheren Befehlen ehrfurchtsvoll sich unterwerfen, aber das Recht der freyen Aeußerung über ihre Angelegenheiten nicht aufgeben kann. Wollte ich aber endlich auch 3) das, was mir persönlich vortheilhaft oder unvortheilhaft seyn kann, höher in Anschlag bringen, als ich es bey öffentlichen Dingen zu thun gewohnt bin, so würde mir selbst diese ausschließliche Erwägung des persönlichen Interesses gebieten, die gehaltene Rede durch den Druck bekannt zu machen; denn nur auf diese Weise bin ich im Stande, die vielbesprochene allen möglichen, selbst unabsichtlichen Mißdeutungen zu entziehen, und jeden, den die Sache interessirt, in den Stand zu setzen, selbst mit Ruhe und Bedacht zu urtheilen. Insbesondere aber muß mir bey dem allerhöchsten Werth, den ich auf die Meynung Seiner Königlichen Majestät zu legen Ursache habe und wirklich lege, alles daran liegen, daß Seine Majestät Allerhöchstselbst über den Inhalt der Rede urtheilen, und in Ansehung desselben von keinerley fremden, selbst bey dem beßten Willen nie den wahren Charakter einer geistigen Arbeit auszudrücken vermögenden Berichten abhängig sey. Und da Eure Excellenz sich einmal zu Aeußerungen von persönlichen Besorgnissen für mich herabgelassen haben, so erlaube ich mir hinwiederum in einem Schreiben, welches ich nicht an den Königlichen StaatsMinister, sondern an den unabhängig von dieser hohen Würde allgemein verehrten, an Geist und Gemüth gleich hervorragenden Mann richte, – ich erlaube mir diesen auf sein Gewissen zu fragen, ob er mir unter den gegenwärtigen Umständen dafür stehen könne, daß nicht die gehäßigsten und entstellendsten Insinuationen über Inhalt und Sinn meiner Rede auf irgend eine Weise an Seine Königliche Majestät gelangen werden? Unterbleibt dieß, oder geschieht es in geringerer Maß, so habe ich dieß wahrscheinlich nur der Erklärung zu verdanken, daß die Rede gedruckt werde. Eine bloße Abschrift würde mich nicht hinlänglich gegen die Verläumdung schützen, daß in derselben die verfänglichsten Stellen ausgelassen oder verändert worden seyen, während ich über den unveränderten Abdruck mich auf das Zeugniß Eurer Excellenz selbst, der gesammten Akademie, und mehrerer hundert Zuhörer berufen kann. Die Rede nicht drucken lassen, hieße denjenigen Personen gewonnen Spiel zu geben, die geneigt seyn könnten, dieselbe in ein falsches Licht zu setzen oder rücksichtlich ihrer Gesinnungen zu verdächtigen. Wenn die Rede gedruckt ist, wird vor allen Seine Majestät der König, über jede Art von kleinen, augenblicklichen Rücksichten durch seine erhabne Stellung eben so wie durch seinen steten Blick auf das Ganze und die Nachwelt hinweggesetzt, über sie aus einem allgemeineren Standpunkte urtheilen, als dieß irgend eine andere Person im Staate vermag; und weit entfernt, den Zorn des Königs zu besorgen, hoffe ich in Dessen weit über gemeines Denken freyem und unbefangenem Geiste Schutz gegen jedes befangene Urtheil oder jede untergeordnete Empfindlichkeit zu finden. Eure Excellenz werden, indem Sie den ganzen Zusammenhang und die wahren, bey einem mündlichen Vortrag vielleicht überhörten Ausdrücke, von denen Ihnen zum Theil wohl nur der alllgemeine Sinn erinnerlich geblieben, vor sich sehen, die Ueberzeugung schöpfen, daß die gehäßigen Beschuldigungen, die hauptsächlich Ein Individuum dagegen zu erheben sich zum Geschäft gemacht hat, nicht eben so leicht sich beweisen als vorbringen lassen. Dieses Individuum will gern überall dabey und voran seyn; wenn dieß activ nicht möglich ist, behauptet es passiv im Spiel zu seyn; vielleicht aber habe ich nicht einmal nöthig, Eure Excellenz zu versichern, daß ich es unter aller Würde geachtet haben würde, bey einer solchen feyerlichen Gelegenheit von der Höhe des Vortrags zu persönlichen Beziehungen herabzusteigen. Wenn ich solchen Beziehungen Rücksicht schenkte, so war es im entgegengesetzen Sinne, um sie auszuschließen; und leicht wird es seyn, in der Rede selbst die Spuren der Sorgfalt und des strengen Ernstes wahrzunehmen, mit dem dieß geschehen ist, denn die wohlbekannten Umstände und Verhältnisse gaben allerdings Stoff genug zu einem entgegengesetzten Verfahren. Der Worte: Lüge und Wahrheit, Ehre und Recht, sittlich und unsittlich, wird freylich kein Mann, dem es wohl ums Herz ist, sich enthalten, aus Furcht, es könnte unter den Anwesenden einer seyn, der sich empfindlich davon betroffen fühlte.

Sonst war noch von dem beschränkten Wahlrecht der Akademie die Rede; wenn aber Ein Mitglied befugt wäre, daraus auf eine beleidigende Absicht zu schließen, so müßte dieß allen gelten; denn wir alle, die in der gegenwärtigen Akademie sich befinden, sind nur durch Königliche Ernennung in derselben.

Es wurde auch von anomalen Einschreitungen gesprochen; hatte Herr von Hormayr als Veranlasser derselben (wie er sich selbst gegen mich gerühmt hat) hievon einen Bezug auf sich zu machen, so hat er dieß nur sich selbst zuzuschreiben; der Vorstand hatte ihm seiner Zeit vorausgesagt, was die Folge seyn werde. Unstreitig hat er auch Eurer Excellenz mit enthusiastischen Worten von der Herrlichkeit und Vortrefflichkeit des neuen Monumenten-Bandes erzählt; leider hatte ich darüber zuvor schon aus einer Quelle, die mir mehr Vertrauen einflößt, andere Nachricht erhalten, nämlich daß der Unterschied, was die Auswahl der Urkunden betrifft, nicht der Rede werth sey; wie denn auch Präsident von Roth schon vor längerer Zeit aus der Commission getreten war, nicht wie Herr von Hormayr vorgibt, wegen Westenrieder, sondern, soviel mir bekannt ist, und Herr von Hormayr selbst auch weiß, weil er an einer solchen Auswahl keinen Theil haben wollte.

Es ist mir wahrhaft seltsam, daß mein Name in solchen Zusammenhang mit dem des Herrn von Hormayr gekommen ist, wovon mir noch vor wenigen Jahren nicht hätte träumen können. Auf jeden Fall ist es ganz gegen meinen Willen geschehen. Als er zuerst hier erschien, wußte ich von ihm nur, daß er ein schlechter Schriftsteller sey, der die Geschichte im Styl der asiatischen Banise schreibe, wie eine Recension seiner Geschichte der neuesten Zeit im Hermes N° V, pag. 212, sich ausdrückt: eine Recension, die es vielleicht Eurer Excellenz überhaupt interessant seyn könnte zu lesen, indem sie den ganzen schriftstellerischen Charakter des Mannes trefflich darstellt, den auch ich aus dem ebengenannten Werke vor mehreren Jahren auf ganz gleiche Weise kennen lernte. Dennoch habe ich gegen Niemand diese meine Meynung geäußert, nicht aus gemeiner Politik, sondern in Erwägung, daß Jemand ein schlechter Geschichtschreiber, und dabey doch ein vorzüglicher Geschichtforscher seyn könne; in Erwägung insbesondere der großen archivalischen Erfahrung und Urkundenkenntniß des Herrn von Hormayr; noch mehr aber aus Verehrung gegen Seine Majestät, und in der Ueberzeugung, daß der weit vorsehende Geist Seiner Majestät wohl wissen würde, wofür Sie in jedem Fall diesen Mann würden gebrauchen können. Eine nicht minder widrige Empfindung erregte mir sein Aufsatz im Morgenblatt; das Erste, was ich seit langer Zeit wieder von seiner Feder gelesen habe. König Ludwig gebührt es, mit den Worten eines Johannes von Müller, oder Tacitus gefeyert zu werden. Aber der abgetragene Theaterstaat schlechter Phrasen, welchen ein solcher Lobredner umwirft, kann nur Unwillen erregen. Ueberhaupt konnte ich nur bedauern, daß solche absolute Geschmacklosigkeit uns in der Meynung des Auslandes mehr herabsetze, als erhebe. Dennoch schwieg ich. Erst als er gegen den feyerlich ausgesprochenen Grundsatz der allerhöchsten Verordnung vom , § XII, mit Gehalt und Umzugskosten auf den, aller Mittel dazu entblößten akademischen, und späterhin durch eine Verfügung Eurer Excellenz auf den General-Conservatoriums-Fond, dem sein Name völlig fremd ist, geworfen werden sollte, konnte ich nicht umhin, pflichtmäßige Vorstellungen, nicht gegen den Mann, sondern bloß gegen dieses Verfahren zu machen. Eurer Excellenz eigne, in allen Stücken zur Billigkeit sich neigende Denkart muß erkennen, daß ich feig, und gegen die mir anvertraute Stelle untreu gehandelt hätte, wenn irgend eine Rücksicht mich hätte bewegen können, die damaligen Vorstellungen zu unterlassen. Um so weniger konnte ich dieß, als es meine völlige Ueberzeugung war, daß Seine Majestät der König über den Stand des akademischen Fonds, der damals nicht mehr als 92 fl disponibel hatte, und 5750 fl übernehmen sollte, nicht unterrichtet seyn könne, und Seine Majestät eben so wenig von der willkührlichen Ueberweisung dieser Summe auf den hiezu schlechterdings ungeeigneten Fond der wissenschaftlichen Sammlungen etwas wisse. Der Erfolg hat die damaligen Vorstellungen gerechtfertigt. Eure Excellenz wissen aus den nachgefolgten Berichten, in welchem Grade der Haushalt der Akademie und des General-Conservatoriums zerrüttet worden.

Noch immer war bloß von dem Finanziellen, nie von der Person die Rede; wenn ich gleich jetzt gestehen darf, schon damals gefühlt zu haben, daß für einen Mann, welcher früher eine solche öffentliche Rolle gespielt hatte, der in der Geschichte Andreas Hofers (Leipzig bey Brockhaus, 1817), die nach allen Merkmahlen des Styls und des Inhalts gröstentheils von ihm selbst verfaßt, auf jeden Fall, wie der Titel besagt, aus seinen Papieren gezogen ist, S. 40 sich berühmt, in der Absicht Tyrol zu befreyen, »den förmlichen Plan zu einer sicilianischen Vesper (nicht wie die Sicilianer, gegen ein fremdes Volk, sondern – gegen Deutsche) entworfen zu haben«; der nicht minder anderer auf den frommen Sinn eines gutmüthigen Volks berechneter Täuschungsmittel sich berühmt, z.B. unter die armen betrogenen, nicht mehr ins Feuer wollenden Bauern während des Sturms Lukaszettel ausgetheilt zu haben »mit der Versicherung, daß wer nur ein rechtes Vertrauen dazu fasse, gegen Schuß, Hieb und Stich völlig sicher sey« (ebend˖[aselbst] S. 222); – daß, sage ich, für die Talente und die Thätigkeit eines in solchem Sinne praktischen Mannes eine friedliche Akademie der Wissenschaften kein völlig angemessener Wirkungskreis seyn könne; daß er neben einem Speckbacher, Eisenstecken, Kapuziner Haspinger, und wie die Namen seiner früheren Genossen weiter lauten, auch jetzt noch besser sich ausnehmen würde, als an der Seite eines von Roth, Westenrieder, Streber, Soldner, Schubert, und anderer Männer, welche ein völlig unbescholtnes Leben bloß der ruhigen Erweiterung der Wissenschaften gewidmet haben. Ich sagte, daß ich dieß anfieng zu fühlen, denn wer hätte die Reihe von Unvorsichtigkeiten, Unklugheiten, und wahren (ich kann sie nicht anders nennen) Tölpeleyen voraussehen können, durch die er sich so schnell die allgemeinste Mißachtung zuziehen, und gleichsam eine allgemeine Vereinigung gegen sich zu Stande bringen sollte. Ich war, wie Eurer Excellenz vielleicht bekannt ist, nichts weniger als ein unbedingter Freund Friedrich Schlegels, und Glaubens- wie politisches Bekenntniß bey Seite gesetzt, sogar in Ansehung rein wissenschaftlicher Fragen einer von ihm sehr abweichenden, wo nicht entgegengesetzten Ueberzeugung. Am wenigsten habe ich jede Seite seines Lebenswandels und manche seiner Lebensverhältnisse gebilligt. Gleichwohl kann ich nicht läugnen, daß der Artikel im Inland mich so gut wie alle Andere, wenn auch in einem allgemeineren Sinne empört hat. Er erinnerte an eine schmachvolle Zeit der deutschen Literatur, wiewohl ich zweifle, ob nicht der schlechteste Aufsatz von Kotzebue, wodurch er sich an dem Namen oder an dem Andenken eines bedeutenden deutschen Mannes vergriff, noch immer weniger roh war als dieser Artikel, in dem durchaus kein wissenschaftliches Urtheil, sondern nur gemeine persönliche Rachsucht sich erkennen ließ. In München wenigstens, in einem Blatt, das den Schutz und die Begünstigung unseres hohen Ministeriums des Innern genoß, hätte dieser Artikel nie erscheinen sollen. In Berlin, im Hauptsitz des deutschen Protestantismus, wo man vielleicht friedliche Gesinnungen gegen ihn voraussetzen konnte, wo man aber vielmehr seiner umfassenden Gelehrsamkeit und tiefen Bildung jederzeit mehr Gerechtigkeit hat widerfahren lassen als in Wien oder vielleicht irgend einem andern Orte des katholischen Deutschlands – in Berlin hätte kein noch so niedriges Blatt einen solchen Artikel aufgenommen, durch den man in eine Zeit der Rohheit, in einen Ton von Gemeinheit sich wieder versetzt sah, von dem die deutsche Literatur sich völlig gereinigt hatte. Daher der allgemeine Unwille, die Vereinigung der verschiedenst Denkenden in der Entrüstung darüber! Nicht genug an den Frevel selbst; der Artikel wird auf einen bekannten Mann geschoben, der durch einen offnen Brief Angabe als Lüge erklärt. Der geängstete Schein-Redakteur gesteht endlich öffentlich, der Artikel sey nicht ihm oder der Redaction selbst von Dresden zugekommen, sondern hier, in München, aus glaubwürdiger Quelle ihm mitgetheilt worden. Dieß war nicht hinreichend; die Genugthuung, welche das entrüstete Publikum von einem unter der Egide des hohen Ministeriums erscheinenden Blatt nun vielmehr erwarten mußte, bestand darin, daß der Verfasser genannt, und öffentlich erklärt wurde, er sey aus dem Kreis der Mitarbeiter desselben als ein unwürdiges Glied ausgestoßen worden. Nur dieß, glauben Eure Excellenz es einem Manne, der, wie Sie selbst wissen, wenn es anders unter uns Partheyen gibt, zu keiner derselben gehört, sondern völlig allein steht, und der außer dem in einem langen literarischen Leben Gelegenheit gehabt hat, Erfahrung zu erwerben, und gelernt hat, mit Kaltblütigkeit über literarische Fälle zu urtheilen, wie den Gang der öffentlichen Meynung zu beobachten – nur dieß, nur dieß kann das empörte Gefühl beschwichtigen, den allgemeinen Schrecken über dieses Lügensystem, das sich plötzlich ungescheut vor unsern Augen kund gab und enthüllte, beruhigen. Statt dessen ist es dem Verfasser, der in feiger Anonymität alle Beschimpfungen des öffentlichen Unwillens hinnahm, verstattet, ein Heer bekannter Söldlinge aufzurufen, welches die Erscheinung dieses allgemeinen Unwillens durch die Existenz einer jesuitischen Congregation in Bayern erklären darf: ein Schimpf, der auf das Land und die Regierung Seiner Majestät des Königs selbst geworfen wird; denn zu dieser Congregation, wenn es seine Richtigkeit damit hätte, müßten mehrere von Seiner Majestät geachtete, ja AllerhöchstIhnen selbst nahe stehende Personen, vor allen der Minister selber gehören, der – als sollte in den Augen des Auslandes das Schauspiel der Verwirrung bey uns noch erhöht werden, in demselben Augenblick, wo in den hiesigen, unter seinem Schutze stehenden Blättern die Existenz einer Congregation in Bayern denuncirt wird, durch den Artikel eines auswärtigen Blattes, welchen scharfsichtige Personen selbst dem Bar˖[on] von Hormayr zuschreiben wollten, als Minister der Congregation bezeichnet wird.

Unter diesen Umständen (um zu dem Kreis akademischer Angelegenheiten zurückzukehren) begeht Freyherr von Hormayr auf die vorgegebene Billigung seines Vorhabens von Seiten Seiner Excellenz des Herrn Ministers des Innern gestützt, die Unklugheit, das Ansinnen an die Akademie zu stellen, welches den Bericht vom nothwendig machte. Dieser Bericht vom 31. März war das Erste, was von meiner Seite zum möglichen Nachtheil des Herrn von Hormayr geschehen ist, aber nicht persönlich, sondern im Amtsverhältniß, wie ich eben so auch zu den Aeußerungen dieses Briefs nur mich entschlossen habe, um seinen, leider wie es scheint noch immer Eingang findenden, nichts als Rache und heftige Maßregeln athmenden Rathschlägen, welche am Ende weniger mir als der Akademie schaden können, etwas entgegen zu setzen.

Unter den Umständen, in denen wir uns befinden, ist, wie Eure Excellenz selbst bemerken, die Frage über Inhalt und Tendenz meiner akademischen Rede ein sehr sekundärer Gegenstand: sie hat in diesem Augenblick vielleicht nur in so fern Bedeutung, als sie mit dazu beyträgt, Seiner Majestät den wahren Stand der Sache und die Gesinnungen seiner treuesten und ergebensten Unterthanen zu zeigen. Nur der König kann, und Er wird die tiefe Wunde heilen, die unserm Rufe, unserer Ruhe, und, zwar nicht dem Eifer, aber der Freudigkeit in seinem Dienst geschlagen worden, und die alle bisher versuchten Pflaster nicht zu schließen vermögen. Wollen Eure Excellenz noch außer dem auf meinen Standpunkt sich herablassen, wo bey meiner Art zu seyn und zu denken nur Oeffentlichkeit Schutz gewähren kann, so werden Sie über den Druck meiner Rede billiger urtheilen, so wie ich Hochdieselben bitte überzeugt zu seyn, daß ich es mir zum Glück und zur Freude schätzen werde, ganz in Uebereinstimmung mit Ihren Ansichten zu handeln, sobald die durchaus nöthige Reinheit der Verhältnisse, und die Gewißheit hergestellt ist, daß füneste Einflüsse sie nicht weiter zu trüben vermögen, jenes System der Täuschung und Unwahrheit, das bey einem besondern Falle wahrgenommen worden, nicht ein allgemeines, und nicht auch gegen die Akademie angewendet werde. Auch Seiner Königlichen Majestät getraue ich mich zu versichern, daß Allerhöchstdieselben nur verstatten dürfen, die Akademie in dem Sinn, in welchem ich sie in Uebereinstimmung mit dem ehrenwerthesten Theil meiner Collegen genommen, fortzuführen, um, zwar nicht auf der Stelle und in ganz kurzer Zeit, aber doch ganz gewiß einst eine Anstalt zu sehen, die Ihnen Selbst Freude machen, die nicht bloß, wie früher und so lange Zeit, dem Namen nach, sondern wirklich eine Akademie der Wissenschaften seyn wird.

Von dieser ursprünglich an den Herrn Minister des Innern gerichteten aber nicht übersendeten Denkschrift hat außer dem Verfasser und dem Schreiber von strengster Verschwiegenheit und ungeschränkter Penetration Niemand Kunde. Daß sie Seiner Königlichen Majestät übersendet worden, weiß Niemand als der Verfasser.